Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Dezember 2005

Die Nursery-Waisen

Bei dem kleinen, blinden Ndololo stellte sich eine erfreuliche gesundheitliche Besserung ein. Er erholte sich jeden Tag mehr, fraß gut und gewann an Gewicht und Stärke. Seine Wahrnehmung und Intelligenz erstaunten uns. Er ging vertrauensvoll mit den anderen und folgte den Keepern, die ihren Stock für ihn hörbar auf dem Boden stießen. Das zeigt uns, wie scharfsinnig und intelligent sogar ein völlig blindes Elefantenbaby sein kann, und sagt viel über Alternativsinne, die den Verlust des Augenlichtes ersetzen können. Und der Augenspezialist, der ihn untersuchte, wird weiter versuchen, wenigstens ein Auge wieder herzustellen. Die Medikamente, die wiederum die Firma Alcon Pharma in Freiburg gespendet hat, haben bereits wahre Wunder gewirkt…

Der Transport von Naserian, Rapsu und Buchuma nach Ithumba (Tsavo Nord) erwies es sich als äußerst schwierig für die Keeper. Die aufsässige Naserian war nur mit großer Mühe in den Lastwagen zu bekommen, doch der erfahrene Robert Carr-Hartley und sein Vater Roy schafften es letztendlich. Wegen Rapsu, der schon kleine Stoßzähne hat, wurden dieses Mal 3 Lastwagen eingesetzt, die je einen Elefanten transportierten, um Verletzung bei den anderen zu vermeiden. So verlief die Fahrt ohne größere Probleme, und alle wurden herzlich in Ithumba begrüßt.

In der Nairobi-Nursery schlüpfte Lualeni sofort in die Rolle der kleinen Matriarchin und übernahm eine äußerst liebevolle Betreuung sowohl für Zurura als auch für Makena. Die freundete sich immer enger mit Zurura und Challa an und begann mit ihnen zu spielen. Challa beginnt seine Kraft zurückzugewinnen, nachdem er jetzt von Rapsu nicht mehr gepiesackt wird. Auch Kora, der von Buchumas Stubserei genervt war, scheint sich zu freuen, dass er jetzt der „große Junge“ der Nursery ist. Als Einzelgänger verbringt er gerne seine Zeit entfernt von den anderen, und somit gibt er sowohl Challa als auch Zurura die Gelegenheit, sich gesundheitlich von allen Strapazen zu erholen.

Die Ithumba-Waisen

Im nördlichen Teil des Parks regnete es mehr als im südlichen, so war er reich an Vegetation mit all dem frischen Grün. Als Naserian, Rapsu und Buchuma ankamen, gab es ein freudiges Wiedererkennen bei denen, die bereits in der Nursery eine gemeinsame Zeit mit ihnen verbracht hatten, und die Älteren freuten sich, mehr Elefanten in ihre kleinen Herde zu bekommen. Rapsu, der viele von ihnen noch nie gesehen hatte, fühlte sich dennoch gleich wie zu Hause. Dieses Gebiet mit seiner üppigen Vegetation erinnerte ihn vermutlich an seine alte Heimat Meru, denn er sah rundum zufrieden aus. Ndomot war sehr glücklich, seinen alten „Stubser“ Buchuma wiederzusehen, und der nahm sofort Wendi und Sunyei unter seinen speziellen Schutz.

Nasalot ist die große Nannie, die in der Abteilung schläft, wo sich die kleinen Babys aufhalten, und Madiba ist ihr spezieller Liebling. Yatta, die Matriarchin der Ithumba-Gruppe, entschied, dass Rapsu sich bei den älteren Waisen aufhalten sollte, da er schon größer ist als die einen Monat ältere Galana und auch längere Stoßzähne hat.

Die Ithumba Elefanten hatten alle eine wunderbare Jahreszeit, die ihnen reichlich Möglichkeiten zum Spielen und Suhlen in Pfützen und in Tsavos weichem roten Sand bot. Taita und Tomboi, miteinander befreundet, liebten es sich zu balgen, wodurch sich einige der jüngeren Waisen irritiert fühlten. Aber die älteren Elefantenkühe sorgten für Ordnung, und auch die Keeper griffen ein und versuchten, den Youngsters Benehmen beizubringen. Offensichtlich sind Sunyei und Wendi die Junior-Matriarchtinnen, aber sie sind auch die Witzbolde der Gruppe (wie Mweya in Voi). Yatta dagegen ist eindeutig die „Chefin“, die von Mulika, Nasalot und Kinna unterstützt wird. Napasha wird langsam von der Milch entwöhnt; er bekommt zu den Milchfütterungszeiten jetzt eine Flasche mit gekochter Gerste, die mit Wasser vermischt ist.

