Amboseli News: Oktober und November 2024

Die gesamte AA-Familie ist zusammengekommen

Amboseli News: Oktober und November 2024

 

Im Oktober und November erlebte Amboseli eine dynamische Mischung aus heißem und feuchtem Wetter. Der Oktober begann mit großer Hitze und Trockenheit, während der November dann mit 150 mm Niederschlag die dringend benötigten Regenfälle brachte. In kürzester Zeit verwandelte sich der Park in eine grüne Oase, voller leuchtend-farbiger Wildblumen und Insekten. Der Regen veranlasste viele Elefanten dazu, den Park zu verlassen, was notwendig ist, damit sich die  Vegetation wieder erholen kann. Für das Forschungsteam des Amboseli Trust for Elephants (ATE) reduzierte sich dadurch die Zeit, die sie im Feld verbrachten. Dafür stand nun Büroarbeit auf dem Programm; vor allem die Eingabe der in den letzten Monaten gewonnenen Daten und die Aktualisierung der Elefanten-IDs.

 

Die gesamte AA-Familie ist zusammengekommen
Die gesamte AA-Familie ist zusammengekommen

Doch wie immer blieb auch dieses Mal nach dem Einsetzen der Regenfälle eine gewisse Zahl von Elefanten im Park zurück. Zu ihnen gehörten Familien wie die AAs, die EBs, die FBs, die GBs, die KB2, die OBs und die PCs aber auch Bullen wie Phineas, dem letzten überlebenden Mitglied der PB-Familie. Sie alle machten einen guten Eindruck und waren in bester Verfassung.

 

Ottoline, die Matriarchin der OB-Familie
Ottoline, die Matriarchin der OB-Familie

 

Die AA-Familie hielt sich in ihrem üblichen Gebiet auf. Wie es für sie typisch ist, waren sie abwechselnd alle zusammen und teilten sich dann wieder in kleinere Gruppen auf. Angelina und Abra haben eine dieser Untergruppen gebildet, während der Rest der Familie – Anghared, Althea, Ava, Arden, Artemis, Annan, Ann und ihre Kälber – enger zusammengeblieben ist.

 

Anghared führte eine Gruppe der AAs zum Fluss
Anghared führte eine Gruppe der AAs zum Fluss

 

Ann und Andrea von den AAs
Ann und Andrea von den AAs

 

Das ATE-Forschungsteam stellte fest, dass Aurora B,  die verwaiste Tochter Ambers, das erste Mal schwanger zu sein scheint! Im November konnte man erkennen, dass ihre Brüste geschwollen waren, ein sicheres Zeichen für eine Schwangerschaft bei Erstgebärenden. Alle freuten sich für sie und sind gespannt auf ihr erstes Baby!

Aurora B hat viel durchgemacht, nachdem 2016 ihre Mutter gestorben war. Glücklicherweise wurde sie von ihrer Tante Angelina adoptiert, die sie in ihre Obhut nahm. Sie wird Aurora B hoffentlich auch die Unterstützung geben, die sie braucht, wenn das Neugeborene kommt. Die Forschungen des ATE zeigen, dass Elefantenkühe bei der Aufzucht ihrer ersten Kälber sehr davon profitieren, wenn ihre Mutter und Großmutter an ihrer Seite sind. Das Überleben der Kälber steht neben den ökologischen Bedingungen in direktem Zusammenhang mit der Erfahrung der Mutter und ihrer Unterstützerinnen. Auch wird hoffen für Aurora B, dass alles gut geht!

 

Artemis aus der AA-Familie mit zwei Kälbern
Artemis aus der AA-Familie mit zwei Kälbern

 

Die EB-Familie bereitete dem ATE-Team eine besonders große Freude, als sie zu einem Besuch direkt in das Forschungscamp kam.  Sie wurde bei zahlreichen Gelegenheiten gesehen, einmal sogar zusammen mit der GB-Familie, die zwar ein ähnliches Streifgebiet hat, aber trotzdem nicht oft mit ihnen zusammen anzutreffen ist. Das liegt vermutlich daran, dass beide Familien relativ groß sind und es daher schwierig sein kann für alle Mitglieder an einem Ort ausreichend Nahrung zu finden. Dass sie sich jetzt doch wieder einmal getroffen haben, ist ein Beleg für die guten Bedingungen, die gerade gegeben waren. Die EBs haben das Beste aus der Fülle des Parks herausgeholt, spielten fröhlich zusammen im Schlamm und interagierten auf vielfältige Weise mit anderen Elefanten.

