ATE News: Oktober und November 2022

Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie

Im Oktober und Anfang November erreichte die Dürre in Amboseli ihren brutalen Höhepunkt. Erst in der zweiten November-Hälfte setzten dann endlich die langersehnten Regenfälle ein, und die schlimmste Not nahm ein Ende.

 

Elefantenkuh wacht über schlafendem Kalb
Elefantenkuh wacht über schlafendem Kalb

 

Für die Elefanten und meisten anderen Wildtiere, aber auch für die Menschen und ihr Vieh war die monatelange Dürre eine Katastrophe. Schätzungsweise 5 % der Elefanten, 3 % der Giraffen, 12 % der Zebras, 15 % der Gnus und zwischen 20 % und 30 % des Viehs starben aufgrund der Trockenheit.

Für Cynthia Moss und ihr Team vom Amboseli Trust for Elephants (ATE) war das Leid, mit dem sie tagtäglich konfrontiert wurden, schwer zu ertragen. Sie nahmen es sogar deutlicher wahr als die meisten anderen Menschen vor Ort. Viele realisieren den Tod eines Tieres nur, wenn sie Augenzeugen waren oder zumindest seine Überreste finden, was beides eher selten der Fall ist. Das ATE-Team aber kennt jede Elefanten-Familie in Amboseli persönlich und weiß, aus wie vielen Mitgliedern – erwachsenen Kühen und Kälbern beiderlei Geschlechts – sie bestehen. Erwachsene können sich für einige Zeit von einer Familie trennen – Kälber nicht. Wenn die Forschungsteams des ATE Elefantenfamilien begegnen, kontrollieren sie stets, ob alle Mitglieder dabei sind. Und so mussten sie während der Dürre immer wieder feststellen, dass Kälber fehlten, was nur bedeuten konnte, dass sie wohl auch zu Opfern der Dürre geworden waren. Tatsächlich betraf die Sterblichkeit bei den Elefanten vor allem jüngere Kälber, deren Mütter nicht mehr genug Milch produzieren konnten, sowie ältere Kühe.

 

Elefantenbulle am Rand des Sumpfes vor vertrockneter Ebene
Elefantenbulle am Rand eines Sumpfes vor vertrockneter Ebene

 

Der Beginn der Regenzeit brachte Amboseli etwa 29 mm Niederschlag – eine durchschnittliche Menge für die „nassen“ Monate in diesem Gebiet. Außerhalb des Parks fiel teilweise allerdings etwas mehr Regen, und daher wanderten zahlreiche Tiere dorthin, auch viele Elefanten wie die FB- und PA-Familien. Mehrere Elefantenfamilien blieben auch im Park zurück. Dort fanden sie vielleicht nicht so gute Nahrungsbedingungen wie außerhalb, doch sparten sie viel Energie, indem sie weite Wanderungen vermieden. Jede Familie und jede Matriarchin verfolgt ihre eigenen Strategien, und das ist gut, denn auf diese Weise können die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden.

Die AAs haben, wie erwartet,  ihr vertrautes Gebiet im Zentrum des Parks nicht verlassen. Leider hatten sie nach den Verlusten der vorangegangenen Monate noch weitere Mitglieder verloren: Annans zweijähriges männliches Kalb, das alle liebten, da es sehr selbstbewusst und lebhaft war, sowie Anns erst Anfang des Jahres geborenes weibliches Kalb. Diese Verluste verursachten in der Familie aber auch beim ATE-Team große Trauer.

 

Annan und ihr Kalb - als es noch lebte
Bild aus besseren Zeiten: Annan und ihr Kalb

 

Wenigstens gibt es auch eine gute Nachricht: Angelina hat es geschafft, dass ihr weibliches Zwillingskalb überlebte. Dies ist eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, wie benachteiligt das Kalb von Geburt an war. Zwillinge haben bei Elefanten kaum Überlebenschancen, da sie die Milch teilen müssen. Angelinas männliches Zwillingskalb war daher leider Ende 2021 gestorben. Nun musste seine Schwester zwar die Milch nicht mehr teilen, doch war sie in ihrer körperlichen Entwicklung im Vergleich zu gleichaltrigen Kälbern etwas zurückgeblieben. Dass sie die Dürre trotzdem überlebt hat, ist wirklich eine außergewöhnliche Leistung Angelinas.

