Die Waisen im März

 

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe:

Die Rettung eines verwaisten Elefantenbabys auf der Galana Ranch an der Ostgrenze Tsavos am Monatsanfang mußte leider abgebrochen werden, da das Kälbchen noch vor unserem Eintreffen verstorben war. Am 20. März wurde dann der 18 Monate alte Kanjoro von der Ol Malo Ranch gerettet, dem der Schwanz offenbar von einer Hyäne abgebissen worden war.

Kanjoro

 

Benannt wurde er nach der Lugga, einem ausgetrockneten Flussbett, in der er sich vor weiteren Angriffen versteckt hatte. Ein Wildhüter der Ol Malo Ranch hatte ihn zwei Tage und Nächte beobachtet, um sicherzugehen, dass es sich auch wirklich um eine Waise handelte und seine Familie nicht doch wieder auftauchte. Von der Wunde am Schwanz und dem schweren Wurmbefall einmal abgesehen, war er aber in guter Verfassung. Er nahm gleich nach seiner Ankunft die Milchflasche und weitere rehydrierende Flüssigkeiten an und wurde im Stall neben Mutara und Ishanga untergebracht, die ihn warmherzig willkommen hießen. Eine Woche und eine Wurmbehandlung später – am 27. März – durfte er bereits zu den anderen Waisen. Kurz vor Monatende wurde er in seinem Schwanz-Stumpf gebissen und die Wunde begann erneut zu bluten. Die Keeper vermuten, dass Ishanga dahinter steckte, die in letzter Zeit gerne auf die Schwänze ihrer Artgenossen abzielt. Kanjoro flüchtete vom Rest der Herde und wurde kurz darauf in der Nähe des Schlammbades gefunden – immer auf der Hut, dass ihm niemand zu nahe kam! Aber ansonsten hat er sich gut eingelebt.

Die dritte Rettungsaktion dieses Monats fand am 31. März statt. Der Anruf kam aus dem Rumoi Nationalreservat im Kerio Valley, unweit der Stadt Eldoret im Westen Kenias. Ein 6 bis 8 Monate altes Elefantenweibchen steckte im Schlamm eines austrocknenden Wasserlochs fest und wurde von Rangern der kenianischen Wildtierbehörde (Kenya Wildlife Service, KWS) gefunden. Es war offensichtlich schon länger ohne Mutter und so abgemagert und schwach, dass es an eine Infusion gelegt werden musste, bevor man es überhaupt in das Rettungsflugzeug verladen konnte. Die Infusion mit Kochsalzlösung und Traubenzucker hat schnell Wirkung gezeigt, so dass sie bei ihrer Ankunft in der Nursery gegen 19 Uhr schon alleine stehen konnte und sogar ihre Milch annahm. Sie wurde Kerio genannt und im Stall neben Tano untergebracht, die ihr aufmunternd zukollerte. Die nächsten Tage würden zeigen, ob es das Kälbchen über den Berg schaffte. Traurigerweise verlor sie noch in der gleichen Nacht immer wieder ihr Bewusstsein, musste mehrfach an den Tropf gehangen werden und starb schließlich am Sonntag, den 1. April.

Im Monat März hat uns vor allem Kithaka große Sorgen bereitet. Obwohl seine Temperatur unauffällig blieb, schien ihm der letzte durchbrechende Backenzahn ordentlich zuzusetzen. Er hatte keinen Appetit, dafür aber Bauchschmerzen, im Wechsel immer wieder Durchfall und Verstopfung und war zeitweise so schwach und lethargisch, dass er mehrfach eine Traubenzuckerinfusion über die Ohrvene erhielt. Zum Glück ging es am Monatsende wieder aufwärts – aber er hat viel Gewicht verloren. Das passiert unseren Waisen sehr oft während die ersten Zähne wachsen und ist immer problematisch. In der Wildnis geborene Babys, die sich von Muttermilch ernähren, reagieren offenbar robuster auf dieses Problem.