Die GBs zogen im Oktober regelmäßig in den Amboseli-Nationalpark ein und aus. Nach einer kurzen Sichtungspause im November waren sie gegen Ende dieses Monats wieder alle zusammen anzutreffen – sowohl Goldas als auch Gails Gruppe. Da es sich um eine große Familie handelt, ist es immer wieder beeindruckend, beide Familieneinheiten zusammen zu sehen. Ihre Kälber wirkten dabei sehr kräftig und gesund. Vermutlich waren auch einige der GB-Kühe schwanger. Garamba bewegte sich sehr langsam und sah schwerfällig aus, so dass es vielleicht nicht mehr lange bis zur Geburt dauern wird.

 

Genesis und ihr Sohn, Guinevere und Golda
Genesis und ihr Sohn, Guinevere und Golda

 

Von der KB-Familie wurde nur die KB2-Gruppe vom ATE-Team gesehen. Doch von dieser gibt es ebenfalls aufregende Neuigkeiten zu berichten: Kamlaben, die 13-jährige Tochter von Kate, hat ihr erstes Kalb zur Welt gebracht! Es wurde Ende Oktober geboren und war ein gesundes Mädchen! Mit dem Beginn der Regenzeit im November standen Kamlaben genügend Ressourcen zur Verfügung, um ausreichend Milch zu produzieren, und mit der Unterstützung ihrer Mutter und ihrer Schwestern kann sie ihrem Kalb die besten Chancen bieten. Damit beginnt ein hoffnungsvolles neues Kapitel für diese Familie, und das ATE-Team ist sehr optimistisch, was die Zukunft von Kamlabens Kalb betrifft.

 

Kitty von der KB-Familie mit ihrem Kalb
Kitty von den KBs mit ihrem Kalb

Gegen Ende November konnte der ATE erfreulicherweise berichten, dass die Elefanten in Amboseli dieses Jahr weniger Herausforderungen zu bewältigen hatten als in den beiden vorangegangenen Jahren. Da selbst am Ende der Trockenzeit noch genügend Vegetation vorhanden war, blieben die Elefanten in guter Verfassung und konnten nach dem Einsetzen der Regenzeit noch weitere Reserven aufbauen. Mit Blick auf den Dezember war das Team des ATE zuversichtlich, dass die Elefanten genug Gewicht zulegen werden, um auch die nächste Trockenperiode, die Anfang 2025 zu erwarten ist, gut zu überstehen.  Wir wünschen den Elefanten Amboselis, dass sich die guten Zeiten noch lange fortsetzen werden.

 

(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)

Amboseli News: Juni und Juli 2024

Ilka, die Matriarchin der IB-Familie

Amboseli News: Juni und Juli 2024

 

Juni und Juli waren trockene und kühle Monate in Amboseli. Das entspricht allerdings völlig dem normalen Zyklus der Jahreszeiten und da es in den Vormonaten ausreichend geregnet hatte besteht derzeit keine Gefahr, dass es wieder zu einer Dürre kommt. Die Elefanten fanden noch gute Weideflächen und die Sümpfe stellen die Wasserversorgung ohnehin das ganze Jahr über sicher. Das Land sah wunderschön aus. Die Savanne nahm durch das trockene Gras einen goldenen Farbton an, während der Horizont in violette und braune Schattierungen überging. Obwohl der Kilimandscharo wegen des zunehmenden Staubs in der Luft seltener zu sehen war, bot die Landschaft einen atemberaubenden Anblick.

