Amboseli News: Juni und Juli 2024
Juni und Juli waren trockene und kühle Monate in Amboseli. Das entspricht allerdings völlig dem normalen Zyklus der Jahreszeiten und da es in den Vormonaten ausreichend geregnet hatte besteht derzeit keine Gefahr, dass es wieder zu einer Dürre kommt. Die Elefanten fanden noch gute Weideflächen und die Sümpfe stellen die Wasserversorgung ohnehin das ganze Jahr über sicher. Das Land sah wunderschön aus. Die Savanne nahm durch das trockene Gras einen goldenen Farbton an, während der Horizont in violette und braune Schattierungen überging. Obwohl der Kilimandscharo wegen des zunehmenden Staubs in der Luft seltener zu sehen war, bot die Landschaft einen atemberaubenden Anblick.
Gleichzeitig kehrten viele Elefanten in den Park zurück, um sich zu versammeln und Kontakte zu pflegen bevor es zum Ende der Trockenzeit notwendig werden wird sich in kleinere Gruppen aufzuteilen, um die Nahrungsversorgung sicherzustellen. Für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) gab es viel zu tun, da die Forschenden viele Elefanten trafen, die sie oft lange nicht mehr gesehen hatten, manche mehr als zwei Jahre. Sie freuten sich über das Wiedersehen und aktualisierten fleißig ihre demografischen Daten. Von vielen Familien gab es sehr interessante Beobachtungen zu melden.
Die AAs hielten sich etwas nördlich von ihrem gewohnten Streifgebiet auf. Zeitweise waren alle in einer Gruppe versammelt. Manchmal teilten sie sich aber auch in die von Angelina, Althea und Anghared geführten Familienzweige auf. So wurden beispielsweise im Juli Angelina, Artemis, Arden und Abra zusammen mit ihren Kälbern gesehen. Ardens, Abras und Angelinas Kälber sind gute Freunde und spielen viel miteinander. Da Angelinas Kalb männlich ist, wird es vermutlich irgendwann ein von den beiden Mädchen etwas abweichendes Spielverhalten zeigen. Mit zunehmenden Alter entwickeln sich Unterschiede sowohl in der Art des Spiels wie auch der bevorzugten Spielkameraden. Die meisten Bullenkälber ziehen es dann vor mit anderen Jungs spielerische Kräftemessen zu veranstalten. Doch vorerst hatten die drei kleinen AA-Kälber viel Spaß miteinander.
Edwinas Gruppe von den EBs kehrte im Juli nach längerer Abwesenheit in den Park zurück. Das ATE-Team waren sehr froh, sie endlich wiederzusehen und festzustellen, dass es allen Familienmitgliedern sehr gut ging.
Dabei verlief die erste Sichtung dramatisch! Während einer Beobachtungsfahrt hörte und sah das Team schon von weitem eine Verfolgungsjagd zwischen einigen Elefantenkühen. Da dies etwas sehr Ungewöhnliches ist, beschlossen sie, näher heranzufahren, um zu sehen, was vor sich ging. Bei ihrer Ankunft stellten die Forscherinnen fest, dass Elaine aus Edwinas Gruppe eine Kuh aus der ND-Familie jagte. Es war nicht mehr festzustellen was diese Eskalation ausgelöst hatte, aber es ist möglich, dass die NDs, in deren Revier Edwina sich aufhielt, nicht begeistert waren, Elefanten im Weg zu haben, die sie nicht gut kennen. Die Eskalation dauerte aber nicht lange, Elaine blieb standhaft, ließ die NDs zurückweichen und ihren Weg fortsetzen. So harmlos enden fast alle Meinungsverschiedenheiten zwischen Elefantenkühen. Bei ATE hatte man Edwinas Gruppe schon lange nicht mehr gesehen und jetzt traf man sie in einem Gebiet, in dem man sie nicht erwartet hatte. Eine wirklich aufsehenerregende Rückkehr! Bereits am nächsten Tag zogen die EBs aber in ihr gewohntes Revier in der Nähe des ATE-Camps zurück.
Im Juli kam es auch zu einem Wiedersehen beider Gruppen aus der FB-Familie. Dies wurde mit einer dramatischen Begrüßungszeremonie und anschließendem gemeinsamen Schlammbad gefeiert! Ein beeindruckender Beleg, wie eng verbunden die Mitglieder beider Familienzweige nach wie vor sind.
Zu dieser Zeit befand sich Frost im Östrus und wurde von mehreren Bullen verfolgt, darunter auch Errol von der EB-Familie, den man bei ATE seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der älteste Bulle war Farley aus der FA-Familie, der sich in Musth befand. Vermutlich hat er sich irgendwann mit Frost gepaart. Er bewachte sie vor den anderen Bullen, und sie schenkte ihm große Aufmerksamkeit, was darauf hindeutet, dass sie nur an ihm interessiert war.
