Amboseli News: Februar und März 2023

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

Februar und März waren dieses Jahr in Amboseli sehr heiße und trockene Monate. Nachdem die Regenzeit Ende 2022 nur sehr dürftig ausgefallen war, begann bereits im Februar eine neue Dürreperiode.

Dabei wurden erst jetzt die Verluste der Dürre 2022 bekannt. Die Zahl der Todesopfer war mit 150 Elefanten zwar nicht so hoch wie 2009, als ca. 400 Elefanten gestorben waren, doch jeder tote Elefant ist einer zuviel und ein schmerzhafter Verlust – gerade auch für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE), das  jedes Tier der Amboseli-Population kennt und liebt.

Außerdem waren viele weitere Wildtiere der Dürre zum Opfer gefallen, vor allem Gnus und Zebras. Im Unterschied zu den Elefanten können diese Arten die Sümpfe nur schlecht als Nahrungsquelle nutzen, daher waren ihre Verluste noch höher.

 

Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus
Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus

 

Noch härter hatte es das Vieh der Menschen in der Nachbarschaft des Parks getroffen. Einige Viehzüchter haben 50 Prozent ihrer Tiere verloren. Und noch schlimmer waren die Kleinbauern betroffen, die rund um das Amboseli-Ökosystem Ackerbau betreiben. Sie erlebten völlige Ernteausfälle, und viele von ihnen hatten schlicht nicht genug Einkommen mehr, um sich und ihre Familien zu ernähren.

Da der Amboseli-Nationalpark einer der kleinsten Kenias ist, sind die Elefanten und anderen Wildtiere darauf angewiesen, auch Weidegründe außerhalb der Parkgrenzen zu nutzen. Die dort lebende Bevölkerung, die zum Großteil aus Massai besteht, hat dies über viele Generationen hinweg toleriert und sogar dafür gesorgt, dass das Amboseli-Gebiet weitgehend von Wilderern verschont blieb. Doch extreme Situationen wie Dürren erschweren das friedliche Zusammenleben naturgemäß schwer, da es für beide Seiten oft um die letzten Ressourcen und das nackte Überleben geht. Es ist daher dringend notwendig, Wege zu finden, um beiden Seiten zu helfen und das ursprüngliche, friedliche Miteinander wiederherzustellen.

 

Ilesha von der IAIC-Familie
Ilesha von der IAIC-Familie – auch sie kann nur in einem gesunden Ökosystem überleben

 

Zu diesem Zweck unterstützt der ATE verschiedene Projekte, beispielsweise die Versorgung von Familien und Schulen mit Lebensmitteln. Schüler erhalten eine Mahlzeit am Tag. So können sie weiter die Schule besuchen, und ihre Familien werden finanziell entlastet.

Die ganze Zeit war es unentwegt sehr trocken, windig und heiß. Überall im Park waren Staubteufel am Horizont zu sehen, und das Team des ATE sehnte sich jeden Tag mehr nach Regen. Für sie war es vor allem psychisch eine sehr anstrengende Zeit, da sie sahen, wie Menschen und Tiere erneut um ihr Überleben zu kämpfen begannen.

Wie üblich versammelten sich viele Tiere, vor allem Elefanten, bei den Sümpfen im Herzen des Parks, um hier die härteste Zeit zu überstehen.

Und dann, Ende März, kam endlich die langersehnte Erlösung: Der Regen kehrte zurück! Zuerst regnete es vor allem außerhalb des Parks, während innerhalb nur geringe Niederschläge fielen. Doch am 29. März gab es schließlich in der Nacht ein gewaltiges Gewitter mit Donner, Blitz und starkem Wind. Der Regenmesser im Camp zeigte 39 mm an, was von allen im Camp begeistert gefeiert wurde! Erleichterung und Freude sind nur schwer zu beschreiben, wenn eine Dürre durch einen solchen Regen beendet wird! Im Camp gab es Schlamm und Pfützen, was sich wie ein Novum anfühlte! Hilflos zusehen zu müssen, wie die Tiere unter der Dürre litten, hatte einen enormen psychischen Druck verursacht. Doch nun spürten alle, wie sich ihre Stimmung wieder aufhellte! Sie wussten, dass sich die Vegetation bei guten Regenfällen schnell erholen und damit auch das Leid der Tiere bald ein Ende haben würde.