Elsinore, Elaine und Elif
Elsinore, Elaine und Elif von den EBs

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Amboseli News: April und Mai 2024

Zvi, ein Bulle aus der ZB-Familie

Reiche Regenfälle prägten die Monate April und Mai in Amboseli, was ein besonders starkes Pflanzenwachstum zur Folge hatte. Dadurch war sowohl  die Nahrungsversorgung  der Wildtiere wie die des Viehs als auch die der Menschen in den umliegenden Gemeinden bestens gesichert. Im April wagten sich zahlreiche Elefanten über die Grenzen des Parks hinaus, wo ihnen nun überall Wasser und frisches Grün zur Verfügung standen.

Für die Feldforscherinnen Norah und Katito vom Amboseli Trust for Elephants (ATE) war es daher nicht einfach, die verschiedenen Familien im Auge zu behalten. Viele waren nur selten oder gar nicht zu sehen. Letzteres traf beispielsweise auf die OAs und die EBs zu.

Zvi, ein Bulle in Musth, folgt einer Kuh aus der MB-Familie
Zvi, ein Bulle in Musth, folgt einer Kuh aus der MB-Familie

Bei den OAs wird es ohnehin schon seit einiger Zeit immer schwieriger,  sie zu finden. Seit dem Tod ihrer Matriarchin Orabel im Jahr 2019 kommen sie immer seltener in den Park. Der von Olympia geführte Familienteil wird hier kaum noch gesichtet und der andere Familienteil, der Onyx folgt, ist auch nur noch sporadisch zu sehen. Solche Entwicklungen sind nicht ungewöhnlich. Der Wechsel einer Matriarchin hat oft auch eine Veränderung im Wanderverhalten zur Folge.

Die EBs verbringen hingegen noch oft Zeit innerhalb des Park, allerdings nicht während der letzten Monate. Ihre Matriarchin Enid hatte sie vermutlich nach Tansania geführt, wo auch ein wichtiger Teil ihrer Weidegründe liegt. Glücklicherweise droht ihnen von den dort aktiven Trophäenjägern keine Gefahr, da diese es auf Bullen abgesehen haben. Das ATE-Team wartet aber trotzdem mit Spannung auf die Rückkehr der EBs und hofft, dass es ihnen gut geht.

Mitglieder der MB-Familie
Mitglieder der MB-Familie

Einige Familien hielten sich aber weiterhin mehr oder weniger häufig innerhalb des Parks auf, darunter die AAs, FBs, GBs, MBs und PCs. Da sich die Vegetation durch die reichhaltigen Niederschläge schnell erholte und es nur wenig Konkurrenz durch andere Familien gab, fanden die im Park verbliebenen Elefanten ein reiches Nahrungsangebot vor, ohne weite Wanderungen zurücklegen zu müssen.

Auch die FBs wurden relativ oft gesehen, und sie machten einen sehr guten und gesunden Eindruck. Ihre Kälber waren verspielt und lebhaft, was auch ein gutes Zeichen ist. Fenekes letztes Jahr geborene Tochter hatte viel Spaß mit den allgegenwärtigen Kuhreihern, während sie in der hohen Sumpfvegetation herumtobte. Feretia nahm ein Schlammbad, obwohl es gar nicht so heiß war, und Flossie scheint Nachwuchs zu erwarten, denn ihre Brüste waren deutlich angeschwollen.

Arden mit ihrem Kalb und Giuseppe an ihrer Seite
Arden mit ihrem Kalb und Giuseppe an ihrer Seite

Die GBs sind eine sehr große Familie, und nur selten werden alle Mitglieder zusammen angetroffen. Auch während der letzten Monate wurden Gails und Goldas Familienteile nur getrennt gesehen. Die GBs sind sehr gesellig und mischen sich oft mit anderen Familien, welche die gleichen Gebiete nutzen. Das einzige Familienmitglied, das sich etwas weniger freundlich zeigt, ist Garba Tula. Während sie sich zu Mitgliedern ihrer eigenen Familie durchaus freundlich verhält, neigt sie dazu, Elefanten aus anderen Familien zu dominieren. Dies zeigt sich hauptsächlich durch Körpersprache und Lautäußerungen, doch gelegentlich wurde auch beobachtet, dass sie andere schubst. Negative Interaktionen zwischen Elefantenkühen haben aber fast nie schwere körperliche Schäden zur Folge. Sie beschränken sich meist auf Schubsen oder dem Drücken der Stoßzähne gegen den Körper eines anderen Elefanten.