Kithaka playing with Mutara watching over him IMG_6018 (11)

Mureras verletztes Hinterbein ist immer noch gelähmt und angeschwollen, aber sie schleppt sich tapfer umher und genießt die Geselligkeit der Herde sowie die Aufmerksamkeit und das Mitgefühl der anderen Nursery-Elefanten. Der Tierarzt hatte ja schon im Februar vermutet, dass ihr Becken (an-)gebrochen sein könnte und eventuell auch Beckenbänder beschädigt sind. Dann würde die Heilung sehr lange dauern. Leider ist es nicht möglich, ein Elefantenbein zu röntgen – das Gewebe ist zu dicht und das Bein zu dick. Orwa ist und bleibt ihr treuester Gefährte und scheint sich in dieser Rolle ausgesprochen gut zu gefallen. Murera dagegen, als Größte in der Herde, hält dafür Ishaq-B in Schach, die sich gerne über Orwas Milchflasche hermacht.

Murera

Die große Beule an Sonjes rechter Hüfte, die sie schon bei ihrer Rettung auf der Galana Ranch hatte, ist und bleibt hart und scheint sich nicht in einen Abszess zu entwickeln. Inzwischen ist es wahrscheinlicher, dass es sich um einen abgekapselten Knochensplitter o.ä. handelt, und dass sie wohl oder übel damit leben muss. Allerdings zeigt sie sich davon nicht sonderlich beeinträchtigt. Sie humpelt ein bisschen, belastet lieber das andere Bein und ist beim Suhlen im Schlamm ungern zwischen den anderen eingeklemmt.

Sonje with Naipoki

Alle Elefangenweibchen in der Nursery kümmern sich intensive um Klein Kithaka: sie warten morgens auf ihn vor seiner Stalltür und täscheln ihn auf dem Weg in den Busch die ganze Zeit mit ihren Rüsseln. Naipoki und Sities haben sich dem Neuankömmling Kanjoro angenommen, und kümmern sich um ihn, sobald seine Stalltüre morgens aufgeht. Mutara teilt sich die Pflichten der Leitkuh mit Shukuru, Makireti und Tano, Tano and Makireti IMG_5801 (1)während Turkwel, Sities, Naipoki und Ishaq-B noch in der zweiten Reihe stehen. Der Goldjunge der Nursery-Gruppe ist allerdings Orwa, dessen Fürsorge für Murera ausgesprochen rührselig ist. Obwohl er oftmals das Schlammbad verpasst, so scheint er sich lieber um sie zu kümmern.

Orwa IMG_5834 (4)

 

Kanjoro, Murera und Sonje suchen auch ab sofort– neue Pateneltern – Übernehmen auch Sie eine– Patenschaft für einen Neuankömmling ?

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe:

Der Tod der fünfjährigen Dida am frühen Morgen des 10. März hat uns tief getroffen – auch wenn er nicht völlig unerwartet kam, für diejenigen, die sich seit ihrer Ankunft im Alter von nur vier Wochen rund um die Uhr um sie gekümmert haben. Die Keeper haben ihren Körper nach ihrem Tod schnell und leise weggebracht, um ihren Freunden einen traumatisierenden Abschied zu ersparen.

Im Mai 2010 war sie von der Nairobi-Nursery in die Auswilderungsstation nach Voi gekommen und war im Wachstum immer hinter den gleichaltrigen Elefanten zurückgeblieben. So sehr, dass man sie manchmal für ein Kälbchen halten mochte und jüngere oder gleichaltrige Waisen um einiges größer waren als sie. Die Obduktion ergab schließlich, was wir schon lange vermuteten: einen angeborenen Herzfehler. Überdies hatte sie auch unterentwickelte Lungen, die nicht vermochten, den wachsenden Elefantenkörper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Wenn solch lebenswichtige Organe versagen und das Problem nicht medikamentös zu behandeln ist, dann können wir leider nichts mehr tun – außer jeder Menge „tender loving care“, also viel Liebe und Zuneigung in der Zeit, in der sie bei uns ist. Wir alle und Didas mehr als 3000 Paten waren tief betroffen von ihrem Tod, und wir werden sie sehr vermissen. Aber wir freuen uns auch über die Jahre, in denen sie bei uns war und sind dankbar für ihren glücklichen, freien und freundlichen Geist, der sie in der Herde war.

