Die Waisen im Februar

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe: Februar 2012

Der Februar war ziemlich hektisch in der Nursery. Der Tod der zwei Monate jungen Lemek, die erst 8 Tage bei uns war, hat uns tief getroffen. Besonders, als sich bei der Obduktion keine schwerwiegenden Organveränderungen feststellen ließen, was wir zunächst als Todesursache vermuteten. Das kleine Kälbchen hat sich von Anfang an geweigert, genügend Milch zu trinken. Es half auch nichts, alle Elefantenwaisen mit einzubeziehen und unseren besten Keeper Mishak Nzimbi Tag und Nacht an ihrer Seite zu lassen. Mishak war es in den 28 Jahren, die er bei uns ist, oft gelungen, bereits totgeglaubte Waisenbabys ins Leben zurück zu holen. (Wir wollen an dieser Stelle aber hervorheben, dass Zwangsernährung für uns keine Option darstellt. Jeder Tropfen Milch, der bei diesem Versuch in der Lunge lande, kann bei einem Elefantenbaby unweigerlich zum Tod führen. Und da Babyelefanten schon einmal über 100kg wiegen können und damit schwer zu bändigen sind, ist die Zwangsernährung per se ein Risiko.) Mit Hinblick auf die Obduktionsergebnisse mussten wir nun leider akzeptieren, dass die kleine Lemek nach dem Tod ihrer Mutter offenbar einfach nicht mehr Leben wollte. Sie hungerte sich selbst zu Tode, was es für uns besonders schmerzhaft machte, denn wir obwohl wir ihr hätten helfen können, mussten wir ihr beim Sterben zusehen.lumo

Am 11. Februar kam die 15 Monate alte Sonje aus dem Galana Schutzgebiet an der Ostgrenze des Tsavo East Nationalpark zu uns. Der Name, der ihr gegeben wurde, bedeutet im heimischen Dialekt Mliangulu so viel wie „lahm“. Als sie bei uns eintraf plagte sie eine große Schwellung am Hüftgelenk der rechten Hintergliedmaße. Unser Tierarzt vermutete, dass eine Pfeilspitze oder eine Gewehrkugel im Weichteilgewebe steckte und sich deshalb ein Abszess bildete. Zwei vielsagende Narben bestätigen die mögliche Eintrittspforte und bald werden wir mehr wissen. Nachdem Sonje bei uns angekommen war – wie die meisten Waisen mit schwerem körperlichen und seelischen Trauma – war sie so erleichtert, dass man sich um sie kümmerte, dass sie sich sehr schnell beruhigte und schon bald mit ihren gleichaltrigen Artgenossen unterwegs war. Schon zwei Tage nach ihrer Ankunft war sie mit am Schlammbad.

Bereits am nächsten Tag, einem Sonntag, wurde die erst einen Monat alte Lumo zu uns gebracht. Sie wurde aus dem Wasser eines Staudamms im Sarova Schutzgebiet in Taita Hills gerettet und litt schon bei ihrer Ankunft an lebensbedrohlichem Durchfall. Sie bekam sofort eine Infusion mit Elektrolyten und Antibiotika, aber es war bereits zu spät – und furchtbar traurig. Denn anders als Lemek, trank sie von Beginn an sehr gut und machte den Anschein, sie wolle weiter leben. Wir waren so optimistisch, aber es sollte nicht sein und sie starb nur sechs Tage später, am Morgen des 18. Februars.