Spielende Kälber aus der PC2-Familie
Spielende Kälber aus der PC2-Familie

Die PCs, insbesondere Petulas Gruppe, haben den Park ebenfalls häufig besucht. Die Familie erfreute sich guter Gesundheit, und bei so guter Ernährung waren auch ihre Kälber sehr verspielt. Oft schlossen sie sich dabei mit Kälbern aus anderen Familien zusammen.

Die AAs gehören zu den besonders standorttreuenFamilien Amboselis. Meistens halten sie sich bei den Sümpfen im Zentrum des Parks auf. Allerdings hatten sich während der letzten Monate einige von ihnen, Althea, Arden, Annan, Artemis, Angelina und Abra mit ihren Kälbern, dazu entschlossen, etwas weitere Strecken zurückzulegen. Das ATE-Team hat sie nur zweimal im April und einmal im Mai gesehen. Anghared, Ann und Ava waren hingegen mit ihren Kälbern im üblichen Gebiet der AAs geblieben. Alle Familienmitglieder sahen gesund und kräftig aus. Sie sind somit gut auf die kommenden trockenen Monate vorbereitet.

Zwei neue Kälber in der AA-Familie
Zwei neue Kälber in der AA-Familie

Soweit war es also wirklich eine wundervolle Zeit für die Elefanten in Amboseli. Leider gab es aber auch eine Entwicklung, die dem Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) große Sorgen bereitete: die weiterhin praktizierte Trophäenjagd auf männliche Elefanten im Norden des Nachbarlands Tansania.

Wie bereits im letzten Bericht beschrieben, gibt es derzeit große Meinungsverschiedenheiten zwischen Kenia und Tansania, welche durch die sogenannte „Sportjagd“ auf Elefanten im Norden Tansanias ausgelöst wurden. Ein Teil der Elefanten aus Amboseli, darunter einige der letzen Super-Tusker Afrikas (Elefanten, die mindestens einen Stoßzahn mit einem Gewicht von 50 kg oder mehr besitzen), wandert regelmäßig über die nahe Grenze ins nördliche Tansania. Dort galt seit den 1990-er Jahren ein Jagdverbot auf Elefanten, auch wenn Tansania, im Gegensatz zu Kenia, die Trophäenjagd grundsätzlich erlaubte. Doch letztes Jahr wurde dieses Verbot aufgehoben, und seitdem fielen bereits fünf Bullen aus Amboseli den Trophäenjägern zum Opfer.

Der ATE versucht zusammen mit Partnern wie ElephantVoices oder der Big Life Foundation alles in seiner Macht stehende, um diese Bedrohung wieder zu beenden. Sie üben so viel Druck wie möglich auf Tansania aus, um dessen Regierung dazu zu bewegen, das ehemalige Jagdverbot auf diese grenzüberschreitende Elefantenpopulation wieder in Kraft zu setzen.

Zvi, ein Bulle aus der ZB-Familie
Zvi, ein Bulle aus der ZB-Familie

Zu den Bullen, die besonders durch die Trophäenjagd gefährdet sind, gehört Zvi, ein Sohn Zamaras aus der ZB-Familie. Er ist jetzt 39 Jahre alt und sieht sehr eindrucksvoll aus. Da er zu jenen Bullen gehört, die sich gerne in Tansania aufhalten, kann er leicht zur Zielscheibe eines Jägers werden. Das ATE-Team hatte ihn zuletzt im Juli 2023 gesehen. Cynthia Moss, die Gründerin des ATE,  und ihr Team waren daher sehr froh, als er jetzt wieder in den Park zurückkehrte. Zvi befand sich in der Musth, was bedeutete, dass er besonders aktiv auf der Suche nach paarungsbereiten Kühen war. Männliche Elefanten erreichen ihre Blütezeit erst ab Mitte dreißig. Zwar können sich auch jüngere Bullen paaren, doch bevorzugen die Weibchen stets reifere Bullen, und diese sind wiederum während ihrer Musth-Phasen die bevorzugten Paarungspartner. Wir hoffen, dass Zvi seine Gene an möglichst viele Kälber weitergeben kann.