 

Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit
Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit

 

Bemerkenswert war es, wie schnell die Wildtiere auf die Wetterveränderung reagierten. Fast über Nacht verließen vor allem die Zebras und Gnus den Park, um sich außerhalb von der frischen, neuen Vegetation zu ernähren. Die Elefanten blieben zwar weiterhin im Park, aber nicht mehr in der gleichen Anzahl wie zuvor. Auf Cynthia Moss und ihr Team wirkte die Veränderung dramatisch.

Wir gehen stark davon aus, dass es im April und Mai noch mehr Regen geben und sich die Natur dadurch schnell und deutlich erholen wird. Die meisten Tiere – einschließlich der Elefanten – werden sich in dieser Zeit außerhalb des Parks aufhalten und erst mit Beginn der nächsten Trockenzeit zurückkehren. Endlich ist die Zeit der Entbehrung vorbei!

 

Elefanten genießen ein Schlammbad
Elefanten genießen ein Schlammbad

 

Die Elefanten hatten die Monate der Dürre unterschiedlich gut bewältigt, was stark von den Strategien abhing, denen sie dabei folgten.

Die AA-Familie war dem für Elefanten üblichen Verhalten während Zeiten des Mangels gefolgt: Sie hatte sich in kleinere Gruppen aufgeteilt und blieb in der Nähe von Futter- und Wasserquellen. Manchmal zogen sich Familienmitglieder vom Rest der Gruppe zurück und verschwanden für mehrere Tage, bevor sie sich der Familie wieder anschlossen. Unter normalen Bedingungen würden Elefanten so etwas nicht tun, aber während Krisenzeiten hatten Cynthia Moss und ihr Team dies schon oft beobachtet.

Besonders auffällig und besorgniserregend war allerdings, dass man die Matriarchin Astrid Anfang Dezember das letzte Mal gesehen hatte. So eine lange Trennung ist für eine Leitkuh selbst während einer Dürre sehr ungewöhnlich. Bei Astrid wirkte es noch auffälliger, da sie und ihre Tochter Annan sonst fast unzertrennlich waren. Daher hielt das ATE-Team verstärkt Ausschau nach ihr und bat auch einige andere, befreundete, NGOs nach ihr zu suchen. Im Februar erfuhren sie dann von einem mehrere Wochen alten Kadaver, der innerhalb des Parks entdeckt worden war. Als sie dorthin fuhren, um zu überprüfen, wer der Elefant sein könnte, mussten sie leider feststellen, dass es sich tatsächlich um Astrid handelte.

 

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)

 

Der Verlust einer Matriarchin ist für Elefantenfamilien immer äußerst schwer zu verkraften, und Astrid hatte nach dem Tod ihrer Vorgängerin und Mutter Alison besonders hart daran gearbeitet, die AA-Familie zusammenzuhalten. Sie war eine besonders sanfte und freundliche Elefantenkuh gewesen. Ihr Verlust schmerzte sehr.

Astrid wurde 1979 als Tochter Alisons geboren. Leider hatte sie in ihrem Leben nicht viel Glück mit ihren Kälbern gehabt. Von allen erreichte nur Annan das Erwachsenenalter und hat bis heute überlebt. Zwischen Astrid und Annan bestand eine sehr enge Bindung, und sie waren fast immer zusammen. Annan wird diesen Verlust daher sehr zu spüren bekommen, zumal sie auch um den Verlust ihres eigenen Kalbes trauert. Bis jetzt hat sie viel Zeit mit dem Rest der Familie verbracht und wurde oft zusammen mit ihrer Tante Artemi und deren Kälbern gesehen. Sie sah relativ mitgenommen und dünn aus, und die Spitze ihres vorher schön geschwungenen rechten Stoßzahns war abgebrochen. Wir können nur hoffen, dass sie sich allmählich wieder erholen wird.

 

Annan folgt ihrer Familie
Annan folgt ihrer Familie

 

Derzeit sind Anghared (geboren 1981) und Angelina (geboren 1985) die ältesten noch verbliebenen Kühe der AAs. Der Tod einer Matriarchin kann weitreichende und dauerhafte Veränderungen in einer Elefantenfamilie zur Folge haben, da es weitgehend davon abhängt, welche Kuh die Nachfolge antritt und wie deren Beziehungen zu den übrigen älteren Weibchen in der Familie sind. Es ist aber derzeit noch zu früh, um zu sagen, wie es weitergehen wird, denn zunächst waren die AAs wie die meisten Familien wegen der Dürre ohnehin in viele kleine Gruppen aufgeteilt. Erst im Verlauf der Regenzeit wird man vielleicht erkennen, wie die AAs sich entscheiden werden. Doch manchmal braucht es dafür sogar Jahre.

