ATE News: April und Mai 2021

Leroy, ein noch jüngerer Bulle mit bereits beeindruckenden Stoßzähnen

Mehrere Jahre hatte es in Amboseli nun äußerst ergiebige Niederschläge gegeben und dies setzte sich im April und Mai während der Großen Regenzeit erwartungsgemäß fort. Tatsächlich wurden im April 193mm und im Mai 80mm Niederschlag gemessen, was für Amboseli eine ziemliche Menge ist. Allerdings endeten die Regenfälle bereits ab Mitte Mai – etwas früher als üblich – und außerdem wurde es zum Monatsende ziemlich windig und kalt, wodurch das Land überraschend schnell austrocknete. Da die nächsten Regenfälle erst im Oktober zu erwarten sind steht zu befürchten, dass es in der Zwischenzeit, spätestens ab September, für die Wildtiere hart werden könnte – falls es nicht doch zwischendurch einmal regnet.

 

Three Holes, die Matriarichin der IAIC-Familie
Three Holes, die Matriarichin der IAIC-Familie

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ATE News: August und September 2020

Pazia säugt ihre Zwillinge gleichzeitig

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate August und September 2020:

 

Im August und September war es in Amboseli trocken und staubig, was für diese Jahreszeit allerdings nicht ungewöhnlich ist. Verwöhnt durch die reichen Niederschläge der letzten zwei Jahre hatte das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) jedoch fast vergessen, wie staubig eine Trockenzeit sein kann!

 

Elefanten im bereits trockenen Grasland.
Elefanten im bereits trockenen Grasland.

 

Trotz der Regenpause war die Straße zum ATE-Camp weiterhin überflutet. Da das Wasser des Amboseli-Lake ist ziemlich salzhaltig ist und das Team jetzt bereits zwei Jahre hindurchfahren musste kam es mit der Zeit zunehmend zu Schäden an den Fahrzeugen.

Noch mehr Sorgen bereiteten ATE allerdings die Prognosen für die nächste Regenzeit im November / Dezember. Die angekündigten Niederschläge würden die Straße noch mehr unter Wasser setzen und sie allmählich komplett zerstören. Nach Rücksprache mit dem neuen KWS-Direktor für Amboseli und dem KWS-Ingenieur wurde klar, dass ein Damm gebaut werden musste. Dies bedeutete für ATE zwar zusätzlichen finanziellen Aufwand – war aber unvermeidbar. Die Arbeiten wurden auch bald begonnen und waren erfreulicherweise bereits Ende September abgeschlossen.

 

Noch immer ungelöst sind hingegen die durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten Probleme. Es gibt weiterhin fast keine Touristen in Amboseli. Der Kenya Wildlife Service, viele Organisationen wie ATE sowie die lokale Bevölkerung haben wichtige Einnahmen – für viele Familien die einzigen, welche sie hatten! – verloren. ATE musste darüber hinaus aber auch feststellen, dass die Einnahmen durch Spenden stark zurückgingen. Auch von seinen Unterstützern waren viele durch die Pandemie und den damit verbundenen Lockdown in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Es war ihnen schlicht nicht mehr möglich soviel wie sonst zu spenden. Diese finanziellen Probleme gefährden zunehmend die Aufrechterhaltung aller für den Schutz der Elefanten so wichtigen Aktivitäten.

 

Die Sümpfe in Amboseli sind für die Elefanten eine wichtige Nahrungsressource.
Die Sümpfe in Amboseli sind für die Elefanten eine wichtige Nahrungsressource.

 

Leider gab es auch bei den Elefanten selbst besorgniserregende Beobachtungen: Im September bemerkte das ATE-Team, dass Angelinas Zwillinge aus der AA-Familie ziemlich dünn aussahen und sehr teilnahmslos wirkten. Die Kälber wurden daher sorgfältig überwacht.

