Welche Siege für die Tierwelt könnten wir in 2016 erleben?

Rob Brandford

Geschäftsführer des David Sheldrick Wildlife Trust (DSWT) in Großbritannien

Rob Brandford, Geschäftsführer DSWT UK
Rob Brandford, Geschäftsführer DSWT UK

 

Im vergangenen Jahr erlebten wir hinsichtlich Afrikas Tierwelt einige unglaubliche Höhen aber auch entsetzliche Tiefschläge. Von Löwen, über Elefanten und Nashörnern bis hin zu Geiern – wir haben unvorstellbar tragische Geschichten über unsere beliebtesten Arten gelesen, die die Weltöffentlichkeit zum Handeln veranlassten. Wir haben aber auch einige positive Geschichten erfahren, die uns Hoffnung gegeben haben, wie z.B. die des Waisenelefanten Simotua.

 

In Anbetracht der Geschehnisse der Vergangenheit wirft ein Blick in die Glaskugel die Frage auf, welche Auswirkungen die drei Ereignisse, die 2015 in Zusammenhang mit Afrikas Tierwelt am meisten Aufmerksamkeit erregten, auf den Naturschutz in diesem Jahr haben. Und was noch viel wichtiger ist, was zeichnet sich für die Schlüsselarten ab.

 

  1. Löwe Cecil

Das Töten von Cecil, einem prächtigen 13 Jahre alten Löwen, der eine Ikone in Simbabwe war, durch einen amerikanischen Großwild-Jäger schockierte zu Recht die Welt, aber es waren nicht nur Tierfreunde, die empört waren über seinen Tod. Die Umstände, wie Cecil, der ein GPS-Halsband trug, getötet wurde – er wurde angelockt, mit Pfeilen verletzt und erschossen – schockierten die Bürger und die Medien gleichermaßen, von Jimmy Kimmel bis Ricky Gervais. Leider ist Cecil nur einer von vielen Löwen, die jedes Jahr von Großwild-Jägern getötet werden. Laut Lion Aid haben Trophäen-Jäger in Simbabwe zwischen 1999 und 2009 ca. 800 Löwen getötet, und das bei einer Population in diesem Land von nur rund 1.680 Löwen.

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Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

Als Reaktion auf Cecil’s Tod gaben sowohl American Airlines, United Airlines als auch Delta Airlines bekannt, dass sie keine Löwen, Leoparden, Elefanten, Nashörner oder Büffel mehr transportieren, die von Trophäenjägern getötet wurden. Vier Monate später, im Dezember 2015, verkündete der U.S. Fish and Wildlife Service als Antwort auf den dramatischen Rückgang der Löwen in freier Wildbahn, dass zwei Löwen-Unterarten im Endangered Species Act (Gesetz über gefährdete Tierarten) aufgenommen werden, die in Indien sowie West- und Zentralafrika lebenden Löwen werden als stark gefährdete Arten eingestuft und die in Ost- und Südafrika beheimateten Löwen als gefährdete Arten.

 

Was können wir für diese Arten in 2016 erwarten?

Fast 9 von 10 Löwen werden durch Amerikaner bei Gatterjagden in Südafrika getötet. Die Restriktionen durch den US Fish and Wildlife Service, die es schwieriger machen, Trophäen wie Pranken oder Köpfe nach Hause zu bringen, könnten zusammen mit den höheren Gebühren und der Ablehnung zahlreicher Fluggesellschaften, gejagte Tiere zu transportieren, erhebliche Auswirkungen auf die Rancher, die Gatterjagden anbieten und auf die Anzahl der getöteten Tiere haben.

 

Allerdings, solange nicht auch andere Einfuhrländer wie Tschechien, Polen und Spanien ähnliche Regelungen erlassen, wird die Zahl des „Königs des Dschungels“ nach wie vor erheblich zurückgehen, nicht nur aufgrund der Trophäenjäger sondern auch durch den Mensch-Tier-Konflikt, den Rückgang der Beutetiere, den Verlust ihres Lebensraums und durch die Jagd. Ohne die Infamie, wie sie bei Cecil dahintersteckte, werden diese namenlosen Geschöpfe wahrscheinlich nicht für ähnliche Schlagzeugen sorgen.