 

Angelina und ihr weibliches Zwillingskalb
Angelina und ihr weibliches Zwillingskalb

 

Angelinas Kalb beim Trinken
Angelinas Kalb beim Trinken

 

Auch die EBs blieben innerhalb des Parks. Sie teilten sich während der letzten zwei Monate in viele kleinere Gruppen auf. Leider waren auch sie noch von weiteren Verlusten betroffen: Europa, Eliot und Entito haben ihre jüngsten, etwa zwei Jahre alten Kälber verloren.

Eliot wurde aber zusammen mit ihrer erwachsenen Tochter Entito, ihrer elf Jahre alten Tochter Ektarina und ihrem sieben Jahre alten Sohn Eumense gesehen. Wenigstens die älteren Kälber scheinen die Dürre alle überlebt zu haben.

Ebony begann damit, mehr Zeit beim ATE-Camp zu verbringen. Das Team freute sich sehr festzustellen, dass ihr jüngstes männliches Kalb überlebt hatte und ständig bei seiner Mutter war. Eliot und Entito hielten sich immer in Ebonys Nähe auf und deren siebenjähriger Sohn Eurypon freundete sich mit den beiden an. Ebony begann schließlich damit, sich mit dem Camp näher vertraut zu machen,  bewegte sich tagsüber manchmal direkt zwischen den Zelten und trank sogar Wasser aus dem Duschtank. Dabei verhielt sie sich aber sehr vorsichtig und rücksichtsvoll, beschädigte keine Leitungen und war auch sonst sehr höflich, so dass das Team sie in Ruhe ihren Geschäften nachgehen ließ. Natürlich hielten sie wie immer einen Sicherheitsabstand zu ihr ein, da sie schließlich ein wilder Elefant ist, obwohl sie sich in Gegenwart des ATE-Teams sehr ruhig verhält.

 

Mitglieder der EB-Familie im Ol Tukai Forest
Mitglieder der EB-Familie im Ol Tukai Forest

 

Auch Ektor, Enids elfjähriger Sohn, besuchte oft das ATE-Camp. Er kam an den Zelten vorbei, während ihre Bewohner drinnen an ihren Computern arbeiteten, und graste gerne in ihrer Nähe.

Enid selbst verbrachte einige Zeit in einem anderen Teil des Parks, und es sah so aus, als ob die Trockenheit in Verbindung mit dem Stress, den sie durch das Speeren von einigen Monaten erlitten hatte, ihren Tribut gefordert haben. Dazu kam, dass auch sie ihren zweijährigen Sohn verloren hatte, um den sie nun trauerte. Cynthia und ihr Team hoffen sehr, dass sie sich nach dem Beginn der Regenzeit möglichst bald wieder erholen wird.

 

Enid, die Matriarchin der EB-Familie
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

 

Eleanor hielt sich ebenfalls im selben Gebiet wie Enid auf, wurde aber manchmal allein gesehen. Dieses Verhalten ist typisch für Dürreperioden; die Elefanten teilen sich auf, um leichter genug Nahrung für alle zu finden. Hinzu kommt aber auch, dass sie viel Kondition verloren haben und über Verluste trauern müssen. Beides kann sie sehr lethargisch machen.

Die EBs werden einige Zeit brauchen, um sich von dieser Dürre zu erholen, sowohl physisch wie psychisch, aber sie werden es schaffen, dessen ist sich das ATE-Team sicher. Hoffentlich geschieht es bald!

Die GBs waren in den letzten Monaten ebenfalls regelmäßig im Amboseli. Sowohl Gails wie Goldas Gruppen wurden mehrfach gesehen. Golda hat ihren Teil der Familie gut zusammengehalten, aber leider haben auch sie einen Verlust erlitten: Ghosts zweijährigen Sohn. Wenn man berücksichtigt, dass die GBs eine der größten Familien in Amboseli sind, haben sie allerdings mit nur einem verlorenen Kalb diese schlimme Zeit noch relativ gut überstanden – auch wenn jedes einzelne gestorbene Kalb eines zu viel ist. Doch andere Familien hatten deutlich mehr Verluste erlitten.

Die OAs verbrachten tagsüber viel Zeit im Park und hielten sich hauptsächlich in den Sümpfen auf, um die dort noch vorhandene – wenn auch nährstoffarme – Vegetation zu nutzen. Auch sie haben die Strapazen relativ gut überstanden, hatten aber ebenfalls über einen Verlust zu trauern: Olwens zweijährige Tochter. Die übrigen Kälber hatten bis zum Einsetzen der Regenfälle überlebt und damit das Schlimmste überstanden. Wir hoffen sehr, dass die OAs von weiteren Verlusten verschont bleiben.