 

Tatsächlich haben die AA’s im Vergleich zu anderen Familien eine relativ niedrige Überlebensrate bei ihren Kälbern. Dies könnte daran liegen, dass sie während der trockenen Monate für die Nahrungssuche wesentlich mehr Zeit als andere Familien in den Sümpfen verbringen. Dadurch sind ihre Kälber gezwungen sich stundenlang im Wasser aufzuhalten, wo sie von ihren Müttern nicht regelmäßig gesäugt werden können. Doch Elefantenkälber sind gerade im ersten Lebensjahr besonders auf regelmäßige und ausreichende Vesorgung mit Milch angewiesen. Außerdem verbrauchen sie während der langen und anstrengenden Wanderungen durch den Sumpf besonders viel Energie. Und schließlich sind Elefantenkälber auch sehr anfällig für Lungenentzündungen, wenn sie lange Stunden im kaltem Wasser verbringen müssen.

 

Im Vergleich dazu ging es Pazia und ihren beiden Zwillingskälbern aus der PA1-Familie weiterhin sehr gut. Und dass obwohl Pazia und ihre Familie sich ebenfalls lange in den Sümpfen aufhalten – wenn auch nicht so lange wie die AA’s. Der Grund dafür dürfte sein, dass die PA1’s eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Strategie bezüglich ihrer Kälber entwickelt haben: Sie nehmen zumindest die kleinsten nicht mit in die Sümpfe sondern lassen sie in der Obhut älterer Kälber und Kindermädchen in regelrechten „Kindergärten“ zurück. Eine sehr intelligente Lösung!

 

Pazia säugt ihre Zwillinge gleichzeitig
Pazia säugt ihre Zwillinge gleichzeitig, ihr älterer Sohn Ptolomy fühlt sich dabei etwas vernachlässigt…

 

Aber auch Astrid, die junge Matriarchin der AA’s, konnte eine Verbesserung der Situation für die Kälber ihrer Familie bewirken. Sie schaffte es das Streifgebiet ihrer Familie bis in den Ol-Tukai-Wald auszudehnen, der während der Trockenzeit ebenfalls wichtige Nahrung liefert. Daher muss jetzt auch der AA-Nachwuchs weniger Zeit im Sumpf verbringen.

 

Tatsächlich sahen alle anderen, dieses Jahr geborenen AA-Kälber, sehr gesund aus. Das könnte bedeuten, dass die Probleme der Zwillinge doch auf das etwas schlechtere Nahrungsangebot der Trockenzeit zurückzuführen sind. Denn dadurch konnte Angelina vermutlich nicht ausreichend Milch produzieren. Erfreulicherweise wirkten die Zwillinge Ende September / Anfang Oktober wieder stärker und agiler. Wenn sie es bis zum Beginn der nächsten Regenzeit schaffen werden sich ihre Überlebenschancen deutlich verbessern. Alle wünschen ihnen das so sehr!

 

Im August erhielt ATE endlich gute Nachrichten über Ellas Teil der EB-Familie. Diese hält sich mittlerweile fast ständig außerhalb des Parks in der Selenkay Conservancy auf. Leider kann das ATE-Team dieses Gebiet nicht oft besuchen. Doch nun gelang es Mitarbeitern des Porini Camps Fotos von Ellas Gruppe zu machen, die sie freundlicherweise an ATE weiterleiteten. Auf diesen Bildern konnte man sehen, dass es allen gut ging und Ella, Evalline und Elettra alle neue, männliche Kälber hatten.

 

Schlafendes Elefantenkalb
Schlafendes Elefantenkalb

 

Die EB-Gruppe von Enid hielt sich hingegen regelmäßig in der Nähe des ATE-Camps auf. Sie schien zumindest vorerst keine Pläne zu haben den Park wieder zu verlassen. Das ATE-Team freute sich sehr darüber, obwohl sie nachts oft durch die EB’s geweckt wurden, wenn sie unmittelbar neben den Zelten nach Nahrung suchten. Doch letztlich waren die dadurch verursachten Geräusche auch erfreulich, denn es war beruhigend zu wissen, dass sich Enid und ihre Familie an einem sicheren Ort befanden.

 

Auch viele weitere Familiengruppen wurden regelmäßig beobachtet. Darunter beispielsweise die GB’s, FB’s, OA’s, PA’s und PC’s. Dabei wurden noch mehrfach neugeborene Kälber entdeckt. So hatte Golda, die Matriarchin der GB’s ein weibliches Kalb zur Welt gebracht.