Am 21. Februar erhielten wir einen Anruf vom Leiter des Offbeat Safari Camps im Meru Nationalpark, man hatte eine etwa zwei Jahre alte Elefantenkuh gefunden, deren Hinterbeine vermutlich schwer verletzt waren, denn sie konnte sich nicht mehr alleine fortbewegen. Die junge Elefantenkuh wurde während der letzten Woche offensichtlich öfter gesehen, manchmal kauernd, manchmal liegend, aber sichtlich unfähig, aufzustehen und zu laufen. Der Manager des Safari Camps, Piers Winkworth, fuhr zur Parkleitung um sich die Erlaubnis einzuholen, die Rettung des Elefanten einzuleiten, um ihr ein qualvolles Ende zu ersparen. Er kehrte mit einigen Wildhütern zurück, um das Kalb einzufangen, was sehr professionell ablief. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kam sie schließlich in der Nursery an, und wir nannten sie Murera – nach dem Ort, wo sie gefunden wurde. Die Sohle eines ihrer Hinterbeine war verletzt, wir vermuten, dass sie auf eine mit Gift überzogene Falle getreten ist – eine besonders grausame Methode des Wilderns, und heute leider nicht mehr ungewöhnlich. Die Wilderer verstecken mit Gift überzogene Nägel oder Haken auf den Wanderwegen der Elefanten. Nicht nur, dass die Verletzung extrem schmerzhaft ist, nein, auch das andere Bein wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn der kranke Fuß entlastet und das gesunde Bein damit überlastet wird. Sie war stark abgemagert, hatte große Schmerzen und war daher sehr ängstlich. Am nächsten Tag brach sie zusammen und wurde an den Tropf gehangen. So konnten wir die Verletzungen an ihrer Fußsohle reinigen und mit Antibiotika und grüner Tonerde versorgen. Der Tierarzt kam später, schaute sich das andere Bein an und schlussfolgerte, dass es wahrscheinlich nicht gebrochen war. Vermutlich litt Murera an einer Bänder- oder Sehnenverletzung, die nur die Zeit heilen kann. Es wird sehr lange dauern bis Murera, ein liebevoller, vertrauensvoller und offenbar sehr dankbarer kleiner Elefant, sich wieder uneingeschränkt bewegen kann. Aber wir werden natürlich alles dafür tun, dass sie eine zweite Chance bekommt.

Jeder Neuankömmling wird mit großer Freude von den Nursery-Waisen willkommen geheißen. Jeden Morgen, wenn sie aus ihren Schlafquartieren kommen, drängen sie vor dem Stall des neuen Elefanten, um ihm oder ihr einen guten Morgen zu wünschen und zu trösten. Besonders die kleinen Kühe sind sehr beschützerisch gegenüber den Neuzugängen. Klein Kithaka ist immer noch der Liebling aller und wird eifersüchtig von Mutara, der Nursery-Leitkuh, beschützt – besonders wenn fremde Menschen in der Nähe sind. Sie gibt den Besuchern eine kurze Abmahnung, bevor sie sich Kithaka nähern dürfen. Kithakas Liebling ist wiederum Orwa, der andere kleine Nursery-Bulle.

Kithaka being well looked after IMG_5149 (4)

Kainuk war seinerzeit sehr aufdringlich, was vermutlich an dem posttraumatischen Stress lag, der von der täglichen Behandlung ihres kranken Auges noch verstärkt wurde. Es musste täglich behandelt werden, ist aber inzwischen vollständig verheilt, und Kainuk ist wieder glücklich und verspielt. Sie bestraft sogar Ishaq-B, wenn der den friedfertigen Orwa herum schubst. Orwa ist ein überaus freundlicher und sanftmütiger Zeitgenosse, immer sehr emphatisch mit allen Neuankömmlingen. Außerdem ist er ein Spaßvogel, der gerne die Besucher bei der öffentlichen Schlammbadstunde unterhält. Weil Ishaq-B ihn gerne ärgert, hält er sich jetzt mehr an die älteren Waisen. Während des Schlammbades bekommen erst die jüngeren (u.a. Ishaq-B) und dann die älteren Waisen ihre Milch. Außerdem leistet Orwa der kleinen Murera Gesellschaft, die sich wegen ihrer verletzten Beine nicht viel oder nur sehr langsam bewegen kann. Daraus entwickelte sich zwischen den beiden eine so enge Freundschaft, dass Orwa auch in Mureras Nachbarstall verlegt wurde, da sie sichtlich deprimiert und traurig war, wenn er sich abends verabschiedete, um in sein altes Nachtlager zu gehen. Es wird lange dauern, bis Mureras teilweise gelähmtes Bein wieder vollständig funktionstüchtig ist, aber ihre Fußsohle heilt sehr gut, und am Monatsende konnte sie bereits aus eigener Kraft aus ihrem Stall schlürfen und bei den anderen Nursery-Waisen sein – mit Orwa immer an ihrer Seite. Sie ist gierig nach Milch, und jetzt, da sie auch entwurmt ist, legt sie an Gewicht zu.

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Tano, Sities und Naipoki wurden die „Fußballer des Monats“ und zeigen ihre Fähigkeiten gerne den Besuchern beim Schlammbad und den Filmteams, die immer wieder vor Ort sind. Die Besucher am Schlammbad wurden eines Tages sogar mit einem Bonus belohnt: ein alter Büffelbulle beobachtete aus unmittelbarer Nähe die Waisen beim Suhlen. Wenn die Waisen mit ihren Keepern im Busch unterwegs sind, treffen sie desöfteren auf Büffel, die sich aber immer langsam entfernen, sobald sie die Keeper sehen. Die Waisen beginnen dann immer eifrig, mit ihren Rüssel auf Büsche zu klopfen, um den vermeintlichen „Eindringling“ zu verscheuchen!

