Amboseli News: Juni und Juli 2023

Esposito unternahm eine außergewöhnliche Wanderung

Juni und Juli waren wundervolle Monate in Amboseli. Auch wenn es allmählich wieder trockener wurde, gab es weiterhin eine ausreichende Menge und Vielfalt an Vegetation für die Tiere. Wie erwartet kehrten jetzt viele Elefanten, die während der Regenzeit über die Grenzen des Nationalparks hinaus gewandert waren, wieder zurück. Darunter befanden sich auch Familien, die sonst nicht so häufig zu sehen sind, wie beispielsweise die RAs. Wir freuen uns besonders, dass auch Rea, Risas Tochter, die nach der Kurzform unseres Vereinsnamens benannt wurde, dabei war und sich in sehr guter Verfassung befand. Ganz offensichtlich hatte sie sich wieder von den Auswirkungen der Dürre erholt.

 

Rea, Risas Tochter aus der RA-Familie
Rea, Risas Tochter aus der RA-Familie

 

Das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) hatte allerdings jede Menge zu tun. Unter anderem arbeiteten die Forscherinnen noch immer daran, die Zusammensetzung der einzelnen Familien nach der letzten Dürre zu erfassen. Das war leider noch mit manchen traurigen Erkenntnissen verbunden.

Sorgen bereitete dem ATE-Team auch die FB-Familie. Während sie Fortino und ihre Schwester Floppy mit ihren Kälbern regelmäßig beobachten konnten, hatten sie Fanny seit ein paar Monaten nicht mehr gesehen. Diese lange Abwesenheit sorgt inzwischen für eine gewisse Beunruhigung – gerade nach der langen Dürre.  Doch noch besteht Hoffnung, dass Fanny vielleicht auch bald wieder auftaucht  und davon  im  nächsten Update berichtet werden kann.

Die meisten Elefanten hatten jetzt aber eine wirklich gute Zeit, und es waren viele wundervolle Szenen zu beobachten, beispielsweise, wenn befreundete Elefantenfamilien, die sich lange nicht mehr gesehen hatten, endlich wieder zusammentrafen. Die Wiedersehensfreude der Elefanten zu sehen (und zu hören) ist sehr bewegend.

Das ATE-Team beobachtete auch eine starke Zunahme an Paarungen. Viele Elefantenkühe, die während der Dürre auf tragische Weise ihre milchabhängigen Kälber verloren hatten, kamen jetzt wieder in den Östrus, wie beispielsweise Ottoline, die Matriarchin der OBs. Und dies lockte natürlich eine große Zahl von Bullen in den Park, die entweder versuchten, sich mit den Kühen zu paaren, oder wenn sie hierzu keine Chance erhielten, hofften, Einblicke in das Paarungsverhalten ihrer erfolgreicheren Artgenossen zu erhalten. Für die Feldforscher des ATE war dies eine aufregende und zugleich anspruchsvolle Zeit. Einige der Bullen, denen sie begegneten, waren seit Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht mehr gesehen worden.

 

Ottoline und ihre Verehrer
Ottoline und ihre Verehrer

 

Unter ihnen befanden sich auch einige sehr eindrucksvolle Musth-Bullen wie Conor aus der CB-Familie, der jetzt 39 Jahre alt ist. Einer anderer war Paolo, ein Bulle aus der PC-Familie. Er wurde 1979 geboren und ist damit einer der ältesten Bullen aus Amboseli. Er versuchte, sich mit so vielen Kühen wie möglich zu paaren, und war dabei auch recht erfolgreich. Eine dieser Paarungen fand mit Pink aus Petulas Gruppe von den PCs statt. Dies war ziemlich außergewöhnlich, denn wenn Paolo und Pink auch nicht nahe verwandt sind, so stammen sie doch aus derselben Familiengruppe. Normalerweise vermeiden Elefanten Paarungen zwischen Verwandten in jedem Fall. Vielleicht lag Paolos Verhalten daran, dass Pink erst 1996 geboren wurde, als er die Familie bereits verlassen hatte, und er daher nicht mit ihr zusammen aufgewachsen war. Außerdem stammen Pink und Paolo aus verschiedenen Familienzweigen der PCs.

