Im Dezember und Januar war die schreckliche Dürre des letzten Jahres endlich zu Ende und wurde durch die lang ersehnte Regenzeit abgelöst. Die Vegetation begann sich zu erholen und mit ihr auch die Elefanten und viele andere Tiere.
Allerdings hielten sich die Niederschlagsmengen doch in Grenzen, und zudem waren sie in unterschiedlichem Ausmaß über das Gebiet verteilt. Außerhalb des Parks hatte es teilweise mehr Regen gegeben, und so wanderten im Dezember zahlreiche Tiere dorthin. Im Januar kehrten aber viele von ihnen, vor allem Gnus, bereits wieder zurück – wesentlich früher als sonst, denn normalerweise bleiben sie zwei bis drei Monate in den außerhalb liegenden Weidegründen. Vermutlich waren also auch dort die Bedingungen nicht besonders gut gewesen, und dies könnte zudem zu verstärkter Konkurrenz mit dem Vieh der lokalen Bevölkerung geführt haben. Die Elefanten waren von diesem Problem weniger betroffen, da sie nicht ausschließlich auf Gras angewiesen sind, sondern auch andere Pflanzen als Nahrung nutzen. Doch leider lässt die frühe Rückkehr der Gnus befürchten, dass sich Amboseli insgesamt nur notdürftig von der Dürre erholt hat und bis zum Beginn der nächsten Regenzeit, die man im April erwarten darf, erneut harte Zeiten auf die Wildtiere zukommen. „Amboseli News: Dezember 2022 und Januar 2023“ weiterlesen
Das Leben der Elefanten in Amboseli ist geprägt vom Wechsel der Jahreszeiten. Trocken- und Regenzeiten wechseln einander ab und sorgen für oft gegensätzliche Lebensbedingungen. Doch auch die Jahreszeiten selbst präsentieren sich oft sehr unterschiedlich. Trockenzeiten entwickeln sich manchmal zu echten Dürren und Regenzeiten führen mitunter zu heftigen Überschwemmungen.
Während der letzten Jahre erhielt Amboseli besonders reiche Niederschläge, die das Land in ein Paradies für Wildtiere verwandelt hatten – manchmal waren ganze Trockenzeiten einfach ausgefallen. Das war auch noch zu Beginn diesen Jahres so gewesen. Doch Mitte Mai hörten die Regenfälle auf und die sogenannte „große Trockenzeit“ begann – früher als üblich. Zudem kam starker Wind auf, der das Land extrem schnell austrocknete. Da die nächsten Regenfälle erst im Oktober zu erwarten waren musste man sich auf einige sehr schwere Monate einstellen. Bei den Elefanten betraf dies vor allem die ältesten Familienmitglieder und die Kälber. Kühe mit noch milchabhängigen Kälbern würden es dann schwer haben sowohl genug Milch für ihren Nachwuchs produzieren als auch ihre eigenen Bedürfnisse sicherstellen. Diese Entwicklung ist Teil des natürlichen Kreislaufs im Amboseli-Ökosystem – allerdings ein sehr harter!
Viele Elefantenfamilien kehren während der Trockenzeit in den Park zurück
News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate Juni und Juli 2020:
Im Juni und Juli löste in Amboseli eine neue Trockenzeit die außergewöhnlich niederschlagsreiche Regenzeit der Vormonate ab. Dank der ergiebigen Regenfälle war das Nahrungsangebot für die Elefanten auch jetzt noch viel besser als es sonst während dieser Jahreszeit der Fall ist. Dies wird sich zwar sicher während der nächsten Monate noch ändern, doch vermutlich nicht so stark wie gewöhnlich. Außerdem ist dies auch Teil des natürlichen Zyklus der Jahreszeiten in Amboseli, die man als „Boom and Bust“-Zeiten bezeichnet kann, und an die sich die Elefanten gut angepasst haben.
Der Park selbst bot einen wunderschönen Anblick, mit sanften Feldern goldgelben Grases, staubroten Sonnenuntergängen und vielen wilden Tieren, die durch die offenen Ebenen in der Nähe des Wassers zogen.
Eine Elefantenkuh in einem Sumpf in Amboseli.