Monatsbericht der Ithumba-Gruppe: Februar 2012

Januar bis März sind normalerweise die heißesten Monate in Tsavo. Nicht so dieses Jahr! Der Februar war sehr wechselhaft, manche Tage waren so kalt, dass die Waisen nicht einmal im Schlamm gesuhlt haben, andere Tage waren wieder sengend heiß. Die Trockenheit hat die meisten natürlichen Wasserquellen versiegen lassen, so dass wir jetzt wieder öfter Besuch an der Stalltränke haben. Am 13. Februar kamen zehn wilde Elefanten zum Schlammbad, ein wilder Bulle suhlte sich sogar inmitten der Waisen.

Die Ex-Waisen inklusive der Babys von Yatta und Mulika kamen regelmäßig zur Stalltränke, am 20. Februar sogar zwei Mal. Am 5. waren sie alle da, am 7. brachten sie auch ihre wilden Freunde Mgeni und Kijana mit. Am 8. Februar kam Wendi mit ihrer kleinen Splittergruppe, am 10. waren sie wieder alle gemeinsam an der Tränke und am 13. kamen Napasha und Kijana allein. Tags darauf kamen Kora, Lualeni, Zurura und Tomboi zum Schlammbad, wo sich die Waisen vergnügten. Am späten Abend des 18. Februars kamen alle Ex-Waisen inklusive Yatta und ihr Baby Yetu, Mulika mit der kleinen Mwende und ein paar wilde Artgenossen zum Saufen an die Stalltränke, und am 22. waren sie schon am frühen Morgen alle wieder auf dem Stallgelände. Meibai und Kora waren in Ringkämpfen vertieft, zu denen sich später noch Ithumba gesellte.

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Die Ex-Waisen kamen auch am 23. Februar nochmals zum Saufen und brachten wieder wilde Kumpanen mit. Am 25. waren Madiba und Napasha in Gesellschaft ihres wilden Rekruten namens Kimathena und eines anderen wilden Elefanten. Während eines erneuten Besuches am 26. Februar setzen leichte Schauer ein, und alle spielten glücklich und vergnügt im Regen.

Die Waisen haben einen schönen Monat verlebt. Kora, dessen Pfeilwunde inzwischen völlig verheilt ist, ist nun wieder mit den Großen unterwegs. Die Kleinen werden täglich von einer der Kühe in den Busch geführt; mal ist es Tumaren, ein anderes Mal Kalama, Kitirua, Chaimu, Olare, Melia oder Murka. Auch Chemi Chemi, der kleine drängelige Bulle hofft, dass er die Gruppe einmal anführen darf, und Kandecha ist meistens der Erste an der Milchflasche oder am Schlammbad. Kilaguni, Sabachi und Kibo sind immer an kleinen Kräftemessen interessiert, werden aber manchmal von Suguta oder einer der anderen älteren Kühe zur Raison gerufen, denn sie halten nicht viel von „ruhestörenden Aktivitäten“.

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Am 11. Februar schlugen Chaimu und Sabachi mit kräftigem Trompeten Alarm und suchten bei den Keepern Schutz – alles wegen eines Haushundes, der ein Dikdik jagte. Die Keeper verfolgten den Hund, konnten im Dickicht aber nicht mit ihm mithalten. Die Waisen waren den Rest des Tages sehr nervös. Zwei Tage zuvor hatten Sabachi, Kilaguni und Kandecha noch viel Spaß beim Verjagen einer Warzenschweinrotte, die sich gerne im Schlammbad suhlen wollten. Die Mutter und ihre Jungtiere mussten sich also noch ein bisschen gedulden, bis sie auch an die Reihe kamen. Kilaguni und Sabachi jagten auch mit großem Spaß einen Trupp Paviane und Suguta und Sabachi trompeteten eifrig, als sie im Busch versteckt einen Büffel bemerkten. Das führte natürlich wieder zu ausgiebigem Büscheklopfen der ganzen Herde, dass sich der Büffel völlig entnervt aus dem Staub machte!

Suguta ist eine der Hauptleitkühe der Ithumba-Waisen und litt diesen Monat an Magen-Darm-Problemen. Über die Jahre konnten wir feststellen, dass die Elefanten, die einst aus Schlamm, Brunnen oder Wasser gerettet wurden, empfindlicher zu sein scheinen, wenn sie älter werden. Sie leiden häufiger an Lungen- oder Herzproblemen. Glücklicherweise geht es Suguta jedoch inzwischen wieder besser.