Die PC-Familie konnte sich dieses Jahr übrigens bereits mehrfach über Nachwuchs freuen. Zuletzt hatte gegen Ende Mai auch Pauleta eine Tochter zur Welt gebracht. Allen in diesem Jahr geborenen Kälbern geht es bisher erfreulicherweise sehr gut.

 

Ein Elefantenbulle in den Amboseli-Sümpfen
Ein Elefantenbulle in den Amboseli-Sümpfen

 

Wie erwartet kamen auch die EBs gegen Ende Juni nach Amboseli zurück – sowohl Enids als auch Edwinas Gruppen. Enids Gruppe wurde von einem sehr interessanten jungen Bullen begleitet: Esposito aus der EA-Familie. Für ATE war dies nicht nur eine Überraschung, sondern sogar eine Riesenerleichterung, da das Team schon lange nach ihm gesucht hatte.

Esposito ist Teil eines aktuellen Forschungsprojekts über die Entwicklung junger Elefantenbullen auf dem Weg zur Unabhängigkeit. Er wurde 2003 als Sohn von Eclipse geboren. Seine Mutter war eine der wenigen dokumentierten Zwillinge in der Amboseli-Population, die bis ins Erwachsenenalter überlebten. 2019 wurde Esposito zusammen mit vier weiteren Jungbullen für das neue Projekt ausgewählt.  Um zu verstehen, was junge Bullen machen, wenn sie ihre Geburtsfamilien verlassen, wurden die fünf Jungbullen mit Senderhalsbändern versehen, die seitdem Daten über ihre Wanderungen liefern. Espositos Bewegungsdaten gehören dabei zu den außergewöhnlichsten dieser Aufzeichnungen. Zunächst war er von Amboseli zum Kilimanjaro in Tansania gewandert und dann noch weiter bis zum Lake Natron. Anschließend wandte er sich in Richtung Nordwesten und überquerte die Grenze wieder zurück nach Kenia, in das Masai Mara-Schutzgebiet. Dort hatte er sein Senderhalsband verloren, wodurch ihn das ATE-Team aus den Augen verlor. Sie versuchten zwar ihn mit Hilfe der Ranger des Mara Elephant Project wiederzufinden, doch leider ohne Erfolg.  Umso größer waren die Überraschung und Erleichterung von Cynthia Moss und ihrem Team, als Esposito jetzt nur wenige Monate später zusammen mit der EB-Familie wieder in Amboseli auftauchte!

 

Esposito unternahm eine außergewöhnliche Wanderung
Esposito unternahm eine außergewöhnliche Wanderung

 

Nun war allerdings war keine Zeit zu verlieren, und mit Erlaubnis des Kenya Wildlife Service (KWS) erhielt dieser wanderfreudige junge Bulle ein neues Senderhalsband. Die von Esposito zurückgelegte Strecke wurde nun erstmalig durch sichere Aufzeichnungen belegt. Zwar gab es auch vorher bereits Vermutungen, dass Elefanten diese Route wanderten, doch wurde dies nie eindeutig belegt. Die von Esposito gelieferten Daten seines GPS-Senders sind daher von großer Bedeutung, da sie nun den gesuchten Beweis liefern. Hoffentlich wird dies dazu beitragen, entlang der Route einen Korridor offenzuhalten, auf dem die Elefanten ihre Wanderungen fortsetzen können. Auf dieses Weise tragen die Forschungsergebnisse des ATE wesentlich dazu bei, Elefanten und ihre Lebensräume zu schützen.

Die Rückkehr der EB-Familie brachte noch weitere gute Neuigkeiten mit sich: Es gab drei neue Familienmitglieder! Edwinas Tochter Elana hatte außerhalb des Parks ein gesundes weibliches Kalb zur Welt gebracht und Ebony ein männliches Kalb. Diese beiden Kälber sind die Erstgeborenen der EB-Familie nach der Dürre. Ungefähr einen Monat nach ihrer Rückkehr entdeckte das ATE-Team Eliot mit einem neugeborenen weiblichen Kalb, das innerhalb des Parks zur Welt gekommen war. Das Team kann den Geburtstermin ziemlich genau einschätzen, es müsste der 21. Juli gewesen sein, da Eliot am 20. Juli noch hochschwanger gewesen war und am 22. Juli mit dem neugeborenen Kalb gesehen wurde.