Die anderen Waisen haben oft mit ihr gelitten, haben sie getröstet, ihr geholfen und sie vor den temperamentvollen Jungbullen beschützt. Kenia und Ndii waren ihre „persönlichen Leibwächter“ als sie lebte, aber Lesanju scheint am meisten darunter zu leiden, dass Dida nicht mehr da ist. Sie alle haben über mehrere Tage vergeblich nach ihr gesucht, scheinen sich aber nunmehr damit abgefunden zu haben, dass sie nicht mehr wieder kommt. Lesanju unternahm am 19. März eine weitere Suchaktion, nachdem der Rest der Gruppe längst unterwegs in den Busch war. Sie folgte ihnen erst viel später, langsam und traurig.

Lesanju on a show off rock scratching game (1)

Ansonsten ist in diesem Monat nicht viel passiert in Voi. Die Bullen sind unentwegt in Ringkämpfe verwickelt – besonders Tassia und Taveta, die einen nicht enden wollenden Kampf auszutragen haben scheinen. Mzima und Shimba sind Trainingspartner, während sich Dabassa, Rombo und Layoni noch nicht so recht an die größeren Bullen herantrauen. Emsaya ist und bleibt Wasessas Liebling und ist oft in Begleitung ihrer besten Freundin Kivuko.

Dabasa lft, Rombo & Layoni taking their front position in wa

Am 2. März trafen die Waisen im Busch auf Solango und Burra, die von vielen kleinen Rüsseln freundlich begrüßt wurden. Die beiden großen Bullen aus der Herde der Ex-Waisen haben einige Zeit neben ihnen gegrast, bevor sie sich zum Stallgelände aufmachten, wo sie an der Tränke soffen und sich ein paar Naschereien abholten. Burra und Solango sind die allerbesten Freunde – und es war Burra, der Solango zu den Keepern brachte, als der sich letztes Jahr ein Bein gebrochen hatte.

Lempaute walking off the stkd

Die anderen Ex-Waisen fielen in diesem Monat nur durch ihre Abwesenheit auf – inklusive Siria, der im letzten Monat eigentlich ein Dauergast war. Offenbar sind sie in entlegenere Gebiete gezogen, auf der Suche nach Futter. Die einzige Begegung mit einer wilden Herde war am 18. März, als die Waisen auf dem Weg zum mittäglichen Schlammbad waren und Wasessa Emsaya mitnahm, um sie zu begrüßen. Die beiden verbrachten einige Zeit in der wilden Herde, bevor diese weiter Richtung Voi-Fluss zog. Wasessa und Emsaya kehrten zu ihrer Waisenherde zurück und nahmen einfach noch ein zweites Schlammbad.

Mzima with the pupils

Leichte Regenschauer setzten am Ende des Monats ein und setzten der Hitze der Trockenzeit endlich ein Ende – was für eine gelungene Abwechslung und die Waisen spielten in Pfützen und wältzten sich ausgiebig im Schlamm. Zweimal bekamen sie Besuch von einer Schulklasse, die über das Schulprogramm des David Sheldrick Wildlife Trust einen Ausflug zu den Voi-Waisen bekommen hatte. Ansonsten war die Futtersuche die Hauptaktivität unserer Voi-Waisen im März, mit vielen Wanderungen auf den Mazinga-Berg – und Mzima, Shimba und Ndii waren mit Abstand die besten Kletterer.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: März 2012

