Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im November

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe: November 2008

Anders als der Oktober, verlief der November glücklicherweise sehr ruhig und gesund für die verbliebenen 13 Elefantenwaisen, obwohl Suguta und Kimana uns noch einige Tage Sorgen machten, weil sie sich nicht richtig wohl zu fühlen schienen. Ein paar Tage Septrin (eine Antibiotika-Kombination) und Silber in der Milch brachten zum Glück wieder alles in Ordnung, was ihnen Unbehagen bereitet hatte. Bei Suguta kennen wir den Grund inzwischen: sie bekommt ihre Backenzähne. Was Kimana fehlte, konnten wir uns nicht erklären, bis wir auf einmal kleine Stoßzähne entdeckten! Und das, obwohl er erst ein paar Monate alt ist! Das hat uns wirklich überrascht, denn normalerweise brechen die Stoßzähne erst durch, wenn ein Kalb um die 2 Jahre alt ist – aber nicht 2 Monate! Wie schon oft gesagt, so hält die Handaufzucht von Elefanten immer wieder Überraschungen bereit!

Dieser Monat war hauptsächlich geprägt vom Schließen und Besiegeln neuer Freundschaften. Kenia hat sich nun definitiv Ndii auserwählt, während Mzima und Shimba beste Freunde sind und sich ein Nachtlager teilen. Oft grasen sie zusammen ein wenig abseits der Gruppe. Dida vergöttert immer noch Klein Kimana und hält sich gegenüber Lesanju, Lempaute und Sinya eher zurück. Taveta hat unterdessen auf den Mobbing-Modus umgeschaltet. Das ist nicht ungewöhnlich für Waisen, die dem Hungertod nahe waren und eher ein Überlebensinstinkt. Taveta ist unglaublich gierig nach seinen Milchmahlzeiten (alle 3 Stunden) und stößt die anderen Elefanten beiseite, weil er wohl Angst um seinen Anteil hat. Er raunzt die Keeper an und schubst sie, wenn er seine 3 großen Flaschen ausgetrunken hat. Nur die Zeit und die Freundschaft der anderen wird dieses Verhalten wohl ändern! Suguta weicht ihren Keepern nicht von der Seite, bewacht sie eifersüchtig und wird böse, wenn sie den anderen zu viel Aufmerksamkeit schenken. Sobald ihre Artgenossen den Keepern zu nahe kommen, stößt sie sie weg. Sie ist unser kleines Wunder, kam damals bewusstlos bei uns an und hing danach 24 Stunden am Tropf, bevor sie wieder zu sich kam. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sie die erste Nacht überlebt, geschweige denn, dass sie wieder richtig gesund wird! Sie war damals nur ein paar Wochen alt und hat wahrscheinlich jede Erinnerung an ihre Mutter und ihre Familie verloren.

Suguta

Wasessa hat sich inzwischen ein bisschen an die Keeper gewöhnt. Sie war Menschen, auch den Keepern, gegenüber bisher äußerst skeptisch. Zum ersten Mal hat sie ihnen diesen Monat gestattet, ihren Rüssel zu streicheln und sie überhaupt anzufassen. Das wäre früher nie passiert! Die Decke lehnt sie aber weiterhin ab, doch wenigstens hat sie sich damit arrangiert, dass die anderen zum Schutz gegen die Kälte eingehüllt sind.

Kenia scheint eine neue Mini-Leitkuh zu werden. Sie ist sehr verantwortungsbewusst und besorgt um alle Mitglieder der kleinen Nursery-Gruppe. Siewartet auf Nachzügler und eilt Ndii zu Hilfe, wann immer diese stolpert oder von anderen geschubst wird. Ndii unterhält die Besucher beim täglichen Schlammbad gerne mit ihren Späßchen. Sie ist immer die Erste in der Suhle und genießt die Aufmerksamkeit in vollen Zügen, wenn sie an der Absperrung auf und ab läuft, so dass die Besucher sie anfassen können. Suguta beginnt es ihr nachzumachen, und Dida zeigt ihr Talent beim Umgang mit dem Fußball. Sie kickt ihn entlang des Absperrseils, und wie Lempaute übertritt sie das Seil um die Zuschauer zu erschrecken. Das führt jedes Mal wieder zu Aufregung. Siria ist ein ruhiger und zufriedener kleiner Elefant, ein bisschen einzelgängerisch, aber immer höflich und einfach glücklich ein Teil der Gruppe zu sein. Er hat keinen speziellen besten Freund. Lesanju ist und bleibt die Hauptleitkuh, aber sie ist nicht zu dominant und lässt Lempaute und Sinya auch gern einmal das Zepter übernehmen.

