Amboseli News: April und Mai 2023

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

Die Ende März einsetzenden Regenfälle lösten eine bemerkenswerte Entwicklung aus, die sich durch mehrere Stürme im April und Mai fortsetzte. Insgesamt wurden 228 mm Regen verzeichnet. Dies führte innerhalb kürzester Zeit zu blühenden Landschaften innerhalb und außerhalb des Parks. Dem gesamten Ökosystem wurde neues Leben eingehaucht, und es verwandelte sich in ein üppiges und grünes Paradies.  Das widerstandsfähige Gras und die Bäume erholten sich rasch, verjüngten den Park und füllten seine unschätzbaren Nahrungsreserven wieder auf. Die Vegetation im Park ist eine wichtige Nahrungsressource für unzählige Tiere, vor allem während der Trockenzeiten. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass die neue Vegetation ausreicht, um das Wohlergehen und die Ernährung von Menschen und Tieren bis zu den nächsten Regenfällen, die für November und Dezember erwartet werden, zu sichern.

Die Rückkehr des reichhaltigen und abwechslungsreichen Nahrungsangebots veranlasste viele Elefanten und andere Tiere, im April und Mai ausgedehnte Weideflächen außerhalb der Parkgrenzen zu erkunden. Diese Bewegung ermöglichte eine beschleunigte Regeneration der Vegetation innerhalb des Parks. Allerdings gab es auch einige Elefanten, die entweder im Park zurückblieben oder gerade jetzt zurückkehrten.

 

Die HB-Familie hat ein neues Baby
Die HB-Familie hat ein neues Baby

 

Die EBs beispielsweise haben den Park bereits Ende März verlassen, und das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) hat sie seitdem nicht mehr gesehen. Wir hoffen mit dem ATE-Team, dass sich die seit der Dürre getrennt lebenden Familiengruppen wieder zusammengefunden haben und sie alle gesund und wohlbehalten zurückkehren werden. Wahrscheinlich wird dies im Juli oder August der Fall sein, wenn es wieder trockener wird. Besonders hoffen wir, dass sich auch Enid, nach allem was sie durchmachen musste, wieder gut erholt hat. Das ATE-Team freut sich sehr darauf, die EBs wiederzusehen, und ist gespannt, ob einige von ihnen in der Zwischenzeit vielleicht sogar neue Kälber bekommen haben oder schwanger geworden sind.

Die AAs verließen den Park hingegen nicht dauerhaft. Allerdings veränderten sie ihr Verhalten doch ein wenig. Früher waren sie so gut wie immer innerhalb der Parkgrenzen geblieben. Jetzt hielten sie sich nur tagsüber im Park auf und verließen ihn nachts, wenn weniger Menschen unterwegs waren, um die außerhalb liegenden Weideflächen zu nutzen.

Der Verlust von Matriarchin Astrid hat die Familie schwer getroffen, insbesondere ihre Tochter Annan. Die ältesten Kühe sind nun Anghared, geboren 1981, und Althea, geboren 1982. Das ATE-Team vermutet, dass sich die Familie höchstwahrscheinlich in drei Gruppen aufteilen wird: Angelina mit ihren Kälbern, Anghared und Ann mit ihren Kälbern, und Althea, Artemis und Arden mit ihren Kälbern zusammen mit Annan, die kein lebendes Kalb mehr hat. Wenn sich eine Familie teilt, ist es üblich, dass dies nach der matrilinearen Abstammung erfolgt. Artemis, Althea, Arden und Annan sind alle Nachkommen von Annabel, während Anghared und Ann Nachkommen von Alyce sind und Angelina von Amy abstammt. Die Zeit wird zeigen, wie sich die AAs letztlich tatsächlich entscheiden werden, aber im Moment sieht es so aus, als würden sie es vorziehen, sich in drei Gruppen aufzuteilen.

Das Leben in freier Wildbahn ermöglicht es den Elefanten, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen – eine wunderbare Freiheit, die für sie als hochkomplexe, soziale Tiere sehr wichtig ist. In Gefangenschaft fehlt ihnen diese Entscheidungsfreiheit, und darunter leiden sie sehr. Davon ist das ATE-Team nach 50 Jahren Forschungsarbeit überzeugt.

 

Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie
Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie

 

Sehr erfreulich war, dass Anns in diesem Jahr geborenes Kalb überlebt hat. Das Kalb ist sehr aktiv und verspielt. Die älteren weiblichen Kälber der Gruppe stehen ihm begeistert als Kindermädchen zur Seite.

Eine weitere Neuigkeit ist, dass Acholi kürzlich ihr erstes Kalb zur Welt gebracht hat. Acholi ist wie Arden und Astrid eine Tochter von Alison, die vor Astrid die Matriarchin der AAs war. Nachdem Alison und Astrid inzwischen beide gestorben sind, hat Acholi nur noch ihre Schwester Arden als nächste Verwandte. Arden wird sie bei ihrem Kalb unterstützen, und so wird es hoffentlich ebenfalls überleben.

Im Mai entdeckte allerdings Katito aus dem ATE-Forschungsteam, dass das Kalb in Not zu sein schien und sich nur schwer bewegen konnte. Katito alarmierte daher die Amboseli-Tierarzt-Einheit. Acholi verhielt sich verständlicherweise sehr beschützend und wollte das Tierarzt-Team nicht zu ihrem Kalb lassen. Daher musste auch sie narkotisiert werden, bevor der Tierarzt mit der Behandlung beginnen konnte. Dabei stellte sich heraus, dass das Kalb möglicherweise in ein Loch gefallen war und sich die Hüfte ausgerenkt hatte. Der Tierarzt versuchte, die Hüfte zu richten und gab dem Kalb ein Antibiotikum sowie ein entzündungshemmendes und schmerzstillendes Mittel. Das ATE-Team wird das Kalb weiter beobachten und hofft, dass die Behandlung erfolgreich war.

 

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat
Kita von der KB-Familie mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

 

Zu den Elefantenfamilien, die gerade jetzt in den Park zurückkehrten, gehörten die HBs und die KBs. Die HBs hatten ein neues Kalb in ihrer Mitte, und bei den KBs hatte das Kalb von Kita die Dürre erfreulicherweise ebenfalls überlebt.

Auch einige Bullen konnten gesichtet werden, darunter Calvin von den CBs, Tor von den TAs und X52.

X52 hat seinen eigenartigen Namen dem Umstand zu verdanken, dass er zu jenen Bullen gehört, die eines Tages im Park auftauchten, ohne dass man sie einer bestimmten Familie zuordnen konnte. Sie erhalten daher als Bezeichnung ein „X“ und eine fortlaufende Nummer. Bei einigen von ihnen handelt es sich wahrscheinlich um Bullen, die aus einem völlig anderen Gebiet stammen, beispielsweise Tsavo West, und die hierher gewandert sind. Andere könnten hingegen tatsächlich von einer in Amboseli ansässigen Familie abstammen, die sie in jungen Jahren verlassen haben, um jahrelang in weit entfernten Gebieten umherzuwandern, und nun, mit völlig verändertem Aussehen, zurückzukehren. In ihrem Fall könnte es vielleicht möglich sein, sie eines Tages zu identifizieren. Vor allem, wenn einmal eine tierärztliche Behandlung nötig sein sollte und in ihrem Rahmen eine Blutprobe genommen wird, um sie auf ihre genetische Verwandschaft mit Amboseli-Familien zu untersuchen.