Im Moment halten sich die AAs zumindest im selben Gebiet auf und bleiben selbst bei Trennungen immer in Rufweite zueinander.

 

Ann und ihr neues Kalb
Familienzuwachs bei den AAs: Ann und ihr neues Kalb

 

Wesentlich erfreulichere Nachrichten gibt es von den EBs. Auch sie hatten sich in mehrere kleinere Gruppen aufgeteilt. Während Eliot und Edwina sich in derselben Gegend aufhielten, zog sich Enid mit Elise und Echeri in einen anderen Teil des Parks zurück, einem relativ kleinen Gebiet mit einem Radius von drei bis vier Kilometern. Hier hatten sie einen Ort mit Wasser, Nahrung und einem schönen Wald zum Schlafen und Ausruhen gefunden.

Enid war kurz vor der Dürre durch eine Speer-Attacke verletzt worden war und musste dann zusätzlich noch mit den Entbehrungen der Dürre und der Trauer um den Verlust ihres jüngsten Kalbes fertig werden. Das hatte sie physisch und psychisch enorm belastet und wir machten uns große Sorgen um sie. Jetzt sah sie endlich wieder besser aus und schien sich wirklich zu erholen. Wir freuen uns sehr über diese Entwicklung! Und auch darüber, dass ihr männliches Kalb Emfatico bei ihr ist und in Anbetracht der überstandenen Dürre ebenfalls gut aussieht. Auch ihre Tochter Elise und ihre Freundin Echeri blieben treu an der Seite Enids. Dies war für sie sicher eine große psychische Unterstützung und wird ihr sehr geholfen haben, ihre Probleme zu bewältigen.

 

Enid, die Matriarchin der EBs
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

 

Auch viele andere Familien scheinen die Dürre relativ gut überstanden zu haben. Darunter die OAs und die FBs. Letztere hielten sich oft zusammen mit vielen anderen Tieren in einem riesigen Sumpf auf und befanden sich dabei manchmal in Gesellschaft der EBs.

Im Unterschied zu anderen Familien hatten sich die GBs nur wenig in kleinere Gruppen aufgeteilt. Goldas Gruppe wurde oft zusammen gesehen und folgte jeden Tag derselben Routine. Gails Gruppe hielt sich in derselben Gegend auf wie Goldas Gruppe und manchmal waren sogar alle zusammen. Sie verbrachten viel Zeit in den Sümpfen, wo sie immer Wasser und Nahrung fanden. Die Sumpfvegetation ist gut, allerdings brauchen Elefanten langfristig Abwechslung in ihrer Ernährung, um gesund zu bleiben.  Insgesamt sahen die GBs sahen gut aus und ihre Strategie hatte sich eindeutig als erfolgreich erwiesen. Nach dem Einsetzen der Regenzeit freuten sie sich nun aber sichtlich über die frische, neue Vegetation.

 

Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras
Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras

 

Von den PCs waren sowohl die Gruppe von Petula als auch die von Placida in den letzten paar Monaten im Nationalpark anzutreffen. Placidas Gruppe wurde im Februar und März viermal und Petulas Gruppe sogar sechsmal gesehen. Auch sie hatten es geschafft in relativ guter Verfassung zu bleiben und sollten nun, wo es mehr frische und abwechslungsreichere Nahrung gibt, wieder an Gewicht zulegen. Sogar die neuen Kälbern in Placidas Gruppe machten einen guten Eindruck. Paris, Patience und Pauleta aus Placidas Gruppe sowie Pink und Piedad aus Petulas Grupe haben es geschafft, ihre jungen, milchabhängigen Kälber am Leben zu erhalten, die mit weniger als zwei Jahren zu den am meisten gefährdeten Altersgruppen gehörten. Nur Placida selbst sah etwas dünn aus und Petula hatte leider ihr 2020 geborenes weibliches Kalb verloren.

Wenn man die allgemeinen Verhältnissen in Amboseli betrachtet ist es erstaunlich wie gut die PCs insgesamt im Unterschied zu anderen die Dürre überstanden haben.