 

Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie
Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie

 

Da Amboseli ein eher kleiner Park ist, war es für das Überleben der Wildtiere schon immer wichtig, dass sie auch außerhalb nach Nahrung suchen konnten. Die Massai und andere Nachbarn zeigten ihnen gegenüber in den meisten Fällen eine große Toleranz. Die Dürre hatte nun allerdings die Konkurrenz um die letzten Ressourcen verschärft, und es wird noch lange dauern bis alle, Menschen wie Tiere, sich von ihren Auswirkungen erholt haben. Und niemand weiß, wann die nächste Dürre kommt. Der Schutz von Elefanten und anderen Wildtieren wird dadurch vor immer größere Herausforderungen gestellt.

Cynthia Moss und ihr Team vom Amboseli Trust for Elephants wissen, dass es notwendig ist, in Zusammenarbeit mit der Regierung, anderen NGOs und der lokalen Bevölkerung Konzepte zu entwickeln, die auch in Zukunft eine friedliche Koexistenz von Menschen und Wildtieren ermöglichen. Denn eins ist klar: Wer die Elefanten schützen will, muss sicherstellen, dass auch die Menschen überleben und idealerweise vom Schutz der Wildtiere profitieren. Anders wird es nicht funktionieren.

 

Elefantenkuh mit Kälbern
Elefantenkuh mit Kälbern

 

Cynthia und ihr Team nahmen daher an verschiedenen Besprechungen und Diskussionen teil. Zu deren ersten greifbaren Ergebnissen gehören folgende Maßnahmen:

  1. Ernährungsprogramme für die Bevölkerung (vorrangig für Kinder und ältere Menschen) weiterführen
  2. Sicherung, Instandhaltung und Neuanlage von Wasserstellen für Wildtiere und Vieh (auch außerhalb des Parks in Gebieten, die während Dürrezeiten noch Nahrung bieten, aber zu weit von den natürlichen Wasserstellen im Parkzentrum entfernt liegen)
  3. Bereitstellung von Futter für Wildtiere und für das Vieh sowie die Behandlung des Viehs gegen Parasiten (wichtig für das Vieh selbst, aber auch für die Wildtiere, die sich sonst über den Dung selbst infizieren könnten – gerade bei geschwächtem Zustand in Trockenzeiten ein großes Problem)

 

Zu den längerfristigen Maßnahmen, die ebenfalls bereits angelaufen sind, gehören:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenqualität
  2. Anlage einer Grassamenbank (um besonders dürreresistente Sorten zu fördern)
  3. Entwicklung nachhaltigerer und effektiverer landwirtschaftlicher Praktiken (welche weniger Land beanspruchen).

 

Für das ATE-Team zeichnet sich ab, dass sich auch ihre eigene Arbeit den neuen Herausforderungen anpassen muss. Ursprünglich war das wichtigste Ziel, das natürliche Verhalten der Elefanten und ihre Gesellschaft besser kennenzulernen. Dieses wird auch weiter ein Schwerpunkt bleiben. Doch zusätzlich wird die Entwicklung von Lösungen zu Vermeidung von Mensch-Wildtier-Konflikten immer wichtiger werden.

 

Annan bei der Futtersuche im Sumpf
Annan bei der Futtersuche im Sumpf

 

Hinter den Elefanten Amboselis liegen äußerst schwere Zeiten, die einen sehr schmerzhaften Tribut gefordert haben. Und niemand kann mit Sicherheit sagen, wie sich die nächsten Monate entwickeln werden. Doch vorerst haben die Niederschläge für ein Ende der schlimmsten Not gesorgt, und wir können nur hoffen, dass sich dies in den nächsten Monaten fortsetzen wird.

Viele der Amboseli-Elefanten sind nicht nur Cynthia und ihrem Team, sondern auch vielen Menschen weltweit gut bekannt, und wir alle hoffen von ganzem Herzen, dass sie sich bald von den Entbehrungen der letzten Monate erholen werden.

ATE News: August und September 2022

Im August und September nahm die bereits seit mehreren Monaten herrschende Dürre ein brutales Ausmaß an. Das Land war inzwischen fast vollständig ausgetrocknet. Nur in den Sümpfen, im Zentrum des Amboseli-Nationalparks, gab es weiterhin Wasser und etwas Vegetation, wenn auch nur recht nährstoffarme. Außerdem boten die verstreuten kleinen Wälder des Parks ein wenig Nahrung. Aber sonst war kaum noch etwas für die zigtausenden Elefanten, Zebras, Büffeln, Gnus und Antilopen zu finden.

