Culling-Pläne in Südafrika: GRAUE RIESEN WIEDER IM VISIER?

Empört haben Elefantenfreund/innen in aller Welt den Rahmenplan Südafrikas kommentiert, Elefanten ab 1. Mai möglicherweise wieder zum Abschuss freizugeben. Wegen einer angeblichen Überpopulation. Überrascht waren zumindest nicht diejenigen, die die Wildlife-Politik im südlichen Teil Afrikas seit längerem verfolgen. 1994 wurde das Culling – der Abschuss ganzer Elefantenherden zur Regulation der Bestände – in Südafrika verboten. Versuche, die Elefanten erneut ins Visier zu nehmen, sind in der Vergangenheit immer wieder gescheitert. Ist es nun doch so weit?

Südafrikas Umweltminister Marthinus van Schalkwyk wiegelt ab: Es gäbe keine Pläne, Elefanten „umfassend“ abzuschlachten. Das Culling sei lediglich vorgesehen, wenn Alternativen wie das Umsiedeln in andere Parks oder Verhütungsmittel keine Erfolge zeigten.-  Zugleich betont das Ministerium, das Elfenbein getöteter Elefanten könne man aufgrund der Artenschutz-Bestimmungen (CITES) gar nicht verkaufen, sondern nur einlagern.

Mag ja im Moment so sein. Aber die Begehrlichkeiten von potenziellen Abnehmer-Ländern sind nicht von der Hand zu weisen, meint Dr. Dame Daphne Sheldrick, die uns dazu Folgendes schrieb:

In China gibt es eine unersättliche Nachfrage nach Elfenbein – bei stetig wachsendem Wohlstand in der Bevölkerung, bei der das Produkt sehr begehrt ist. Und da wären noch Japan, und, seltsamerweise, die Vereinigten Staaten, die ebenfalls große Vorräte an illegalem Elfenbein horten, wie sich erst kürzlich in einer Studie herausstellte. So lange die Nachfrage nach Elfenbein weiter besteht, werden die Länder des südlichen Afrikas, die vorgeben, „zu viele“ Elefanten zu haben, nicht nur versuchen, alle Vorräte an Elfenbein aus früheren Culling-Aktionen (die mittlerweile erschöpft sein dürften) zu vermarkten, sondern darüber hinaus noch weitere anzuhäufen.

Auch mit den angeblichen Alternativen scheint es nicht allzu weit her zu sein. Eine nachhaltige Verhütung bei Elefantenkühen (z.B. durch Implantate nach dem Prinzip von Drei-Monats-Spritzen) gilt für Experten als unrealistisch, weil kaum flächendeckend zu realisieren. Und die Umsiedlungspläne kommentiert Daphne Sheldrick so:

Die gepriesenen grenzüberschreitenden Peace Parks sollte den Elefanten Gelegenheit bieten, sich in die die angrenzenden „sicheren Zufluchtsorte“ Simbabwe und Mozambique zurückzuziehen, die einst als Festung für Elefanten galten. Diese „sicheren Zufluchtsorte“ wurden jedoch bald mit Menschen übervölkert, die Schlingfallen aufhängten, jagten und die Wälder für Holzkohle rodeten. Kein vernünftiger Elefant würde hier noch einen Fuß hineinsetzen.

Also „Elefanten-Alarm“ in Südafrika, z.B. im Krüger-Nationalpark, wo heute schätzungsweise 14.000 Elefanten leben? Zu viele Graue Riesen, von denen sich jeder pro Tag etwa 150 Kilo Grünzeug reinzieht – und damit irgendwann selbst die Nahrungsgrundlage zerstört? Daphne Sheldrick fragt dagegen zu Recht:

Wer entscheidet eigentlich darüber, dass es zu viele sind? Nur die Natur kann dies. Sind die Futterressourcen erschöpft, greift die Natur auf ihre Weise ein, wenn die Zeit da ist – nämlich durch Fehl- oder Mangelernährung (die schmerzlos erfolgt und nicht mit „Verhungern“ zu verwechseln ist). Dies betrifft vor allem diejenigen Weibchen einer Population, die anfälliger sind. Somit werden die Kranken, Schwachen und Versehrten einer Gruppe aussortiert. Diesen Vorgang nennt man „natürliche Selektion“, und das ist das mächtigste Werkzeug der Natur. Diese natürliche Dezimierung des Elefantenbestandes geschieht nur etwa einmal in hundert Jahren. Menschen sollten nicht Gott spielen, denn man kann auf halber Strecke nicht abschätzen, welche Auswirkungen dies haben wird…

Wir haben ein Beispiel dafür wie es ausgehen kann, wenn Mutter Natur die Sache in ihre Hand nimmt: den Tsavo Nationalpark in Kenia, der 45.000 Elefanten in seinem 42.000 km-² großen Ökosystem beheimatete. Die Natur entfernte etwa 10.000 von ihnen während der großen Dürre Anfang der 70-er Jahre – so viele Tiere sollen laut Experten auch in Südafrika durch Menschenhand sterben. Mit dem Unterschied, dass es die Natur auf Mutterkühe und ihre Jungtiere abgesehen hatte. Dies führte zu einer raschen Bestandsabnahme, und somit konnte die Pflanzenwelt zu neuen Kräften kommen.

Danach dezimierten Korruption und Wilderei die Population auf 6.000, bis dieses Problem schließlich Anfang der 90er unter Kontrolle gebracht wurde. Das Verhältnis steht nun bei 12.000 Elefanten in einem 42.000 km-² großen Lebensraum (doppelt so groß wie der Park), und es gibt noch Platz für mehr in Tsavo selbst, das genau so groß ist wie der Krüger Nationalpark – 21.000 km-².

Spricht man über Elefanten, so muss man die gesamtafrikanische Population in Betracht ziehen, die immer noch absinkt, und die einst 2,5 Millionen betrug. Heute gibt es weniger als 400.000, und in den meisten Gebieten nördlich des Sambesi ist der Elefant in seiner Existenz ernsthaft bedroht.

Unser Verein bekommt häufig Anfragen, was es denn mit den vielen Meldungen auf sich hätte, es gäbe zu viele Elefanten in Afrika. Warum sollte man da einen Verein unterstützen, der sich die Rettung der Afrikanischen Elefanten zur Aufgabe gemacht hat? Darauf können wir nur immer wieder antworten:

Die Gefahr, dass sich Elefanten in relativ begrenzten Reservaten die eigene Nahrungsgrundlage vernichten, ist unbestritten. Und die Konsequenz? Elefanten müssen sterben. Oft in großen Zahlen. So regelt die Natur ihre Probleme. Soll man das aber mit ansehen? Wäre dann ein schmerzloser Abschuss nicht humaner? Vielleicht. Aber Humanität ist in der Natur als Regulativ ebenso wenig geeignet wie ein ausschließlich an Soll- und Ist-Zahlen orientiertes Wildlife-Management.

Zum einen steht z. B. in Botswana, Simbabwe und Sambia keineswegs eindeutig fest, wie es um die „Überpopulation“ von Elefanten wirklich bestellt ist. In diesem Länderdreieck wandern die Tiere, je nach Jahreszeit, immer wieder über die Grenzen hinweg. Dabei ist es nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, dass Elefantenpopulationen doppelt oder mehrfach gezählt werden jeweils in dem Land, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Zählung gerade aufhalten. Andere „offizielle“ Zahlen beruhen sowieso nur auf Schätzungen oder Hochrechnungen – und stets werden lediglich „Stückzahlen“ angegeben, ohne die überaus wichtigen Hinweise auf Geschlecht und Alter der Elefanten.

(Auszüge aus: Afrikas Elefanten, eine Informationsschrift des Vereins „Rettet die Elefanten Afrikas e.V“ – online zu beziehen über www.reaev.de/shop – oder Sie schicken eine Bestellung per Post an „Rettet die Elefanten Afrikas e.V“,-  Bodelschwinghstr. 30, 50170 Kerpen.)