Auch viele Bullen waren im Park anzutreffen, darunter die drei Freunde Francois, Giff und Palmer. Francois ist der 18 Jahre alte Sohn Faridas  und ein Enkel Fannys. Giff ist der 1996 geborene Sohn von Geraldine. Er sieht sehr gut aus und ist ziemlich groß für sein Alter, typisch für GB-Bullen, die zu einem kräftigen Körperbau neigen. Palmer ist jetzt 29 Jahre alt, was bedeutet, dass er sich dem besten Alter eines Elefantenbullen nähert. Ab diesem Zeitpunkt kommen sie in die Musth, und haben dadurch vorrangig Zugang zu paarungsbereiten Kühen. Palmer ist ein sehr sanfter und ruhiger Elefant, der sehr lange gebraucht hat, um von seiner Familie unabhängig zu werden, weshalb man ihn oft als „Muttersöhnchen“ bezeichnete. Normalerweise verlassen Bullen ihre Familie im Alter von 12 bis 14 Jahren, aber Palmer blieb bis er 19 war. Palmers Mutter Peggy starb während der Dürre 2009, aber seine Schwester Patience lebt noch. Seit er seine Familie verlassen hat, ist Palmer enorm gewachsen und entwickelte sich zu einem der größeren Bullen in der Amboseli-Population.

 

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie
Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

 

Junge Bullen folgen älteren, um Überlebenstaktiken und das Paarungsverhalten zu lernen. Mit Palmer haben sich Francois und Giff einen sehr freundlichen Bullen als Lehrer ausgesucht.

Nach all den harten Zeiten können sich die Elefanten und anderen Wildtiere nun endlich wieder über bessere Bedingungen freuen und von den überstandenen Entbehrungen erholen. Wir hoffen sehr, dass sich die guten Verhältnisse nun bis zum Jahresende fortsetzen werden. Dann ist aufgrund des El Nino-Phänomens sogar eine sehr ergiebige Regenzeit zu erwarten.

ATE News: Juni und Juli 2019

Elefanten genießen frisches Gras am Rand eines Sumpfes.

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate Juni und Juli 2019:

 

Juni und Juli markierten wie üblich auch in diesem Jahr den Beginn einer neuen Trockenzeit in Amboseli. Es wurde sehr trocken und außerdem ziemlich kühl – jedenfalls für kenianische Verhältnisse. Viele Elefanten kehrten nun in den Park zurück, Familiengruppen ebenso wie unabhängige Bullen. Und auch viele weitere Tiere folgten ihrem Beispiel,  darunter große Herden von Zebras und Gnus.

 

Die Trockenzeit besitzt in Amboseli ihre eigene Schönheit: Goldene Grasebenen, begrenzt von violett-blauen, dunstigen Hügeln im Hintergrund, zahlreiche über das Land ziehende Staubteufel und viele Tiere, die sich im Zentrum des Parks in der Nähe der Sümpfe versammeln, welche ihnen das gesamte Jahr über Wasser bieten.

 

Zebras in Amboseli.
Zebras in Amboseli.

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ATE News: August bis September 2018

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate August und September 2018:

 

 

Im August und September geht in Amboseli normalerweise die „Große Trockenzeit“ zu Ende – und gleichzeitig ist dies ihre härteste Phase. Die Weideflächen sind vertrocknet und der Wind treibt den berüchtigten, sodahaltigen und mehlfeinen Staub über die Ebenen.

Doch dieses Jahr war anders! Dank der außergewöhnlich reichhaltigen Niederschläge der letzten Regenzeit, welche ungefähr die doppelte Menge eines durchschnittlichen Jahres erreichten, gab es wesentlich bessere Bedingungen!

 

Die Sümpfe im Zentrum des Parks werden ohnehin das gesamte Jahr mit Schmelzwasser vom Kilimanjaro versorgt und liefern zuverlässig Trinkwasser für alle Tiere. Daneben bieten sie mit der Sumpfvegetation auch eine wichtige Nahrungsressource. Diese ist allerdings für viele Tiere, wie Zebras, kaum zu erreichen. Anderen, wie den Elefanten, bietet sie nur eine relativ nährstoffarme Kost! Das schwächt die Tiere auf die Dauer sehr und sie wirken dann oft müde und lethargisch.

Dieses Jahr jedoch hatten die reichen Regenfälle ein so starkes Pflanzenwachstum ausgelöst, dass das Nahrungsangebot selbst zum Höhepunkt der Trockenzeit noch bestens war. Was sich auf die körperliche wie mentale Verfassung der Elefanten und anderen Tiere sehr positiv auswirkte!

