Der Umzug von Kimana, Dida und Ndii nach Voi

Schon in der ersten Mai-Woche parkten drei Lkws an der Laderampe in der Nairobi-Nursery, und drei Elefantenwaisen bekamen in diesen Tagen immer ihre Milch im Anhänger, damit man sie an das Auf- und Absteigen über die Rampe gewöhnen konnte. Denn schließlich sollten die Auserwählten demnächst in eines unserer beiden Auswilderungszentren im Nationalpark Tsavo East gebracht werden. Für Dida, Ndii und Kimana war die Zeit gekommen, ihren noch sehr langen Weg zurück in die Wildnis zu beginnen – inmitten ihrer wilden Artgenossen in einem Schutzgebiet, das Elefanten all den (Lebens-)Raum und die Freiheit gewährt, den sie für ein gutes Leben brauchen. Es ist jedoch auch klar, dass dieser Umzug nur einen weiteren kleinen Schritt in ihrer Auswilderung darstellt, sie werden ihre Keeper (und die Milchflasche) noch einige Jahre brauchen, bevor sie sich allein im wilden Terrain bewegen können. Die Waisen selbst bestimmen den Zeitpunkt, an dem sie sich abnabeln und dieser Prozess kann bis zu einem Alter von 11 Jahren dauern.

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Der Umzug fand am 11. Mai 2010 statt und begann um 4 Uhr morgens mit der Verladung der drei Elefantenwaisen. Die Erste war Kimana, gefolgt von Dida und beide passierten die Rampe ohne Probleme. Ndii hingegen schien sich daran zu erinnern, wie sie einst in der Mzima-Mombasa Pipeline festsaß und war extrem misstrauisch. Aus freien Stücken wäre sie wohl nicht aufgestiegen, doch mit einem Seil um ihre Vorderfüße und geballter Manneskraft hinter ihr, blieb ihr keine andere Wahl.

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Bei all dem Trubel am frühen Morgen, wachten auch die anderen Waisen auf und spürten, dass Etwas im Gange war. Nach einigem Lärm und innigen Verabschiedungen von den drei Keepern, die Kimana, Dida und Ndii auf der Reise nach Voi begleiten würden, setzte sich die Kolonne gegen 4.45 Uhr in Gang. Robert Carr-Hartley und sein Vater Roy, beide mit jahrelanger Erfahrung beim Umsiedeln von Elefantenwaisen, folgten dem Konvoi.

Aufgrund von verschmutztem Diesel im Tank musste bei zwei Lkws auf der Fahrt das Kraftstoffleitungssystem gereinigt werden. Robert und sein Vater sind glücklicherweise sehr versiert und konnten das Problem beheben, und gegen 11 Uhr fuhren die Trucks die Laderampe im Stallgelände in Voi an – sehnlichst erwartet von zehn neugierigen Dickhäutern und ihren Keepern.

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So wie immer wurden die Neuen inständig begrüßt, sobald sie die Rampe verlassen hatten. Schließlich kannten sie sich alle schon aus ihren Tagen in Nairobi. Besonders glücklich war Kenia, die mit einem so schnellen Wiedersehen wohl nicht gerechnet hatte. Doch auch die derzeitige Voi-Leitkuh Lesanju schloss die Neuzugänge gleich ins Herz und legte liebevoll ihren Rüssel auf ihre Rücken, als Willkommensgruß und damit sie verstanden, dass sie hier in ihrem neuen Zuhause angekommen waren und keine Angst zu haben brauchten. Kimana, Dida und Ndii waren noch ein wenig schlapp von der Reise und wahrscheinlich ein überwältigt von der Hitze in Tsavo. Kimana tauchte augenblicklich im Wasser der Stalltränke ab, während die anderen beiden mit dem Schlauch abgespritzt wurden.

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Es ist verständlicherweise sehr anstrengend für die Nursery-Babys, wenn sie sich von einem Moment auf den anderen in einer völlig neuen Umgebung wiederfinden, besonders für diejenigen, die ihre Mutter schon sehr früh verloren haben und jetzt aus ihrem sicheren Zuhause in der Nursery verlegt wurden. Kimana zum Beispiel war nur drei Wochen alt, als er verwaiste, Dida nur eine Woche älter, und Ndii war sieben Monate alt. Überraschenderweise schien Ndii die größten Probleme mit dem ganzen Umzug zu haben. Sie sah ziemlich verstört aus und wich ihren Keepern nicht mehr von der Seite. Vielleicht erinnerte sie sich an die Zeit, als sie gerettet wurde und kurzfristig in Voi untergebracht wurde, bevor man sie nach Nairobi in die Nursery verbrachte.

Alle drei sahen bei ihrer Ankunft ziemlich wackelig aus, aber schon am nächsten Morgen erhielten wir die Nachricht von Keeper Joseph Sauni, dass sie sich gut eingelebt hatten und glücklich mit den anderen im Schlamm suhlten. Die jungen Kühe, die bereits vorher in Voi waren überschütteten die Babys mit Liebe und Fürsorge, allen voran Leitkuh Lesanju unterstützt von Wasessa, Sinya und Kenia. Nur die schelmische Lempaute beobachtete das ganze Geschehen aus dem Abseits und hielt sich lieber an die kleinen Bullen der Voi-Gruppe – Siria, Shimba, Mzima, Taveta und Tassia. Eines der Ex-Nursery-Waisen, die mittlerweile in Voi lebt, fehlte: es war Shira, die sich kurz nach ihrer Ankunft einer wilden Herde angeschlossen hatte und von da an nicht mehr gesehen wurde. Somit leben jetzt 13 junge Elefantenwaisen mit ihren Keepern in Voi.

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Dida und Ndii wurden in Tsavo geboren und fielen der Mzima Springs Pipeline zum Opfer. Beide waren in mannsgroße Löcher entlang der Pipeline gestürzt. Ihre Mütter sind höchstwahrscheinlich noch am Leben, aber würden von ihren Babys wohl nie wieder erkannt werden, weil sie viel zu früh voneinander getrennt wurden. Aber man weiß ja nie, vielleicht treffen sie eines Tages ihre leiblichen Familien in der Wildnis von Tsavo!

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