Zvi ist gerade in der Musth
Zvi ist gerade in der Musth

Der ATE wird sich weiterhin mit aller Kraft für den Schutz Zvis und der anderen Bullen aus Amboseli  einsetzen. Zusammen mit ElephantVoices und der Big Life Foundation appellierte er an die kenianische und tansanische Regierung, das Jagdverbot auf Elefanten zumindest im Norden Tansanias wieder in Kraft zu setzen. Außerdem haben diese NGOs zusammen mit vielen weiteren Organisationen und Unternehmen eine Petition mit derselben Forderung an die tansanische Präsidentin gestartet.

Wir bitten alle, die es noch nicht gemacht haben, diese Petition zu unterstützen. Hier der Link zur Petitionsseite:

Außerdem wäre es eine große Hilfe,  Appelle an die Botschaften Kenias und Tansanias zu senden und diese ebenfalls aufzufordern, sich für eine Beendigung der Jagd auf Elefanten in Nord-Tansania einzusetzen. Wir haben hierfür zwei Musterbriefe vorbereitet, jeweils in Deutsch und Englisch, sowie eine Liste der Adressen der Botschaften in Deutschland, Österreich und Schweiz. Hier die Links zu diesen Seiten:

 

Ganz herzlichen Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer, auch im Namen der Elefanten Amboselis sowie von Cynthia Moss und ihrem gesamten Team.

 

(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)

Amboseli News: Dezember 2023 und Januar 2024

Angelina und ihr neues Baby

Dezember 2023 und Januar 2024 waren für alle in Amboseli eine glückliche Zeit. Dank äußerst reicher Regenfälle hatten die Elefanten geradezu ein Überangebot an frischer, grüner Vegetation. Im Dezember wurden 47,5 mm und im Januar beeindruckende 261 mm Niederschlag gemessen. Damit lagen diese zwei Monate bereits weit über dem Jahresdurchschnitt. Der Park und die umliegende Landschaft waren wie verwandelt, und die Elefanten konnten die guten Zeiten genießen. Viele von ihnen versammelten sich in den offenen Grasebenen, die den Park umschließen. Manchmal waren Hunderte von Elefanten zusammen! Dank des reichen Nahrungsangebots erholten sie sich schnell, und die meisten von ihnen befanden sich bereits Ende Januar wieder in bester körperlicher Verfassung.

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Amboseli News: Oktober und November 2023

Angelina, eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie

Die Monate Oktober und November brachten Amboseli den Beginn einer neuen Regenzeit. Im Oktober hielten sich die Niederschläge zwar noch sehr in Grenzen – es waren gerade einmal 2 ml Niederschlag im gesamten Monat gefallen -,  doch im November gab es dann tatsächlich endlich ergiebige Regenfälle. Die teils heftigen Niederschläge brachten eine große Erleichterung für das Land und seine Bewohner mit sich. Innerhalb des Parks, im Camp des Amboseli Trust for Elephants (ATE), wurden insgesamt 193,5 ml gemessen, und außerhalb regnete es noch weit mehr. In den Chyulu Hills fielen beispielsweise über 500 ml Regen. Einige Gebiete wie Mbirikani wurden komplett überschwemmt, und andernorts waren Straßen überflutet und unpassierbar. Trotzdem bewirkten die Niederschläge bei den meisten Menschen große Erleichterung, denn sie bewirkten, dass die Nahrungsmittelproduktion für die Menschen und ihr Vieh für einige Zeit wieder gesichert ist.

Auch die Elefanten und viele andere Wildtiere profitierten von den Regenfällen, denn ihnen standen nun viele neue, temporäre Wasserstellen zur Verfügung sowie Weideflächen, die sonst  aufgrund von Wassermangel nicht zugänglich sind. Das reiche Nahrungsangebot führte auch zu einer deutlichen Reduzierung der Konkurrenz zwischen Wildtieren und dem Vieh der lokalen Bevölkerung.

