Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im März 2006

Die Nursery-Waisen

Am Abend des 28. März begrüßten wir das zehnte Rüsselkind in der Nairobi-Nursery. Der junge Bulle, etwa acht Monate alt, überquerte eine Straße im Tsavo-Dreieck, als er vom De-Snaring-Team (entfernt von Wilddieben gelegte Drahtfallen) aufgefunden wurde. Das Kalb war allein und sehr abgemagert. Er wurde Kamboyo getauft, der Name des nahen Tsavo West Hauptquartiers, von dem aus er in die Nursery nach Nairobi geflogen wurde.

Über Nacht in Challas Stallung untergebracht, versuchte er, mit Kora nebenan Kontakt aufzunehmen, und am anderen Morgen, nachdem er soweit gebändigt werden konnte, nahm er die von einem Keeper gehaltene Flasche Milch an. Die anderen Waisen trafen ihn am Morgen, und Makena, Zurura und Loijuk zollten ihm höchste Aufmerksamkeit, wie auch die Nursery-Matriarchin Lualeni, die ihn liebevoll begrüßte. Schon am Nachmittag fügte er sich ausreichend, um mit den anderen Elefanten hinausgehen zu dürfen, und er verbrachte den Nachmittag ruhig zwischen ihnen, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen.

Nur Sidai begann ihn zu schubsen und wollte ihn nicht in ihrer Nähe haben, aber Lualeni und Loijuk verhielten sich sehr liebevoll und mitfühlend, versuchten ihn zurück in die schützenden Stallungen zu bringen, jeder begleitend an einer Seite, indem sie die Rüssel beruhigend in seinen Mund und über seinen Rücken legten. Nun belegt er eine Stallbox direkt neben Loijuk und erweist sich als sehr unkomplizierter Elefantenjunge, obwohl er noch zweifelsohne seiner verlorenen Familie nachtrauert. Wie gewöhnlich hat er noch starken Wurmbefall, um den sich gekümmert werden wird, sobald er etwas zu Kräften gekommen ist.

Der Wettstreit zwischen Zurura und Makena um „die Decke“ hält an. Seit beide den Komfort einer hängenden Decke zur Entspannung des Rüssels bei der Nahrungsaufnahme zu schätzen wissen, kämpfen sie stets darum, wer zuerst in den Genuss kommt, den Rüssel darin abzulegen, sobald die Decke hängt. Jeder der beiden scheint der Meinung zu sein, dass nur er – oder sie – eine haben sollte, was für anhaltenden Zündstoff zwischen den beiden sorgt und die Mini-Matriarchin Lualeni ebenso wie die Keeper sehr beschäftigt hält! Lualeni verehrt Makena, aber als Nursery-Matriarchin kommt sie allen kleineren Elefanten zu Hilfe, wenn dies nötig ist, tendiert aber auch immer dazu, Makena Priorität zu gewähren.

Kora und Zurura sind beste Freunde, aber Zurura steckt voller Unsinn, so dass sogar Kora manchmal sauer reagiert und ihn bei einer Gelegenheit mit einem Biss in den Schwanz bestrafte! Sein Aufschrei ließ Lualeni zu Hilfe eilen, sehr zum Zorn von Makena! In einem anderen Fall jedoch, als Lualeni Zurura wegen einer Rangelei mit Makena zurechtwies, war es Kora, der zu seiner Rettung eilte.

Sidai hat ihre Kraft zurückerlangt und kann sich nun ohne Hilfe aus liegender Position heraus erheben. Verspätet ist sie nun stark genug, das durch Menschen verursachte Unglück, das sie ihrer Familie beraubte, zu vergelten, indem sie ihr unbekannte Menschen anschubst und unverarbeiteten Groll an Loijuk zur Schau stellt, deren Mutter vermutlich verhungerte. Wie auch immer, mit Zeit und sanftem Training wird Sidais Misstrauen gegenüber Menschen in dem Maße schwinden, wie ihre Liebe und das Vertrauen zu den Keepern wächst. Mit Orok verbindet sie eine unzertrennliche Freundschaft, und die beiden verweilen stets nahe beieinander. Orok ist kräftig und immer noch sehr misstrauisch gegenüber Menschen. Er verweigert es entschieden, mit einer Decke bedeckt zu werden, was er eindeutig mit dem traumatischen Ereignis der Gefangennahme in Amboseli verbindet, als er durch KWS-Ranger gerettet wurde. Er ist ein unabhängiger kleiner Elefant, der selbstbewusst auf das Ritual der Einreibung mit Kokosnussöl verzichtet, das regelmäßig an jedem Freitag stattfindet. Während er zunächst mit Genuss seine Ration Milch entgegennimmt, trottet er dann davon und hält Abstand zwischen sich und den Menschen, einschließlich der Keeper.