Die Ithumba-Gruppe hatte in diesem Monat viel Spaß und benutzte jede Gelegenheit, um Paviane und Dikdiks zu jagen. Dabei stolperte Sunyei unversehens in ein Erdhörnchen-Loch, schlug in der Luft einen Purzelbaum und erschien danach ziemlich traumatisiert. Aber das Allgemeinvertrauen der Gruppe wächst mit jedem Tag.

Alle Ithumba-Elefanten könnten nicht gesünder und glücklicher sein. Ein Nachteil ist allerdings noch die bisher fehlende Kommunikation mit wilden Elefantenherden. Die Keeper sind jedoch zuversichtlich, dass dies nur eine Frage der Zeit ist.

Die Waisen in Voi

Der lang ersehnte Regen kam spät, war aber für die trockene Voi-Region besonders willkommen. Er bescherte den Waisen eine herrliche Zeit. Sie genossen das frische Grün, das auch die Möglichkeit eines Treffs mit wilden Elefantenfreunden bot. Jeden Morgen rannten die Waisen aufgeregt aus ihren Ställen, um sich trompetend, urinierend, mit gekringelten Rüsseln und knurrend – eine herzliche Art der Elefantenbegrüßung – den wilden Elefanten anzuschließen. Diese sind unverkennbar Freunde von vielen Waisen, so wie sie zusammen fressen und miteinander suhlen. Laikipia, der selbstbewusste große Junge der Voi-Gruppe, versammelt jeden Abend alle Mitglieder der Waisenfamilie um sich und führt sie dann zu ihren Nachtlagern. Sonst würden einige am liebsten die Nacht mit ihren wilden Freunde verbringen.

Für die Keeper war es schönste Lohn ihrer engagierten Arbeit, dass der kleine Tsavo glücklich den großen Schritt in die Wildnis gewagt und sich Emily angeschlossen hat. Er war schon früher ihr Liebling, als sie noch die Matriarchin der Waisen war, so wie Sweet Sally die Favoritin von Aitong ist. Diese vier ziehen nun zusammen los und sind inzwischen als „Emilys Gruppe“ bekannt. Sie verbringen miteinander eine glückliche Zeit und schließen sich von Zeit zu Zeit verschiedenen wilden Gruppen an. Emily sorgt aber dafür, dass ihre kleine Familie beieinander bleibt.

Beinahe jeden Tag trafen auch die anderen Waisen die wilden Elefanten. Sie schienen aber vor denen Respekt zu haben, denn immer, wenn sich diese in Bewegung setzten, gingen die Waisen vorsorglich in die Gegenrichtung. Es war dann Laikipia, der sie zu den wilden Freunden zurückführte. Auch wenn die Waisen sich unter die wilden Elefanten mischten, achteten sie dennoch aufeinander. Es war rührend zu sehen, wie Laikipia seinem Freund Salama zur Hilfe kam, der einen stärkeren wilden Elefanten herausgefordert hatte und von diesem prompt umgestoßen wurde. Auch Mweiga, die gerne mit wilden Elefanten spielt, wurde von Sosian und Mweya beobachtet, die nicht von ihrer Seite wichen. Wenn die anderen den Mazinga Berg bestiegen, blieben Sosian und Mweya unten in Mweigas Begleitung, da diese zu schwach für solche Unternehmungen war.

Eines Tages brachte eine flüchtende Zebraherde, sowohl die Waisen als auch die wilden Elefanten aus der Fassung. Aus Furcht vor etwas Unheilvollen, flohen die Elefanten schreiend in allen Richtungen. Ein anderes Mal vertrieben die Waisen zwei Büffel, die sich im Schlamm wälzten, und unternahmen den tollkühnen Versuch, eine große Büffelherde in die Flucht zu schlagen. Das schlug aber fehl, da die Büffel beharrlich auf ihren Plätzen blieben. Während des Fressens gesellten sich Impalas und Wasserböcke zu den Elefanten, die manchmal geduldet, gelegentlich aber auch energisch verjagt wurden.

Laikipia bemühte sich, Natumi zu helfen, die Gruppenführung zurückzubekommen. Mweya, die Possenreißerin und immer eifrig darum bemüht, bei den Keepern der Mittelpunkt zu sein, sprang laut trompetend in ein sehr kaltes Wasserloch, und alle andern folgten ihr. In dieser Situation hatte auch der arme Sosian keine andere Wahl, weil ein paar Größere ihn vorwärtstrieben, in dem sie ihn mit ihren Stoßzähne in den Rücken pieksten.