 

Die Elefanten finden jetzt überall ausreichend Nahrung.
Die Elefanten finden jetzt überall ausreichend Nahrung.

 

Spielende Jungbullen
Spielende Jungbullen

 

Die Elefanten haben die üppigen Bedingungen gut genutzt und in relativ kurzer Zeit deutlich an Kondition zugelegt. Oft versammelten sie sich in großen Herden, die teilweise aus mehr als 300 Tieren bestanden, die sich begrüßten, zusammen weideten und miteinander spielten. Viele Kühe waren paarungsbereit, und einige Bullen, darunter Pascal, kamen in die Musth. Das führte zu einer Vielzahl aufregender Interaktionen.

 

Ein Bulle auf der Suche nach paarungsbereiten Kühen
Ein Bulle auf der Suche nach paarungsbereiten Kühen

 

Pascal, der 1980 geborene Sohn Patricias aus der PC-Familie, führt schon seit vielen Jahren ein von seiner Familie unabhängiges Leben. Er ist ein großer Bulle mit kurzen aber dicken Stoßzähnen. Sein rechtes Ohr ist gebrochen, so dass es etwas schlaff aussieht, doch dies ist nur ein kleiner Schönheitsfehler, der ihn nicht im geringsten beeinträchtigt. Pascal durchstreifte den Park auf der Suche nach Kühen im Östrus, und das ATE-Team sah ihn bei Paarungen und der anschließenden Bewachung mehrerer Kühe. Seine Aktionen hatten also den gewünschten Erfolg.

 

Ein Bulle prüft die Paarungsbereitschaft einer Kuh
Ein Bulle prüft die Paarungsbereitschaft einer Kuh

 

Viele Elefanten wanderten in außerhalb des Parks liegende Gebiete. Cynthia Moss und ihr Team konnten daher einige Familien gar nicht oder nur bei wenigen Gelegenheiten sehen. Zu ihnen gehörten die FBs und die OAs.

Den FBs begegnete das ATE-Team nur einmal, am 30. November. Die Gruppe bestand aus Flossie, Fenneke und ihrem kleinen Kalb, Farrukhan, Farida, Falafel und Frost. Es wäre sehr gut, wenn die FBs jetzt, wo es reichlich Nahrung gibt, mehr zusammenbleiben, doch es ist schwer zu sagen, was sie tatsächlich tun werden, nachdem Fanny sie nicht mehr anführt.

Die OAs und OA2s hatte das ATE-Team bereits am 27. Oktober gesehen. Sie hielten sich inmitten einer der großen Herden auf, der auch die CBs angehörten, mit denen die OAs besonders eng befreundet sind. Die Familienmitglieder schienen in guter Verfassung zu sein, und die neuen Kälber gediehen bisher prächtig.

 

Einige Mitglieder der EB-Familie
Einige Mitglieder der EB-Familie

 

Auch die EBs wurden nicht sehr häufig gesehen. Am 31. Oktober begegnete das ATE-Team Enid mit ihren Kälbern. Außerdem sahen sie Eliots Tochter Ekaterina, die sich im Östrus befand und sich mit Michael paarte. Michael ist 32 Jahre alt und dabei, sich zu einem der eindrucksvollsten Bullen Amboselis zu entwickeln. Seine dicken, symmetrischen, ausladenden Stoßzähne reichen bereits jetzt fast bis zum Boden. Da er sich gerade in Musth befand, war er für paarungsbereite Kühe besonders attraktiv. Ekaterina hat bisher noch kein eigenes Kalb bekommen und könnte nun zum ersten Mal schwanger werden. Und im November traf das Team auf Eliot mit ihren Kälbern, einschließlich Ekaterina, die sich inzwischen wieder bei ihrer Mutter und Eleanor befand.