 

Viele Herden kehrten in den Park zurück, denn außerhalb trockneten die Savannen schneller aus. Sie genossen das außergewöhnlich gute Nahrungsangebot und ihre Kälber zeigten sich verspielt und ausgelassen. Zu diesen Rückkehrern zählte auch die ZB-Familie, die sich zwei Jahre lang in Tansania aufgehalten hatte!

 

Die ZB-Familie ist nach zwei Jahren wieder zurück aus Tansania!

 

Mehrere der Elefantenfamilien machten es sich zur Gewohnheit regelmäßig den Palmwald zu besuchen, innerhalb dessen das Camp des ATE-Teams liegt. Die AA’s, EB’s, GB’s und PC’s gehörten zu jenen, die häufig gesehen wurden.

 

Die AA’s waren weiterhin sehr häufig alle zusammen in einer Gruppe anzutreffen. Für diese Familie ist das ein eher ungewöhnliches Verhalten, welches sie zeigt, seit Astrid vor ein paar Monaten die Rolle der Matriarchin übernommen hatte. Noch ist nicht ganz klar ob es dauerhaft etabliert wird und ob es durch einen neuen Führungsstil Astrids oder doch von anderen Einflüssen ausgelöst wurde.

 

Auch den Kälbern der AA’s geht es gut. Besonders im Fall von Astrid’s erst wenige Monate alten kleinen Sohn ist dies sehr erfreulich, da bisher sowohl von ihren Kindern wie Enkeln nur ihre Tochter Annan überlebt hatte.

 

Eines Tages besuchten die AA-Kühe Alexandra und Andrea das ATE-Camp. Dabei wurden sie von einer großen Schar Kuhreiher begleitet. Die weißen Vögel umschwärmten die Elefanten und versuchten die Insekten zu fangen, welche von den Grauen Riesen aufgescheucht wurden. Dies ist ein typisches Verhalten und die Elefanten in Amboseli sind so sehr an die Begleitung durch die Kuhreiher gewöhnt, dass sie oft kaum Notiz von ihnen zu nehmen scheinen. Häufig kann man sogar sehen, wie sie den Vögel erlauben auf ihren Rücken zu „reiten“!

Die AA’s boten zusammen mit den Reihern ein wunderschönes Bild mit dem Kilimanjaro im Hintergrund.

 

Ein Teil der PA-Familie vor der Kulisse des Kilimanjaro!

 

Garamba und Georgia von den GB’s verbrachten ebenfalls einmal einen ganzen Nachmittag direkt beim Camp. Und auch Golda wurde mehrmals gesehen. An einem Tag gehörte sie zu einer großen Herde, die aus Angehörigen verschiedener Familien bestand – darunter beispielsweise auch den PC’s.

 

Von den EB’s hingegen hielt sich weiterhin nur Enid’s Gruppe im Park auf. Diese zählte ebenfalls zu den häufigen Besuchern des ATE-Camps. Ella’s Gruppe- befand sich- stattdessen nachwievor- in einem benachbarten Gebiet im Norden. Es war den ATE-Mitarbeitern noch nicht gelungen sie dort selbst zu Gesicht zu bekommen. Aber sie erhielten eine Reihe aktueller Fotos von Safari-Guides, Rangern oder Mitarbeitern anderen NGO’s, welche eindeutig Ella und ihre Gruppe zeigten – und belegten, dass auch sie sich in bester Verfassung befanden.

 

Inzwischen gehören 1.800 Elefanten zum Projekt des Amboseli Trust und die Team-Mitglieder können jeden einzelnen identifizieren. Allerdings ist es natürlich sehr schwer bis unmöglich alle ständig im Auge zu behalten. Vor allem wenn sie den Park verlassen. Daher ist es äußerst hilfreich über einige zusätzliche „Augen“ zu verfügen, die das Team mit Informationen und Bildern versorgen.

 

Einige Mitglieder der SB-Familie.