Leider konnte man sich beim Amboseli Trust for Elephants (ATE) nicht uneingeschränkt über die Schönheit des Parks freuen, denn die Covid-19-Pandemie wirkte sich auch weiter in Amboseli aus. Abgesehen von wenigen einheimischen Reisenden gab es keine Besucher. Die fehlenden Einnahmen aus dem Tourismus machten sich sowohl beim Kenya Wildlife Service (KWS), Organisationen wie ATE sowie vor allem der lokalen Bevölkerung immer stärker bemerkbar. Viele Familien hatten bereits seit Monaten kein Einkommen mehr.
Dem KWS und den NGO’s gelang es zwar ihre Aktivitäten aufrecht zu erhalten, doch kam es in ganz Kenia zu einem Anstieg der Buschfleisch-Wilderei.
Man kann nur hoffen, dass touristische Aktivitäten möglichst bald wieder zunehmen und durch die hier generierten Einnahmen die Bereitschaft zur Wilderei deutlich reduziert wird.
Eine sehr erfreuliche Abwechslung bot allerdings der 24. Juli, denn an diesem Tag feierte Dr. Cynthia Moss, die Gründerin und Direktorin des ATE, ihren 80. Geburtstag. Unter den Bedingungen des Lockdowns wurde es zwar nur eine kleine aber sehr schöne Feier. Cynthia verbrachte den Tag zusammen mit ihren langjährigen Mitarbeiterinnen Norah und Katito im Forschungscamp.
Und dort erhielt sie auch eines ihrer schönsten Geburtstagsgeschenke: Nachdem die EB-Familie mehr als fünf Monate nicht mehr gesehen worden war tauchte sie wenige Tage zuvor unter der Führung ihrer umsichtigen Matriarchin Enid endlich wieder im Park auf!
Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.
Dies war für Cynthia eine ganz besondere Freude, denn sie hatte viele Jahre gerade mit dieser Familie sehr eng gearbeitet. Vor allem mit der einstigen Matriarchin Echo verband sie eine sehr starke persönliche Freundschaft. Viele Male, wenn Cynthia nach längerer Abwesenheit ins Camp zurückgekehrt war, tauchte Echo bald danach ebenfalls auf und machte sich so lange bemerkbar, bis Cynthia aus ihrem Zelt kam um sie zu begrüßen. Diese besondere Beziehung hat sich jetzt auch auf Echos Tochter Enid übertragen und so war die Rückkehr der EB’s ein ganz besonderes Geschenk für Cynthia! Vor allem natürlich auch, weil es allen Familienmitgliedern gut ging. Und außerdem gab es gleich mehrfachen Nachwuchs: Esprit, Ebony, Eliot, Entito und Elif hatten männliche Kälber, und Eugiene ein weibliches an ihrer Seite.
Die EB’s haben seit ihrer Rückkehr viel Zeit im Forschungslager verbracht – vor allem nach Sonnenuntergang. Jeden Morgen fand das Team die Spuren ihrer nächtlichen Aktivitäten. Und mehrere Male wurden die EB’s Nachts gesehen, wie sie überall um die Zelte herum verteilt waren. Sie ernährten sich vom kurzen Gras, das auf den Fußwegen wächst und den Phönixpalmen, die das Camp umgeben. Wenn Nachts alles still ist, hört man deutlich wie überraschend laut ein Elefant beim Kauen sein kann, aber für das ATE-Team ist dies ein beruhigendes Geräusch, durch das sie sich gerne in den Schlaf „singen“ lassen.
Die EB’s war übrigens nicht die einzige Familie, in der es neue Babys gab. Ganz im Gegenteil: Dieses Jahr kam es in Amboseli zu einem unglaublichen Babyboom und allein im ersten Halbjahr wurden über 170 Geburten verzeichnet, eine Zahl, die alle früheren Rekorde übersteigt.
Neuen Nachwuchs gab es beispielsweise bei den FB’s, wo sowohl die Matriarchin Fanny wie auch deren Tochter Fortino ein Kalb bekamen. Fanny wurde dadurch bereits zum vierten Mal Großmutter. Und typisch für Elefantenkühe kümmert sie sich nicht nur um ihre eigenen Babys sondern auch um ihre Enkel in besonderem Maß. Weibliche Elefanten arbeiten ohnehin eng zusammen, um ihre Kälber zu schützen und aufzuziehen. Besonders stark ist dies allerdings bei direkt verwandten Kühen zu beobachten. Gerade Großmütter sind eine wertvolle Hilfe, da sie meistens bereits über viel Erfahrung mit Kälbern verfügen.