 

X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation
X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation

 

Ein völlig aus dem Rahmen fallendes Verhalten zeigten die GBs! Eigentlich sind sie in zwei Untergruppen aufgeteilt, die von Golda und Gail geführt werden. Schon während der Dürre teilten sie sich kaum in kleinere Grüppchen auf, sondern blieben meistens zusammen. Trotzdem hatten sie es geschafft zu überleben. Nun waren sie sehr regelmäßige Besucher im zentralen Teil des Parks, in dem sich auch das ATE-Forschungscamp befindet. Beide Familienteile verbrachten viel Zeit miteinander. Wenn sie alle zusammen eine riesige Gruppe von über 50 Elefanten bilden, ist das ein unglaublicher Anblick.

Am 16. Mai gab es etwas Aufregung um Glenn, den elfjährigen Sohn Goldas. Bei ihm war ein Stück Draht, das offenbar von einem schlecht gewarteten Zaun außerhalb des Parks stammte, um ein Hinterbein gewickelt. Dieses saß zwar noch recht locker und verursachte keine Schmerzen, doch das konnte sich jederzeit ändern. Daher wurde Dr. Limo von der mobilen Tsavo-Tierarzt-Einheit um Hilfe gebeten, und sowohl ATE wie der Kenya Wildlife Service (KWS) schickten Teams zu seiner Unterstützung. Dies war dringend notwendig, da sich auch die GBs sehr beschützend verhielten. Golda versuchte sogar, den Hubschrauber des Tierarzt-Teams abzuwehren, der die Familie auf Abstand halten sollte. Dank der vorbildlichen Zusammenarbeit aller Teams gelang es aber schließlich, Glenn zu narkotisieren und den gefährlichen Draht von seinem Bein zu entfernen. Gleich darauf erhielt er ein Gegenmittel zur Narkose, war schnell wieder auf den Beinen und konnte zu seiner Familie zurückkehren.

Die mobilen Tierarzt-Einheiten des KWS sind ein gemeinsames Projekt des Sheldrick Wildlife Trust und des Kenya Wildlife Service (KWS). Diese Veterinär-Einheiten retten viele Leben und haben ein sehr effizientes und professionelles Team zur Verfügung. Das ATE-Team ist sehr dankbar, dass ihm solche Ressourcen und Partner zur Verfügung stehen, die mit ihm zusammenarbeiten. Diese Operation war ein gutes Beispiel dafür, wie die Kooperation verschiedener Organisationen und der sinnvolle Einsatz von Spendengeldern der Tierwelt effektive Hilfe leisten.

 

Georgia aus der GB-Familie
Georgia aus der GB-Familie

 

Andere Familien wie die FBs wurden zwar nicht regelmäßig, aber zumindest gelegentlich gesichtet. ATE-Teams konnten Facebook, Fortino, Freshet und Frost finden und ihren aktuellen Zustand überprüfen. Sie sahen jetzt schon etwas besser aus. Einige von ihnen hatten während der Dürre stark an Kondition verloren, aber jetzt, wo es wieder ausreichend Futter gibt, sollte sich ihre körperliche Verfassung schnell verbessern.

Auch von den PCs wurden in den letzten Monaten sowohl Placidas als auch Petulas Teile der Familie gesehen. Petula hielt sich mit ihrer Gruppe oft in einem Gebiet in der Nähe des ATE-Camps auf. Pleiades hatte ein neues weibliches Kalb. Ihr anderes lebendes Kalb Photius, das 2015 geboren wurde, ist viel älter und ein Bulle. Er zeigt daher kein besonders großes Interesse an seiner neuen kleinen Schwester.

Placidas Gruppe ist mit der Geburt des ersten Kalbes von Pilapila, einem kleinen, aber gesunden Mädchen, noch ein wenig gewachsen. Pilapila ist die Tochter von Patience, so dass Patience jetzt sowohl Mutter als auch Großmutter ist. Pilapila ist elf Jahre alt, was bedeutet, dass sie ihr Kalb im Alter von nur neun Jahren gezeugt hat. Das ist zwar ein bisschen jung, aber nicht ungewöhnlich. Pilapila wird von ihrer Mutter angeleitet und von ihrer jüngeren Schwester Patsy unterstützt. Weibliche Elefanten arbeiten bei der Aufzucht ihrer Jungen zusammen, doch Milch erhalten die Kälber normalerweise nur von ihrer Mutter und gelegentlich Großmutter.

 

Tor, ein Bulle aus der TA-Familie
Tor, ein Bulle aus der TA-Familie

 

Zu den Familien, die den Park komplett verlassen haben und daher weder im April noch im Mai gesehen wurden. gehörten die OAs. Sie befinden sich jetzt auf Gemeinschaftsländern der lokalen Bevölkerung, welche den Park umgeben. Diese Gebiete werden für die Zukunft der Amboseli-Elefanten von entscheidender Bedeutung sein. Da der Park selbst zu klein ist, sind die Elefanten darauf angewiesen, auch außerhalb liegende Weideflächen zu nutzen. Die hier lebenden Massai hatten dies als Viehzüchter jahrhundertelang toleriert. Doch heute wandelt sich ihre Lebensweise zusehends. Viele wenden sich dem Ackerbau zu und einst kommunale Weideflächen werden in private Parzellen aufgeteilt. Das birgt eine Vielzahl neuer Konflikte. ATE hat Verständnis für den Wunsch der Menschen nach Veränderung und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, will aber auch sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Elefanten berücksichtigt und bestehende Naturschutzprojekte fortgesetzt werden. Dies erfordert viel Arbeit und Kommunikation mit den Gemeinden. ATE konzentriert seine Bemühungen zunächst auf bereits bestehende Projekte, entwickelt aber auch neue Initiativen, um nachhaltigere und effizientere Methoden zur Bewältigung der neuen Herausforderungen zu entwickeln. Anfang des Jahres hat ATE daher eine Spezialistin für die Interaktion zwischen Mensch und Elefant eingestellt, die ein zweijähriges Projekt in Zusammenarbeit mit der Big Life Foundation leitet. Durch dieses Projekt sollen weitere Verbesserungen der bestehenden Lösungen für die Koexistenz von Menschen und Elefanten entwickelt werden.

Es wurden bereits erste Maßnahmen ergriffen, die es den Elefanten ermöglichen sollen, weiterhin so durch das Land zu ziehen, wie sie es schon immer getan haben. Einige Anpassungen werden notwendig sein, aber Elefanten sind sehr intelligent und können lernen, sich an Veränderungen in ihrer Umgebung anzupassen – jedenfalls, wenn bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden. Um dies zu gewährleisten, hat das ATE-Team an den Landaufteilungsplänen mitgewirkt und seine Daten aus 50 Jahren Forschungsarbeit zur Verfügung gestellt, damit die Planer die nötigen Informationen haben, um die Bedürfnisse der Wildtiere im Aufteilungsplan bestmöglich berücksichtigen zu können. Die Expertise des ATE wird angesichts der sich schnell verändernden, vom Menschen geprägten Welt in Zukunft immer wichtiger werden.

Es ist eine enorme Herausforderung, das Überleben der Elefanten in Amboseli auch für künftige Jahrzehnte zu sichern. Schätzungen der UN gehen davon aus, dass das menschliche Bevölkerungswachstum noch ca. 60 Jahre andauern wird, bevor es zu einem Stillstand kommt und noch länger, bevor die menschliche Bevölkerung zahlenmäßig wieder abnimmt. Doch andererseits bestehen gerade im Amboseli-Gebiet so viele langjährige gute Beziehungen zwischen der lokalen Bevölkerung, die auch vom Tourismus profitiert, den verschiedenen NGOs und dem KWS, dass es noch immer eine Chance gibt, hier eine Entwicklung zu erreichen, die auch den Elefanten und anderen Wildtieren eine Chance gibt.

Amboseli News: Februar und März 2023

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

Februar und März waren dieses Jahr in Amboseli sehr heiße und trockene Monate. Nachdem die Regenzeit Ende 2022 nur sehr dürftig ausgefallen war, begann bereits im Februar eine neue Dürreperiode.