 

Die junge Kuh Echeri, deren 2015 geborenes Kalb im Juli aus einer Grube befreit werden musste, war im September leider bereits erneut auf Hilfe angewiesen. Dieses Mal entdeckte Norah Njiriani, dass sich Echeris 2012 geborener Sohn Embere in Schwierigkeiten befand. Mitarbeiter der Ol Tukai Lodge hatten sie informiert, weil er seinen Rüssel in einem Drahtzaun, der das Gelände der Lodge umgibt, verfangen hatte. Norah konnte- zwar beobachten, dass es ihm gelang, sich selbst zu befreien und zu seiner Familie zurückzukehren. Doch stellte sie- fest, dass sich ein weiteres Stück Draht um eines seiner Vorderbeine gewickelt hatte. Zwar hatte sich dieses noch nicht zusammengezogen und verursachte ihm deshalb keine Schmerzen, doch konnte er natürlich jederzeit damit irgendwo hängen bleiben und dann ein echtes Problem bekommen. Daher wurde die mobile Tierarzteinheit des KWS/DSWT um Hilfe gebeten, die auch bereits nach kurzer Zeit vor Ort eintraf. Inzwischen aber war Embere mit seiner Familie in den nahegelegenen Sumpf gewandert. Dort konnte man ihn unmöglich betäuben. Es blieb nichts anderes übrig als die Aktion auf eine bessere Gelegenheit zu verschieben.

Norah war während der nächsten Tage unentwegt damit beschäftigt nach Embere Ausschau zu halten. Doch entweder war er wie vom Erdboden verschluckt oder er befand sich bereits wieder im Sumpf! Erst nach mehreren Tagen entdeckte sie ihn endlich in einem geeigneten Gelände. Sofort wurde der Tierarzt erneut gerufen, der in kürzester Zeit vor Ort war. In einer Gemeinschaftsaktion vom KWS/DSWT-Tierarzt-Team, Rangern des KWS und dem ATE-Team konnte Embere in einer nur 15 Minuten dauernden Aktion von dem gefährlichen Draht befreit werden.

 

Die Mitarbeiter des ATE beteiligen sich grundsätzlich nur in absoluten Notfällen an derartigen Einsätzen. Denn jedes Mal wenn so etwas notwendig war, stellten sie fest, dass die Elefanten hinterher eine Weile ihren Autos mit einer gewissen Unsicherheit begegneten.

In diesem Fall aber war es anders: Echeri, Embere und ihre Familie zeigten nicht die geringste Verunsicherung sondern verhielten sich gegenüber den ATE-Fahrzeugen und ihren Insassen als wenn nichts vorgefallen wäre. Sie müssen verstanden haben, dass Embere geholfen wurde und ihr Vertrauen in das ATE-Team war ungebrochen!

 

ATE News: April bis Mai 2018

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate April und Mai 2018:

 

Die sogenannte „Große Regenzeit“ wurde dieses Jahr ihrem Namen wirklich gerecht! Sie begann ungewöhnlich früh bereits im Februar und brachte außergewöhnlich starke und ergiebige Regenfälle mit sich. Die während der Monate März bis Mai gefallenen Niederschläge entsprachen etwa 150 % der Menge eines gesamten durchschnittlichen Jahres!

 

Zwar wurde dadurch fast der gesamte Park überschwemmt aber das erschwerte „nur“ die Fortbewegung der Menschen. Die Straßen und Pisten standen zum großen Teil unter Wasser – auch wenn in Amboseli viele davon- ohnehin auf Dämmen verlaufen. Das ATE-Team musste daher die Zufahrt zum Camp durch Pfähle markieren um nicht versehentlich vom Weg ab zu geraten. Allerdings waren teilweise auch die richtigen Wege so hoch überflutet, dass das Wasser durch die Autotüren ins Innere der Land-Rover gelangte…

 

Elefantenkuh in bester Verfassung!

 

Die meisten Tiere kamen mit den Folgen der ergiebigen Regefälle wesentlich besser zurecht. Sie wichen einfach auf höher gelegenes Land in der Nachbarschaft aus. Dort gab es kaum Überschwemmungen und trotzdem üppige Weideflächen.

Wenn mit Beginn der nächsten Trockenzeit die Überflutungen im Park zurückgehen werden sich die Überschwemmungsflächen in grüne Savannen mit saftigen Gras verwandeln, wodurch die Nahrungsversorgung für weitere Monate gesichert ist!

 

Die Elefanten befanden sich daher in bester körperlicher Verfassung und das wirkte sich auch deutlich auf ihr Verhalten aus. Vor allem die Kälber aber auch Kühe und sogar Bullen waren verspielt und ausgelassen. Männliche Elefanten sind ohnehin häufig dabei zu beobachten wie sie ihre Rangfolge durch Schiebeduelle klären. Diese verlaufen grundsätzlich freundlich und fair. Es kommt kaum zu ernsthaften Verletzungen. Nur zwischen Bullen von etwas gleichem Rang, die sich beide gerade in der Phase der „Musth“ befinden, kann es zu ernsthaften Kämpfen kommen.