Monatsbericht für die Voi-Waisen: Februar 2012

Siria hat sich selbst in Emilys Gruppe der Ex-Waisen befördert, verbrachte aber trotzdem die Tage mit den Kleinen im Busch und blieb nachts meistens bei den Großen. Einige Nächte schlief er auch im Stallgelände und scheint sich somit in beiden Gruppen zuhause zu fühlen.

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Eine wilde Kuh kam diesen Monat regelmäßig zum Saufen an die Stalltränke und hatte am 3. Februar sogar ihr Neugeborenes dabei, an das sie auch die Waisen herankommen ließ – nur Siria blieb in sicherer Entfernung.

Emilys Gruppe war regelmäßig auf dem Stallgelände. Am 7. Februar wurde sie von einem wilden Bullen begleitet, und während Sweet Sally mit ihm „Rüssel drückte“, passten Ndara und Mvita auf Eve auf, die im Wasser spielte. Auch Lissa kam an diesem Abend mit ihrer Familie zur Tränke. Die Keeper bemerkten, dass ihr jüngster Nachwuchs, Luzima, für sein Alter sehr „massiv“ war. Emilys Gruppe war schon am nächsten Abend zurück. Dabassa, Rombo und Layoni hoben ihren Rüssel zum Gruß, weil die Kleinen schon in ihren Gehegen waren. Ein wilder Jungbulle im Teenageralter gesellte sich am 10. Februar zu den Waisen, als sie am Mazinga Hill grasten, und blieb für einige Stunden bei ihnen. Siria und Shimba liefen ihm eine Weile nach und wären wohl gerne weiter mit ihm gegangen, entschieden sich aber letztlich zur Umkehr. Gebadet wurde an diesem Tag in einem unserer künstlich angelegten Wasserlöcher, dass mit Hilfe des Wassertankfahrzeugs der Voi-Station aufgefüllt wurde, denn das große Wasserloch war in der Zwischenzeit ausgetrocknet.

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Emilys und Edies Gruppe kamen am 14. Februar gegen 10.30 Uhr mit zwei wilden Jungbullen zur Stalltränke – am gleichen Tag, als die Keeper auch einen kleinen Zebra-Waisen in ihre Obhut nahmen. Einer der wilden Elefantenbullen war sehr schüchtern, aber offensichtlich gewöhnt an Menschen. Die beiden Herden waren auch am nächsten Abend wieder da, unsere Waisen allerdings schon in ihrem Gehege. Am 23. Februar trafen die Waisen auf der Ostseite von Mazinga Hill auf Emily, Baby Eve, Sweet Sally, Ndara und Mvita und verbrachten den Morgen miteinander. Emily war sehr angetan von Layoni und wir nehmen an, dass sie bald versuchen wird, ihn mitzunehmen. Lempaute lockte ihn schnell weg von den Möchte-Gern-Baby-Kidnappern! Emily und Edie inklusive ihrer Herden und dem Nachwuch waren auch am 28. Februar gegen 9 Uhr morgens noch einmal an der Stalltränke und hatten wieder den Jungbullen dabei. Solango kam am 11. Februar alleine und bettelte um eine Handvoll Kopra, die wir ihm natürlich gerne gaben. Es war gut, ihn wiederzusehen – geheilt und gesund. Just an diesem Tag reisten die Voi-Keeper zur Galana Ranch, wo Klein „Sonje“ geborgen und in die Nairobi-Nursery geflogen wurde. Schon am nächsten Tag brachen sie zur Salt Lick Lodge auf, wo Baby „Lumo“ gerettet und ebenfalls direkt in die Nursery geflogen wurde.

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Für die Voi-Waisen war es ein durchweg glücklicher Monat. Ihre mittäglichen Schlammbäder haben sie zu dieser Jahreszeit voll ausgenutzt und waren ansonsten die ganze Zeit damit beschäftigt, ihre Mägen zu füllen, denn Futter ist um diese Jahreszeit rar. Die jungen Bullen widmeten sich wie immer ihren Kräftemessen, während sich die Kühe auf ihre Schützlinge konzentrierten. Lesanju und Lempaute, die beiden Leitkühe, kümmern sich (zusammen mit Kenia) vor allem um Dida, während sich Wasessa Emsaya angenommen hat. Das überrascht, wo sie doch so lange auf Tassia fixiert war, aber den scheint das nicht zu stören. Der ist vielbeschäftigt mit seinem Erzrivalen Taveta.

Taveta