Dabei wurden erst jetzt die Verluste der Dürre 2022 bekannt. Die Zahl der Todesopfer war mit 150 Elefanten zwar nicht so hoch wie 2009, als ca. 400 Elefanten gestorben waren, doch jeder tote Elefant ist einer zuviel und ein schmerzhafter Verlust – gerade auch für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE), das  jedes Tier der Amboseli-Population kennt und liebt.

Außerdem waren viele weitere Wildtiere der Dürre zum Opfer gefallen, vor allem Gnus und Zebras. Im Unterschied zu den Elefanten können diese Arten die Sümpfe nur schlecht als Nahrungsquelle nutzen, daher waren ihre Verluste noch höher.

 

Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus
Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus

 

Noch härter hatte es das Vieh der Menschen in der Nachbarschaft des Parks getroffen. Einige Viehzüchter haben 50 Prozent ihrer Tiere verloren. Und noch schlimmer waren die Kleinbauern betroffen, die rund um das Amboseli-Ökosystem Ackerbau betreiben. Sie erlebten völlige Ernteausfälle, und viele von ihnen hatten schlicht nicht genug Einkommen mehr, um sich und ihre Familien zu ernähren.

Da der Amboseli-Nationalpark einer der kleinsten Kenias ist, sind die Elefanten und anderen Wildtiere darauf angewiesen, auch Weidegründe außerhalb der Parkgrenzen zu nutzen. Die dort lebende Bevölkerung, die zum Großteil aus Massai besteht, hat dies über viele Generationen hinweg toleriert und sogar dafür gesorgt, dass das Amboseli-Gebiet weitgehend von Wilderern verschont blieb. Doch extreme Situationen wie Dürren erschweren das friedliche Zusammenleben naturgemäß schwer, da es für beide Seiten oft um die letzten Ressourcen und das nackte Überleben geht. Es ist daher dringend notwendig, Wege zu finden, um beiden Seiten zu helfen und das ursprüngliche, friedliche Miteinander wiederherzustellen.

 

Ilesha von der IAIC-Familie
Ilesha von der IAIC-Familie – auch sie kann nur in einem gesunden Ökosystem überleben

 

Zu diesem Zweck unterstützt der ATE verschiedene Projekte, beispielsweise die Versorgung von Familien und Schulen mit Lebensmitteln. Schüler erhalten eine Mahlzeit am Tag. So können sie weiter die Schule besuchen, und ihre Familien werden finanziell entlastet.

Die ganze Zeit war es unentwegt sehr trocken, windig und heiß. Überall im Park waren Staubteufel am Horizont zu sehen, und das Team des ATE sehnte sich jeden Tag mehr nach Regen. Für sie war es vor allem psychisch eine sehr anstrengende Zeit, da sie sahen, wie Menschen und Tiere erneut um ihr Überleben zu kämpfen begannen.

Wie üblich versammelten sich viele Tiere, vor allem Elefanten, bei den Sümpfen im Herzen des Parks, um hier die härteste Zeit zu überstehen.

Und dann, Ende März, kam endlich die langersehnte Erlösung: Der Regen kehrte zurück! Zuerst regnete es vor allem außerhalb des Parks, während innerhalb nur geringe Niederschläge fielen. Doch am 29. März gab es schließlich in der Nacht ein gewaltiges Gewitter mit Donner, Blitz und starkem Wind. Der Regenmesser im Camp zeigte 39 mm an, was von allen im Camp begeistert gefeiert wurde! Erleichterung und Freude sind nur schwer zu beschreiben, wenn eine Dürre durch einen solchen Regen beendet wird! Im Camp gab es Schlamm und Pfützen, was sich wie ein Novum anfühlte! Hilflos zusehen zu müssen, wie die Tiere unter der Dürre litten, hatte einen enormen psychischen Druck verursacht. Doch nun spürten alle, wie sich ihre Stimmung wieder aufhellte! Sie wussten, dass sich die Vegetation bei guten Regenfällen schnell erholen und damit auch das Leid der Tiere bald ein Ende haben würde.

 

Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit
Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit

 

Bemerkenswert war es, wie schnell die Wildtiere auf die Wetterveränderung reagierten. Fast über Nacht verließen vor allem die Zebras und Gnus den Park, um sich außerhalb von der frischen, neuen Vegetation zu ernähren. Die Elefanten blieben zwar weiterhin im Park, aber nicht mehr in der gleichen Anzahl wie zuvor. Auf Cynthia Moss und ihr Team wirkte die Veränderung dramatisch.

Wir gehen stark davon aus, dass es im April und Mai noch mehr Regen geben und sich die Natur dadurch schnell und deutlich erholen wird. Die meisten Tiere – einschließlich der Elefanten – werden sich in dieser Zeit außerhalb des Parks aufhalten und erst mit Beginn der nächsten Trockenzeit zurückkehren. Endlich ist die Zeit der Entbehrung vorbei!

 

Elefanten genießen ein Schlammbad
Elefanten genießen ein Schlammbad

 

Die Elefanten hatten die Monate der Dürre unterschiedlich gut bewältigt, was stark von den Strategien abhing, denen sie dabei folgten.

Die AA-Familie war dem für Elefanten üblichen Verhalten während Zeiten des Mangels gefolgt: Sie hatte sich in kleinere Gruppen aufgeteilt und blieb in der Nähe von Futter- und Wasserquellen. Manchmal zogen sich Familienmitglieder vom Rest der Gruppe zurück und verschwanden für mehrere Tage, bevor sie sich der Familie wieder anschlossen. Unter normalen Bedingungen würden Elefanten so etwas nicht tun, aber während Krisenzeiten hatten Cynthia Moss und ihr Team dies schon oft beobachtet.

Besonders auffällig und besorgniserregend war allerdings, dass man die Matriarchin Astrid Anfang Dezember das letzte Mal gesehen hatte. So eine lange Trennung ist für eine Leitkuh selbst während einer Dürre sehr ungewöhnlich. Bei Astrid wirkte es noch auffälliger, da sie und ihre Tochter Annan sonst fast unzertrennlich waren. Daher hielt das ATE-Team verstärkt Ausschau nach ihr und bat auch einige andere, befreundete, NGOs nach ihr zu suchen. Im Februar erfuhren sie dann von einem mehrere Wochen alten Kadaver, der innerhalb des Parks entdeckt worden war. Als sie dorthin fuhren, um zu überprüfen, wer der Elefant sein könnte, mussten sie leider feststellen, dass es sich tatsächlich um Astrid handelte.

 

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)

 

Der Verlust einer Matriarchin ist für Elefantenfamilien immer äußerst schwer zu verkraften, und Astrid hatte nach dem Tod ihrer Vorgängerin und Mutter Alison besonders hart daran gearbeitet, die AA-Familie zusammenzuhalten. Sie war eine besonders sanfte und freundliche Elefantenkuh gewesen. Ihr Verlust schmerzte sehr.

Astrid wurde 1979 als Tochter Alisons geboren. Leider hatte sie in ihrem Leben nicht viel Glück mit ihren Kälbern gehabt. Von allen erreichte nur Annan das Erwachsenenalter und hat bis heute überlebt. Zwischen Astrid und Annan bestand eine sehr enge Bindung, und sie waren fast immer zusammen. Annan wird diesen Verlust daher sehr zu spüren bekommen, zumal sie auch um den Verlust ihres eigenen Kalbes trauert. Bis jetzt hat sie viel Zeit mit dem Rest der Familie verbracht und wurde oft zusammen mit ihrer Tante Artemi und deren Kälbern gesehen. Sie sah relativ mitgenommen und dünn aus, und die Spitze ihres vorher schön geschwungenen rechten Stoßzahns war abgebrochen. Wir können nur hoffen, dass sie sich allmählich wieder erholen wird.