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  1. Die eingefangenen Elefanten in Simbabwe

Im Juli 2015 bestätigte sich das Leid der 24 eingefangenen Elefanten in Simbabwe, als die Behörden den umstrittenen Transport der Elefantenbabys zum Chimelong Wildlife Safari Park in Guangzhou, China, veranlassten, 7 Monate nachdem sie aus der Wildnis eingefangen worden waren.

 

Dieser unmoralische Transfer, der angeblich eine Maßnahme seitens Simbabwes war, Geld zu beschaffen, um die Staatskassen für den Naturschutz zu füllen, wurde von Naturschützern in vielerlei Hinsicht stark kritisiert. Auch vom DSWT, der seine Besorgnis darüber zum Ausdruck brachte, dass die Tatsache, dass die Elefantenbabys ihren Müttern und Herden entrissen worden waren, bei ihnen einen unsagbaren emotionalen und psychologischen Schaden verursacht. Nach dem Verkauf an China bestätigten Bilder, die bei National Geographic gezeigt wurden, unsere schlimmsten Befürchtungen. Die Bilder zeigten Elefanten, die unterernährt, eingefallen und voller Narben waren.

 

Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

Trotz der internationalen Verurteilung war der Verkauf im Rahmen des CITES-Abkommens legal und im Januar 2016 wurde die Umweltministerin Simbabwes, die angesichts der Kritik reuelos blieb, mit den Worten zitiert: „Wir werden uns bei niemandem entschuldigen, denn es sind unsere Elefanten“ und sie fügte hinzu: „Wir werden die Anzahl der Exporte von Elefanten und anderer Arten erhöhen“, was die Vermutung nahe legt, dass in diesem Jahr noch mehr Elefanten verkauft werden.

 

Was können wir in 2016 erwarten?

Trotz der weit verbreiteten Elefantenwilderei in ganz Afrika, über die in der Öffentlichkeit viel berichtet wird, sowie der regelmäßigen Vorfälle von Mensch-Tier-Konflikten scheint der neueste Verkauf die skrupellose Regierungspolitik zu untermauern, dass das Naturerbe verkauft wird, um Staatskassen aufzufüllen. Es ist wahrscheinlich, dass wir weitere Verkäufe mit ansehen müssen, z.B. den Verkauf von 25 eingefangenen Elefanten, die im Land verharren. Und all das ist ganz legal, solange Elefanten in Botswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe weiterhin im CITES Appendix II gelistet werden, was ihr Einfangen und den Transfer erlaubt.

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Wird diese Politik trotz des internationalen Drucks weiter fortgeführt, müssen wir uns voller Besorgnis die Frage stellen: werden wir eine Politik des ‚Einfangens, Verfrachtens und Wiederholens‘ erleben?, die von anderen Afrikanischen Ländern, scheinbar unter dem Deckmantel der ‚Über-Population‘, nachgeeifert wird – wie Berichte aus Swasiland vermuten lassen.

 

  1. China hat sich verpflichtet, den Binnenhandel mit Elfenbein zu verbieten

Nach Jahren des staatlich geförderten Elfenbeinhandels gab Chinas Präsident Xi Jinping im September 2015 eine Erklärung ab, dass China ein „fast vollständiges Verbot“ der Ein- und Ausfuhr von Elfenbein erlassen wird. Das wäre der größte Schritt, um Chinas Elfenbeinindustrie komplett zu schließen, die zu einem Anstieg der Elfenbeinwilderei geführt hat und die der größte Markt der Welt ist. Bereits im Februar 2015 wurde ein einjähriges Importverbot für Afrikanisches Elfenbein angekündigt, welches sowohl Restriktionen für die Einfuhr von Elfenbein als auch Restriktionen für den Binnenhandel beinhaltete.