 

Eine Kuh der AA-Familie und ihr Kalb versuchen, in der verdorrten Ebene noch etwas Nahrung zu finden

 

Die erfahrenen Matriarchinnen der Elefanten versuchten, ihre Familien zu Orten zu führen, an denen es früher selbst während der schlimmsten Dürreperioden immer noch etwas Nahrung gegeben hatte. Doch teilweise war ihnen jetzt der Weg zu diesen letzten Weideflächen durch menschliche Siedlungen, Infrastruktur oder Farmland versperrt, während in anderen Fällen die Weidegründe selbst Farmen oder Siedlungen weichen mussten. Die Herausforderungen für die Matriarchinnen waren enorm. Und doch ruhten vor allem auf ihnen alle Hoffnungen!

 

Elefantenfamilie auf ihrer Wanderung
Elefantenfamilie auf ihrer Wanderung

 

Das Bevölkerungswachstum macht auch die Auswirkungen von Dürren immer noch schlimmer – letztlich nicht nur für die Wildtiere, sondern auch für die Menschen selbst und ihr Vieh. Auch sie kämpfen einen verzweifelten Kampf ums Überleben.

Diese Probleme können nur gelöst werden, wenn man Wege findet, die allen helfen. Dabei ist es natürlich in erster Linie wichtig, das Bevölkerungswachstum zu stoppen. Dieses Ziel wird vermutlich aber nur langfristig zu erreichen sein. Und da der Druck auf die Ressourcen bereits jetzt zu hoch ist, müssen weitere Ansätze verfolgt werden, beispielsweise die Entwicklung landwirtschaftlicher Methoden, die weniger Fläche zur Erzeugung derselben Erträge benötigen. Am wichtigsten ist aber die Förderung von Bildung, speziell auch für Mädchen. Der Amboseli Trust for Elephants (ATE) setzt sich hierfür bereits seit Jahrzehnten ein. Aktuell unterstützte er auch ein Programm, welches Mahlzeiten für Schulkinder bereitstellt. Dadurch werden nicht nur Kinder mit Nahrung versorgt, sondern auch sichergestellt, dass sie weiterhin die Schule besuchen können. Außerdem fördert es die freundschaftliche Beziehung, welche zwischen der überwiegenden Mehrheit der lokalen Bevölkerung und dem ATE herrscht und unverzichtbar ist, um zu erreichen, dass die Menschen bereit sind, das Land mit den Wildtieren zu teilen.

 

Elefanten durchqueren die Ebene in Amboseli
Elefanten durchqueren die Ebene in Amboseli

 

All das änderte natürlich nichts an der aktuellen, verheerenden Situation. Besonders schlimm waren Arten wie Zebras und Gnus betroffen, die in großer Zahl starben, doch auch viele Elefanten, vor allem die ältesten und jüngsten Familienmitglieder, wurden zu Opfern der Dürre. Verständlicherweise war das Team des ATE in den allermeisten Fällen nicht dabei, wenn Elefanten starben, und oft entdeckten sie nicht einmal ihre Überreste. Aber da der ATE in seiner Datenbank jeden einzelnen Elefanten des Amboseli-Ökosystems erfasst hat, konnte man feststellen, welche Tiere in den einzelnen Familien fehlen. Ältere Elefanten können sich allerdings auch kurzfristig von den anderen getrennt haben und später wieder zu ihnen stoßen. Aber milchabhängige Kälber müssen fast immer als verstorben betrachtet werden, wenn sie nicht bei ihren Müttern sind.

Zu ihnen gehören die jeweils jüngsten Kälber von Eleanor, Eudora, Entito und Eliot von der EB-Familie sowie von Golda, Gigabyte, Garamba und Gatzamba von der GB-Familie. Die meisten von ihnen waren männlich, einige aber auch weiblich wie diejenigen Goldas, Gigabytes und Gatzambas. Generell ist die Sterblichkeit von Bullenkälbern höher, da sie schneller wachsen und daher mehr Energie benötigen.

Besonders schlimm war es für Elise, die Tochter Enids, der Matriarchin der EB-Familie. Sie hat gleich zwei Kälber verloren! Zuerst starb ihr älterer Sohn. Er gehörte zu den vier EB-Mitgliedern, die im Juni mit Speeren verletzt worden waren. Der Tierarzt hatte sie alle behandelt. Während die anderen drei sich inzwischen gut erholten, war die Verletzung bei Elises Sohn offenbar doch zu schlimm, und er verstarb an ihren Folgen. Und dann verlor Elise auch noch ihre jüngste Tochter. Da Elefanten sehr stressanfällig sind, ist davon auszugehen, dass der Tod ihres Sohnes, verbunden vielleicht mit den Auswirkungen der Dürre, Elise so zusetzte, dass sie nicht mehr genug Milch für ihre Tochter hatte und deshalb auch diese verlor.