Die Kühe der GB-Familie zeichnen sich durch ihren besonders starken Zusammenhalt aus. Und es gibt immer eine große Zahl von begeisterten Kindermädchen, die den Müttern gerne bei der Betreuung ihrer Babys zur Seite stehen. Davon werden nun auch Golda und ihr neugeborenes Kalb profitieren.

 

Wie die Untersuchungen ATE’s ergeben haben besteht für die Töchter von Matriarchinnen eine deutlich höhere Chance eines Tages selbst die Position einer Leitkuh zu übernehmen als für andere Familienmitglieder. Möglicherweise wird dies auch auf Goldas Baby zutreffen – aber bis dahin vergeht noch viel Zeit.

 

Elefantenkuh auf Nahrungssuche in den Sümpfen.
Elefantenkuh auf Nahrungssuche in den Sümpfen.

 

Oft entstehen auch enge Freundschaften zwischen verschiedenen Elefantenfamilien, die dann häufig zusammen umherziehen. So wurden beispielsweise die OA’s in den letzten Monaten meistens in Gesellschaft der PA’s gesehen. Zu dieser Familie gehören Pazia und ihre Zwillingskälber. Gut möglich, dass die OA’s auch von diesen beiden Babys angezogen wurden, da Zwillingsgeburten bei Elefanten nur sehr selten vorkommen.

 

Doch die OA’s haben auch selbst eine Reihe neuer Kälber. Zu ihnen gehört Outlooks kleiner Junge. Dieser zeigte sich sehr verspielt und neugierig. Einmal näherte er sich sogar dem Fahrzeug des ATE-Teams um es genauer zu betrachten. Das ist nicht untypisch für ein OA-Kalb. Denn diese kommen aus einer relativ großen Familie und sind meistens sehr selbstbewusst. Das könnte daran liegen, dass sie bei Bedarf jederzeit Unterstützung von vielen Familienmitgliedern erhalten. Und deshalb können sie es wagen auch mal das eine oder andere kleinere „Risiko“ einzugehen.

 

Die P-Familien hatte dem ATE-Team über die Jahrzehnte viele Informationen über die Flexibilität von Familiengruppen bei Elefanten geliefert. Ursprünglich waren sie eine einzige große Familie – die größte in Amboseli. Doch zu Beginn der achtziger Jahre begannen sie sich in kleinere Gruppen aufzuspalten. So entstanden auch die PC’s, die sich später erneut in zwei Untergruppen aufteilten. Diese bestehen bis heute fort und werden von Placida und Petula angeführt. Beide haben ihre Rolle als Leitkühe bereits in sehr jungem Alter, Anfang zwanzig, übernommen. Und Beide haben ihre Aufgaben sehr gut erfüllt. Auch wenn sie räumlich teiweise unterschiedliche Wege gegangen sind. Während sich Placida vorwiegend innerhalb des Amboseli-Nationalparks aufhielt zog Petula es vor die meiste Zeit außerhalb der Parkgrenzen zu verbringen. Doch meisterte sie es sehr gut Konflikten mit Menschen aus dem Weg zu gehen. Im August und September war allerdings auch Petula mit ihrer Gruppe zurück im Park und sie hielten sich vorwiegend in der Nähe von Placida und ihrem Teil der Familie auf. Ein deutliches Zeichen, dass sie sich sehr gut verstehen und trotz der gewöhnlich räumlichen Trennung stark miteinander verbunden sind.

 

Auch unter den Amboseli-Elefanten gibt es stoßzahnlose Individuen.
Auch unter den Amboseli-Elefanten gibt es stoßzahnlose Individuen.

 

Die PA’s hatten hingegen gezeigt, dass Elefanten auch bereit sein können fremde Individuen in ihren Verband aufzunehmen. So adoptierten sie eine jugendliche Kuh, die den Namen Puff erhielt. Diese integrierte sich so gut, dass sie heute den Rang der Matriarchin innehat.