Elefantenfamilie im Sumpf
Es gab in Amboseli sogar mehrere Fälle, in denen Großmütter das Kalb ihrer Tochter säugten oder Kälber ihrer Töchter adoptierten, wenn diese starb. Auch Eliot von den EB’s wurde beobachtet wie sie gleichzeitig ihr eigenes Baby und das ihrer Tochter Entito säugte. Diese gegenseitige Unterstützung belegt besonders eindrucksvoll die sozialen Bindungen zwischen Elefanten.
Im Juli gab es dann eine Riesenüberraschung, als ein zweites Paar Zwillingskälber entdeckt wurde. Die Mutter ist Pazia aus der PA1-Familie, die Kälber sind beide männlich und waren wohl im März geboren worden, also im selben Monat wie Angelinas Zwillinge.
Diese wachsen immer weiter und bekommen viel Aufmerksamkeit von den jungen Kühen der Familie, welche sie stets im Auge behalten. Im Vergleich zu anderen Familien in Amboseli haben die AA’s leider eher wenig Erfolg was die Überlebensrate ihrer Kälbern betrifft. Das ATE-Team führt dies darauf zurück, dass die AA’s besonders viel Zeit in den Sümpfen verbringen und ihre Kälber dabei oft durch tiefes und kaltes Wasser waten müssen, was ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen zur Folge hat. Wir hoffen sehr, dass dies bei den Kälbern von 2020 nicht der Fall ist, und bis jetzt sehen diese auch sehr gesund aus.
Elefanten auf Nahrungssuche im Sumpf.
Dieses Jahr gab es in Amboseli allerdings nicht nur einen neuen Rekord an Geburten sondern es fanden auch viele Paarungen statt. Bei den GB’s befanden sich beispielsweise gleich mehrere Kühe im Östrus. Eine davon war Okanja. Sie hatte kürzlich ihr Kalb verloren und war daher im Juni wieder bereit für eine Paarung. Okanja wurde von Craig bewacht, einem der bekanntesten und größten Bullen in Amboseli. Er war in Musth und hatte ein Gefolge von 11 anderen Bullen, die hofften ebenfalls eine Chance auf eine Paarung zu bekommen. Zumindest für einen von ihnen, Chemosit, schien sich das Warten zu lohnen, denn als Craig gerade nicht aufpasste konnte Chemosit sich ebenfalls mit Okanja paaren. Chemosit und Craig stammen beide aus der CB-Familie, allerdings ist Craig viel älter und wurde 1972 geboren, während Chemosit erst 1987 zur Welt kam. Als Musth-Bulle war Craig nicht bereit einem anderen Bullen eine Paarung zu gestatten – auch keinem Mitglied seiner Familie. Als er plötzlich bemerkte was hinter seinem Rücken geschah war Chemosit’s Paarung schnell vorbei und Craig jagte ihn davon.
Auch Garbatulla war im Juni im Östrus und paarte sich ebenfalls mit Craig. Die Beiden wurden dabei von zwei andere Bullen beobachtet: Gabe aus der GB-Familie und X052.
„X“ ist ein Code, der vom ATE-Team Bullen zugewiesen wird, deren Familienzugehörigkeit nicht bekannt ist, die aber trotzdem regelmäßig beobachtet werden.
Wenn sich junge Bullen von ihren Familien lösen verschwinden sie oft für längere Zeit aus Amboseli und ziehen weit entfernt umher. Dabei verändern sich einige äußerlich oft so sehr, dass es wirklich schwierig wird sie bei ihrer Rückkehr wiederzuerkennen.
Sicher ist, dass viele der „X“ -Bullen aus Amboseli stammen. Wahrscheinlich liegen ATE von ihnen Fotos aus Zeiten vor, als sie noch bei ihren Geburtsfamilien lebten. Aber die erneute Identifizierung ist eine echte Herausforderung. Hin und wieder gelingt es trotzdem solche Rückkehrer zu erkennen, doch gibt es derzeit immer noch etwa 70 „X“-Bullen in Amboseli.