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Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

Mit einer 3.000 Jahre alten Tradition der Elfenbeinschnitzerei wird es nicht einfach werden, Chinas florierenden Elfenbeinmarkt zu schließen, aber im Dezember begann ein chinesisches Forscherteam an Vorschlägen hinsichtlich des Verbots zu arbeiten, die sie im März 2016 den Delegierten des Nationalen Volkskongresses (Chinas Gesetzgebungsorgan) vorstellen wollen. Obwohl die Frage offen ist, ob China ein 5-Jahres-Verbot, ein 10-Jahres-Verbot oder ein dauerhaftes Verbot verhängen wird, ist die Forschungsarbeit, die durch die Chinesen selbst durchgeführt wird, ein wichtiger erster Schritt.

 

Was können wir erwarten?

Wir sind zuversichtlich, dass dieses Jahr in China und Hong Kong konkrete Schritte unternommen werden – aber jede große Abweichung zwischen der Ankündigung des Verbots und dessen Umsetzung könnte zu Spekulationen führen. Die entscheidende Frage ist: Was wird China mit seinen legalen Elfenbeinbeständen machen? Werden wir eine verordnete Rückkauf-Politik erleben, eine öffentliche Vernichtung der Elfenbeinbestände – ähnlich der Aktion, die schon einmal in Peking stattgefunden hat, bei der damals 6 Tonnen Elfenbein zerstört wurden – oder werden die staatlichen Elfenbeinbestände einfach nur eingelagert? Für welche Variante man sich auch entscheiden wird, man wird das Ganze wahrscheinlich mit Vorsicht behandeln und die kommerziellen Interessen mit der internationalen Verpflichtung, den Handel zu beenden, abwägen.

 

Das wird auch Auswirkungen auf Hong Kong haben. Jüngsten Berichten zufolge ist die Sonderverwaltungsregion eine globale Drehscheibe des Elfenbeins, die einen Deckmantel für Schmuggel und illegale Verkäufe bietet. Den amerikanischen und chinesischen Zusicherungen folgend forderten die Gesetzgeber des Legislativrats von Hong Kong, nach einer unverbindlichen Abstimmung, die Regierung von Hong Kong einstimmig auf, Gesetze für ein kommerzielles Elfenbeinhandelsverbot zu erlassen. Wird das ausreichen, um die Regierung von Hong Kong unter Druck zu setzen, sich anzuschließen und den lokalen Elfenbeinhandel zu stoppen? Wir hoffen das natürlich.

 

Ein noch tieferer Blick in unsere Glaskugel offenbart noch einige große Naturschutzthemen und ‚Wichtige Fragen‘, auf die wir in 2016 besonderes Augenmerk richten müssen. Hier sind nur einige davon:

 

Der Handel mit dem Horn der Nashörner

Die große Frage ist: Wird der Handel mit Rhinozeros-Horn legalisiert werden?

Momentan besteht ein internationales Verbot, das bedeutet, dass die südafrikanischen Farmer keine Geschäfte mit Vietnam oder China machen können, den Hauptmärkten für Rhinozeros Horn. Allerdings wurde das nationale Handelsverbot im Oktober 2015 von einem südafrikanischen Gericht umgestoßen – die Regierung sagte, sie wird eine Berufung prüfen.

 

Inoffiziellen Schätzungen zufolge wurden im Jahr 2015 in Südafrika mehr als 1.000 Nashörner getötet. Es wird erwartet, dass Verbraucher- und Erzeugerländer auf der Konferenz der CITES-Vertragsstaaten 2016 in Johannesburg die Legalisierung des internationalen Handels mit Rhinozeros Horn anstreben. Aber bis Südafrika seinen Standpunkt zu diesem Thema verkündet, können wir uns nicht sicher sein, wie sich das Land, das die größte Population von Breitmaulnashörnern (White Rhino) beheimatet und wo es unzählige Nashorn-Farmen gibt, entscheiden wird.

 

Zählen des Elefantenbestandes

Die große Frage ist: Kann die Klassifizierung für Elefanten geändert werden?