 

Annan folgt ihrer Familie
Annan folgt ihrer Familie

 

Derzeit sind Anghared (geboren 1981) und Angelina (geboren 1985) die ältesten noch verbliebenen Kühe der AAs. Der Tod einer Matriarchin kann weitreichende und dauerhafte Veränderungen in einer Elefantenfamilie zur Folge haben, da es weitgehend davon abhängt, welche Kuh die Nachfolge antritt und wie deren Beziehungen zu den übrigen älteren Weibchen in der Familie sind. Es ist aber derzeit noch zu früh, um zu sagen, wie es weitergehen wird, denn zunächst waren die AAs wie die meisten Familien wegen der Dürre ohnehin in viele kleine Gruppen aufgeteilt. Erst im Verlauf der Regenzeit wird man vielleicht erkennen, wie die AAs sich entscheiden werden. Doch manchmal braucht es dafür sogar Jahre.

Im Moment halten sich die AAs zumindest im selben Gebiet auf und bleiben selbst bei Trennungen immer in Rufweite zueinander.

 

Ann und ihr neues Kalb
Familienzuwachs bei den AAs: Ann und ihr neues Kalb

 

Wesentlich erfreulichere Nachrichten gibt es von den EBs. Auch sie hatten sich in mehrere kleinere Gruppen aufgeteilt. Während Eliot und Edwina sich in derselben Gegend aufhielten, zog sich Enid mit Elise und Echeri in einen anderen Teil des Parks zurück, einem relativ kleinen Gebiet mit einem Radius von drei bis vier Kilometern. Hier hatten sie einen Ort mit Wasser, Nahrung und einem schönen Wald zum Schlafen und Ausruhen gefunden.

Enid war kurz vor der Dürre durch eine Speer-Attacke verletzt worden war und musste dann zusätzlich noch mit den Entbehrungen der Dürre und der Trauer um den Verlust ihres jüngsten Kalbes fertig werden. Das hatte sie physisch und psychisch enorm belastet und wir machten uns große Sorgen um sie. Jetzt sah sie endlich wieder besser aus und schien sich wirklich zu erholen. Wir freuen uns sehr über diese Entwicklung! Und auch darüber, dass ihr männliches Kalb Emfatico bei ihr ist und in Anbetracht der überstandenen Dürre ebenfalls gut aussieht. Auch ihre Tochter Elise und ihre Freundin Echeri blieben treu an der Seite Enids. Dies war für sie sicher eine große psychische Unterstützung und wird ihr sehr geholfen haben, ihre Probleme zu bewältigen.

 

Enid, die Matriarchin der EBs
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

 

Auch viele andere Familien scheinen die Dürre relativ gut überstanden zu haben. Darunter die OAs und die FBs. Letztere hielten sich oft zusammen mit vielen anderen Tieren in einem riesigen Sumpf auf und befanden sich dabei manchmal in Gesellschaft der EBs.

Im Unterschied zu anderen Familien hatten sich die GBs nur wenig in kleinere Gruppen aufgeteilt. Goldas Gruppe wurde oft zusammen gesehen und folgte jeden Tag derselben Routine. Gails Gruppe hielt sich in derselben Gegend auf wie Goldas Gruppe und manchmal waren sogar alle zusammen. Sie verbrachten viel Zeit in den Sümpfen, wo sie immer Wasser und Nahrung fanden. Die Sumpfvegetation ist gut, allerdings brauchen Elefanten langfristig Abwechslung in ihrer Ernährung, um gesund zu bleiben.  Insgesamt sahen die GBs sahen gut aus und ihre Strategie hatte sich eindeutig als erfolgreich erwiesen. Nach dem Einsetzen der Regenzeit freuten sie sich nun aber sichtlich über die frische, neue Vegetation.

 

Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras
Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras

 

Von den PCs waren sowohl die Gruppe von Petula als auch die von Placida in den letzten paar Monaten im Nationalpark anzutreffen. Placidas Gruppe wurde im Februar und März viermal und Petulas Gruppe sogar sechsmal gesehen. Auch sie hatten es geschafft in relativ guter Verfassung zu bleiben und sollten nun, wo es mehr frische und abwechslungsreichere Nahrung gibt, wieder an Gewicht zulegen. Sogar die neuen Kälbern in Placidas Gruppe machten einen guten Eindruck. Paris, Patience und Pauleta aus Placidas Gruppe sowie Pink und Piedad aus Petulas Grupe haben es geschafft, ihre jungen, milchabhängigen Kälber am Leben zu erhalten, die mit weniger als zwei Jahren zu den am meisten gefährdeten Altersgruppen gehörten. Nur Placida selbst sah etwas dünn aus und Petula hatte leider ihr 2020 geborenes weibliches Kalb verloren.

Wenn man die allgemeinen Verhältnissen in Amboseli betrachtet ist es erstaunlich wie gut die PCs insgesamt im Unterschied zu anderen die Dürre überstanden haben.

Auch viele Bullen waren im Park anzutreffen, darunter die drei Freunde Francois, Giff und Palmer. Francois ist der 18 Jahre alte Sohn Faridas  und ein Enkel Fannys. Giff ist der 1996 geborene Sohn von Geraldine. Er sieht sehr gut aus und ist ziemlich groß für sein Alter, typisch für GB-Bullen, die zu einem kräftigen Körperbau neigen. Palmer ist jetzt 29 Jahre alt, was bedeutet, dass er sich dem besten Alter eines Elefantenbullen nähert. Ab diesem Zeitpunkt kommen sie in die Musth, und haben dadurch vorrangig Zugang zu paarungsbereiten Kühen. Palmer ist ein sehr sanfter und ruhiger Elefant, der sehr lange gebraucht hat, um von seiner Familie unabhängig zu werden, weshalb man ihn oft als „Muttersöhnchen“ bezeichnete. Normalerweise verlassen Bullen ihre Familie im Alter von 12 bis 14 Jahren, aber Palmer blieb bis er 19 war. Palmers Mutter Peggy starb während der Dürre 2009, aber seine Schwester Patience lebt noch. Seit er seine Familie verlassen hat, ist Palmer enorm gewachsen und entwickelte sich zu einem der größeren Bullen in der Amboseli-Population.

 

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie
Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

 

Junge Bullen folgen älteren, um Überlebenstaktiken und das Paarungsverhalten zu lernen. Mit Palmer haben sich Francois und Giff einen sehr freundlichen Bullen als Lehrer ausgesucht.

Nach all den harten Zeiten können sich die Elefanten und anderen Wildtiere nun endlich wieder über bessere Bedingungen freuen und von den überstandenen Entbehrungen erholen. Wir hoffen sehr, dass sich die guten Verhältnisse nun bis zum Jahresende fortsetzen werden. Dann ist aufgrund des El Nino-Phänomens sogar eine sehr ergiebige Regenzeit zu erwarten.

Amboseli News: Dezember 2022 und Januar 2023

Angelina und ihre Kälber

Im Dezember und Januar war die schreckliche Dürre des letzten Jahres endlich zu Ende und wurde durch die lang ersehnte Regenzeit abgelöst. Die Vegetation begann sich zu erholen und mit ihr auch die Elefanten und viele andere Tiere.