Elise, Enids Tochter, war im Juli im Östrus und paarte sich mit einem Bullen namens Duke. Duke stammt aus der DB-Familie und wurde 1995 als Sohn von Deborah geboren. Seine Mutter war eine der ältesten Elefantenkühe in Amboseli. Sie wurde 74 Jahre alt, was für wilde Elefanten ein sehr hohes Alter ist. Elise gehört zu jenen Kühen, die während der Dürre ihr Kalb verloren hatten. Wir hoffen für sie, dass sie in 22 Monaten wieder ein Kalb bekommt und dann die Bedingungen für die Elefanten bessere sein werden.

 

Anghared aus der AA-Familie
Anghared aus der AA-Familie

 

Die AA-Familie scheint sich in drei Gruppen aufgeteilt zu haben. Obwohl sich alle Familienmitglieder immer noch im gleichen Gebiet aufhalten, wurden sie seit dem Tod ihrer früheren Matriarchin Astrid nie mehr alle zusammen gesehen. Die drei Gruppierungen sind: 1. Althea (die jetzt älteste Kuh der AA-Familie) mit Antigone, Artemis, Anson, Arden, Acholi und Annan mit ihren Kälbern, 2. Anghared und Ann mit ihren Kälbern und 3. Angelina und Abra mit ihren Kälbern. Manchmal trennen sich Arden und Annan von Althea, aber meistens bevorzugen sie ihre Gruppe. Wenn man den Stammbaum der Familie betrachtet sieht man, dass die AAs sich nach ihren Abstammungslinien aufgeteilt haben. Altheas Gruppe stammt von Annabel ab, Anghareds Familienteil von Alyce und Angelina von Amy. Diese Art der Aufteilung kommt bei Elefanten häufig vor und ist ein Zeichen für die starken Bindungen zwischen nahen Verwandten. Es ist aber noch zu früh, um zu sagen, ob diese Trennung der AAs dauerhaft ist. Das wird erst die Zukunft zeigen. Doch es wäre zu wünschen, dass sie nicht getrennt bleiben, weil Astrid hart dafür gearbeitet hatte, um alle Familienmitglieder zusammenzuhalten. Als eher kleine Familie hätten die AAs deutlich bessere Überlebenschancen, wenn sie zusammenblieben und sich gegenseitig unterstützen könnten.  Doch als frei lebende Elefanten werden sie natürlich selbst entscheiden, wie sie künftig leben werden.

 

Das Baby von Ann aus der AA-Familie
Das Baby von Ann aus der AA-Familie

 

Viele Elefantenfamilien hatten sich im Juni und Juli in großen Verbänden zusammengeschlossen. Zu ihnen gehörten die GBs und die OAs. Sowohl die Gruppen von Gail und Golda wurden gesichtet und sie verbrachten weiterhin viel Zeit zusammen, was ein wunderbarer Anblick ist, weil sie dann weit über 50 Elefanten zählen. Glenn war bei seiner Mutter Golda und er scheint den Vorfall mit dem Draht, der sich um sein Bein gewickelt hatte und entfernt werden musste, gut überstanden zu haben (siehe unseren Bericht für die Monate April und Mai 2023).

Galileo war im Juni im Östrus und wurde von einem großen Musth-Bullen namens Buyoya aus der BC-Familie verfolgt. Buyoya ist allerdings erst 26 Jahre alt. Es besteht zwar eine Chance, dass er eine Gelegenheit zur Paarung erhielt, doch da sich auch ältere Bullen wie Connor in der gleichen Gegend aufhielten, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering. Das ATE-Team konnte jedenfalls nicht beobachten, dass er sich mit Galileo gepaart hätte. Elefantenkühe sind bei der Partnerwahl wählerisch, besonders wenn so viele Bullen anwesend sind wie in den letzten Monaten. Dabei bevorzugen die Kühe ältere Bullen, vor allem, wenn diese sich in der Musth befinden. Galileo ist eine erfahrene Kuh, die bereits drei Kälber hat: Ein Sohn namens Gizii, geboren 2012, eine Tochter namens Goranova, geboren 2018, sowie ihr jüngstes Kalb, welches 2021 geboren wurde.