Schließlich kam im Juli noch Georgia in den Östrus und weckte dadurch das Interesse von Kristian, einem sehr beindruckenden und gut aussehenden Bullen der KB-Familie. Er ist ein Sohn von Kleo und jetzt 31 Jahre alt. Man kann davon ausgehen, dass er sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zu einem der dominanten Bullen Amboselis enwickeln wird und man sollte sich seinen Namen merken. Es wurde zwar nicht beobachtet wie er sich mit Georgia paarte, doch war es eindeutig zu sehen, dass er ihr folgte und sich für sie interessierte.
Elefantenkuh und Kalb
Die Langzeitstudien des ATE basieren vor allem auf der Fähigkeit des Teams alle Elefanten als Individuen unterscheiden und dadurch auch ihre Beziehungen untereinander nachvollziehen zu können. Da sich das Aussehen der Tiere im Laufe ihres Lebens immer wieder verändert gehört es zu den wichtigsten Aufgaben des Teams alle Mitglieder der Amboseli-Population möglichst regelmässig – mindestens aber einmal im Jahr – zu beobachten und zur Identifikation geeignete Fotos zu machen.
Abgesehen von den bereits erwähnten „X“-Bullen, die oft jahrelang außerhalb des Parks unterwegs waren, gelingt es normalerweise immer die notwendigen Identifizierungs-Arbeiten durchzuführen. Natürlich ist dies bei einigen Familien und Bullen leichter als bei anderen – abhängig davon wieviel Zeit sie im Park verbringen.
Die PC- und die OA-Familien gehören zu jenen, die einen Großteil des Jahres außerhalb des Amboseli-Nationalparks umherziehen. Im Juni und Juli waren sie allerdings zurückgekehrt – von den PC’s sowohl die von Placida wie Petula angeführten Teil-Gruppen. Die ATE-Feldforscherinnen folgten daher nun speziell den PC’s so oft es ging und konnten dadurch endlich die „Ausweisfotos“ dieser Familie aktualisieren.
Nun stehen die OA’s als nächste Familie im Fokus dieser Arbeit. Nicht zuletzt weil es auch bei ihnen viel neuen Nachwuchs gab. Die Familie hatte sechs Neugeborene: Olya, Orora, Omo River und Outlook hatten alle männliche Kälber, Opera und Olwen hingegen weibliche.
Elefanten am Rande des Ol Tukai Waldes.
ATE verfolgt nun schon seit fast 50 Jahren das Leben der Elefanten in Amboseli und hat während dieser langen Zeit eine große Zahl von Beobachtungen gemacht, welche unser Wissen über das Verhalten der Grauen Riesen geradezu revolutioniert haben. Nicht zuletzt die Erkenntnisse über das Sozialverhalten der Elefanten, ihre Fähigkeit Emotionen und Gefühle zu empfinden und starke Bindungen untereinander (und sogar zu Angehörigen anderer Arten) zu entwickeln haben dazu beigetragen, dass Elefanten von vielen Menschen als ganz besondere Lebewesen betrachtet werden. Und gerade dadurch werden Viele motiviert sich für den Schutz der Grauen Riesen zu engagieren und für ihr Überleben zu kämpfen.
Der Amboseli Trust for Elephants wird seine Arbeit auch weiterhin fortsetzen und den Elefanten Amboselis zur Seite stehen.
Wer diese wichtige Organisation und ihre Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der
IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.
Oder ganz einfach per Paypal:
Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich dafür!