Es ist immer faszinierend das Verhalten der Grauen Riesen zu beobachten. Wenn man dies über viele Jahrzehnte kontinuierlich fortsetzt, wie es das Team des ATE macht, wird man viele „allgemein übliche“ Verhaltensweisen erkennen. Doch kann man in vielen Bereichen immer wieder auch Abweichungen von der „Norm“ feststellen. Puff ist so ein Beispiel. Während die meisten Elefantenkühe ihr gesamtes Leben in ihrer Geburtsfamilie verbringen gibt es doch auch einige, die den Wechsel in eine andere Gruppe vollziehen. Oft sind dies Teenager, deren Mutter bereits verstorben ist und die nach einer Art „Mutterersatz“ Ausschau halten. Manchmal finden sie diesen eben eher in einer vielleicht eng befreundeten Gruppe als ihrer tatsächlichen Geburtsfamilie.

 

Eine Elefantenkuh und ihr Kalb in den Sümpfen.
Eine Elefantenkuh und ihr Kalb in den Sümpfen.

 

Da auch im August noch mehrere Elefantenkühe paarungsbereit waren befanden sich viele Bullen bei den Familiengruppen. Zu ihnen gehörten Upendo, ein 33 Jahre alter Bulle aus der UA-Familie, Grewia, ein Bulle der GB-Familie mit einem Alter von 29 Jahren sowie Chemosit, ein 33 Jahre alter Bulle aus der CB-Familie. Von ihnen befand sich gerade Upendo in Musth, was ihm einen großen Vorteil verschaffte. Die Musth ist eine Phase, die bei fast allen erwachsenen, männlichen Elefanten jährlich, manchmal aber auch nur alle zwei oder drei Jahre auftritt und mehrere Wochen oder sogar Monate dauert. Die Dauer und Häufigkeit der Musth hängen stark vom körperlichen Zustand eines Bullen ab. Während dieser Phase haben sie nicht nur ein deutlich gesteigertes Interesse an Paarungen sondern reagieren auch sehr aggressiv gegenüber anderen Bullen. Normalerweise wird jeder Elefantenbulle, der sich nicht in Musth befindet, jedem Musth-Bullen aus dem Weg gehen, selbst wenn er sonst einen deutlich höheren Rang besitzt. Nur die Musth-Bullen untereinander achten weiterhin auf den jeweiligen Rang. Treffen zwei Musth-Bullen mit unterschiedlichem Rang aufeinander so wird der mit dem niedrigeren Status dem anderen den Vortritt lassen. Nur wenn sich Musth-Bullen von gleichem Rang begegnen kann es zu echten und teils heftigen Kämpfen kommen. Doch Upendo traf auf keinen entsprechenden Herausforderer und so blieb die Situation weitgehend friedlich.

 

Die Situation der Elefanten in Amboseli ist nicht ohne Probleme. Die Gier nach Elfenbein, die wachsende menschliche Bevölkerung und die damit einhergehende Zunahme an Mensch-Wildtier-Konflikten, der Klimawandel und nun auch noch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, das alles gefährdet das Überleben der Grauen Riesen – in ganz Afrika. In Amboseli haben sie aber immerhin Menschen an ihrer Seite, die alles tun um diese Gefahren abzuwehren. NGO’s wie der Amboseli Trust for Elephants, der Kenya Wildlife Service und auch viele Mitglieder der lokalen Bevölkerung haben in der Vergangenheit bereits viel für den Schutz der Elefanten erreicht und werden sich auch künftig mit aller Kraft weiter für sie einsetzen.

 

Wer den Amboseli Trust for Elephants und seine Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich dafür! Wir wissen gerade in diesen schweren Zeiten jede Hilfe sehr zu schätzen!

ATE News: Juni und Juli 2020

Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate Juni und Juli 2020:

 

Im Juni und Juli löste in Amboseli eine neue Trockenzeit die außergewöhnlich niederschlagsreiche Regenzeit der Vormonate ab. Dank der ergiebigen Regenfälle war das Nahrungsangebot für die Elefanten auch jetzt noch viel besser als es sonst während dieser Jahreszeit der Fall ist. Dies wird sich zwar sicher während der nächsten Monate noch ändern, doch vermutlich nicht so stark wie gewöhnlich. Außerdem ist dies auch Teil des natürlichen Zyklus der Jahreszeiten in Amboseli, die man als „Boom and Bust“-Zeiten bezeichnet kann, und an die sich die Elefanten gut angepasst haben.