 

Buyoya, ein Bulle aus der BC-Familie
Buyoya, ein Bulle aus der BC-Familie

 

Auch die OAs machten einen sehr guten Eindruck. Sie haben nach der schwierigen Dürreperiode wieder deutlich an Kraft und Kondition gewonnen und ebenfalls Familienzuwachs erhalten. Sowohl Onyx‘ Tochter Ornella wie auch ihre Schwester Omo River brachten je ein männliches Kalb zur Welt. Omo River hat bereits vier Söhne, und auch Ornella bekam bisher nur männliche Kälber, neben ihrem Neugeborenen noch drei ältere Söhne. Normalerweise bekommen Elefanten ebenso viele weibliche wie männliche Kälber. Onyx Gruppe weicht in diesem Fall deutlich vom Durchschnittswert ab.

Alles in allem waren Juni und Juli also eine wirklich gute Zeit für die Elefanten in Amboseli, und wir hoffen sehr, dass sich diese positive Entwicklung auch im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzen wird.

 

(Fotohinweis:)
Alle hier veröffentlichten Bilder wurden uns vom Amboseli Trust for Elephants zur Verfügung gestellt.

ATE News: Juni und Juli 2021

Cerise, die Matriarchin der CB-Familie, ist zurück

Das Leben der Elefanten in Amboseli ist geprägt vom Wechsel der Jahreszeiten. Trocken- und Regenzeiten wechseln einander ab und sorgen für oft gegensätzliche Lebensbedingungen. Doch auch die Jahreszeiten selbst präsentieren sich oft sehr unterschiedlich. Trockenzeiten entwickeln sich manchmal zu echten Dürren und Regenzeiten führen mitunter zu heftigen Überschwemmungen.

 

Während der letzten Jahre erhielt Amboseli besonders reiche Niederschläge, die das Land in ein Paradies für Wildtiere verwandelt hatten – manchmal waren ganze Trockenzeiten einfach ausgefallen. Das war auch noch zu Beginn diesen Jahres so gewesen. Doch Mitte Mai hörten die Regenfälle auf und die sogenannte „große Trockenzeit“ begann – früher als üblich. Zudem kam starker Wind auf, der das Land extrem schnell austrocknete. Da die nächsten Regenfälle erst im Oktober zu erwarten waren musste man sich auf einige sehr schwere Monate einstellen. Bei den Elefanten betraf dies vor allem die ältesten Familienmitglieder und die Kälber. Kühe mit noch milchabhängigen Kälbern würden es dann schwer haben sowohl genug Milch für ihren Nachwuchs produzieren als auch ihre eigenen Bedürfnisse sicherstellen. Diese Entwicklung ist Teil des natürlichen Kreislaufs im Amboseli-Ökosystem – allerdings ein sehr harter!

 

Viele Elefantenfamilien kehren während der Trockenzeit in den Park zurück
Viele Elefantenfamilien kehren während der Trockenzeit in den Park zurück

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ATE News: April und Mai 2021

Leroy, ein noch jüngerer Bulle mit bereits beeindruckenden Stoßzähnen

Mehrere Jahre hatte es in Amboseli nun äußerst ergiebige Niederschläge gegeben und dies setzte sich im April und Mai während der Großen Regenzeit erwartungsgemäß fort. Tatsächlich wurden im April 193mm und im Mai 80mm Niederschlag gemessen, was für Amboseli eine ziemliche Menge ist. Allerdings endeten die Regenfälle bereits ab Mitte Mai – etwas früher als üblich – und außerdem wurde es zum Monatsende ziemlich windig und kalt, wodurch das Land überraschend schnell austrocknete. Da die nächsten Regenfälle erst im Oktober zu erwarten sind steht zu befürchten, dass es in der Zwischenzeit, spätestens ab September, für die Wildtiere hart werden könnte – falls es nicht doch zwischendurch einmal regnet.

 

Three Holes, die Matriarichin der IAIC-Familie
Three Holes, die Matriarichin der IAIC-Familie

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ATE News: Juni und Juli 2020

Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate Juni und Juli 2020:

 

Im Juni und Juli löste in Amboseli eine neue Trockenzeit die außergewöhnlich niederschlagsreiche Regenzeit der Vormonate ab. Dank der ergiebigen Regenfälle war das Nahrungsangebot für die Elefanten auch jetzt noch viel besser als es sonst während dieser Jahreszeit der Fall ist. Dies wird sich zwar sicher während der nächsten Monate noch ändern, doch vermutlich nicht so stark wie gewöhnlich. Außerdem ist dies auch Teil des natürlichen Zyklus der Jahreszeiten in Amboseli, die man als „Boom and Bust“-Zeiten bezeichnet kann, und an die sich die Elefanten gut angepasst haben.