Allerdings hielten sich die Niederschlagsmengen doch in Grenzen, und zudem waren sie in unterschiedlichem Ausmaß über das Gebiet verteilt. Außerhalb des Parks hatte es teilweise mehr Regen gegeben, und so wanderten im Dezember zahlreiche Tiere dorthin. Im Januar kehrten aber viele von ihnen, vor allem Gnus, bereits wieder zurück – wesentlich früher als sonst, denn normalerweise bleiben sie zwei bis drei Monate in den außerhalb liegenden Weidegründen. Vermutlich waren also auch dort die Bedingungen nicht besonders gut gewesen, und dies könnte zudem zu verstärkter Konkurrenz mit dem Vieh der lokalen Bevölkerung geführt haben. Die Elefanten waren von diesem Problem weniger betroffen, da sie nicht ausschließlich auf Gras angewiesen sind, sondern auch andere Pflanzen als Nahrung nutzen. Doch leider lässt die frühe Rückkehr der Gnus befürchten, dass sich Amboseli insgesamt nur notdürftig von der Dürre erholt hat und bis zum Beginn der nächsten Regenzeit, die man im April erwarten darf, erneut harte Zeiten auf die Wildtiere zukommen. „Amboseli News: Dezember 2022 und Januar 2023“ weiterlesen

ATE News: Februar und März 2022

Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern

Im Februar und März diesen Jahres war es in Amboseli ungewöhnlich heiß und trocken. Daher kehrte eine große Zahl von Elefanten in den Park zurück, wo ihnen die Sümpfe auch jetzt noch Wasser und Nahrung boten. Unter ihnen befanden sich viele Familien und Bullen, die man schon lange nicht mehr gesehen hatte, und erfreulicherweise waren alle in guter Verfassung. Für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) war es daher eine großartige Zeit, die allerdings auch viel Arbeit mit sich brachte. Denn nun galt es die einzelnen Elefanten zu identifizieren und zu versuchen. von ihnen neue, aktuelle Fotos zu machen, mit deren Hilfe man sie auch künftig wieder leicht erkennen kann. Doch das ist natürlich eine Arbeit, der alle mit großer Freude nachgehen.

 

Cecilia und ihre Kälber von der CB-Familie beim Trinken
Cecilia und ihre Kälber von der CB-Familie beim Trinken

 

Das trockene und heiße Wetter ist für Amboseli zu dieser Jahreszeit typisch. Allerdings gibt es im Februar normalerweise noch einige kühle Brisen, und erst  im März wird es richtig heiß. Das war dieses Jahr etwas anders, und die große Hitze begann bereits einen Monat früher. Tagsüber stiegen die Temperaturen auf 35 bis 38 Grad Celsius.

Für das ATE-Team brachte das einige Erschwernisse mit sich. Das Team wohnt und arbeitet in Zelten, die zwar sehr gemütlich sind, sich aber bei den hohen Temperaturen trotz Schattendächern stark aufheizen. Lässt man sie offen, so dass der Wind für etwas Abkühlung sorgen kann, so muss man tagsüber aufpassen, dass die hier lebenden Meerkatzen nicht eindringen und ein ordentliches Durcheinander anrichten. Nachts muss man die Zelte unbedingt verschließen, um nicht Myriaden von Stechmücken zu einem Besuch einzuladen. Doch das Team ist an diese kleinen Herausforderungen gewöhnt, und alle haben eigene Strategien entwickelt, um damit klarzukommen – genau wie die Elefanten.

 

Grüne Meerkatzen sind ebenfalls in Amboseli zu Hause
Grüne Meerkatzen sind ebenfalls in Amboseli zu Hause

 

Die Elefanten passten ihre täglichen Aktivitäten den Gegebenheiten an. Eine große Zahl von ihnen zog während der heißen Tagesstunden in die Sümpfe, wo sie Wasser und Sumpfvegetation fanden. Nachts wanderten sie dann zum Grasen auf die Weidegründe der lokalen Gemeinden außerhalb des Parks. Diesem Rhythmus folgten beispielsweise Familien wie die CBs, FBs, GBs, IBs, KAs, OAs und PAs.

Bei den FBs machte das ATE-Team die erfreuliche Feststellung, dass Floppys weibliches Kalb, welches im Oktober noch gefährlich dünn ausgesehen hatte, inzwischen deutlich stabiler wirkte. Angesichts der teilweise sehr harten zurückliegenden Monate ist das ein echter Beleg für Floppys großartige mütterliche Fähigkeiten sowie für die Unterstützung, die sie durch ihre Familie erhalten hatte.

Den GBs ging es ebenfalls sehr gut. Sowohl Gails als auch Goldas‘ Gruppen wurden beobachtet, und manchmal waren beide sogar zusammen, was einen sehr schönen Anblick bot.  Zusammen sind sie eine riesige Familie von über 50 Elefanten.

 

Abends ziehen viele Elefantenfamilien in die Weidegründe außerhalb des Parks
Abends ziehen viele Elefantenfamilien in die Weidegründe außerhalb des Parks

 

Gigabytes vier Jahre alte Tochter hatte einen neuen und sehr auffälligen Schnitt an ihrem Ohr. Solche Kerben, Löcher und Risse sind das Hauptmerkmal, das ATE zur Identifizierung von Elefanten verwendet. Bei den meisten Elefanten kommen im Laufe ihres Lebens immer wieder neue Risse und Löcher hinzu. Meistens passiert das auf ihren Wanderungen und beim Fressen. Viele Sträucher und Bäume in Amboseli sind sehr dornig, aber das schreckt die Elefanten nicht ab, sich trotzdem bei ihnen zu bedienen. Man kann oft sehen, wie sie vorsichtig selbst die stacheligsten Akazienzweige fressen.

In einigen Teilen des Parks gibt es sehr dichte Akazienwälder, welche die Elefanten lieben. Gerade hier kommt es aber auch immer wieder zu kleineren Verletzungen an den Ohren. Nur sehr wenige Elefanten erreichen das Erwachsenenalter mit völlig unverletzten Ohren. ATE bezeichnet diese als „saubere“ Ohren, und auch dies hilft bei der Identifizierung, da sie eben nur selten vorkommen.

Die KAs machten ebenfalls einen guten Eindruck und sorgten für eine freudige Überraschung, weil sie ein neues Kalb in ihrer Mitte hatten. Allerdings ist die Geburt eines Kalbs in so harten Zeiten natürlich auch eine große Herausforderung für die Mutter und die gesamte Familie. Doch einige Kühe der KA-Familie, wie zum Beispiel Keira, besitzen bereits viel Erfahrung mit schweren Zeiten, und so hat das Neugeborene trotzdem gute Chancen.

 

Das neugeborene Kalb der KA-Familie
Das neugeborene Kalb der KA-Familie

 

Placida verbrachte mit ihrer Gruppe viel Zeit in der Nähe des Forschungscamps. Die Familienmitglieder schienen in guter Verfassung zu sein, und speziell die Kälber sahen wohlgenährt und kräftig aus. Placida hatte offenbar eine gute Strategie gewählt, um mit den harten Bedingungen der letzten Monate fertig zu werden. Elefantenkühe müssen viele Faktoren berücksichtigen. Einerseits ist es wichtig, dass sie selbst in guter körperlicher Verfassung bleiben, um ausreichend Milch für ihre Kälber  produzieren zu können. Andererseits dürfen die Wege zwischen den Weidegründen nicht zu lang und schwierig sein, um die Kälber nicht zu überfordern. In schweren Zeiten ist vor allem die Erfahrung einer Matriarchin überlebenswichtig für ihre gesamte Familie.

Die AAs hielten sich in ihrem gewohnten Revier bei den Sümpfen auf. Oft teilten sie sich in kleinere Gruppen auf, doch gelegentlich kamen sie alle auch für kurze Zeit wieder zusammen. Dies ist ein häufig zu beobachtendes Verhalten während der Trockenzeit, da die Aufteilung in kleinere Untergruppen die Konkurrenz um die letzten Nahrungsressourcen verringert. Gewöhnlich waren Astrid und Annan mit ihren Kälbern zusammen, während Anghared und Ava sich mit ihren Kälbern in der Nähe aufhielten.  Angelina war bei Abra und ihren Kälbern. Angelinas weibliches Zwillingskalb sah wirklich gut aus. Jetzt, wo es nicht mehr um die Milch konkurrieren musste, war es enorm gewachsen. Der Verlust ihres Bruders hatte alle – die Elefanten wie das ATE-Team – sehr getroffen. Aber zu sehen, wie gut es Angelinas Tochter jetzt ging, wirkte etwas tröstend. Leider ist es Teil des Lebens in der Wildnis, dass nicht alle Elefanten bis zum Erwachsenenalter überleben – vor allem nicht bei Zwillingen.