 

Der Park selbst bot einen wunderschönen Anblick, mit sanften Feldern goldgelben Grases, staubroten Sonnenuntergängen und vielen wilden Tieren, die durch die offenen Ebenen in der Nähe des Wassers zogen.

 

Eine Elefantenkuh in einem Sumpf in Amboseli.
Eine Elefantenkuh in einem Sumpf in Amboseli.

 

Leider konnte man sich beim Amboseli Trust for Elephants (ATE) nicht uneingeschränkt über die Schönheit des Parks freuen, denn die Covid-19-Pandemie wirkte sich auch weiter in Amboseli aus. Abgesehen von wenigen einheimischen Reisenden gab es keine Besucher. Die fehlenden Einnahmen aus dem Tourismus machten sich sowohl beim Kenya Wildlife Service (KWS), Organisationen wie ATE sowie vor allem der lokalen Bevölkerung immer stärker bemerkbar. Viele Familien hatten bereits seit Monaten kein Einkommen mehr.

Dem KWS und den NGO’s gelang es zwar ihre Aktivitäten aufrecht zu erhalten, doch  kam es in ganz Kenia zu einem Anstieg der Buschfleisch-Wilderei.

Man kann nur hoffen, dass touristische Aktivitäten möglichst bald wieder zunehmen und durch die hier generierten Einnahmen die Bereitschaft zur Wilderei deutlich reduziert wird.

 

Eine sehr erfreuliche Abwechslung bot allerdings der 24. Juli, denn an diesem Tag feierte Dr. Cynthia Moss, die Gründerin und Direktorin des ATE, ihren 80. Geburtstag. Unter den Bedingungen des Lockdowns wurde es zwar nur eine kleine aber sehr schöne Feier. Cynthia verbrachte den Tag zusammen mit ihren langjährigen Mitarbeiterinnen Norah und Katito im Forschungscamp.

Und dort erhielt sie auch eines ihrer schönsten Geburtstagsgeschenke: Nachdem die EB-Familie mehr als fünf Monate nicht mehr gesehen worden war tauchte sie wenige Tage zuvor unter der Führung ihrer umsichtigen Matriarchin Enid endlich wieder im Park auf!

 

Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.
Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.

 

Dies war für Cynthia eine ganz besondere Freude, denn sie hatte viele Jahre gerade mit dieser Familie sehr eng gearbeitet. Vor allem mit der einstigen Matriarchin Echo verband sie eine sehr starke persönliche Freundschaft. Viele Male, wenn Cynthia nach längerer Abwesenheit ins Camp zurückgekehrt war, tauchte Echo bald danach ebenfalls auf und machte sich so lange bemerkbar, bis Cynthia aus ihrem Zelt kam um sie zu begrüßen. Diese besondere Beziehung hat sich jetzt auch auf Echos Tochter Enid übertragen und so war die Rückkehr der EB’s ein ganz besonderes Geschenk für Cynthia!  Vor allem natürlich auch, weil es allen Familienmitgliedern gut ging. Und außerdem gab es gleich mehrfachen Nachwuchs: Esprit, Ebony, Eliot, Entito und Elif hatten männliche Kälber, und Eugiene ein weibliches an ihrer Seite.

 

Die EB’s haben seit ihrer Rückkehr viel Zeit im Forschungslager verbracht – vor allem nach Sonnenuntergang. Jeden Morgen fand das Team die Spuren ihrer nächtlichen Aktivitäten. Und mehrere Male wurden die EB’s Nachts gesehen, wie sie überall um die Zelte herum verteilt waren. Sie ernährten sich vom kurzen Gras, das auf den Fußwegen wächst und den Phönixpalmen, die das Camp umgeben. Wenn Nachts alles still ist, hört man deutlich wie überraschend laut ein Elefant beim Kauen sein kann, aber für das ATE-Team ist dies ein beruhigendes Geräusch, durch das sie sich gerne in den Schlaf „singen“ lassen.

 

Die EB’s war übrigens nicht die einzige Familie, in der es neue Babys gab. Ganz im Gegenteil: Dieses Jahr kam es in Amboseli zu einem unglaublichen Babyboom und allein im ersten Halbjahr wurden über 170 Geburten verzeichnet, eine Zahl, die alle früheren Rekorde übersteigt.