Dida

Am Monatsanfang hatten wir einige gute Regenfälle, die ein wenig Grün brachten. Doch die zweite Monatshälfte blieb trocken. Normalerweise dauern die Oktober-November-Regenfälle bis Dezember und manchmal auch Januar an – leider nicht in diesem Jahr, und in Anbetracht der Prognosen zur Erderwärmung ist das ein eher beunruhigender Trend. So soll Afrika in der Zukunft noch trockener werden. Das verheißt nichts Gutes – weder für die Menschen noch für die Tiere.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: November  2008

In der ersten Woche des Monats verbrachten Yatta und die älteren Waisen jeden Tag mit den Jüngeren. Entweder sie warteten morgens an den Nachtquartieren, um sie abzuholen oder trafen sie später im Busch oder beim Schlammbad, um sie abends wieder an den Stallungen abzuliefern, bevor sie in die Nacht zogen. Jedes Treffen ist aufregend und mit jeder Menge enthusiastischem Kollern, Trompeten und Rüsselumarmungen verbunden. Die älteren Mitglieder aus Yattas Gruppe legen zärtlich ihre Rüssel auf die Rücken der Jüngeren – ein Ausdruck innigster Zuneigung unter Elefanten. Auch die jüngeren Elefanten begrüßen sich jeden Morgen überschwänglich, obwohl sie doch ständig zusammen sind! Elefanten zeigen ihre Zuneigung untereinander einfach gern.

yatta

Seit dem Anbruch der Regenzeit Anfang November, ist es überall grüner geworden. Die Wasserlöcher haben sich mit Regenwasser gefüllt und es gibt überall Wasser und Grünfutter in Hülle und Fülle. In diesen Wochen sind die wilden Elefanten befreit von den Fesseln der Trockenzeit, in der sie auf der Suche nach Wasser viel weitere Strecken zurücklegen müssen, wenn sie ihre Artgenossen um sich haben wollen. Daher sah man diesen Monat keine wilden Besucher an den Stallungen – außer einen halbwüchsigen Bullen, der am 6. früh morgens zum Saufen an die Tränke kam und danach die Jüngsten begrüßte. Yatta und ihre Gruppe waren an diesem Tag nicht in der Nähe. Kora, Challa, Ndomot und Rapsu sausten auf ihn zu um ihn zu begrüßen. Nach einem lauten Kollern von ihm, überlegten es sich Challa und Kora jedoch kurzfristig noch einmal! Trotzdem, der wilde Besucher war freundlich, wenngleich auch ein wenig verunsichert wegen der Anwesenheit der Keeper. Die hielten sich abseits um diese besondere Situation nicht kaputt zu machen. Alle Elefanten machten sich schließlich auf den Weg und ließen die Keeper weit zurück. Unterwegs hielten sie zum Suhlen in den Schlammlöchern neben der Straße an, während die Keeper das Ganze aus der Ferne beobachteten. Als der wilde Bulle wieder seinen eigenen Weg ging, gesellten sich die Keeper zurück zur Herde, und bei ihrer Rückkehr zu den Stallungen am Abend wartete Yatta mit ihrem Trupp bereits auf die Jüngsten um ihnen Hallo zu sagen.

Am 10. nach dem Spielen mit den Jüngeren entschied sich Challa (inzwischen im 5. Lebensjahr) mit „den Großen“ mitzugehen. Yattas Gruppe blieb daraufhin den ganzen folgenden Tag verschwunden. Als sich die beiden Gruppen am 12. im Busch wieder fanden, blieb Challa lieber bei den Jüngeren und entschied sich gegen „eine Beförderung“!