 

Ilka von der IB-Familie
Ilka mit Kalb von der IB-Familie

 

Während viele Elefanten in den Park kamen, um die Sümpfe als Wasser- und Futterquelle zu nutzen, verschwanden die EBs überraschenderweise für den größten Teil des Februars und den halben März.

Erst in der dritten Märzwoche kehrte Enids Gruppe in den Park zurück, und alle Familienmitgleider  sahen gut aus. Nur Eudora fehlte zunächst, tauchte aber einen Tag später ebenfalls auf.  Als sie sich der Familie näherte, kam ihr Enid entgegen und begrüßte sie sehr herzlich. Während einer Begrüßungszeremonie laufen die Mitglieder einer Familie oder einer Gruppe aufeinander zu und stoßen dabei laute Rufe, Trompeten, Brüllen und Schreie aus. Die Elefanten heben ihre Köpfe und spreizen ihre Ohren, während sie aus ihren Schläfendrüsen ein Sekret absondern. Gleichzeitig schlagen sie dabei sehr schnell mit ihren Ohren. Diese Begrüßungszeremonien sind ein sehr schöner Beleg für die starken emotionalen Bindungen zwischen Elefanten!

Im März gab es für das ATE Team auch einiges an zusätzlicher Arbeit, denn es waren gleich mehrere Filmprojekte zu betreuen. Bei der Zusammenarbeit mit Filmteams gehört es zu den Aufgaben von ATE, dafür zu sorgen, dass sie sich in der richtigen Position für die Aufnahme der Elefanten befinden und dass sie wissen, welche Individuen sie filmen und welches Verhalten sie festhalten. Das ist relativ zeitaufwändig, und dadurch bleibt dem Feldteam nur wenig Zeit für andere Aktivitäten. Die Filmarbeit ist allerdings sehr wichtig, weil sie dazu beiträgt, Sympathie und Verständnis für die Elefanten und ihre Bedürfnisse zu wecken, und so – hoffentlich – die Bereitschaft der Menschen fördert, sich für sie einsetzen.

 

Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern
Keira von der KA-Familie in Begleitung von Kuhreihern

 

ATE versucht normalerweise, die Arbeit mit den Filmteams so zu regulieren, dass auch noch Zeit für andere wichtige Arbeiten bleibt. Doch da im März gleich mehrere Filmprojekte gleichzeitig fertiggestellt werden mussten, hatte sich das Team darauf zu konzentrieren.

Die Zukunft scheint die Elefanten in Amboseli vor große Herausforderungen zu stellen. Vor allem der Verlust ihres Lebensraums aufgrund des menschlichen Bevölkerungswachstums wird zu einem immer größeren Problem. ATE arbeitet hart daran, dass die Welt dieser Elefanten, ihre natürliche Lebensweise und die für sie wichtigen Gebieten auch in Zukunft geschützt werden.

 

Wer diese wichtige Organisation und ihre beeindruckende Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte, kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützer*innen im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten ganz herzlich für ihre so wichtige Hilfe! Sie leisten damit einen echten Beitrag für das Überleben der Elefanten in Amboseli.

ATE News: August und September 2021

Ella, die Matriarchin der EB2

Im August und September war es in Amboseli sehr trocken. Wenn man auch noch nicht von einer echten Dürre sprechen musste, wie in anderen Teilen Kenias, so begannen doch die Nahrungsressourcen zu schwinden und das Leben wurde für die Wildtiere zunehmend härter.

Mehr und mehr konzentrierten sie sich auf die Sümpfe im Parkzentrum und deren Umgebung, wo nicht nur ausreichend Wasser sondern auch noch etwas Nahrung zu finden war.

 

Für die Matriarchinnen wurde es immer schwieriger ihre Familien in noch ausreichend ergiebige Weidegründe zu führen. Die unterschiedlichen Strategien der Leitkühe ermöglichten es den Elefanten aber immerhin noch möglichst verschiedene der verbliebene Ressourcen zu nutzen.

 

Minnie aus der MB-Familie

 

Ein positiver Nebeneffekt dieser Entwicklung war allerdings, dass Familien, die sonst im Park eher selten anzutreffen sind, zurückkehrten und nun nach langer Zeit endlich wieder vom Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) beobachtet werden konnten.

 

Die AAs hielten sich wie üblich tagsüber bei den Sümpfen auf und verbrachten die Nächte in einem Wald in der Nähe des ATE-Camps, dessen Akazien für sie eine wichtige Nahrungsquelle waren. Cynthia Moss und ihre Team machten sich ein wenig Sorgen um Angelinas Zwillinge. Beide waren für ihr Alter zu klein und besonders der Junge sah dünn und unterernährt aus. Er war deutlich kleiner als seine Schwester, was für ein männliches Kalb nicht normal ist. Bullenkälber wachsen sonst viel schneller als Kuhkälber, benötigen allerdings auch wesentlich mehr Kalorien. Aus diesem Grund haben männliche Kälber bei Dürren eine deutlich höhere Sterblichkeitsrate als weibliche. Angelinas Sohn wirkte träge und seine Haut, bei Elefanten ein wichtiger Indikator für ihre Gesundheit, sah ziemlich krank aus. Alle hofften so sehr, dass er es schaffen würde. Aber es war offensichtlich, dass er schwer zu kämpfen hatte.

 

Es wurde daher nachgedacht ob es sinnvoll sei ihn aus seiner Familie zu nehmen und in das Elefantenwaisen-Projekt des SWT zu bringen. Doch letztlich nahm man davon Abstand. Die Überlebensrate von Elefantenwaisen ist grundsätzlich deutlich niedriger als von jenen, die bei ihren Müttern aufwachsen. Selbst wenn sie nicht mehr milchabhängig sind. Dabei macht es keinen Unterschied ob die Waisen in einem von Menschen betreuten Waisenprojekt oder noch bei ihrer Familie leben. Die Überführung des männlichen Zwillings in ein Waisenprojekt würde daher seine Überlebenschancen nicht automatisch erhöhen. Stattdessen aber wäre es sowohl für ihn selbst wie seine Familie, besonders seine Mutter und Zwillingsschwester, ein äußerst traumatisches Erlebnis und außerdem für alle daran beteiligten Personen mit großer Gefahr verbunden.

 

Angelina, ihre Zwillinge und zwei Kindermädchen
Angelina, ihre Zwillinge und zwei Kindermädchen, vor ca. 6 Monaten, als es noch genug Nahrung gab

 

Daher entschied man sich vorerst nicht einzugreifen, Angelina und ihre Zwillinge aber genau im Auge zu behalten. Dies ist relativ gut möglich, da die AAs die standorttreueste Familie in Amboseli sind und von den ATE-Mitarbeiterinnen beinahe täglich gesichtet werden. Sollte eines der Zwillingskälber allein und ohne Kontakt zu seiner Familie entdeckt werden, dann wäre die Zeit des Eingreifens gekommen – aber nicht früher. ATE wird die Situation also weiter sorgfältig beobachten und auch über die Entwicklung der Zwillinge berichten.