Challa, der Einzelgänger, nimmt stetig an Gewicht zu. Dem Hungertod entronnen, erweist er sich verständlicherweise als selbstsüchtig und habgierig zu den Zeiten der Fütterung. Aber er beginnt auch, die sanfte Seite seines Charakters zu zeigen, bemitleidet und tröstet die kleine Makena, wenn es sich Lualeni erlaubt, ihre Aufmerksamkeit auf Zurua zu lenken!

Loijuk ist der liebenswerteste kleine Elefant, der seine menschliche Familie über alle anderen Mitglieder der Nursery verehrt, und sich gegenüber allen Besuchern überaus freundlich benimmt. Sie und Sian sind beste Freundinnen, und sie hat den Newcomer Kamboyo ganz klar unter ihre Fittiche genommen. Beide sind in guter körperlicher Verfassung und erscheinen mollig und gesund. Sian ist noch immer sehr still und verschlossen, aber vorbildlich in gutem Benehmen. Sie und Loijuk fallen nur selten mit den üblichen Zankereien im Elefanten-Kindergarten auf. Der Neuankömmling Komboyo scheint die Integration von Anfang an gut gemeistert zu haben, das genaue Gegenteil zu seinem Vorgänger Orok, der den engen Kontakt zu Menschen noch immer mit Misstrauen meidet.

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Die Waisen in Voi

Es war ein sehr geschäftiger Monat für alle, weil die BBC für die Fortsetzung der erfolgreichen „Elephant Diaries“ anrückte.

Die kränkelnde Mweiga, die vermutlich durch ein Herzleiden geschwächt wird, ist nun acht Jahre alt und könnte bald in den Zyklus kommen. Wir sind überzeugt, dass das offensichtliche physische Handicap es ihr weder ermöglicht, ein Kalb auszutragen, noch würde sie überhaupt die Besteigung durch einen großen Bullen verkraften können. Dr. Henk Bertschinger, Experte für Empfängnisverhütung bei Elefanten aus Südafrika, nahm sich Mweiga an und verordnete ihr drei kontrazeptive Injektionen. Die erste erfolgte am 20. März, die Verabreichung der weiteren übernimmt unser Mobile Vet Unit. In der Folgezeit wird sie nur noch eine Auffrischimpfung pro Jahr benötigen. Nebenbei entnahm Dr. Bertschinger Dungproben von Emily und Aitong zur Feststellung, ob sie, wie wir vermuten, tatsächlich trächtig sind, und falls, wie weit fortgeschritten jede Schwangerschaft ist.

Ein erstaunliches Ereignis war, als die Waisen auf eine wilde Herde stießen, die sich aus drei großen Kühen, zwei mittelgroßen Kälbern und einem winzigen Elefantenbaby zusammensetzte. Während sich Loisaba und Mvita kleine Rangeleien mit den wilden Altersgenossen lieferten, war Ilingwezi ganz vernarrt in das Baby. Als Natumi das Signal zum Aufbruch gab, weigerte sich Ilingwezi entschieden und trottete mit der wilden Gruppe davon. Trotzdem versuchten die Keeper und Natumi immer wieder, Ilingwezi zur Rückkehr in die Stockades zu bewegen. Überraschenderweise wurde sie später zusammen mit Emily, Aitong, Sweet Sally und Tsavo bei der wilden Herde gesehen. Nun scheint auch Ilingwezi Teil von Emilys Gruppe in der weiten Welt des Tsavo Nationalparks zu sein.

Die Morgendämmerung eines jeden Tages wird von der Rüsselbande mit überschwänglicher, bewegender Zeremonie der Freude und Erregung begrüßt. Die Bullen tragen kleine Kämpfe miteinander aus, bis Matriarchin Natumi das Signal zum Aufbruch in den Park gibt. Mukwaju liebt es, auf den Mazinga Hill zu klettern, um Leckerbissen aufzuspüren.

Sehr rührend ist die Fürsorge aller Elefanten um die kränkliche Mweiga, speziell aber durch ihre besten Freunde Mweya und Sosian, die selbstlos über sie wachen und sogar den Aufstieg auf den Hügel für schmackhafte Leckerbissen unterlassen, um ihr unten Gesellschaft leisten zu können. Auch Natumi zeigt besonderes Mitleid, begleitet sie oft und schützt sie vor den Attacken übermütiger Jungbullen. Gerät Mweiga inmitten eines übermütigen Haufens rangelnder Elefanten, schützen sie andere vor unbedachten Rempeleien.