 

Neuen Nachwuchs gab es beispielsweise bei den FB’s, wo sowohl die Matriarchin Fanny wie auch deren Tochter Fortino ein Kalb bekamen. Fanny wurde dadurch bereits zum vierten Mal Großmutter. Und typisch für Elefantenkühe kümmert sie sich nicht nur um ihre eigenen Babys sondern auch um ihre Enkel in besonderem Maß. Weibliche Elefanten arbeiten ohnehin eng zusammen, um ihre Kälber zu schützen und aufzuziehen. Besonders stark ist dies allerdings bei direkt verwandten Kühen zu beobachten. Gerade Großmütter sind eine wertvolle Hilfe, da sie meistens bereits über viel Erfahrung mit Kälbern verfügen.

 

Elefantenfamilie im Sumpf
Elefantenfamilie im Sumpf

 

Es gab in Amboseli sogar mehrere Fälle, in denen Großmütter das Kalb ihrer Tochter säugten oder Kälber ihrer Töchter adoptierten, wenn diese starb. Auch Eliot von den EB’s wurde beobachtet wie sie gleichzeitig ihr eigenes Baby und das ihrer Tochter Entito säugte. Diese gegenseitige Unterstützung belegt besonders eindrucksvoll die sozialen Bindungen zwischen Elefanten.

 

Im Juli gab es dann eine Riesenüberraschung, als ein zweites Paar Zwillingskälber entdeckt wurde. Die Mutter ist Pazia aus der PA1-Familie, die Kälber sind beide männlich und waren wohl im März geboren worden, also im selben Monat wie Angelinas Zwillinge.

 

Diese wachsen immer weiter und bekommen viel Aufmerksamkeit von den jungen Kühen der Familie, welche sie stets im Auge behalten. Im Vergleich zu anderen Familien in Amboseli haben die AA’s leider eher wenig Erfolg was die Überlebensrate ihrer Kälbern betrifft. Das ATE-Team führt dies darauf zurück, dass die AA’s besonders viel Zeit in den Sümpfen verbringen und ihre Kälber dabei oft durch tiefes und kaltes Wasser waten müssen, was ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen zur Folge hat. Wir hoffen sehr, dass dies bei den Kälbern von 2020 nicht der Fall ist, und bis jetzt sehen diese auch sehr gesund aus.

 

Elefanten auf Nahrungssuche im Sumpf.
Elefanten auf Nahrungssuche im Sumpf.

 

Dieses Jahr gab es in Amboseli allerdings nicht nur einen neuen Rekord an Geburten sondern es fanden auch viele Paarungen statt. Bei den GB’s befanden sich beispielsweise gleich mehrere Kühe im Östrus. Eine davon war Okanja. Sie hatte kürzlich ihr Kalb verloren und war daher im Juni wieder bereit für eine Paarung. Okanja wurde von Craig bewacht, einem der bekanntesten und größten Bullen in Amboseli. Er war in Musth und hatte ein Gefolge von 11 anderen Bullen, die hofften ebenfalls eine Chance auf eine Paarung zu bekommen. Zumindest für einen von ihnen, Chemosit, schien sich das Warten zu lohnen, denn als Craig gerade nicht aufpasste konnte Chemosit sich ebenfalls mit Okanja paaren. Chemosit und Craig stammen beide aus der CB-Familie, allerdings ist Craig viel älter und wurde 1972 geboren, während Chemosit erst 1987 zur Welt kam. Als Musth-Bulle war Craig nicht bereit einem anderen Bullen eine Paarung zu gestatten – auch keinem Mitglied seiner Familie. Als er plötzlich bemerkte was hinter seinem Rücken geschah war Chemosit’s Paarung schnell vorbei und Craig jagte ihn davon.

 

Auch Garbatulla war im Juni im Östrus und paarte sich ebenfalls mit Craig.  Die Beiden wurden dabei von zwei andere Bullen beobachtet: Gabe aus der GB-Familie und X052.

 

„X“ ist ein Code, der vom ATE-Team Bullen zugewiesen wird, deren Familienzugehörigkeit nicht bekannt ist, die aber trotzdem regelmäßig beobachtet werden.