News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate April und Mai 2020:
Nachdem es Mitte März wegen der COVID-19-Pandemie auch in Kenia zu einem Ende des Tourismus gekommen war präsentierte sich der Amboseli-Nationalpark im April und Mai fast völlig frei von Besuchern. Für das Team des Amboseli Trust for Elephants, welches weiterhin in seinem Camp arbeitete, war dies zwar einerseits eine wunderbare Situation, ein echtes Privileg, die großartige Natur Amboselis exklusiv genießen zu dürfen ohne irgend ein anderes Fahrzeug zu sehen. Doch gleichzeitig löste diese Entwicklung große Sorgen aus, denn ohne Besucher fehlten sowohl dem Park wie der benachbarten Bevölkerung wichtige Einnahmen. Der Kenya Wildlife Service bestreitet mit diesen unter anderem seine Unterhaltskosten und die Gehälter seiner Mitarbeiter. Somit bilden sie eine Grundvoraussetzung für den Schutz der Nationalparks und Reservate. Speziell Amboseli ist einer der meistbesuchten Parks in Kenia und deshalb eine Haupteinnahmequelle für den KWS. Die Einnahmen aus Amboseli tragen dazu bei auch andere, weniger besuchte Nationalparks des Landes zu erhalten und zu schützen.
Elefantenkuh in Amboseli
Der Schutz der Elefanten und anderen Wildtiere im Amboseli-Ökosystem hängt auch stark von den benachbarten Menschen ab, vor allem den Massai. Diese leben Seite an Seite mit den Wildtieren und zeigten ihnen gegenüber bisher große Toleranz. Was einerseits an ihren Traditionen lag, welche die Jagd weitgehend ablehnten, andererseits aber auch an den positiven Auswirkungen des Fototourismus, der Jobs und Einnahmen durch den Verkauf von Kunsthandwerk usw. generierte. Als nun diese wichtigen Einnahmen so plötzlich ausblieben, gerieten viele Familien in ernste finanzielle Notlagen. Das könnte die Einstellung der Menschen gegenüber den Wildtieren sehr negativ verändern. Die Coronavirus-Pandemie wird für den Artenschutz weltweit zu einer großen Belastung. Doch gerade Gebiete wie Amboseli, die sich bisher weitgehend durch den Tourismus finanziert hatten, sind besonders gefährdet.
Die kenianische Regierung hat insgesamt sehr gut auf das Virus reagiert und ihr Bestes getan, um die Not der Bevölkerung zu lindern. Auch die Naturschutz-Aktivitäten wurden bis jetzt aufrecht erhalten. Doch trotzdem war im ganzen Land ein Anstieg der Buschfleisch-Wilderei festzustellen. Finanzielle Not brachte immer mehr Menschen dazu Wilderei zu riskieren, um ihre Familien zu ernähren.
Man kann derzeit nur hoffen, dass die Pandemie bald endet und sicheres Reisen wieder möglich wird, damit der Tourismus wieder für Einnahmen sorgt.
Elefantenfamilie in den Sümpfen
Amboseli selbst bot in diesen Monaten einen spektakulären Anblick! Im April wurden 80mm Niederschlag gemessen und einige Gebiete waren erneut überflutet. Im Mai gingen die Regenfälle dann etwas zurück und es wurden nur noch 16 mm verzeichnet. Dadurch hatte das Land nun Zeit, um die enormen Niederschläge des letzten Monats aufzunehmen.
Auch der Babyboom bei Amboselis Elefanten setzte sich fort! Bis April wurden über 100 neugeborene Kälber registriert! Ein wunderbarer Beweis für die Kraft des Lebens, nach den schlimmen Dürrejahren 2016 und 2017.
Elefanten beim Grasen in der Savanne.
Angelina’s Zwillingen ging es ebenfalls sehr gut. Sie verbrachten mit ihrer Mutter und ihrer Familie, den AA’s, die meiste Zeit innerhalb des Parks. Das weibliche Kalb war etwas kleiner als das männliche, aber das ist normal, da Bullenkälber generell schneller wachsen als Kuhkälber. Dafür benötigen sie allerdings auch mehr Kalorien – ein Risiko in schlechten Jahren.
Ende April erhielt die AA-Familie noch weiteren Zuwachs, als Andrea ein weibliches Kalb zur Welt brachte.
Dieses Elefantenkalb schläft im Stehen.