Der März ist für gewöhnlich der heißeste Monat des Jahres in Tsavo, doch in diesem Jahr gab es häufiger kühle Tage, an denen die Waisen nicht einmal ins Wasser gingen! Am 1. März allerdings war es so heiß, dass Chemi Chemi, der Kleinste in der Ithumba-Gruppe, mit seinem Rüssel Wasser aus dem Magen saugte, um sich das kühlende Nass über die Ohren zu sprühen. Am 23. März wiederholte sich das Schauspiel, und auch Ololoo musste sich auf diese Weise abkühlen. Die Waisen, die vor nicht allzu langer Zeit erst von Nairobi nach Ithumba gekommen waren, müssen sich erst noch an die Temperaturen in Tsavo gewöhnen. Daher bringen wir die Waisen aus der Nursery auch lieber in den kälteren Monaten – sprich Juni, Juli und August – hierher.

kibo scratching (1)

Kilaguni und Sabachi sind schon lange Zeit Rivalen. Sie fechten mindestens 12 taffe Kämpfe pro Monat aus. Sabachi geht für gewöhnlich als Sieger vom Platz, aber zwei Mal gelang im März auch Kilaguni der Sieg! Kibo und Kandecha raufen sich ebenfalls, aber nicht so auf die harte Tour. Es scheint, als ob die Kühe es aufgegeben hätten, die beiden voneinander zu trennen. Nur Chaimu versuchte einmal, einzugreifen und trat an Kilagunis Stelle, um Sabachi eine Lektion zu erteilen.

Alles in Allem haben die Ithumba-Waisen einen glücklichen Monat verlebt. Der Nachwuchs zieht morgens für gewöhnlich mit hin- und herschwenkenden Rüsseln in den Busch und frönt seinen Schubsereien. Sie hatten im März auch viele Begegnungen mit Yattas Gruppe der Ex-Waisen, die in diesem Monat fast ausnahmslos wilde Artgenossen mit dabei hatten. Junge, erwachsene, von Menschen betreute und wilde Elefanten mischten sich unbefangen und schienen sich miteinander sehr wohl zu fühlen. Am 2. März kam Yatta mit einigen aus ihrer Herde und drei der wilden Rekruten – Mgeni, Kijana und Kimethana – zur Stalltränke. Am 4., 6. und 8. März waren alle Ex-Waisen in Begleitung wilder Elefanten zum Saufen im Stallgelände. Die wilden Elefanten kommen auch ohne die Ex-Waisen zur Stalltränke, so wie am 4. und 6. März.

evening soil bath. (1)

Die Waisen trafen sich am 12. März Wendi mit ihrer Splittergruppe beim Schlammbad und nur zwei Tage später die ganze Herde Ex-Waisen inklusive der wilden Begleitung. Lualeni und Kora (zwei beste Freunde) haben sich bei dieser Gelegenheit von der Waisen-Herde abgesetzt und wurden abends von zwei der Ex-Waisen zurück ins Stallgelände gebracht. Am 7. März kamen zwei wilde Bullen zum Saufen an die Tränke an der Suhle, und am 15. März gesellten sich drei wilde Bullen zu den Waisen in den Schlamm. Am 22. März waren alle Ex-Waisen und ihre wilden Freunde wieder mit den Waisen an der Suhle und hatten dieses Mal eine große Kuh ohne Stoßzähne dabei. Am 16. März spielten die Waisen für eine halbe Stunde mit mehr als 10 wilden Elefanten im Schlamm, und am 29. März kam eine riesiger Bulle für einige Zeit ans Schlammbad, war aber sichtlich irritiert vom Geruch der Keeper.

melia scratching

Leichte Regenfälle beendeten die große Hitze am 6. März und boten den Waisen eine willkommene Abwechslung: Schlamm und Pfützen überall. Aber leider hörte der Regen am Monatsende schon wieder auf. Die beiden in der Wildnis geborenen Kälbchen von Yatta und Mulika (Yetu und Mwende) wachsen und gedeihen, und es mangelt ihnen nie an sich sorgenden Kindermädchen – sei es aus der Gruppe Ex-Waisen oder unter den wilden Gefährten.

Und so endete der März glücklich und zufrieden für alle Ithumba-Waisen, dieses Mal glücklicherweise ohne Hinweise auf Wilderei!