 

Der Park selbst bot einen wunderschönen Anblick, mit sanften Feldern goldgelben Grases, staubroten Sonnenuntergängen und vielen wilden Tieren, die durch die offenen Ebenen in der Nähe des Wassers zogen.

 

Eine Elefantenkuh in einem Sumpf in Amboseli.
Eine Elefantenkuh in einem Sumpf in Amboseli.

 

Leider konnte man sich beim Amboseli Trust for Elephants (ATE) nicht uneingeschränkt über die Schönheit des Parks freuen, denn die Covid-19-Pandemie wirkte sich auch weiter in Amboseli aus. Abgesehen von wenigen einheimischen Reisenden gab es keine Besucher. Die fehlenden Einnahmen aus dem Tourismus machten sich sowohl beim Kenya Wildlife Service (KWS), Organisationen wie ATE sowie vor allem der lokalen Bevölkerung immer stärker bemerkbar. Viele Familien hatten bereits seit Monaten kein Einkommen mehr.

Dem KWS und den NGO’s gelang es zwar ihre Aktivitäten aufrecht zu erhalten, doch  kam es in ganz Kenia zu einem Anstieg der Buschfleisch-Wilderei.

Man kann nur hoffen, dass touristische Aktivitäten möglichst bald wieder zunehmen und durch die hier generierten Einnahmen die Bereitschaft zur Wilderei deutlich reduziert wird.

 

Eine sehr erfreuliche Abwechslung bot allerdings der 24. Juli, denn an diesem Tag feierte Dr. Cynthia Moss, die Gründerin und Direktorin des ATE, ihren 80. Geburtstag. Unter den Bedingungen des Lockdowns wurde es zwar nur eine kleine aber sehr schöne Feier. Cynthia verbrachte den Tag zusammen mit ihren langjährigen Mitarbeiterinnen Norah und Katito im Forschungscamp.

Und dort erhielt sie auch eines ihrer schönsten Geburtstagsgeschenke: Nachdem die EB-Familie mehr als fünf Monate nicht mehr gesehen worden war tauchte sie wenige Tage zuvor unter der Führung ihrer umsichtigen Matriarchin Enid endlich wieder im Park auf!

 

Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.
Eine Elefantenkuh mit markanten Stoßzähnen.

 

Dies war für Cynthia eine ganz besondere Freude, denn sie hatte viele Jahre gerade mit dieser Familie sehr eng gearbeitet. Vor allem mit der einstigen Matriarchin Echo verband sie eine sehr starke persönliche Freundschaft. Viele Male, wenn Cynthia nach längerer Abwesenheit ins Camp zurückgekehrt war, tauchte Echo bald danach ebenfalls auf und machte sich so lange bemerkbar, bis Cynthia aus ihrem Zelt kam um sie zu begrüßen. Diese besondere Beziehung hat sich jetzt auch auf Echos Tochter Enid übertragen und so war die Rückkehr der EB’s ein ganz besonderes Geschenk für Cynthia!  Vor allem natürlich auch, weil es allen Familienmitgliedern gut ging. Und außerdem gab es gleich mehrfachen Nachwuchs: Esprit, Ebony, Eliot, Entito und Elif hatten männliche Kälber, und Eugiene ein weibliches an ihrer Seite.

 

Die EB’s haben seit ihrer Rückkehr viel Zeit im Forschungslager verbracht – vor allem nach Sonnenuntergang. Jeden Morgen fand das Team die Spuren ihrer nächtlichen Aktivitäten. Und mehrere Male wurden die EB’s Nachts gesehen, wie sie überall um die Zelte herum verteilt waren. Sie ernährten sich vom kurzen Gras, das auf den Fußwegen wächst und den Phönixpalmen, die das Camp umgeben. Wenn Nachts alles still ist, hört man deutlich wie überraschend laut ein Elefant beim Kauen sein kann, aber für das ATE-Team ist dies ein beruhigendes Geräusch, durch das sie sich gerne in den Schlaf „singen“ lassen.