Wenn sich junge Bullen von ihren Familien lösen verschwinden sie oft für längere Zeit aus Amboseli und ziehen weit entfernt umher. Dabei verändern sich einige äußerlich oft so sehr, dass es wirklich schwierig wird sie bei ihrer Rückkehr wiederzuerkennen.

Sicher ist, dass viele der „X“ -Bullen aus Amboseli stammen. Wahrscheinlich liegen ATE von ihnen  Fotos aus Zeiten vor, als sie noch bei ihren Geburtsfamilien lebten. Aber die erneute Identifizierung ist eine echte Herausforderung. Hin und wieder gelingt es trotzdem solche Rückkehrer zu erkennen, doch gibt es derzeit immer noch etwa 70 „X“-Bullen in Amboseli.

 

Schließlich kam im Juli noch Georgia in den Östrus und weckte dadurch das Interesse von Kristian, einem sehr beindruckenden und gut aussehenden Bullen der KB-Familie. Er ist ein Sohn von Kleo und jetzt 31 Jahre alt. Man kann davon ausgehen, dass er sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zu einem der dominanten Bullen Amboselis enwickeln wird und man sollte sich seinen Namen merken. Es wurde zwar nicht beobachtet wie er sich mit Georgia paarte, doch war es eindeutig zu sehen, dass er ihr folgte und sich für sie interessierte.

 

Elefantenkuh und Kalb
Elefantenkuh und Kalb

 

Die Langzeitstudien des ATE basieren vor allem auf der Fähigkeit des Teams alle Elefanten als Individuen unterscheiden und dadurch auch ihre Beziehungen untereinander nachvollziehen zu können. Da sich das Aussehen der Tiere im Laufe ihres Lebens immer wieder verändert gehört es zu den wichtigsten Aufgaben des Teams alle Mitglieder der Amboseli-Population möglichst regelmässig – mindestens aber einmal im Jahr – zu beobachten und zur Identifikation geeignete Fotos zu machen.

Abgesehen von den bereits erwähnten „X“-Bullen, die oft jahrelang außerhalb des Parks unterwegs waren, gelingt es normalerweise immer die notwendigen Identifizierungs-Arbeiten durchzuführen. Natürlich ist dies bei einigen Familien und Bullen leichter als bei anderen – abhängig davon wieviel Zeit sie im Park verbringen.

 

Die PC- und die OA-Familien gehören zu jenen, die einen Großteil des Jahres außerhalb des Amboseli-Nationalparks umherziehen. Im Juni und Juli waren sie allerdings zurückgekehrt – von den PC’s sowohl die von Placida wie Petula angeführten Teil-Gruppen. Die ATE-Feldforscherinnen folgten daher nun speziell den PC’s so oft es ging und konnten dadurch endlich die „Ausweisfotos“ dieser Familie aktualisieren.

Nun stehen die OA’s als nächste Familie im Fokus dieser Arbeit. Nicht zuletzt weil es auch bei ihnen viel neuen Nachwuchs gab. Die Familie hatte sechs Neugeborene: Olya, Orora, Omo River und Outlook hatten alle männliche Kälber, Opera und Olwen hingegen weibliche.

 

Elefanten am Rande des Ol Tukai Waldes.
Elefanten am Rande des Ol Tukai Waldes.

 

ATE verfolgt nun schon seit fast 50 Jahren das Leben der Elefanten in Amboseli und hat während dieser langen Zeit eine große Zahl von Beobachtungen gemacht, welche unser Wissen über das Verhalten der Grauen Riesen geradezu revolutioniert haben. Nicht zuletzt die Erkenntnisse über das Sozialverhalten der Elefanten, ihre Fähigkeit Emotionen und Gefühle zu empfinden und starke Bindungen untereinander (und sogar zu Angehörigen anderer Arten) zu entwickeln haben dazu beigetragen, dass Elefanten von vielen Menschen als ganz besondere Lebewesen betrachtet werden. Und gerade dadurch werden Viele motiviert sich für den Schutz der Grauen Riesen zu engagieren und für ihr Überleben zu kämpfen.

 

Der Amboseli Trust for Elephants wird seine Arbeit auch weiterhin fortsetzen und den Elefanten Amboselis zur Seite stehen.

Wer diese wichtige Organisation und ihre Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich dafür!