 

Elise hat zwei Kälber verloren

 

Auch Odessa von der OA-Familie verlor offenbar ebenfalls gleich zwei Kälber: ihren drei Jahre alten Sohn und ihre sieben Jahre alte Tochter Onna. Der Tod eines schon relativ alten Kalbs wie Onna ist ziemlich ungewöhnlich, und da sie nicht mehr milchabhängig ist, könnte es sein, dass sie sich vielleicht doch nur von ihrer Familie getrennt hatte und später wieder zurückkehren wird. Diese Hoffnung besteht also noch, doch muss man ehrlicherweise sagen, dass sie leider nicht besonders groß ist.

Ein besonders tragischer Fall war der Tod des erst letzten Jahres geborenen Sohns von Astrid, der Matriarchin der AA-Familie. Ihm hatte die Dürre wohl bereits seit längerem zugesetzt, und Astrid trennte sich daher von den anderen AAs, um ihr Tempo bei den Wanderungen dem seinen anpassen zu können. Doch leider reichte das nicht aus. Eines Morgens entdeckte ein ATE-Team Astrid, die neben ihrem am Boden liegenden Kalb stand. Astrids Sohn war völlig geschwächt und offensichtlich nicht mehr in der Lage aufzustehen. Das Team alarmierte daher umgehend den Tierarzt. Doch während dieser noch unterwegs war, starb Astrids Kalb. Für Cynthia Moss und ihre Kolleginnen, welche Astrid seit Jahrzehnten kennen, war dieser Verlust besonders schwer zu ertragen. Einerseits, weil er einer der wenigen Todesfälle war, bei dem sie Zeuge waren, und andererseits, weil Astrid noch nie viel Glück mit ihren Kälbern hatte und die meisten von ihnen das Erwachsenenalter nicht erreicht haben. Einzig ihre Tochter Annan lebt heute als erwachsene Kuh mit einem eigenen Kalb in Amboseli.

 

Elefantenkuh mit Kalb in der verdorrten Savanne Amboselis
Annan, die Tochter Astrids, und ihr Kalb haben überlebt (AA-Familie)

 

Am schlimmsten war es für das ATE-Team, all dies mitansehen zu müssen, ohne viel helfen zu können. Immerhin konnten sie in einigen Fällen dafür sorgen, dass Kälber, die zu schwach waren, um ihren Familien zu folgen, gerettet wurden und  in die Obhut des Sheldrick Wildlife Trusts kamen. Doch leider waren dies nur Einzelfälle.

Ein Ende der Dürre war allerdings – bestenfalls! – erst im November zu erwarten, wenn hoffentlich die nächste Regenzeit beginnen würde.

Wirklich Trost spendete nur das Wissen, dass die erfahrenen Matriarchinnen es bisher stets geschafft hatten, das Überleben der überwiegenden Mehrheit ihrer Familien zu sichern. Und nun konnte man nur hoffen, dass ihnen dies auch jetzt gelingen würde.

Und dann gab es doch noch eine erfreuliche Entwicklung in dieser sonst so trostlosen Zeit: Enid, ihr Sohn Ektor und ihre Schwester Esprit schafften es tatsächlich, sich trotz der Dürre von ihren Speerwunden zu erholen. Das war keineswegs selbstverständlich! Für Cynthia Moss und ihre Mitarbeiterinnen war es eine große Erleichterung, dies beobachten zu können.

 

Enid passt auf die Kälber auf

 

Zusammenfassend müssen die Monate August und September als eine der seit langem schwersten Zeiten für die Elefanten Amboselis bezeichnet werden – und somit auch für das ATE-Team.

Doch die Elefanten werden auch diese Katastrophe überstehen, wenn auch mit schmerzlichen Verlusten. Und irgendwann – hoffentlich in nicht mehr allzu ferner Zukunft – wird es endlich wieder regnen und diese furchtbare Zeit ein Ende finden.

 

Angelina und ihre Kälber (AA-Familie)

 

Es ist belegt, dass Elefanten um ihre Toten trauern. Immer wieder besuchen sie auch ihre Überreste, um dort einige Zeit zu verweilen. Und manchmal versetzt sie ein Todesfall so sehr in Stress, dass sie selbst gesundheitliche Probleme bekommen. In den meisten Fällen schaffen sie es aber, ihre Trauer zu bewältigen. Sie vergessen ihre Toten nicht, doch gleichzeitig schauen sie nach vorn und sind weiter für die Lebenden da, um sich – wie immer –gegenseitig zu unterstützen.