Im Rahmen der großen Elefantenzählung, die durch den Microsoft Milliardär Paul G. Allen finanziert wird und die fast abgeschlossen ist, wurden die Elefanten-Populationen in 15 afrikanischen Ländern gezählt. Bis jetzt hat eine erste Datenanalyse gezeigt, dass die Zahl der Elefanten in einigen afrikanischen Ländern zugenommen hat, während andere Länder katastrophale Verluste erlitten haben.

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Das Ergebnis dieser Zählung wird auf dem bevorstehenden Meeting der Weltnaturschutzunion (IUCN) bekanntgegeben, ein Gremium, das darüber entscheidet, ob Arten als bedroht oder gefährdet klassifiziert werden sollten.

Eine bessere Datenqualität könnte es einfacher machen, falsche Mythen zu entlarven, die von Ländern verbreitet werden, die behaupten, angesichts einer Überpopulation ihre Elefanten verkaufen zu müssen. Daraus könnten Vorschläge resultieren, die Klassifikation der Elefanten in diesen Ländern zu ändern, was wiederum zu einem größeren Schutz und dem Stopp der skrupellosen Verkäufe führen könnte.

 

Illegaler Wildtierhandel

Die große Frage ist: Werden wir erleben, dass mehr Hauptakteure des Elfenbeinschmuggels verhaftet werden?

2015 erlebten wir die erste große Festnahme einer Hauptakteurin des Elfenbeinschmuggels. Yang Feng Glan, die auch ‚Elfenbeinkönigin‘ genannt wird, wird angeklagt, einen der größten Elfenbeinschmugglerringe anzuführen und Elfenbein im Wert von 1,62 Millionen -£ geschmuggelt zu haben. Da die Strafverfolgungsbehörden angesichts des zunehmenden internationalen Engagements, den illegalen Wildtierhandel zu beenden, verstärkt werden, ist zu hoffen, dass noch mehr Hauptakteuren das Handwerk gelegt wird.

 

Die US Elfenbeinhandelsverbote

Die große Frage ist: Werden weitere US Bundesstaaten Gesetze einbringen, um Wildtierprodukte zu verbieten?

Sowohl in 2014 als auch in 2015 wurden in Washington, Kalifornien, New York und New Jersey Gesetze erlassen, die Schlupflöcher schlossen und zu einem fast vollständigen Elfenbeinhandelsverbot führten. In den Vereinigten Staaten, dem weltweit zweitgrößten Markt für Elfenbein, muss eindeutig noch viel getan werden, aber wird ein bundesstaatliches Verbot die landesweiten Bemühungen ersetzen, um individuelle Verbote zu erlassen?

 

Was können Sie selbst in 2016 tun, um dabei zu helfen, Afrikas Tierwelt zu schützen?

Wie die Gründerin des David Sheldrick Wildlife Trust, Dr. Dame Daphne Sheldrick DBE, einmal sagte: „Jedes Leben hat nur eine Heimat – die Erde – und wir als die herrschende Spezie müssen sie pfleglich behandeln.“ Hier sind ein paar Dinge, die Sie tun können, um dabei zu helfen, Afrikas Tierwelt für künftige Generationen zu bewahren:

  1. Appellieren Sie an CITES, jegliche Verkäufe von Elfenbein und Rhinozeros Horn zu stoppen, indem Sie unsere Petition auf http://iworry.org unterzeichnen!
  2. Schreiben Sie an Ihre Regierungs- und Kommunalvertreter, damit jegliche Elfenbeinverkäufe verboten werden!
  3. Unterstützen Sie die Opfer des illegalen Wildtierhandels, in dem Sie einen der Waisenelefanten adoptieren, die sich in der Obhut des David Sheldrick Wildlife Trust befinden!
  4. Unterstützen Sie mit einer Spende für eins der Anti-Wilderer-Teams des David Sheldrick Wildlife Trusts die Bemühungen vor Ort, die Elefanten und Nashörner zu schützen.

 

Mehr über die Arbeit des David Sheldrick Wildlife Trust erfahren Sie hier.

 

 

Originalartikel erschienen bei „The Huffington Post“, übersetzt aus dem Englischen.