Leider erlitten die AAs in diesem Monat aber auch einen schrecklichen Verlust: Alexandra starb am 21. April. Bereits am 17. April war dem ATE-Team ein krank aussehender Elefant gemeldet worden und Katito machte sich sofort auf die Suche nach ihm, fand ihn aber erst vier Tage später. Elefanten können erstaunlich schwer zu finden sein, wenn sie unentdeckt bleiben wollen. Sie scheinen dann wie vom Erdboden zu verschwinden und manchmal dauert es Tage oder sogar Wochen, sie aufzuspüren. Als Katito den Elefanten endlich fand, erkannte sie sofort, dass es Alexandra war und diese sich in einem sehr schlechten Zustand befand. Katito alarmierte umgehend den Tierarzt, doch leider konnte dieser nicht mehr helfen. Bei der hochschwangeren Alexandra hatten die Wehen eingesetzt, aber es gab Komplikationen. Ihr Kalb war männlich und ungewöhnlich groß, so dass Alexandra es einfach nicht gebären konnte. Es war entsetzlich, dies mitansehen zu müssen ohne helfen zu können.
Geburtskomplikationen kommen bei Elefanten nicht häufig vor aber ATE hat im Laufe der Jahre doch mehrere Fälle registriert. Die Gründe dafür können Stress oder ein Problem mit dem Fötus selbst sein. In Alexandras Fall fiel auf, dass das Kalb für ein Neugeborenes wirklich groß war – zu groß. Es gab nichts, was der Tierarzt hätte tun können, um ihr zu helfen.
Während Katito und der Tierarzt bei Alexandra waren befanden sich die AAs gerade nicht in ihrer Nähe. Doch gab es Anzeichen dafür, dass sie vorher bei ihr gewesen waren. Und natürlich werden sie ihren Tod realisieren, um sie trauern und von Zeit zu Zeit zurückkehren, um ihre sterblichen Überreste als Teil ihres Trauerprozesses zu besuchen.
Auch im Leben der Elefanten liegen Freude und Leid oft nah beieinander. Die Geburt von Angelina’s Zwillinge war eines er wundervollsten Ereignisse seit langem – und Alexandra’s Tod eines der furchtbarsten. Und so wird das Leben weitergehen – mit allen Höhen und Tiefen.
Ein schon großes Kalb mit seiner Mutter.
So kam es im April zu einigen weiteren wichtigen Ereignissen bei den AA’s: Ann und Acholi waren im Östrus. Acholi ist Alisons Tochter und erst acht Jahre alt. Sie befand sich das erste Mal im Östrus. Ihre Mutter war viele Jahre, bis zu ihrem Tod, die Matriarchin der AAs und jetzt hat ihre ältere Tochter Astrid diese Aufgabe übernommen. Es ist schön, dass Alison’s Linie durch ihre Töchter weitergeführt wird.
Der erste Östrus kann für eine Kuh eine anstrengende Zeit sein, da sie nicht genau weiß, was passiert und wie sie es am besten vermeiden kann, ständig von Bullen verfolgt zu werden. Da ist es sehr hilfreich, wenn sie durch ihre Mutter oder andere ältere Familienmitglieder unterstützt wird, die ihr helfen die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Ann ist eine erfahrene Kuh und hatte mehrere Bewerber, die ihr folgten. Einer war Pascal, der sich in Musth befand und sie bewachte. Das ATE-Team hat zwar nicht gesehen, wie sie sich paarten, aber es ist trotzdem möglich, dass es dazu kam, weil das Team nicht immer vor Ort bleiben konnte. Pascal ist ein großer Bulle mit einem Alter von 40 Jahren, der Sohn Patricia’s aus der PC-Familie. Andere Bullen, die auf eine Chance zur Paarung hofften, waren Gilgil, Goldas 33 jähriger Sohn aus der GB-Familie, und Meshach, Milly’s 26 jähriger Sohn aus der MB-Familie. Beide sind viel jünger als Pascal und stellten keine ernsthafte Konkurrenz für ihn dar. So empfand er ihre Anwesenheit nicht als sonderlich störend. Junge Bullen folgen oft älteren Musth-Bullen und beobachten ihr Paarungsverhalten, um dadurch wichtige Fähigkeiten für die Zukunft zu erlernen.
