Newsletter aus Kenia/die Eli-Waisen im Februar 2008

Die Nursery-Waisen

Ein friedvoller Monat liegt hinter uns, und vor allem Lenana, Makena und Chyulu sind ordentlich gewachsen, so dass sie mit dem Einsetzen der nächsten Regenzeit zur Ithumba-Gruppe gebracht werden können. Diese drei älteren Elefanten, die sich tagsüber zum Fressen vom Rest der Herde entfernen, verbringen nicht mehr viel Zeit mit den Jüngeren. Doch sobald sie sich treffen, stürmt Lenana sofort zu Klein-Shimba, ihrem Liebling, um ihn in Beschlag zu nehmen. Makena und Chyulu streiten sich hingegen um Dida, die allerdings an keiner von beiden interessiert ist und sich in solchen Momenten lieber an ihre Keeper hält.

Shimba

Abgesehen von einem leichten Schauer in der Nacht des 8. Februar war der Monat heiß und trocken. Lesanju und Sinya teilen sich in der Gruppe der Jüngsten die Führungsposition und kümmern sich ganz besonders um Baby Dida. Shimba, als einziger Bulle der Gruppe, versucht nun ständig Lesanju zu provozieren, um seine Stärke unter Beweis zu stellen. Da Lesanju allerdings nach wie vor auf die Unterstützung von Lempaute zählen kann, erhält ds Bullen-Ego öfter einen Dämpfer! Shimba gibt jedoch nicht auf, und wann immer sich Lesanju oder Lempaute hinlegen, um sich im Staub zu wälzen, ergreift er seine Chance und versucht, sie zu besteigen. Als er dasselbe bei Dida versuchte, machte er sich allerdings erst recht unbeliebt, und Sinya stürmte herbei und verwies ihn in die Schranken!

Lempaute mit Milchflaschen

Sinya hat sich inzwischen sehr verändert. Sie ist liebevoll, fürsorglich und sanftmütig, während Lempaute immer noch der Schelm in der Gruppe der Jüngsten ist. Sie versucht wie eh und je beim Schlammbad-  – und wann immer sonst Besucher in der Nähe sind —  soviel Aufmerksamkeit wie möglich zu erhaschen. Klein Dida, die anfangs nur langsam wachsen wollte, macht sich inzwischen prächtig und nimmt die ihr angebotene starke Knoblauchessenz freiwillig jeden Abend ein. Wir sind zuversichtlich, dass dieses starke, aber natürliche Antibiotikum alle „Wehwehchen“ aus ihrer Baby-Lunge fernhält. Da sie ein so genanntes Wasser-Opfer war, ist sie nach wie vor besonders empfänglich für Erreger, die eine Lungenentzündung hervorrufen können.

Dida

Als Shimba eines Tages Probleme hatte, aus seiner liegenden Position im Schlammbad wieder aufzustehen, benutzte Lempaute ihren Vorderfuß, um seinen Kopf abzustützen, so dass er sich leichter wieder aufrichten konnte. Makena tat das Gleiche, als sich Chyulu in einer ähnlich misslichen Lage befand. (Ein Elefant achtet normalerweise sehr darauf, sich so hinzulegen, dass er leicht wieder aufstehen kann. Im Schlammbad ist dies allerdings nicht immer so einfach. Allerdings können sie sich immer auf die Hilfe eines ihrer Familienmitglieder oder einen Freund verlassen, der ihnen mit dem Vorderfuß hilft, den Kopf abzustützen, um leichter wieder aufzustehen.)
Weil eine kleine Gruppe wilder Büffel am 14. Februar beharrlich Kurs auf die älteren Elefanten und deren Keeper hielt, waren sie zum hastigen Rückzug in eine andere Richtung gezwungen. Als die Elefanten sich dann schließlich inmitten einer Herde Impala wiederfanden, begannen Makena und Chyulu sie freudig umherzujagen. Lenana hingegen zog sich lieber zurück. Sie ist sehr schüchtern und anderen Tieren gegenüber immer nervös.

Die Ithumba-Waisen

Es ist zur Routine geworden, dass die älteren Ithumba-Elefanten (Yatta, Nasalot, Mulika, Kinna, Napasha, Tomboi, Taita, und manchmal auch Wendi und Buchuma) die Jüngeren und die Keepern zurücklassen, um in weiter entfernte Regionen zu ziehen.