Alle jungen Bullen sind übermütig und lieben das gegenseitige Kräftemessen. So entwickelt sich Lolokwe zu einem geschickten Kämpfer, aber auch Salama hat seine Größe und hält seine Kräfte, bis Lolokwe ermüdet, um dann seine überlegene Stärke auszuspielen und den Sieg zu sichern! Der Gewinner einer jeden Rangelei verhält sich siegesfroh und genießt es sichtlich, den Umstand allen anderen laut trompetend mitzuteilen, was dann einen verlegenen Verlierer zurücklässt! Im Unterschied zu spaßigen Rangeleien werden ernste Kämpfe innerhalb einer Elefantenfamilie nicht toleriert. Nyiro und Lolokwe hatten eine solche Prügelei, die durch Laikipia mit einer eindringlichen Warnung unterbrochen wurde. Sie beherzigten zwar die Warnung, verzogen sich dann aber unbeobachtbar hinter einen anderen Busch, um den Kampf wieder aufzunehmen, aus dem der Champion Lolokwe als Sieger hervorging. Solango, Mpala und Burra sind gute Freunde, sind täglich zu kleinen Kämpchen aufgelegt und lieben es, die Warzenschweine zu jagen!

Trotz der mühevollen täglichen Nahrungssuche sind die Voi-Waisen allgemein bei guter Gesundheit und bilden eine glückliche Einheit, besonders weil auch Natumi selbstbewusster geworden ist in ihrer Rolle als Matriarchin, und Emily scheint zufrieden, dass ihre erweiterte Familie unter kompetenter Führung steht.

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Die Ithumba-Waisen

Offenbar beginnen die wilden Elefanten, mehr Kontakt zu den Waisen zu suchen. Einmal verbrachte ein einzelner Bulle die ganze Nacht in der Nähe der Stockades und kommunizierte mit den Waisen darin, bevor er sich um sechs Uhr morgens auf und davon machte. Die Nacht darauf kehrte er mit vier anderen wilden Elefanten zurück, die aus dem Wasserloch nahe der Stockades tranken. Ende des Monats erschien erneut eine Herde wilder Elefanten, um dort zu trinken.

Der März ist immer der heißeste Monat in Tsavo, und in mehreren Fällen benutzten die jüngeren Waisen aus dem Magen hoch gepumptes Wasser, um sich damit zu besprühen und abzukühlen. Insbesondere Madiba, Sunyei, Naserian, Ndomot und Galana nutzten diese Technik an mehreren extrem heißen Tagen. Yatta und Mulika waren so achtsam, dass sie die Jüngsten eine Stunde früher als üblich zum Schlammbad führten, was wieder einmal die Fähigkeit der Vorausplanung bei den Elefanten bestätigt. Trotz allem gab es zwischendurch einzelne Regenstürme und -schauer im Verlauf des Monats. Die frischen Regenpfützen animierten zum Baden und Trinken. Als ein heftiger Regenguss ein künstlich errichtetes Staubecken füllte, stürmten alle Waisen hinein, tauchten vollständig unter und ließen nur die Rüsselspitzen wie Periskope aus dem Wasser schauen. Die „Wasser-Babys“ Napasha, Kinna, Ol Malo, Rapsu und Buchuma verbrachten wie fast immer noch mehr Zeit in Wasser und Schlamm als die anderen.

Die jungen Bullen testeten wie gewöhnlich untereinander ihre Kräfte. Taita und Tomboi verbrachten viel Zeit mit solchen Wettkämpfen, und auch Rapsu ist immer öfter mit von der Partie. Diese Rangeleien werden von den älteren Weibchen überwacht, die ein faires Spiel garantieren. Als zum Beispiel Wendi zusammen mit Tomboi gegen Taita antrat, ging Yatta dazwischen und beendete den unfairen Kampf, und als Tomboi versuchte, auf die viel jüngere Naserian zu steigen, brachte ihn Nasalot umgehend zur Raison.

Die Schwindlerin der Gruppe ist Sunyei, die gern falschen Alarm schlägt, um den anderen Waisen Angst einzujagen. Scheinbar erschrocken stürmt sie aus einem Strauch heraus und erfreut sich an dem entstandenen Aufruhr! Wie üblich sorgten Paviane für Ablenkung im Tagesablauf. Einmal jagten sie ein Dikdik, und mit vereinten Kräften unterbrachen Yatta, Nasalot, Kinna und Napasha das Treiben der Paviane, unter dem elefantösen Applaus der jüngeren Zuschauer.

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