Als sich die trockene Savanne während des Monats in einen Garten Eden verwandelte, begannen Yatta und die älteren Elefanten mehr Zeit mit wilden Artgenossen weg vom Rest der Herde zu verbringen. Insgesamt gab es diesen Monat 13 Tage, die Yatta und ihre Gruppe nicht mit den Jüngsten verbrachten. In der Regel waren sie 2 Tage lang verschwunden und belohnten die Kleinen anschließend mit einem ganzen Tag Aufmerksamkeit. Vom 19.-23. blieben sie für 4 ganze Tage verschwunden, und dieses Mal wurden sie von Sunyei angeführt. Als sie dann ganz früh am Morgen des 23. am Tor zu den Stallungen warten, gab es natürlich eine besonders freudige Begrüßung. Sunyei freute sich wahnsinnig die Jüngeren wieder zu sehen, und so war es auch umgekehrt, denn Sunyei (zusammen mit Galana) war immer eine der führenden Junior-Leitkühe, die für die Jüngeren verantwortlich war, wenn Yatta und die anderen Älteren sich absetzten. Galana hatte in diesem Monat eine gewichtigere Rolle als Leitkuh, denn sie entschied wohin sie die Jüngeren führen sollte, wenn Yatta nicht da war. Meistens wird sie von Sunyei unterstützt, während Kamboyo (der Takthalter) derjenige ist, der entscheidet, wann es Zeit ist den Heimweg anzutreten.

Als Yatta die Jüngeren am 17. hinausbegleitete, ließen sich Kenze, Lenana, Makena, Chyulu und Loijuk vom Spielen im Schlamm ablenken. Yatta kehrte um, raunzte ihnen zu und drängte sie in Richtung Ende der Gruppe. Auf dieses Kommando hin hielten sie sofort mit ihrem Spiel inne und folgten dem Tadel von Yatta – eine weiteres Beispiel für intensive Kommunikation unter den Elefanten.

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Es gab in diesem Monat nur noch ein anderes Zusammentreffen mit wilden Artgenossen, und zwar, als Yattas Gruppe in Begleitung einer großen wilden Kuh zu den Jüngeren in den Busch zurückkehrte. Leider ergriff sie die Flucht als sie die Keeper erblickte. Doch für die war es Beweis genug, dass sich die älteren ihrer Schützlinge regelmäßig mit wilden Herden verbrüdern, auch wenn sich momentan keine Schlangen von wilden Elefanten an der Stalltränke bilden und anschließend die Jüngeren beschnuppern.

Das normalerweise eher eintönige Schlammbad hat sich in ein riesiges natürliches Wasserloch verwandelt, so dass die Waisen um die Wette von einer Seite zur anderen schwimmen und ausgelassen im Wasser toben können. Orok wollte darauf hin unbedingt sein Können zeigen, denn er hat als wildes Baby in Amboseli schon die Sümpfe mit seiner Familie durchstreift und Wasserpflanzen gefressen. Er hat sich sogar einmal von seiner Ersatzmutter Nasalot losgelöst um vor den anderen anzugeben. Nasalot kam an diesem Tag später, weil sie offenbar mit Yattas Gruppe unterwegs war.

Tomboi kam am 18. in Yattas Gruppe zurück und humpelte heftig, weil er zuvor auf einen scharfen Gegenstand getreten war. So blieb er einen oder zwei Tage bei den Kleinen bis sein Bein zu schmerzen aufhörte. Während er sich erholte, leistete ihm Kora – einer seiner besten Freunde – Gesellschaft und schien an seinem Unglück aufrichtig teilzunehmen. Nach etwa einer Woche war Tombois Verletzung verheilt, und er schloss sich wieder den Älteren an.

Alles in allem war es ein sehr glücklicher Monat für die Ithumba-Gruppe. Sie verbrachten die meiste Zeit mit Spiel und Spaß und hatten jederzeit Grünfutter und Wasser zur Verfügung. Der einzige Nachteil der Regenzeit sind die vielen Bremsen und Tsetsefliegen, die sowohl den Elefanten als auch ihren Keeper zeitweise ziemlich zusetzen. Trotz allem ist die Regenzeit die Festtagszeit für alle Tiere, und auch die Zeit, in der sich Tsavos trockenes Dickicht in den Inbegriff des tropischen Urwalds verwandelt. Blumen und blühende Büsche soweit das Auge reicht, und sogar das für gewöhnlich graubraune Schlammbad der Elefantenwaisen ist mit blauen Seerosen übersät. Diese Transformation ist absolut fesselnd und einfach zu schön um wahr zu sein. Man kann das wiedererweckte Leben spüren, denn überall sieht man Vögel geschäftig ihre Nester bauen, die Bienen arbeiten unermüdlich und tausende Insekten schillern in allen Farben und nehmen ihren Platz im Kreislauf des Lebens ein.