 

Kämpfende Elefantenbullen

 

Einige Elefantenfamilien arrangierten sich besonders gut mit den Überschwemmungen und hielten sich auch im April und Mai die meiste Zeit innerhalb des Parks auf. Hierzu gehörten beispielsweise die AA’s, die EB’s und die GB’s, also einige der bekanntesten Familien Amboselis.

 

Die AA’s hatten das Glück, dass ihre wichtigsten Weidegründe ohnehin zum Großteil von den Überflutungen verschont geblieben waren. So konnten Sie problemlos in ihrem Kerngebiet bleiben, und dort einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nachgehen: Dem Weiden in den Sümpfen!

 

Nachdem die letzte Leitkuh der AA’s ein Opfer der Dürre geworden war nahm nun Astrid ihren Platz ein. Sie scheint ihrer Aufgabe gewachsen zu sein – und möglicherweise auch einen etwas anderen Führungsstil zu praktizieren. In der Vergangenheit duldete die AA-Familie fremde Jungbullen nicht besonders gerne in ihrer Mitte. Sie vertrieben diese meistens ziemlich schnell. Nun hielt sich Garango, ein jugendlicher Bulle aus der GB-Familie, einen ganzen Tag zwischen den AA’s auf! Vielleicht bedeutet dies, dass Astrid den Jungbullen gegenüber mehr Toleranz zeigt als ihre Vorgängerinnen – vielleicht war es aber auch nur eine Ausnahme. Das ATE-Team wird die Entwicklung jedenfalls im Auge behalten! Es ist immer faszinierend zu beobachten welche Verhaltensweisen Elefanten entwickeln, beibehalten oder auch verändern! All dies belegt die stark ausgeprägten individuellen Charakterzüge der Grauen Riesen.

 

Elefantenpaarung während der Regenzeit

 

Eine weitere Veränderung konnte man in der räumlichen Verteilung der Familienmitglieder feststellen. Vor und während der Dürre hatten sich die AA’s meistens in kleinere Untergruppen aufgeteilt. Nun waren häufig alle in einer Gruppe zusammen anzutreffen.

 

Sehr erfreulich ist die Entwicklung von Astrids kürzlich geborenem Sohn. Ihm geht es sehr gut! Es ist großartig zu sehen wie ausgelassen er herumtobt! Eines Tages spielte er fröhlich er mit Artemis Sohn, der letzten Dezember geboren wurde. Die AA’s hielten sich gerade am Observation-Hill auf und das abschüssige Gelände sorge für aufregende Entwicklungen bei den Schiebe-Duellen der beiden Jungs! Da sie fast dasselbe Alter haben sind sie ideale Spielgefährten. Und das werden sie bleiben, bis sie eines Tages zu unabhängigen jungen Bullen herangewachsen sind – vielleicht sogar darüber hinaus! Denn Elefanten – auch Bullen – bilden oft lebenslange Freundschaften.

 

Die AA’s machten insgesamt einen sehr glücklichen Eindruck! Nur Astrid’s Tochter Annan war eine Ausnahme – aus mehr als verständlichem Grund: Sie hatte im April ihr kleines Kalb verloren! Es war bereits ihr viertes gewesen – und keines davon hatte überlebt! Annan blieb nahe bei ihrer Mutter und unterstützte sie in dem sie auf ihren kleinen Bruder aufpasste. Gerade in diesen Situationen wird der soziale Charakter der Grauen Riesen besonders deutlich. Sie trauern um ihre Toten – beginnen aber bald wieder sich um die Lebenden zu kümmern.

 

Elefantenkuh und- Kalb vor dem Kilimanjaro

 

Auch von den EB’s wurden viele Familienmitglieder öfters innerhalb der Parkgrenzen gesichtet. Ella und ihre Töchter hielten sich allerdings, wie schon in den Vormonaten, außerhalb des Parks im Selengai-Conservancy auf. In diesem Gebiet ist das Futterangebot besonders reichhaltig – vermutlich ein Hauptgrund für ihre Aufenthaltswahl.