Cynthia Moss und ihr Team folgen diesem Beispiel. Auch sie trauern um all jene, die zu Opfern der Dürre wurden, doch ebenso kämpfen sie weiterhin mit aller Kraft für diejenigen, die überlebt haben. Und natürlich hoffen sie, dass die Regenzeit nun bald beginnt und damit endlich wieder die guten Zeiten für die Elefanten zurückkehren.

ATE News: Juni und Juli 2022

Enid, die Matriarchin der EBs. säugt ihr jüngstes Kalb

Juni und Juli sind in Amboseli normalerweise die ersten Monate der „Großen Trockenzeit“. Es regnet nicht mehr, doch die Tiere kommen noch gut zurecht, da sie noch immer genug Nahrung finden. Dieses Jahr aber fiel die Regenzeit der Monate April und Mai extrem dürftig aus. Daher war das Land Anfang Juni bereits ausgetrocknet, und die Situation schien sich zu einer echten Dürre zu entwickeln.

Wasser ist in Amboseli zwar das ganze Jahr zuverlässig in den Sümpfen vorhanden, doch die Nahrung wird bei anhaltender Trockenheit immer knapper. Zu den wichtigsten Ressourcen zählt jetzt die  Sumpfvegetation, die aber leider nicht besonders nahrhaft ist. Die Savannen sind verdorrt, und die wenigen Waldgebiete viel zu klein für alle Tiere des Amboseli-Ökosystems.

 

Ann führt ihre Familie
Ann führt ihre Familie

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ATE News: April und Mai 2022

Ann von den AAs mit ihren Kälbern.

April und Mai sind normalerweise die niederschlagsreichsten Monate in Amboseli, doch in diesem Jahr waren die Regenfälle fast vollständig ausgeblieben, und anstelle der „Großen Regenzeit“ gab es den Beginn einer neuen schlimmen Dürreperiode. Auf die Elefanten und andere Wildtiere, die Menschen der umliegenden Gebiete und ihr Vieh werden harte Zeiten zukommen, bis es Ende Oktober oder Anfang November hoffentlich wieder regnet. Wasser als solches ist in Amboseli zwar immer in den Sümpfen zu finden, doch die Weideflächen veröden, und die Nahrung wird knapp.

Viele Elefanten – auch solche, die sonst meistens außerhalb des Parks unterwegs sind –  kehrten in das Zentrum des Schutzgebiets zurück. Hier finden sie in den Sumpfgebieten während der Trockenzeiten noch die verlässlichsten und ergiebigsten Nahrungsressourcen.

 

Elefanten am Rand eines Sumpfes.
Elefanten am Rand eines Sumpfes

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ATE News: Februar und März 2022

Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern

Im Februar und März diesen Jahres war es in Amboseli ungewöhnlich heiß und trocken. Daher kehrte eine große Zahl von Elefanten in den Park zurück, wo ihnen die Sümpfe auch jetzt noch Wasser und Nahrung boten. Unter ihnen befanden sich viele Familien und Bullen, die man schon lange nicht mehr gesehen hatte, und erfreulicherweise waren alle in guter Verfassung. Für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) war es daher eine großartige Zeit, die allerdings auch viel Arbeit mit sich brachte. Denn nun galt es die einzelnen Elefanten zu identifizieren und zu versuchen. von ihnen neue, aktuelle Fotos zu machen, mit deren Hilfe man sie auch künftig wieder leicht erkennen kann. Doch das ist natürlich eine Arbeit, der alle mit großer Freude nachgehen.

 

Cecilia und ihre Kälber von der CB-Familie beim Trinken
Cecilia und ihre Kälber von der CB-Familie beim Trinken

 

Das trockene und heiße Wetter ist für Amboseli zu dieser Jahreszeit typisch. Allerdings gibt es im Februar normalerweise noch einige kühle Brisen, und erst  im März wird es richtig heiß. Das war dieses Jahr etwas anders, und die große Hitze begann bereits einen Monat früher. Tagsüber stiegen die Temperaturen auf 35 bis 38 Grad Celsius.