Ein paar Mal schon verschwanden sie in den Busch, sobald die Tür ihrer Ställe aufging. An anderen Tagen wiederum warten sie auf die Jüngsten, um sie zu deren Lieblingsfressplätzen zu eskortieren. Dort angekommen, gehen sie ihrer eigenen Wege, treffen sich manchmal später wieder auf dem Weg zum oder direkt beim Schlammbad. Ab und zu kehren sie auch erst spät nachts zu den Stallungen zurück. Es gibt Tage, an denen die ganze Herde zusammen bleibt. Besonders Ol Malo, Yattas Lieblingskalb, genießt diese Momente, ebenso wie Kenze und Orok, die Nasalot vergöttern. Selengai klebt indes an Mulika. Wendi hat manchmal Schwierigkeiten, sich für eine der Gruppen zu entscheiden, also teilt sie ihre Zeit auf beide auf. Kenze und Orok teilen sich die begehrte Rolle als Nasalots „Lieblings-Doppelpack“, doch manchmal sorgt dies auch für Eifersucht unter den beiden. Nasalot sorgt immer dafür, dass solche Auseinandersetzungen nicht ausufern, und hat zweifelsohne die Gabe, beiden zu versichern, dass sie gleichermaßen geliebt werden.

Nasalot & Kenze

Da die älteren Elefanten so darauf versessen sind, ohne ihre Keeper oder die Jüngeren unterwegs zu sein, muss es dafür einen ganz bestimmten Grund geben, denn weibliche Elefanten – besonders die Leitkühe – würden Jungtiere in der Herde normalerweise niemals unbeaufsichtigt zurücklassen. Zu allererst bestätigt dies natürlich, wie viel Vertrauen die älteren Kühe in ihre Keeper haben. Sie sind überzeugt, dass ihre wertvollen „Babies“ in Sicherheit sind. Außerdem glauben wir, dass solche Alleingänge die Aussicht auf Treffen mit wilden Artgenossen isterhöhen die sich weiter entfernt aufhalten, weil sie nach Jahren der Verfolgung durch Wilderer die Nähe zu den Menschen meiden. Wir sind uns ziemlich sicher, dass die ältere Gruppe jetzt regelmäßigen Kontakt zu wilden Elefanten pflegt. Genauso, wie es die Voi-Gruppe handhabte, als Mweiga noch lebte, wird auch unsere ältere Gruppe regelmäßigen Kontakt zum Basislager halten, so lange die jüngeren noch menschlicher Hilfe bedürfen.

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Bei all diesem Kommen und Gehen und den regelmäßigen Treffen der beiden Gruppenteile ist klar, dass sie ständig auf ihre subtile Art und Weise kommunizieren, was dem menschlichen Verstand immer verborgen bleiben wird. Wann immer sich die älteren Elefanten dazu entschließen, allein auszugehen, wirken die jüngeren nie verzweifelt, was nicht der Fall wäre, wenn sie nicht wüssten, was vor sich geht! In diesen Zeiten übernehmen die ehemaligen Nursery-Leitkühe Naserian, Sian und Sunyei das Ruder. Sie alle hatten Schlüsselpositionen in der Nursery und werden mittlerweile bestens unterstützt von Galana, Sidai und Loijuk, die zwar alle schon älter waren, als sie in die Nursery-Gruppe kamen; weil sie aber wegen Milchmangel in schlechterer körperlicher Verfassung waren, konnten sie sich damals noch nicht so gut durchsetzen.
Es waren denkwürdige Momente für die Waisen (besonders für Wendi, die die Menschen schon immer gern mochte), als einige Samburu-Krieger, die sogar ihre Stammestracht trugen, ein paar Tage mit den Ithumba-Waisen verbrachten. Sie gingen mit den Waisen in den Busch um mehr über das Waisenprojekt zu erfahren. Einige der Stammesmänner kamen aus einer Gemeinde in Laikipia, und hatten früher schon einmal Waisen gerettet. Seither hegen sie reges Interesse am Projekt. Sie haben sogar ein eigenes elefantenfreundliches Naturschutzareal im Norden. Wendi folgte ihnen überall hin und führte all ihre Späße vor,-  um die Besucher zu unterhalten. Sie stand auf ihrem Kopf, saß auf ihrem Hintern und warf ihren Rüssel in die Luft, umarmte sie mit ihrem Rüssel und war einfach nur „Wendi„. Auch die jungen Bullen sorgten für Ausgelassenheit unter den Kriegern, indem sie ihre Stärke und ihren Rang mit eindrucksvollen Darbietungen demonstrierten. Sowohl Menschen als auch Elefanten – alle hatten eine wundervolle Zeit! Da Wendi, wie Imenti, als Neugeborenes in die Nursery kam, hatte sie keinerlei Erinnerung an ihre Mutter und ihre Familie und ist den Menschen schon immer sehr verbunden. Trotz dessen weiß sie dank ihres genetischen Gedächtnisses sehr wohl, dass sie zu allererst ein Elefant wie alle anderen ist!
Es ist seit jeher ein besonderes Privileg, die Gruppe anzuführen, und die Jüngsten, sowohl weiblich als auch männlich, wechseln sich ab. Yatta treibt für gewöhnlich den hinteren Teil der Reihe an, um sicher zu stellen, dass niemand abhanden kommt. Kamboyo führt die Gruppe außergewöhnlich oft, weil er so pünktlich ist. Als „Takthalter“ passt er immer auf, was wann wo passieren soll, vor allem, wenn die Zeit für die Milch und das Schlammbad naht oder es Zeit ist am Abend den Heimweg anzutreten. Dann stupst er die Keeper an, um ihnen mitzuteilen, dass sie sich besser auf den Weg machen sollten!
Begegnungen mit anderen Wildtieren sorgten für Wirbel, zum Beispiel als zwei Dikdiks an der jüngeren Gruppe vorbei sausten. Alle rannten panikartig, mit weit abgestellten Ohren zurück zu ihren Keepern. Gleiches verursachten ein paar Warzenschweine. Ein bellender Pavian alarmierte die Gruppe beim Schlammbad, was den Eifer von Rapsu und Tomboi weckte, die der Sache sofort auf den Grund gingen. Als sie zu trompeten begannen und Büsche niedertrampelten, rannten ihnen die älteren Kühe zu Hilfe. Als sie ankamen, war der Pavian längst verschwunden! Das Quaken eines Frosches hinter einem Felsen in der Nähe des Schlammbades sorgte dafür, dass alle das Wasser verließen und sich auf und davon machten. Eine Schildkröte im Schlamm beschäftigte Lualeni und Loijuk eine geraume Weile. Mit ihren Hinterbeinen versuchten sie, die Schildkröte aus ihrem Versteck herauszuholen. Als sich diese Methode als unzureichend herausstellte, entschieden sich die Elefanten dann für die Alternative Sandbad! Von diesen kleinen Zwischenfällen einmal abgesehen, war es ein friedlicher und glücklicher Monat für die Ithumba-Waisen, denn die Wildhunde haben sich offenbar für eine Weile aus dem Staub gemacht. Wie ihre Pendants in Voi lehren sie uns so viel über ihr ausgefeiltes soziales Netzwerk, die Bande zwischen den „Familienmitgliedern“, das Vertrauen und die Liebe, die sie für ihre Keeper haben sowie ihre ganz persönlichen Eigenheiten, Zwistigkeiten und die Verbundenheit zu anderen, die all das widerspiegeln, was man auch in einer menschlichen Familie findet.