Die meisten anderen Angehörigen der EB-Familie verbrachten jedoch viel Zeit innerhalb Amboselis. Am 9. Mai brachte hier Elana, eine Urenkelin der berühmten Echo, ein weibliches Kalb zur Welt. Nachdem sie ihr erstes Kalb verloren hatte (was häufig bei Elefanten vorkommt) hofften alle sie würde bald eine zweite Chance erhalten. Nun war es so weit und die Bedingungen dieses Jahres hätten hierfür nicht besser sein können! Nur extrem selten gibt es ein so reiches Nahrungsangebot. Elana sollte es unter diesen Umständen leicht fallen ausreichend Milch für ihr Baby zu produzieren.

 

Die Mitglieder der GB-Familie befanden sich ebenfalls in bester Verfassung. Was für ein Unterschied zur Situation gegen Ende der nur wenige Monate zurückliegenden Dürre! Jetzt trafen sich Gruppen der GB’s gerne mit anderen Familien und genossen die Annehmlichkeiten dieser guten Zeiten!

Außerdem gab es auch bei ihnen Familienzuwachs: Garamba brachte am 13. Mai ein weibliches Kalb zur Welt! Auch sie hatte bisher leider nur wenig Glück mit ihrem Nachwuchs gehabt. Sie bekam zwar bereits fünf Kälber, doch diese waren fast alle in noch sehr jungem Alter gestorben. Letztlich hatte bisher nur eines ihrer Babys überlebt: Gakuo, welches 2011 zur Welt kam. Nun hoffen natürlich alle, dass es auch ihre neue kleine Tochter schaffen wird. Dank der außergewöhnlich guten Bedingungen dieses Jahres hat sie hierfür auch die besten Chancen!

Tatsächlich gab es in vielen Familien Nachwuchs. Ein ganz besonderes Ereignis fand allerdings in der PA-Familie statt: Die junge Kuh Paru brachte Zwillinge zu Welt! Ein männliches und ein weibliches Kalb! Zwillingsgeburten kommen bei Elefanten nur extrem selten vor. In Amboseli fand die letzte vor 38 Jahren statt. Damals wurde Estella aus der EA-Familie die Mutter von Eclipse und Equinox, ebenfalls einem Mädchen und einem Jungen. Beide Kälber haben überlebt! Das ist gar nicht selbstverständlich, da viele Elefantenkühe kaum in der Lage sind genug Milch für zwei Babys zu produzieren. So hätte es Paru also gar nicht besser treffen können als ihre Zwillinge in einem Jahr mit so außergewöhnlich ergiebiger Regenzeit zur Welt zu bringen! Das ATE-Team wird die Entwicklung ihrer Kälber natürlich genau im Auge behalten!

 

Eine Elefantenherde wird von einem Bullen besucht.

 

Letztlich bestimmen verschiedene Faktoren, wie viele Babys eine Elefantenkuh ihm Laufe ihres Lebens zur Welt bringt – und wie viele davon überleben.

Einer davon ist die Länge des Zeitraums, währenddessen sie grundsätzlich in der Lage ist Babys zu bekommen: Also in welchem Alter sie zum erste Mal zur Paarung bereit ist und in welchem dies zum letzten Mal geschieht. Dies hängt ebenso von genetischen Veranlagungen wie von mehr oder weniger günstigen Umweltbedingungen ab.

Von großer Bedeutung ist auch die Unterstützung, die eine Kuh von ihrer Familie erhält. Gibt es viele junge Kühe so steht immer eine große Zahl von Babysittern zur Verfügung, die eine Mutter entlasten. Und weniger Stress erleichtert ihr die Produktion von ausreichend Milch.

Besonders wichtig ist die Anzahl erfahrener älterer Kühe in einer Familie. Diese helfen gerade jungen und unerfahrenen Kühen die richtigen Entscheidungen zu treffen um ihren Kälbern zu möglichst optimalen Überlebenschancen zu verhelfen.

Und schließlich ist auch das Geschlecht der Kälber ein wichtiger Faktor: Bullenkälber benötigen deutlich mehr Kalorien als Kuhkälber, da sie schneller wachsen. Gerade in Jahren mit schlechter Nahrungsversorgung sinken daher ihre Überlebenschancen deutlich. Falls eine Kuh viele männliche Kälber bekommt und gleichzeitig häufig Dürreperioden herrschen, kann sich das sehr negativ auf ihren Fortpflanzungserfolg auswirken.

 

Dieses Jahr sorgte die Große Regenzeit jedenfalls dafür, dass die Überlebenschancen aller neugeborenen Kälber außergewöhnlich gut sind. So kann das ATE-Team ziemlich optimistisch in die Zukunft blicken.