 

Die EB’s war übrigens nicht die einzige Familie, in der es neue Babys gab. Ganz im Gegenteil: Dieses Jahr kam es in Amboseli zu einem unglaublichen Babyboom und allein im ersten Halbjahr wurden über 170 Geburten verzeichnet, eine Zahl, die alle früheren Rekorde übersteigt.

 

Neuen Nachwuchs gab es beispielsweise bei den FB’s, wo sowohl die Matriarchin Fanny wie auch deren Tochter Fortino ein Kalb bekamen. Fanny wurde dadurch bereits zum vierten Mal Großmutter. Und typisch für Elefantenkühe kümmert sie sich nicht nur um ihre eigenen Babys sondern auch um ihre Enkel in besonderem Maß. Weibliche Elefanten arbeiten ohnehin eng zusammen, um ihre Kälber zu schützen und aufzuziehen. Besonders stark ist dies allerdings bei direkt verwandten Kühen zu beobachten. Gerade Großmütter sind eine wertvolle Hilfe, da sie meistens bereits über viel Erfahrung mit Kälbern verfügen.

 

Elefantenfamilie im Sumpf
Elefantenfamilie im Sumpf

 

Es gab in Amboseli sogar mehrere Fälle, in denen Großmütter das Kalb ihrer Tochter säugten oder Kälber ihrer Töchter adoptierten, wenn diese starb. Auch Eliot von den EB’s wurde beobachtet wie sie gleichzeitig ihr eigenes Baby und das ihrer Tochter Entito säugte. Diese gegenseitige Unterstützung belegt besonders eindrucksvoll die sozialen Bindungen zwischen Elefanten.

 

Im Juli gab es dann eine Riesenüberraschung, als ein zweites Paar Zwillingskälber entdeckt wurde. Die Mutter ist Pazia aus der PA1-Familie, die Kälber sind beide männlich und waren wohl im März geboren worden, also im selben Monat wie Angelinas Zwillinge.

 

Diese wachsen immer weiter und bekommen viel Aufmerksamkeit von den jungen Kühen der Familie, welche sie stets im Auge behalten. Im Vergleich zu anderen Familien in Amboseli haben die AA’s leider eher wenig Erfolg was die Überlebensrate ihrer Kälbern betrifft. Das ATE-Team führt dies darauf zurück, dass die AA’s besonders viel Zeit in den Sümpfen verbringen und ihre Kälber dabei oft durch tiefes und kaltes Wasser waten müssen, was ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen zur Folge hat. Wir hoffen sehr, dass dies bei den Kälbern von 2020 nicht der Fall ist, und bis jetzt sehen diese auch sehr gesund aus.

 

Elefanten auf Nahrungssuche im Sumpf.
Elefanten auf Nahrungssuche im Sumpf.

 

Dieses Jahr gab es in Amboseli allerdings nicht nur einen neuen Rekord an Geburten sondern es fanden auch viele Paarungen statt. Bei den GB’s befanden sich beispielsweise gleich mehrere Kühe im Östrus. Eine davon war Okanja. Sie hatte kürzlich ihr Kalb verloren und war daher im Juni wieder bereit für eine Paarung. Okanja wurde von Craig bewacht, einem der bekanntesten und größten Bullen in Amboseli. Er war in Musth und hatte ein Gefolge von 11 anderen Bullen, die hofften ebenfalls eine Chance auf eine Paarung zu bekommen. Zumindest für einen von ihnen, Chemosit, schien sich das Warten zu lohnen, denn als Craig gerade nicht aufpasste konnte Chemosit sich ebenfalls mit Okanja paaren. Chemosit und Craig stammen beide aus der CB-Familie, allerdings ist Craig viel älter und wurde 1972 geboren, während Chemosit erst 1987 zur Welt kam. Als Musth-Bulle war Craig nicht bereit einem anderen Bullen eine Paarung zu gestatten – auch keinem Mitglied seiner Familie. Als er plötzlich bemerkte was hinter seinem Rücken geschah war Chemosit’s Paarung schnell vorbei und Craig jagte ihn davon.

 

Auch Garbatulla war im Juni im Östrus und paarte sich ebenfalls mit Craig.  Die Beiden wurden dabei von zwei andere Bullen beobachtet: Gabe aus der GB-Familie und X052.

 

„X“ ist ein Code, der vom ATE-Team Bullen zugewiesen wird, deren Familienzugehörigkeit nicht bekannt ist, die aber trotzdem regelmäßig beobachtet werden.