Junger Elefantenbulle
Einige Familien, die sich normalerweise fast immer innerhalb der Parkgrenzen aufhalten, wurden im April und Mai nicht gesehen. Darunter die EB’s, die man auch schon während der Vormonate nicht entdeckt hatte. Etwas ungewöhnlich, doch genaugenommen war es ja in vielerlei Hinsicht ein sehr ungewöhnliche Zeit. Mit den äußerst reichhaltigen Regenfällen änderten viele Elefanten ihre Wanderungen und die EBs haben bereits im letzten Jahr ein zunehmendes Interesse an Gebieten außerhalb des Parks gezeigt. Das ATE-Team geht aber davon aus, dass sie mit Enid eine ebenso erfahrene wie vorsichtige Matriarchin haben, die sie sicher durch das Amboseli-Ökosystem führen wird. Doch natürlich hoffen alle die EB’s bald wiederzusehen und sind gespannt ob es auch bei ihnen Nachwuchs gab.
Andere Familien blieben hingegen weiterhin im Park und wurden regelmässig beobachtet. So beispielsweise die PC’s, vor allem auch Petula’s und Placida’s Gruppen. Sie kamen oft direkt in das ATE-Camp und es war schön und interessant zu beobachten, wie ihre kleinen Kälber langsam immer verspielter und neugieriger wurden. Man konnte gut sehen, wie sie anfingen ihre Umwelt zu erkunden – die physische Umgebung ebenso wie ihr soziales Umfeld. Außerdem übten sie auch praktische Fähigkeiten, wie die effektive Benutzung ihres Rüssels.
Ein bereits größeres Kalb in den Amboseli-Sümpfen.
Auch die FB’s und GB’s konnten zumindest gelegentlich beobachtet werden. Bei den FB’s brachte Fadila im April ein männliches Kalb zur Welt, nachdem Farida bereits im Februar ein weibliches Kalb bekommen hatte. Und bei den GB’s wurden im April zwei Neugeborene entdeckt: Genesis hatte einen Jungen und G-Mail eine Tochter. Allen diesen Familien, speziell auch den Müttern und ihren Kälbern, ging es sehr gut!
Leider gab es aber neben den AA’s weitere Familien, die trotz der allgemein guten Bedingungen schlimme Erfahrungen machen mussten. Dazu gehörten die OA’s. Das ATE-Team hatte diese Familie lange Zeit nicht mehr gesehen. Umso trauriger war es, dass das erste Familienmitglied, dem man schließlich wieder begegnete, sich in keinem guten Zustand befand. Am 7. April fanden ATE-Mitarbeiter Okanja. Sie lag am Boden und war offensichtlich in sehr schlechter Verfassung. Ihr 2-jähriger Sohn wirkte verzweifelt und versuchte sie zu anzuheben – erfolglos. Offensichtlich musste Okanja bereits seit einiger Zeit krank sein, weil sie sehr dünn und schwach war. Der Tierarzt wurde sofort informiert, doch noch bevor er ankam starb Okanja. Sie war erst 16 Jahre alt.
Und es ist nicht einmal klar an woran sie litt. Der Tierarzt untersuchte sie, konnte aber nur feststellen, dass sie abgemagert war. Es gab keine Wunden oder andere offensichtliche Anzeichen dafür, was das Problem gewesen sein könnte.
Elefantenkuh mit abgebrochenem Stoßzahn
Okanja’s Sohn blieb bei ihr. Da er bereits über zwei Jahre alt ist und seine Familie sich um ihn kümmern und gegen Gefahren beschützen wird, hat er gute Chancen, in der Wildnis zu überleben. Wahrscheinlich wird ihn hauptsächlich eine seiner Tanten, vielleicht Ololua oder Orora, betreuen. Wäre er auf sich allein gestellt so hätte er noch kaum Überlebenschancen. In diesem Fall würde ATE den Sheldrick Wildlife Trust informieren, der bereits jahrzehntelange Erfahrung in der Rettung, Aufzucht und späteren Auswilderung von verwaisten Elefantenkälbern besitzt. Doch natürlich ist es immer die bessere Alternative wenn ein verwaistes Kalb, sobald es nicht mehr milchabhängig ist, bei seiner natürlichen Familie bleiben kann.