Für das ATE-Team brachte das einige Erschwernisse mit sich. Das Team wohnt und arbeitet in Zelten, die zwar sehr gemütlich sind, sich aber bei den hohen Temperaturen trotz Schattendächern stark aufheizen. Lässt man sie offen, so dass der Wind für etwas Abkühlung sorgen kann, so muss man tagsüber aufpassen, dass die hier lebenden Meerkatzen nicht eindringen und ein ordentliches Durcheinander anrichten. Nachts muss man die Zelte unbedingt verschließen, um nicht Myriaden von Stechmücken zu einem Besuch einzuladen. Doch das Team ist an diese kleinen Herausforderungen gewöhnt, und alle haben eigene Strategien entwickelt, um damit klarzukommen – genau wie die Elefanten.

 

Grüne Meerkatzen sind ebenfalls in Amboseli zu Hause
Grüne Meerkatzen sind ebenfalls in Amboseli zu Hause

 

Die Elefanten passten ihre täglichen Aktivitäten den Gegebenheiten an. Eine große Zahl von ihnen zog während der heißen Tagesstunden in die Sümpfe, wo sie Wasser und Sumpfvegetation fanden. Nachts wanderten sie dann zum Grasen auf die Weidegründe der lokalen Gemeinden außerhalb des Parks. Diesem Rhythmus folgten beispielsweise Familien wie die CBs, FBs, GBs, IBs, KAs, OAs und PAs.

Bei den FBs machte das ATE-Team die erfreuliche Feststellung, dass Floppys weibliches Kalb, welches im Oktober noch gefährlich dünn ausgesehen hatte, inzwischen deutlich stabiler wirkte. Angesichts der teilweise sehr harten zurückliegenden Monate ist das ein echter Beleg für Floppys großartige mütterliche Fähigkeiten sowie für die Unterstützung, die sie durch ihre Familie erhalten hatte.

Den GBs ging es ebenfalls sehr gut. Sowohl Gails als auch Goldas‘ Gruppen wurden beobachtet, und manchmal waren beide sogar zusammen, was einen sehr schönen Anblick bot.  Zusammen sind sie eine riesige Familie von über 50 Elefanten.

 

Abends ziehen viele Elefantenfamilien in die Weidegründe außerhalb des Parks
Abends ziehen viele Elefantenfamilien in die Weidegründe außerhalb des Parks

 

Gigabytes vier Jahre alte Tochter hatte einen neuen und sehr auffälligen Schnitt an ihrem Ohr. Solche Kerben, Löcher und Risse sind das Hauptmerkmal, das ATE zur Identifizierung von Elefanten verwendet. Bei den meisten Elefanten kommen im Laufe ihres Lebens immer wieder neue Risse und Löcher hinzu. Meistens passiert das auf ihren Wanderungen und beim Fressen. Viele Sträucher und Bäume in Amboseli sind sehr dornig, aber das schreckt die Elefanten nicht ab, sich trotzdem bei ihnen zu bedienen. Man kann oft sehen, wie sie vorsichtig selbst die stacheligsten Akazienzweige fressen.

In einigen Teilen des Parks gibt es sehr dichte Akazienwälder, welche die Elefanten lieben. Gerade hier kommt es aber auch immer wieder zu kleineren Verletzungen an den Ohren. Nur sehr wenige Elefanten erreichen das Erwachsenenalter mit völlig unverletzten Ohren. ATE bezeichnet diese als „saubere“ Ohren, und auch dies hilft bei der Identifizierung, da sie eben nur selten vorkommen.

Die KAs machten ebenfalls einen guten Eindruck und sorgten für eine freudige Überraschung, weil sie ein neues Kalb in ihrer Mitte hatten. Allerdings ist die Geburt eines Kalbs in so harten Zeiten natürlich auch eine große Herausforderung für die Mutter und die gesamte Familie. Doch einige Kühe der KA-Familie, wie zum Beispiel Keira, besitzen bereits viel Erfahrung mit schweren Zeiten, und so hat das Neugeborene trotzdem gute Chancen.

 

Das neugeborene Kalb der KA-Familie
Das neugeborene Kalb der KA-Familie

 

Placida verbrachte mit ihrer Gruppe viel Zeit in der Nähe des Forschungscamps. Die Familienmitglieder schienen in guter Verfassung zu sein, und speziell die Kälber sahen wohlgenährt und kräftig aus. Placida hatte offenbar eine gute Strategie gewählt, um mit den harten Bedingungen der letzten Monate fertig zu werden. Elefantenkühe müssen viele Faktoren berücksichtigen. Einerseits ist es wichtig, dass sie selbst in guter körperlicher Verfassung bleiben, um ausreichend Milch für ihre Kälber  produzieren zu können. Andererseits dürfen die Wege zwischen den Weidegründen nicht zu lang und schwierig sein, um die Kälber nicht zu überfordern. In schweren Zeiten ist vor allem die Erfahrung einer Matriarchin überlebenswichtig für ihre gesamte Familie.