 

Der anderen AA-Kälber sahen erfreulicherweise gut und gesund aus. Und die Familie blieb immer bei Angelina, die wegen ihrer geschwächten Zwillinge nicht so schnell wandern konnte. Diese Empathie und Loyalität zueinander gehören zu den beeindruckendsten Eigenschaften der Elefanten. Es erstaunt nicht wirklich, dass sich die AA-Familie so verhält, denn genau dies entspricht dem typischen Wesen der Grauen Riesen.  Bleibt zu hoffen, dass diese moralische Unterstützung und die gemeinsamen Anstrengungen allen Familienmitgliedern helfen werden, das Ende der Trockenzeit zu überstehen.

 

Die EB-Familie erlitt im August leider einen sehr tragischen Verlust.  Ella, die Matriarchin der EB2-Familie, wurde gespeert und starb. Als Cynthia Moss und  Harvey Croze 1973 die EBs zum ersten Mal trafen, war Ella eine junge Kuh (geboren 1965), die offenbar eine enge Beziehung zur Matriarchin  Echo hatte. Damals war unklar, ob es sich bei Ella um Echos Tochter oder Schwester handelte, aber Jahre später ergab eine DNA-Untersuchung, dass sie tatsächlich Echos Schwester war. Ella hielt immer loyal zu Echo – in guten wie in harten Zeiten. Und sie war für das ATE-Team jahrzehntelang ein wichtiger Teil seiner Arbeit und seines Projekts.

 

Ella, die Matriarchin der EB2
Ella, die Matriarchin der EB2-Familie

 

2009 starb Echo im Alter von 64 Jahren während der damaligen verheerenden Dürre. Ihr Tod hatte tiefgreifende und dramatische Auswirkungen auf die EBs. Damals begann Ella sich vom Rest der Familie zu trennen. Zuerst nur für vier Monate, als sie kurz nach Echos Tod mit ihren Kälbern eigene Wege ging. Doch in den Folgejahren verbrachte sie mit ihrer Gruppe immer mehr Zeit abseits von Enids Familienteil, bis ATE die beiden Gruppen schließlich als zwei Familien einstufen musste, da sie kaum noch Zeit miteinander verbrachten. Ellas Gruppe wurde dann als EB2-Familie bezeichnet.

 

Ella war eine mutige Matriarchin und sie verbrachte gerne viel Zeit im nördlichen Teil des Ökosystems. Dieses Gebiet hat ein fantastisches Nahrungsangebot, aber einige Teile davon sind inzwischen stark besiedelt und werden zunehmend in Ackerland umgewandelt. Und obwohl der Großteil der Bevölkerung die Elefanten toleriert so gibt es hier leider auch einige Leute, die Elefanten nicht mögen, sondern sie nur als problematische Tiere betrachten, die Privateigentum beschädigen, besonders Felder.

 

Ella wurde durch einen Speer im Kopf verletzt. Daraufhin war sie zurück zum Selenkay-Schutzgebiet gelaufen, aber als die Ranger sie dort fanden war es bereits zu spät und sie starb an ihrer Verletzung. Die Nachricht von ihrem Tod war ein Schock für das gesamte ATE-Team.

 

Leider konnte bisher der verantwortliche Täter nicht ermittelt werden. Aber wir hoffen, dass im Laufe der Zeit doch noch entsprechende Informationen ans Tageslicht kommen.

 

Ella
Ellas Tod ist ein schmerzhafter Verlust

 

Das Zusammenleben zwischen Elefanten und Menschen ist im nördlichen Teil des Amboseli-Ökosystems alles andere als perfekt. Neben elefantenfreundlichen Menschen gibt es leider immer noch Leute mit einer elefantenfeindlichen Einstellung. Dies ist eine ständige Herausforderung für alle, die sich für das Überleben der Elefanten einsetzen. Die Hoffnung geht nicht verloren, da viele Menschen hart daran arbeiten, die Wahrnehmung zu ändern und Lösungen für ein konfliktfreies Zusammenleben zu schaffen. Doch für Ella kommt alles zu spät. Es hat Allen bei ATE das Herz gebrochen zu erfahren, dass sie auf diese Weise getötet wurde. Außerdem blieb ein erst 15 Monate altes milchabhängiges männliches Kalb zurück.

 

Es war allerdings bewegend festzustellen, dass Ellas Sohn weiter bei seiner Familie war und sich seine älteren Schwestern Elletra und Evaline aufmerksam um ihn kümmerten. Beide haben selbst Kälber und es könnte sein, dass sie ihrem kleinen Bruder erlauben bei ihnen zu trinken. In der EB-Familie ist dies nicht unüblich. Er schien ihm daher – den Umständen entsprechend – gut zu gehen. Trotzdem wurde auch in diesem Fall wurde sorgfältig überlegt ob man Ellas Sohn in das Waisenhaus des Sheldrick Wildlife Trust bringen sollte. Doch da momentan keine dringende Notwendigkeit vorzuliegen schien und sowohl Ella’s Sohn wie die anderen Familienmitglieder bereits mit dem Trauma von Ella’s Tod fertig werden mussten, hielt man es für besser auch hier vorerst nicht einzugreifen. Auch in diesem Fall wird die Familie überwacht werden um zu verfolgen wie sich Ella’s Sohn entwickelt. Das jüngste Kalb, von dem bei ATE bekannt ist, dass es als Waise überlebt hat, war 18 Monate alt. Ella’s Sohn ist drei Monate jünger. Er könnte es schaffen – zumal wenn er von seinen Schwestern Milch bekommt. Dies wäre natürlich für alle die beste Lösung. Sollte er aber den Anschluss an seine Familie verlieren wird man ihn in das Waisenprojekt bringen, um ihm dort eine zweite Chance zu geben. Daher wird nun die weitere Entwicklung abgewartet. Doch bis jetzt sieht es recht gut aus.

 

Ella führt ihre Familie
Ella führt ihre Familie

 

Wir hoffen, dass Ella’s Töchter das Wissen und die Weisheit haben ihre Familie zu führen und das Vermächtnis ihrer Mutter fortzusetzen. Das ATE-Team wird sie weiterhin mit Hilfe der Mitarbeiter des Porini Camps überwachen, welche sie oft sehen und unschätzbar wertvolle Hilfe als Informanten leisten.

 

Enids Abteilung der EBs ging es erfreulicherweise sehr gut. Sie verbrachten viel Zeit im Camp von ATE, wo sie sich sichtlich zu Hause fühlten. Für das Team war es wunderbar, Enids Gruppe zurück zu haben. Bei ihren Besuchen wirkten sie völlig entspannt und voller Vertrauen. Es war wunderschön sie so aus nächster Nähe beobachten zu können.

Sie überquerten auch regelmäßig den mit Flamingos gefüllten, seichten See und boten dabei hervorragende Fotomotive, die viele Besucher von Amboseli begeisterten.

 

Entito erwies sich als ein unglaublich mitfühlender Elefant; sie säugte ihr Kalb gleichzeitig zusammen mit dem ihrer Mutter Eliot. Dieses Verhalten ist bei Elefanten nicht sehr verbreitet. Es kommt zwar häufig vor, dass Großmütter ihre Enkel stillen, doch große Schwestern geben ihren viel jüngeren Geschwistern nur sehr selten Milch. Die EBs sind hier eine positive Ausnahme – eine Beleg für die enge Verbundenheit zwischen den Kühen dieser Familie. Elefanten überraschen selbst das erfahrene ATE-Team immer wieder mit ihrem Mitgefühl sowie ihren Fähigkeiten zur Kooperation und Zusammenarbeit.