Bei manchen Elefantenfamilien, wie den AA’s, sind meistens alle Mitglieder in einer Gruppe zusammen. Bei anderen hingegen findet häufig eine Aufteilung in Untergruppen statt. Dazu gehören auch die OA’s, die nach dem Tod ihrer ehemaligen Leitkuh Orabel jetzt oft in kleinen und kleinsten Splittergruppen angetroffen werden. So wurde beispielsweise Open mit Okota und Odo aber ohne Onyx & Omo River gesehen. Sie alle sind Orabels Töchter und bei ATE hatte man erwartet, dass sie zusammen bleiben würden, so wie sie es getan hatten, als Orabel noch lebte. Doch nun sieht es so aus, als hätte der Verlust von Orabel den Zusammenhalt der OA’s sehr geschwächt. Offenbar gelingt es der neuen Anführerin Olympia nicht alle zusammenzuhalten. Open befand sich einmal sogar bei der PA-Familie. Sie kennt diese Familie gut, da sie zu den sogenannten „Bond-Familien“ der OA’s gehört, also zu den besonders engen Freunden.
Elefanten beschränken ihre sozialen Beziehungen nicht auf ihre eigene Familie. Ihre Gesellschaft ist komplex und vielschichtig und erstreckt sich von der Familie über Bindungsgruppen/Bond-Groups bis hin zu Clans, Subpopulationen und der Gesamtpopulation. Elefantenfamilien verbinden sich auf all diesen Ebenen. In Amboseli pflegen einige Familien das ganze Jahr über enge freundschaftliche Bindungen. Es ist erwiesen, dass einige sich bei der Wahl ihrer Zusammenschlüsse tatsächlich eher von diesen freundschaftlichen Beziehungen als von „praktischen“ Gesichtspunkten, wie Entfernungen oder ökologischen Bedingungen, beeinflussen lassen. Die so gebildeten Bond-Groups scheinen somit auf Verwandtschaft, bestimmten gemeinsamen Erfahrungen und – vor allem – der Freundschaft zwischen Matriarchinnen zu beruhen.
Junge Elefantenkuh aus Amboseli
Kontakte zwischen Familien hängen stark davon ab ob sie Teil derselben Bond-Group sind. Allerdings spielen auch noch weitere Faktoren eine Rolle, vor allem sozialer Art. Kleinere Familien können sich beispielsweise befristet oder auch dauerhaft zusammenschließen um sicherzustellen, dass stets ausreichend Kindermädchen vorhanden sind, welche die Mütter bei ihren Aufgaben unterstützen.
Auch das Alter und der Status der Matriarchin können sich entsprechend auswirken. Ältere Matriarchinnen ziehen Familien mit jüngeren Leitkühen an. Ihre gesammelten Erfahrungen und ihre Weisheit dienen als Quelle des Wissens für Familien, Bound-Groups und sogar die gesamte Population.
So war es also durchaus nicht außergewöhnlich, dass Open sich den PA’s angeschlossen hatte. Doch gleichzeitig scheint dies zu belegen, dass es Olympia nicht gelingt die OA’s zusammenzuhalten. Olympia war immer sehr eigensinnig und ziemlich stur. Aus diesem Grund hatte sie sich auch einst von Orabels Gruppe getrennt. Doch Orabel war es offenbar gelungen die OA’s als eine Familieneinheit zusammenzuhalten. Sogar Olympia schien sie letztlich zu respektieren. Nun, da Orabel fehlt, erweisen sich die OA’s allerdings als sehr instabil. Dies muss aber nicht so bleiben. Manche Familien beginnen erst Monate oder Jahre nach dem Tod ihrer Matriarchin stärker zusammen zu wachsen. Erst die Zukunft wird also zeigen ob die OA’s wieder zu einer stabilen Einheit zusammenfinden oder ob sie sich dauerhaft aufsplittern bzw. eventuell auch anderen Familien anschließen werden.
Elefantenkuh mit Kuhreihern, den häufigen Begleitern der Grauen Riesen in Amboseli.
ATE wird ihre Entwicklung und die aller anderen Elefanten in Amboseli weiter verfolgen und gleichzeitig weiterhin für ihren Schutz kämpfen. Angesichts der aktuellen Situation sind wir besonders dankbar für jede Spende, die wir für das Projekt des Amboseli Trusts erhalten.
Wer diese wichtige Organisation und ihre Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der
IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.
Oder ganz einfach per Paypal:
Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten herzlich dafür!