Die AAs hielten sich in ihrem gewohnten Revier bei den Sümpfen auf. Oft teilten sie sich in kleinere Gruppen auf, doch gelegentlich kamen sie alle auch für kurze Zeit wieder zusammen. Dies ist ein häufig zu beobachtendes Verhalten während der Trockenzeit, da die Aufteilung in kleinere Untergruppen die Konkurrenz um die letzten Nahrungsressourcen verringert. Gewöhnlich waren Astrid und Annan mit ihren Kälbern zusammen, während Anghared und Ava sich mit ihren Kälbern in der Nähe aufhielten.  Angelina war bei Abra und ihren Kälbern. Angelinas weibliches Zwillingskalb sah wirklich gut aus. Jetzt, wo es nicht mehr um die Milch konkurrieren musste, war es enorm gewachsen. Der Verlust ihres Bruders hatte alle – die Elefanten wie das ATE-Team – sehr getroffen. Aber zu sehen, wie gut es Angelinas Tochter jetzt ging, wirkte etwas tröstend. Leider ist es Teil des Lebens in der Wildnis, dass nicht alle Elefanten bis zum Erwachsenenalter überleben – vor allem nicht bei Zwillingen.

 

Ilka von der IB-Familie
Ilka mit Kalb von der IB-Familie

 

Während viele Elefanten in den Park kamen, um die Sümpfe als Wasser- und Futterquelle zu nutzen, verschwanden die EBs überraschenderweise für den größten Teil des Februars und den halben März.

Erst in der dritten Märzwoche kehrte Enids Gruppe in den Park zurück, und alle Familienmitgleider  sahen gut aus. Nur Eudora fehlte zunächst, tauchte aber einen Tag später ebenfalls auf.  Als sie sich der Familie näherte, kam ihr Enid entgegen und begrüßte sie sehr herzlich. Während einer Begrüßungszeremonie laufen die Mitglieder einer Familie oder einer Gruppe aufeinander zu und stoßen dabei laute Rufe, Trompeten, Brüllen und Schreie aus. Die Elefanten heben ihre Köpfe und spreizen ihre Ohren, während sie aus ihren Schläfendrüsen ein Sekret absondern. Gleichzeitig schlagen sie dabei sehr schnell mit ihren Ohren. Diese Begrüßungszeremonien sind ein sehr schöner Beleg für die starken emotionalen Bindungen zwischen Elefanten!

Im März gab es für das ATE Team auch einiges an zusätzlicher Arbeit, denn es waren gleich mehrere Filmprojekte zu betreuen. Bei der Zusammenarbeit mit Filmteams gehört es zu den Aufgaben von ATE, dafür zu sorgen, dass sie sich in der richtigen Position für die Aufnahme der Elefanten befinden und dass sie wissen, welche Individuen sie filmen und welches Verhalten sie festhalten. Das ist relativ zeitaufwändig, und dadurch bleibt dem Feldteam nur wenig Zeit für andere Aktivitäten. Die Filmarbeit ist allerdings sehr wichtig, weil sie dazu beiträgt, Sympathie und Verständnis für die Elefanten und ihre Bedürfnisse zu wecken, und so – hoffentlich – die Bereitschaft der Menschen fördert, sich für sie einsetzen.

 

Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern
Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern

 

ATE versucht normalerweise, die Arbeit mit den Filmteams so zu regulieren, dass auch noch Zeit für andere wichtige Arbeiten bleibt. Doch da im März gleich mehrere Filmprojekte gleichzeitig fertiggestellt werden mussten, hatte sich das Team darauf zu konzentrieren.

Die Zukunft scheint die Elefanten in Amboseli vor große Herausforderungen zu stellen. Vor allem der Verlust ihres Lebensraums aufgrund des menschlichen Bevölkerungswachstums wird zu einem immer größeren Problem. ATE arbeitet hart daran, dass die Welt dieser Elefanten, ihre natürliche Lebensweise und die für sie wichtigen Gebieten auch in Zukunft geschützt werden.

 

Wer diese wichtige Organisation und ihre beeindruckende Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte, kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützer*innen im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich für ihre so wichtige Hilfe! Sie leisten damit einen echten Beitrag für das Überleben der Elefanten in Amboseli.