 

Eliot von den EBs und ihre jüngstes Kalb
Eliot von den EBs und ihr jüngstes Kalb

 

Eliot und ihr jüngstes Kalb
Eliot und ihr jüngstes Kalb

 

Im Unterschied zu den meisten anderen Familien hatten sich die EBs nicht den großen Versammlungen angeschlossen, sondern sich stattdessen sogar noch in kleinere Untergruppen aufgeteilt. Dieses Verhalten beobachtet man normalerweise eher während der Trockenzeit. Doch Enid, die Matriarchin, ist immer noch dabei, sich von ihren schlimmen Erfahrungen im Jahr 2022 zu erholen. Dies war vielleicht der Grund für die Aufsplitterung der EBs. Wir hoffen, dass Enid bald wieder zu ihrer alten Stärke zurückfindet und dann auch ihre Familie wieder zusammenführen wird.

Andere Familien wurden öfter gesehen, darunter beispielsweise beide Gruppen der PCs, sowohl diejenige Petulas wie die von Placida und auch die GBs. In beiden Familien gab es neue Kälber, die sich in guter Verfassung befanden. Speziell die GBs hatten im November erneut Familienzuwachs erhalten: Gretchen brachte am 18. November ein männliches Kalb zur Welt, was große Freude auslöste. Gretchen ist Geetas Tochter aus dem Jahr 2003 und hat nun bereits drei männliche Kälber geboren. Das erste, das 2015 zur Welt kam, überlebte allerdings leider nicht. Im Jahr 2017 bekam Gretchen dann ihren zweiten Sohn, der den Namen Glissando erhielt, und nun hat sie ihren dritten Sohn zur Welt gebracht.

 

Eine Gruppe der GB-Familie
Eine Gruppe der GB-Familie

 

Oft hielten sich die GBs in den großen Herden auf. Einmal entdecke das ATE-Team auch Golda und ihren Teil der Familie in so einer Versammlung. Garba Tula, die mit ihren Kälbern inmitten anderer Elefanten weidete, beschloss plötzlich eine andere Familie, die AAs, von ihrem Weideplatz zu vertreiben. Garba Tula ist zwar eine sehr schöne Elefantenkuh, aber zu Angehörigen anderer Familien nicht sehr freundlich. Genau wie Menschen haben auch Elefanten unterschiedliche Persönlichkeiten. Dies haben die Forscherinnen des ATE im Laufe der Jahre untersucht, indem sie ihre langfristigen und detaillierten Daten von bekannten Individuen nutzten, um einen Persönlichkeitsindex zu erstellen. Dieser Aspekt ihrer Forschung ist besonders faszinierend, und sie entwickeln diesen Bereich auch laufend weiter, während sie bei ihren Beobachtungen weitere  Informationen sammeln.

 

Eine Gruppe der AA-Familie
Eine Gruppe der AA-Familie

 

Annan (ganz links) und weitere AAs
Annan (ganz links) und weitere AAs

 

Die AAs waren immer eine der standorttreuesten Familien in Amboseli und blieben auch im Oktober und November überwiegend im Park. Das erst vor kurzem geborene weibliche Kalb Abras gedieh prächtig und war sehr lebhaft und verspielt. Aurora B, die 2010 geborene Tochter von Amber, brachte am 2. November ihr erstes Baby zur Welt. Die Geburt wurde von einem Safari-Guide beobachtet, der das Forschungsteam informierte. Auroa Bs Mutter Amber war die Schwester von Angelina und starb 2016 im Alter von 35 Jahren aus unbekannter Ursache. Von all ihren Kindern lebt nur noch Aurora B. Und deren letzte lebende Verwandte mütterlicherseits ist nun ihre Tante Angelina. Als Amber starb, blieb Aurora B, die zu diesem Zeitpunkt erst sechs Jahre alt war, bei Angelina, zu der sie eine sehr enge Bindung entwickelte.