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: November 2008

Mit den ersten Regentropfen im südlichen Teil des Tsavo East Nationalparks endete endlich die lange und sehr harte Trockenperiode, die zusätzlich noch von Buschbränden angeheizt wurde. Ein Großteil der noch übriggebliebenen Vegetation in den Irima- und Ndara-Ebenen und um die Voi-Stockades wurde vernichtet. Alle Elefanten, unsere Waisen inbegriffen, mussten sich daraufhin andere Fressplätze suchen, die natürlich viel weiter weg lagen. Der Regen brachte auch einige Mitglieder aus Emilys Gruppe zurück: nach langer Zeit besuchten Tsavo, Mweya, Sweet Sally und Morani wieder einmal ihre alten Stallungen. Auch Edie und Lissa mit einem Teil ihrer Familie kehrten zurück. Sweet Sally, Tsavo und Morani wurden später nochmals in der Nähe der Voi Safari-Lodge gesichtet, diesmal mit Aitong. Später sah man auch Mweya, die heftig humpelte. Ihr linkes Hinterbein war angeschwollen und offenbar sehr schmerzhaft. Die Keeper führten sie zurück zu den Stallungen, wo sie von Dr. David Ndeereh aus unserer mobilen tierärztlichen Einheit untersucht und behandelt wurde. Daraufhin blieb sie in der Nähe und kam selbstständig jeden Tag für eine Wundbehandlung. Offenbar hatte sie sich einen Stock eingetreten. Doch die Wunde verheilte vollständig, und so konnte sie schließlich zu den anderen ihrer „Waisenfamilie“ in die Savanne zurückkehren. Es ist in der Tat sehr ergreifend, dass sie sich von den Keepern und vom Tierarzt ohne Beruhigungsspritze helfen ließ und zeugt von ihrem uneingeschränkten Vertrauen in ihre menschliche Familie. Es ist beruhigend zu wissen, dass die verwaisten Dickhäuter immer noch wissen, wohin sie sich wenden müssen, wenn sie Hilfe brauchen.

Das renommierte Nachrichtenprogramm 60 minutes aus den USA wird allabendlich von etwa 30 Millionen Zuschauer eingeschaltet. Unsere Waisen haben es vor 3 Jahren ins Programm geschafft, und jetzt, da alle Voi-Waisen unabhängig von ihren Keepern in der Wildnis mit ihren Artgenossen leben, haben sich die Organisatoren der Sendung entschieden, dass es an der Zeit sei über diese Entwicklung zu berichten. Besonders Emilys Geschichte hat sie interessiert, denn sie ist die Leitkuh der Voi-Waisen und zudem der Star der ersten TV-Sendung. Das Fernsehteam verbrachte Ende des Monats mehrere Tage in Tsavo. Begleitet von Joseph Sauni und Keeper Julius, die beide alle Voi-Waisen mit bloßem Blick erkennen, haben sie den Busch nach Emily abgesucht. Dabei haben sie Elefantenwaise Mpenzi mit einem Neugeborenen gefunden! Wir haben uns wahnsinnig gefreut, und auch das Team nahm die Geschichte auf, denn Mpenzi verlor ihr Erstgeborenes vor 2 Jahren an ein Rudel Löwen als sie ohne den Schutz anderer Elefanten ihr Baby in der Nähe der Voi Safari-Lodge zur Welt brachte. Nach dieser schlimmen Lektion war sie dieses Mal mit Lissa und deren dreiköpfigen Nachwuchs zusammen. Auch der 12-jährige Uaso und einige wilde Elefantenfreunde waren bei ihr und zeigten sich auch jetzt ausgesprochen beschützerisch. Mpenzi war einst das „Kindermädchen“ von Lissas drei Kälbchen, die alle in der Wildnis geboren wurden. Diese Mal revanchierte sich Lissa und spielte wunderbar die Rolle der beschützenden Amme. Uaso unterstütze sie mit allen Kräften. Er verbringt viel Zeit mit Lissas Gruppe als auch mit Emilys und/ oder Natumis Gruppe. 60 minutes erhaschte wundervolle Aufnahmen von Mpenzis Baby, das Asante (Kiswahili: dankeschön) genannt wurde. Wir alle danken für dieses glückliche Ereignis in Mpenzis Leben – ein Waisenelefant, das mit einem Jahr gefunden und von den Voi-Waisen (damals unter Eleanor) in die Wildnis zurückgefunden hat.