Die GBs hielten sich ebenfalls häufig im Park auf und verbrachten die meiste Zeit des Tages in den Sümpfen. An einem Tag im Juli beobachteten die ATE-Forscherinnen, wie Goldas Teil der GBs den Park betrat, und sie bemerkten, dass Gigabyte sich ungewöhnlich verhielt. Sie legte sich ständig hin und blieb hinter der Familie zurück. Es sah so aus als ob sie Krämpfe im Unterleib hätte. Das Team folgte den GBs, bis diese den Sumpf erreichten, in den das ATE-Fahrzeug nicht hineinfahren konnte. Am nächsten Tag fand das ATE-Team die GBs am Abend wieder, als sie gerade aus dem Sumpf kamen. Gigabyte war zunächst nicht sehen, doch war klar, dass sie nicht weit von ihrer Familie entfernt sein würde. Plötzlich hörten die Forscherinnen einen Aufruhr und sahen eine junge Kuh aus dem Sumpf stürmen. Bei näherer Betrachtung erkannten sie, dass die Kuh eine Zibetkatze verfolgte. Zibetkatzen sind sehr kleine Raubtiere, die für Elefanten keinerlei Bedrohung darstellen. Daher war dies eine ziemlich dramatische Überreaktion! Dann aber wurde klar, warum die junge Kuh so aufgeregt war. Hinter ihr tauchte Gigabyte langsam aus dem Sumpf auf, mit einem winzigen neugeborenen Kalb an ihrer Seite!
Sie hatte ein kleines Gefolge von jungen Kühen, die sich alle um das Neugeborene kümmerten, welches direkt auf das ATE-Fahrzeug zuging. Es war ein kräftiges und verhältnismäßig großes Bullenkalb und sah noch etwas steif beim Gehen aus, ein Zeichen dafür, dass es erst ganz kurz zuvor zur Welt gekommen war! Alle waren sehr erleichtert zu wissen, dass Gigabytes Verhalten am Vortag einfach nur Geburtswehen waren, und wünschten sich, ihr länger hätten folgen zu können. Vielleicht wären sie dann Zeugen der Geburt geworden. Obwohl Cynthia Moss, die Gründerin und Leiterin des ATE, und ihr Team seit über 50 Jahren mit Elefanten arbeiten, ist es auch für sie sehr selten, eine Geburt zu erleben. Geburten finden normalerweise nachts statt, und zwar an einem Ort, an dem sich die Elefanten sicher fühlen. Die aufgeregte Familie umringt die gebärende Kuh in der Regel vollständig, so dass selbst ATE-Teammitglieder, die seit Jahrzehnten für den Trust arbeiten, nur eine Handvoll Geburten miterleben konnten.
Auch die PC- und die PC2-Familie wurden mehrfach gesichtet, doch befanden sie sich dabei jedes Mal tief im Sumpf, weshalb genauere Beobachtungen nicht möglich waren. Sicher war allerdings, dass sich beide Familien bei guter Gesundheit befanden. Interessanterweise halten sie sich gerne in ähnlichen Gebieten auf wie die GB-Familie. Die ATE- Aufzeichnungen zeigen, dass die GBs und die PCs ein gemeinsames Band haben, da beide häufig mit der IB-Familie zusammen sind. Die IBs sind eine große Familie mit über 50 Mitgliedern und werden von Ilka, einer beeindruckenden Matriarchin mit langen Stoßzähnen, geführt. Wenn auch die GBs und die PCs nur relativ selten zusammen anzutreffen sind, so haben beide Familien Gemeinsamkeiten in Form ihrer engen Verbindungen und häufigen Kontakte zu den IBs, sowie ihrem weitgehend übereinstimmenden Streifgebiet.
So waren Juni und Juli also sehr angenehme Monate für die Elefanten in Amboseli und das Team des ATE freute sich mit ihnen über die guten Bedingungen. Leider gab es aber noch immer Sorgen wegen der Trophäenjagd im Norden Tansanias, die letztes Jahr nach fast dreißigjähriger Pause wieder aufgenommen wurde und auch einen Teil der Elefanten Amboselis bedroht, wenn diese auf ihren regelmäßigen Wanderungen die Grenze überqueren. Vor allem die großen Bullen unter ihnen sind in Gefahr.
Der ATE setzte sich auf verschiedene Weise dafür ein, die tansanische Regierung zu einem erneuten Verbot der Trophäenjagd, zumindest im Norden des Landes, zu bewegen. Noch erfolgte allerdings keine Reaktion! Doch hätten im Juli eigentlich die neuen Jagdquoten bekanntgegeben werden sollen. Da dies aber bis heute noch nicht erfolgt ist, gibt es Hoffnung, dass der internationale Druck doch Wirkung zeigt und weitere Jagdlizenzen nicht erteilt werden. Cynthia Moss und ihre Team werden sich auf jeden Fall weiter dafür einsetzen, die Elefanten Amboselis vor der Trophäenjagd zu schützen.
Wer sie dabei unterstützen möchte, kann dies unter anderem auf folgende Weise tun:
ATE, viele weitere Organisationen und Unternehmen haben eine Petition an die tansanische Regierung gestartet mit der Forderung das Jagdverbot auf Elefanten im Norden Tansanias wieder in Kraft zu setzen. Wir bitten alle, die es noch nicht gemacht haben, diese Petition zu unterstützen. Hier der Link zur Petitionsseite:
Außerdem wäre es eine große Hilfe, Appelle an die Botschaften Kenias und Tansanias zu senden und diese ebenfalls aufzufordern, sich für eine Beendigung der Jagd auf Elefanten in Nord-Tansania einzusetzen. Wir haben hierfür zwei Musterbriefe vorbereitet, jeweils in Deutsch und Englisch, sowie eine Liste der Adressen der Botschaften in Deutschland, Österreich und Schweiz. Hier die Links zu diesen Seiten:
Ganz herzlichen Dank, auch im Namen der Elefanten Amboselis sowie von Cynthia Moss und ihrem gesamten Team!
(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)