Wenn sich junge Bullen von ihren Familien lösen verschwinden sie oft für längere Zeit aus Amboseli und ziehen weit entfernt umher. Dabei verändern sich einige äußerlich oft so sehr, dass es wirklich schwierig wird sie bei ihrer Rückkehr wiederzuerkennen.

Sicher ist, dass viele der „X“ -Bullen aus Amboseli stammen. Wahrscheinlich liegen ATE von ihnen  Fotos aus Zeiten vor, als sie noch bei ihren Geburtsfamilien lebten. Aber die erneute Identifizierung ist eine echte Herausforderung. Hin und wieder gelingt es trotzdem solche Rückkehrer zu erkennen, doch gibt es derzeit immer noch etwa 70 „X“-Bullen in Amboseli.

 

Schließlich kam im Juli noch Georgia in den Östrus und weckte dadurch das Interesse von Kristian, einem sehr beindruckenden und gut aussehenden Bullen der KB-Familie. Er ist ein Sohn von Kleo und jetzt 31 Jahre alt. Man kann davon ausgehen, dass er sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zu einem der dominanten Bullen Amboselis enwickeln wird und man sollte sich seinen Namen merken. Es wurde zwar nicht beobachtet wie er sich mit Georgia paarte, doch war es eindeutig zu sehen, dass er ihr folgte und sich für sie interessierte.

 

Elefantenkuh und Kalb
Elefantenkuh und Kalb

 

Die Langzeitstudien des ATE basieren vor allem auf der Fähigkeit des Teams alle Elefanten als Individuen unterscheiden und dadurch auch ihre Beziehungen untereinander nachvollziehen zu können. Da sich das Aussehen der Tiere im Laufe ihres Lebens immer wieder verändert gehört es zu den wichtigsten Aufgaben des Teams alle Mitglieder der Amboseli-Population möglichst regelmässig – mindestens aber einmal im Jahr – zu beobachten und zur Identifikation geeignete Fotos zu machen.

Abgesehen von den bereits erwähnten „X“-Bullen, die oft jahrelang außerhalb des Parks unterwegs waren, gelingt es normalerweise immer die notwendigen Identifizierungs-Arbeiten durchzuführen. Natürlich ist dies bei einigen Familien und Bullen leichter als bei anderen – abhängig davon wieviel Zeit sie im Park verbringen.

 

Die PC- und die OA-Familien gehören zu jenen, die einen Großteil des Jahres außerhalb des Amboseli-Nationalparks umherziehen. Im Juni und Juli waren sie allerdings zurückgekehrt – von den PC’s sowohl die von Placida wie Petula angeführten Teil-Gruppen. Die ATE-Feldforscherinnen folgten daher nun speziell den PC’s so oft es ging und konnten dadurch endlich die „Ausweisfotos“ dieser Familie aktualisieren.

Nun stehen die OA’s als nächste Familie im Fokus dieser Arbeit. Nicht zuletzt weil es auch bei ihnen viel neuen Nachwuchs gab. Die Familie hatte sechs Neugeborene: Olya, Orora, Omo River und Outlook hatten alle männliche Kälber, Opera und Olwen hingegen weibliche.

 

Elefanten am Rande des Ol Tukai Waldes.
Elefanten am Rande des Ol Tukai Waldes.

 

ATE verfolgt nun schon seit fast 50 Jahren das Leben der Elefanten in Amboseli und hat während dieser langen Zeit eine große Zahl von Beobachtungen gemacht, welche unser Wissen über das Verhalten der Grauen Riesen geradezu revolutioniert haben. Nicht zuletzt die Erkenntnisse über das Sozialverhalten der Elefanten, ihre Fähigkeit Emotionen und Gefühle zu empfinden und starke Bindungen untereinander (und sogar zu Angehörigen anderer Arten) zu entwickeln haben dazu beigetragen, dass Elefanten von vielen Menschen als ganz besondere Lebewesen betrachtet werden. Und gerade dadurch werden Viele motiviert sich für den Schutz der Grauen Riesen zu engagieren und für ihr Überleben zu kämpfen.

 

Der Amboseli Trust for Elephants wird seine Arbeit auch weiterhin fortsetzen und den Elefanten Amboselis zur Seite stehen.

Wer diese wichtige Organisation und ihre Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich dafür!