 

Edwina
Edwina von der EB-Familie

 

Die FBs waren meistens in ihren üblichen Weidegebieten anzutreffen. Im September brachte Floppy ein weibliches Kalb zur Welt. Seine Geburt erfolgte in einer schwierigen Zeit. Bei den harten Bedingungen wurde es für Elefantenmütter zunehmend schwerer ausreichend Milch für ihre Kälber zu produzieren. In solchen Situationen sind erfahrene Leitkühe überlebenswichtig, die wissen wo es noch wieviel Nahrung gibt und wie weit sie auf der Suche nach Nahrung noch wandern können. Je weiterere Strecken sie zurücklegen, desto besser sind die Chancen ergiebige Weideflächen zu finden aber desto mehr ermüden die Kälber und desto höher ist das Risiko sie zu überanstrengen. Außerdem verbrauchen die Mütter mehr Energie, die dann für die Milchproduktion fehlt. Matriarchinnen müssen also abwägen ob die auf den Wanderungen verbrauchte Energie durch die zu erreichenden Nahrungsressourcen noch rechtzeitig ausgeglichen werden kann. Hier spielen ihre Erfahrungen und ihr enormes Erinnerungsvermögen eine entscheidende Rolle. Der Verlust einer Matriarchin kann daher verheerende Auswirkungen auf eine Familie haben, wenn keines der anderen Mitglieder über ihr Wissen verfügt.

Floppy ist mit 21 Jahren noch eine relativ junge Mutter, die erst 2017 ein erstes weibliches Kalb geboren hatte. Man kann nur hoffen, dass sie es schafft ihr neues Kalb trotz der schwierigen Zeiten durchzubringen. Wenn es wie erwartet erst im November regnet, dann müssen die Elefanten noch einen Monat bis sechs Wochen durchhalten. In dieser Zeit wird für die FBs alles von den Entscheidungen ihrer Matriarchin Fanny abhängen.

 

Elif mit ihrem Kalb
Elif und ihr Kalb

 

Auch die GBs wurden in den letzten zwei Monaten sehr regelmäßig gesehen; wie viele der Amboseli-Familien waren sie häufige Besucher der Sümpfe und kamen auch regelmäßig in das Forschungscamp, umringten die Zelte und zeigen viel verspieltes Verhalten. Es ging ihnen ganz offensichtlich noch recht gut.

 

Georgia befand sich im August sogar im Östrus. Sie ist bereits eine erfahrene Mutter und war bei der Partnerwahl sehr anspruchsvoll. Mehrere Bullen versuchten ihr zu folgen, aber sie war von keinem überzeugt. Sie lief weg und benutzte dabei ihre Familie als Barriere, um die Bullen zu hindern, ihr zu folgen. Später befand sie sich dann in Gesellschaft von Wickstrom aus der WA-Familie. Er ist ein stattlicher großer Bulle und war zu dieser Zeit in Musth.  Emmett aus der EB Familie und Lengai aus der LC Familie waren auch dabei. Doch Wickstrom bewachte Georgia aufmerksam. Es wurde zwar nicht beobachtet wie Wickstrom sich mit Georgia paarte, aber das Bewachen ist normalerweise ein Zeichen dafür, dass bereits eine Paarung stattgefunden hat oder bald stattfinden wird. Wickstrom wurde 1983 als Sohn von Willa geboren und ist einer der größeren Bullen in der Amboseli-Population. Emmett ist der 1999 geborene Sohn von Ella und Lengai wurde 1993 geboren. Diese Beiden sind viel jünger und stellen daher keine Konkurrenz für einen älteren Bullen wie Wickstrom dar. Jüngere Bullen würden einen älteren nie herausfordern, besonders wenn dieser in Musth ist. Musth-Bullen strömen einen starken Geruch aus, der anderen Elefanten von ihrem erhöhten Hormonpegel erzählt, andere Bullen warnt und das Interesse der Östrus-Kühe weckt.

 

Im September kam dann Glaze aus Gails GB2-Grupe in den Östrus. Mit 11 Jahren war Glaze das erste Mal paarungsbereit. Glazes Mutter Galana starb vor 2 Jahren und Glaze kam in die Obhut ihrer älteren Geschwister und Tanten. Die erste Östrusperiode ist für eine junge Kühe eine verwirrende Zeit. Die plötzliche Aufmerksamkeit von Bullen kann stressig werden und unerfahrene Weibchen können unerwünschte Bewerber oft nur schwer abschütteln – vor allem wenn ihnen keine Mutter zur Seite steht. Doch erstaunlicherweise hat Gail, die eine Tante von Glaze ist,  sich sehr für sie eingesetzt. Als Glaze nervös wegen der Bullen wurde, die ihr folgten, rief Gail schnell die Familie zusammen, die daraufhin in Abwehrstellung ging und Glaze in ihrer Mitte aufnahm. Die Bullen wichen zurück und Glaze beruhigte sich. Im Laufe der Zeit wird Glaze lernen mit solchen Situationen souverän umzugehen und einen geeigneten Bullen auszuwählen, der für eine Paarung in Frage kommt und gleichzeitig unerwünschte Bewerber auf Abstand hält.

 

Garamba beim Schlammbad
Garamba beim Schlammbad

 

Sehr erfreulich war, dass Placidas Gruppe nach fast drei Monaten Abwesenheit zurückkehrte. Das Gebiet, in welchem sie sich gerne aufhält, ist aufgrund des Geländes für Fahrzeuge nur schwer passierbar. Doch die Tatsache, dass ihre Familie wächst und gesund aussieht, zeigt, dass sie gute Entscheidungen trifft. In den letzten zwei Monaten haben sowohl Placida als auch Petulas Teile der Familie Zeit in der Nähe des ATE-Camps verbracht. Sie mögen den Phönixpalmenwald und die kleineren Sümpfe, die ihn umgeben. Obwohl das ATE-Team Petulas und Placidas Gruppe nicht miteinander interagieren sehen, waren sie bei zahlreichen Gelegenheiten in unmittelbarer Nähe und konnten problemlos miteinander kommunizieren.

 

Auch die OAs kamen regelmäßig in den Park und verbrachten viel Zeit in der Nähe der CB-Familie, zu der sie eine besonders starke Bindung entwickelt haben. Die CB-Familie wurde seit etwa zwei Jahren nicht mehr im Park angetroffen und daher war es großartig, Cerise mit ihrer Familie, darunter einigen Neuzugängen, wiederzusehen.

 

Die OAs sahen für diese Jahreszeit gut aus. Sie haben eine sehr gute Strategie, mit Trockenzeiten fertig zu werden, und das zeigte sich in ihrer wachsenden Zahl und ihren gesund aussehenden Kälbern. Ororas 2020 geborenes Bullenkalb forderte sehr oft Milch von seiner Mutter. Trotz der schwierigen Nahrungsstituation war Orora aber offenbar immer in der Lage ihren Sohn mit Milch zu versorgen. Sie verhielt sich ihm gegenüber auch sehr geduldig. An einem speziellen Tag stand sie mitten auf der Straße, um ihr Kalb zu säugen, was für die Besucher des Parks einige sehr aufregende Fotomotive bot.

 

Eine erfreuliche Entwicklung bildete das deutliche Wiederaufleben des Tourismus, der sowohl dem Kenya Wildlife Service, wie der lokalen Bevölkerung und auch vielen Organisationen dringend benötigte Einnahmen bescherte. Viele Menschen konnten an ihre Arbeitsplätze in Touristenlodges und anderen Einrichtungen zurückkehren. Wir hoffen sehr, dass dies auch zu einer Reduzierung der Buschfleisch-Wilderei beitragen wird.

 

Die Monate August und September waren für die Elefanten Amboselis in mehrfacher Hinsicht eine schwere Zeit: Vor allem durch die zunehmende Trockenheit und den Tod Ellas. Umso bewegender waren die zahlreichen Beispiele für Loyalität, Mitgefühl und gegenseitige Unterstützung, welche unter diesen Elefanten beobachtet werden konnten. Jetzt kommt es auf die nächsten Monate an – und die hoffentlich bald beginnende Regenzeit.