Wer die Geschichte nicht kennt, könnte meinen, Aurora B sei Angelinas Kalb, da sie ihr mit ihren Cousinen überallhin folgt. Das ATE-Team freute sich sehr darüber, dass sie mit 13 Jahren nun zum ersten Mal selbst Mutter geworden ist. Doch leider war diese Freude nicht von langer Dauer. Als sie Aurora B am 7. November das nächste Mal sahen, war ihr Kalb nicht mehr bei ihr. Aurora B hatte zwar noch Milch, doch ihr Kalb war nirgends zu sehen. Ein so junges Kalb kann ohne seine Mutter nicht lange überleben, und daher muss davon ausgegangen werden, dass es gestorben ist. Der Verlust eines erstgeborenen Kalbes kommt in freier Wildbahn leider öfter vor, und die Überlebensrate der Kälber ist gerade bei den AAs im Vergleich zu anderen Familien in Amboseli relativ niedrig. Das ATE-Team war traurig darüber, dass das Kalb nicht überlebt hatte – auch wenn ihnen bekannt war, dass dies vorkommen kann. Doch dieses Wissen machte es nicht leichter.

 

Angelina aus der AA-Familie
Angelina aus der AA-Familie

 

Angelina und ein befreundeter Bulle
Angelina und ein befreundeter Bulle

 

Manchmal liegen traurige und freudige Ereignisse sehr eng beieinander. Das war dieses Mal auch bei den AAs der Fall: Während Aurora B ihr Kalb verlor, wurde Acholi gerade schwanger. Acholi befand sich im Östrus  und wurde von Pascal begleitet. Acholi ist eine Tochter der früheren AA-Matriarchin Alison , eine Schwester Astrids, die ebenfalls Matriarchin der AAs war, und eine Tante Annans. Im April dieses Jahres hatte sie ihr erstes Kalb zur Welt gebracht, das jedoch nicht überlebte. Nachdem ihre körperliche Verfassung wiederhergestellt war und sie kein Kalb mehr zu versorgen hatte, kam sie nun bereits wieder in den Östrus . Acholi befand sich in einer der großen Elefantenversammlungen, wo ihr mehrere Bullen folgten, darunter Pascal. Pascal war der bei weitem größte von ihnen und befand sich außerdem gerade in der Musth. Da verschaffte ihm einen großen Vorteil bei Paarungen. Acholis Körpersprachte zeigte denn auch deutlich, dass sie an ihm interessiert war. Das ATE-Team konnte zwar nicht sehen ob er und Acholi sich tatsächlich paarten, doch die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß.

 

Angelina, eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie
Angelina ist eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie

 

Annan von den AAs
Annan von den AAs, die Tochter der früheren Matriarchin Astrid

 

Anghared von den AAs
Anghared ist eine der ältesten und erfahrensten Kühe der AAs

 

Eine besonders interessante Beobachtung machte das Team im November, als es bei einer Gelegenheit alle AAs in einer Gruppe zusammen sah. Dies war schon lange nicht mehr der Fall gewesen. Wie berichtet, hatte die letzte Matriarchin Astrid große Anstrengungen unternommen, um ihre Familie zusammenzuhalten, was ihr auch sehr gut gelungen ist. Seit ihrem Tod hatten sich die AAs aber in mehrere Gruppen aufgeteilt, die von Althea, Angelina, Anghared und Ann geführt wurden und von denen jede ihres Weges zog. Noch ist es unklar, ob sie sich künftig wieder dauerhaft zusammenschließen werden, was gerade bei einer kleineren Familie wie ihnen zu wünschen wäre. Doch die aktuelle Beobachtung ist für die Forscherinnen immerhin ein hoffnungsvolles Zeichen, da es zeigt, dass die Familienmitglieder sich noch immer verbunden fühlen.

 

Anghared, eine der ältesten Kühe der AA-Familie
Anghared von den AAs

 

Anghared von den AAs
Anghared

 

Wie auch immer sie sich entscheiden werden, für den Moment hatten sie jedenfalls wieder zusammengefunden und konnten gemeinsam die angenehmen Bedingungen genießen. Wir wünschen ihnen, dass es ihnen gelingt eine gute Entscheidung zu treffen, um eine  weise und verantwortungsbewusste Matriarchin zu finden – oder mehrere.

 

(Alle Bilder © Christiane Umlauft)