Text und Photos von Kristina Rösel, WAG Volunteer 2005
Am 7. Juni 2023 nahmen mich die Ranger der Wildlife Action Group (WAG) mit auf den Gipfel des Mount Thuma, der das Waldreservat auf 1565 Meter überragt. Das letzte Mal war ich im Jahr 2005 dort oben, und mir ging ein klein wenig „die Muffe“: Würde ich die 1000 Höhenmeter mit einem Zehn-Kilo-Rucksack mal eben so schaffen??? (Es war sogar der exakt gleiche Rucksack wie vor 18 Jahren!) Und was würde ich sehen? Beim letzten Mal gab es fast keine Bäume auf dem Westhang des Berges, nur Baumstümpfe, grasloser Boden, kein Zeichen von Pflanzen oder Tieren. Stattdessen nur Fuß- und Fahrradspuren – alles Anzeichen heftiger Wilderei.
Wir zogen früh am Morgen los, aber anders als beim letzten Mal wurden wir mit dem Auto vom Basecamp bis auf das Plateau, bis an die Salzlecken gefahren – eine Strecke, die zu Fuß schon gut einen halben Tag dauern würde. Aber sie ist bei Weitem der angenehme Teil der Wanderung. Vor 18 Jahren sind wir den ganzen Weg gelaufen, haben im Busch am Vomerere-Bach geschlafen und zwischenzeitlich nach Wilderern Ausschau gehalten. Jetzt starteten wir da, wo wir 2005 am nächsten Morgen aufbrachen.
Wir waren frohen Mutes und durchquerten den ersten kleinen Strom namens Piña Piña. Der nächste Flashback – damals, 2005, bin ich während einer regulären Tagespatrouille in diesem Bächlein gestolpert. Ich war schon immer etwas tolpatschig, aber hey – dieses Mal war es nicht meine Schuld! Ich war in eine Drahtschlinge getappt und gefangen. Der Streifgang wurde direkt umdisponiert, und wir liefen den Bach auf und ab und sammelten alle Drahtschlingen ein, die wir finden konnten. Abends kehrten wir mit sage und schreibe 101 Schlingfallen zurück ins Basislager (diese Zahl werde ich nie vergessen).
Als ich diese Anekdote den Rangern von 2023 erzählte, starrten sie mich ungläubig an – was??? Heute finden sie höchstens 20 Drahtschlingen im ganzen Jahr! Daran kann man sehen, wie dank beständiger und professioneller Streifgänge der Druck durch Wilderei gesenkt wurde.
Von nun an sollte es noch viel besser werden. Der Aufstieg auf den Gipfel war hart, richtig hart. Aber zum Glück lebe ich sonst in Nairobi auf 2000 Metern Höhe, das hat mir vermutlich einen kleinen Vorteil verschafft. Aber ich konnte gar nicht so schnell Sauerstoff einatmen, wie meine Oberschenkelmuskel ihn verbrannten. Obwohl ich sehr mit dem Atmen beschäftigt war, konnte ich dennoch rechts und links um mich schauen und sah all die jungen Bäume und war glückselig. Wie mir die Ranger später erzählten, ist die schlimme Abholzung seit 2018 gut unter Kontrolle, da WAG Satellitencamps auf dieser Seite des Reservates errichtete, die Gegend extrem patrouilliert und viele Wilderer verhaften und auch verurteilt waren. Zur gleichen Zeit begann WAG auch damit, die Dorfgemeinschaften über das geltende Recht aufzuklären und alternative Einkommensquellen zu schaffen. Seither konnten sich 70 Quadratkilometer Wald wieder erholen und wachsen.
Nur drei Stunden nach dem Aufbruch kamen wir auf dem Gipfel des Mount Thuma an, und ich bekam endlich wieder Nsima, Sojastücken und Okra zum Mittag.
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich damit, die Ranger im Satellitencamp kennenzulernen, in Erinnerungen zu schwelgen und die Musik der malawischen Legende Giddes Chalamanda anzuhören. Die Nächte sind lang hier oben, wo es nur begrenzt gespeicherten Solarstrom gibt – und der beleuchtet nur die Gemeinschaftshütte und wird zum Aufladen der Handys benutzt. Nach Einbruch der Dunkelheit (um 18 Uhr) sitzt man also beeinander und schwatzt, ruft zu Hause an oder geht ins Bett…. was wir spätestens um 20 Uhr alle taten. Zu meiner riesengroßen Freude war eine Elefantenherde in der Nähe und kollerte und trompetete die ganze Nacht – vor 18 Jahren unverstellbar, wie wunderbar!
Um fünf Uhr morgens putzten wir alle wieder Zähne und stiegen noch einmal auf den Gipfel (dieses Mal aber nur zehn Minuten vom Satellitencamp), um Fotos der Morgensonne zu machen. Nach dem Frühstück (Nsima und Sojastücken) begannen wir mit dem Abstieg. Der war ähnlich anstrengend wie der Aufstieg, nur anders: Man muss höllisch aufpassen, auf den kleinen Steinchen des Steilhanges nicht auszurutschen. Aber wenigstens war der Rucksack leichter! Was für eine tolle Wanderung und eine gute Erinnerung daran, manchmal über seine körperlichen Grenzen hinauszugehen. Der Dopaminrausch und die Aussicht waren es allemal wert!
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