Die Voi-Waisen

Emilys Gruppe wurde bis zum 16. Februar beim Fressen auf der Ostseite des Mazinga Hill beobachtet. Danach zogen sie weiter, und wir (die Voi-Keeper) haben sie seither nicht wieder gesehen. Keines unserer Waisen ist in diesem Monat zu den Stallungen gekommen, die einsam und verlassen wirken. Jedoch nur, bis die nächsten Waisen aus der Nursery-Gruppe zum Umzug bereit sind. Natumis Gruppe verschwand sofort nach Mweigas Tod am 22. Dezember des letzten Jahres und wurde seither nicht mehr gesehen. Es gelang uns jedoch, Lissa und ihre drei Kälber aufzuspüren. Sie hielt sich im Kanderi-Sumpfgebiet auf und war in Begleitung einer großen wilden Kuh, die selbst zwei Junge hatte. Lissa schien das „Kindermädchen“ der beiden wilden Babies zu sein. Wir vermuten, dass auch Natumis Gruppe in dieser Gegend sein könnte, weil es dort viel frisches Gras und Wasser gibt, dass in einer Grube aufgefangen wird, die die wilden Elefanten geschaffen haben.

Emily-´s Gruppe

Zahlreiche Löcher in der Mzima-Mombasa Wasserleitung, die bis zur Voi Safari Lodge reicht, führten dazu, dass viel Wasser versickerte und sich somit natürliche Wasserstellen für Wildtiere wie Büffel, Zebra und kleinere Gazellen bildeten. Sie können somit den Raubtieren ausweichen, während die Elefantenherden aus Gewohnheit weiter von Magungani trinken. Dort haben wir auch einen riesigen Bullen mit sehr großen Stoßzähnen gesehen, neben dem alle Kühe an der Tränke wie Zwerge aussahen. Die Kühe wichen sofort auseinander und gewährten ihm freien Zugang zum Wasser. Außerdem trafen wir auf drei sehr große Kühe ohne Stoßzähne, die drei Kälber bei sich hatten, von denen nur eines Stoßzähne trug.

Seit den politischen Konflikten, die auf Kenias Präsidentschaftswahlen am Jahresende folgten, besuchten nur sehr wenige Touristen den Park. Der Kenya Wildlife Service hat daraufhin Shuttlebusse eingerichtet, so dass mehr Kenianer den Park für 250 Kenianische Schilling (ca. 2,50 Euro) besuchen können und der heimische Tourismus angekurbelt wird.
Auf dem Tor, das zu den Stallungen führt, hat sich ein Waran häuslich niedergelassen, und man sieht ihn oft beim Sonnenbaden. Ein Höhepunkt während unserer Beobachtungsgänge waren Fußspuren und Dung eines wilden Nashorns entlang des Voi-Flusses und einige paarende Löwen in der gleichen Gegend.