Der plötzliche und unerwartete Tod von Maisha

 

Vom Sheldrick Wildlife Trust kommt die traurige Nachricht, dass Maisha am Samstag, den 26. Juni gestorben ist. Für alle Keeper und Mitarbeiter kam das völlig unerwartet, und immer noch kann niemand es so richtig fassen. Es ist auch völlig unklar, woran sie genau gelitten hat, sodass es keine so richtige Erklärung dafür gibt und auch niemand wirklich aufhören kann, darüber nachzudenken. Seitdem die Sheldricks und ihre Mitarbeiter vor fast einem halben Jahrhundert angefangen haben, Waisenelefanten aufzuziehen und wilden Elefanten in ihrem Kampf ums Überleben zu helfen, ist noch nie etwas vergleichbares passiert.


Alles begann am Montag, den 21. Juni, als die Keeper bemerkten, dass Maishas Vorderbeine steif waren. Sie machten sich zuerst keine allzu großen Sorgen, denn manchmal kann ein junger Elefant über Wurzeln stolpern oder es beim Schlammbad etwas übertreiben, sodass sich Muskelschmerzen und Versteifungen zeigen. Die Keeper brachten Maisha trotzdem gleich zurück zu den Stallungen, damit sie dort beobachtet werden und sich erholen konnte.

Am nächsten Morgen hatte sich die Versteifung allerdings auf Maishas andere Beine ausgebreitet, was alle schon unruhig werden ließ! Sie fraß aber immer noch ordentlich und zeigte auch sonst keine Probleme. Die Keeper vermuteten, dass sie vielleicht von einer Schlange gebissen worden war, aber es waren keine Wunden oder Schwellungen zu sehen, die auf einen Biss hindeuteten. Sicherheitshalber bekam sie Medikamente, und das Team des SWT hoffte auf Besserung, bereitete sich aber auch darauf vor, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Leider erwies sich das auch als nötig, denn am Mittwoch wurde es nur noch schlimmer; inzwischen war auch schon Maishas Kiefer versteift und die Muskeln im gesamten Körper, vom Rüssel bis zum Schwanz, zuckten nur noch hin und wieder! Sie konnte weder gehen, noch sich hinlegen, kauen oder Wasser saufen! Mit Hilfe eines Beruhigungsmittels entspannte sich ihr Körper immerhin so weit, dass sie sich zur Tränke schleppen konnte, aber nach wenigen Stunden war es wieder wie zuvor. Ansonsten machte sie allerdings einen ganz normalen Eindruck, und wenn man sie so im Gehege stehen sah, hätte man fast meinen können, alles wäre in Ordnung!

Überall begannen Helfer, fieberhaft nach einer Lösung zu suchen: Dr. Poghon vom Kenya Wildlife Service wurde mit einem Assistenten nach Ithumba geflogen, wo sie sich die nächsten Tage bereit hielten. Tierärzte in Nairobi und sogar in Südafrika wurden zurate gezogen, um hinter die rätselhaften Symptome zu erklären, aber niemand hatte bisher so etwas gesehen. Tetanus verursacht sehr ähnliche Symptome, aber weder hat jemals jemand Tetanus bei Elefanten beobachtet, noch hatte Maisha irgendwelche Wunden, in die die Erreger hätten eindringen können. Blutproben zeigten, dass eine Infektion vorlag, aber es war nicht herauszubekommen, woher die Bakterien kamen. Zweimal flog ein Flugzeug mit Medikamenten und Blutproben zwischen Ithumba und Nairobi hin und her, um nichts unversucht zu lassen.

Die anderen Waisen waren ebenso besorgt um das junge Elefantenmädchen und versuchten, sie mit viel Gekoller aufzumuntern. Besonders Nabulu, die schon bevor die beiden vor kurzem nach Ithumba kamen Maishas verlässliche Helferin gewesen war, machte sich offenbar besonders viele Sorgen. Statt die anderen zu begleiten, blieb sie an den Stallungen zurück, sodass sie immer wieder nach ihrer Freundin sehen konnte. Maisha schien sehr dankbar dafür zu sein; auch von den Keepern blieb ständig jemand an ihrer Seite, und da Maisha immer sehr an ihren menschlichen Freunden hing, trug das sicherlich dazu bei, es ihr etwas leichter zu machen.

Die Keeper versuchten, sie mit flüssiger Nahrung wie Milch, gemischt mit Haferbrei oder gemahlener Luzerne zu versorgen und ihr immer wieder Rehydrierungsflüssigkeit zu geben. Sie sank gelegentlich vor Erschöpfung zusammen, und dann bekam sie eine Infusion, und nach einer Weile konnte sie wieder aufstehen. Donnerstag Nachmittag sah es eine Weile so aus, als würde sich ihr Zustand bessern: drei ihrer Beine entspannten sich ein kleines bisschen und sie konnte auch den Rüssel etwas bewegen. So konnte sie immerhin eine Weile etwas herum laufen, auch wenn ihr Kiefer weiterhin steif blieb. Auch am Freitag schien es noch ganz langsam besser zu werden, und so hofften alle, dass das schlimmste erst einmal überstanden war.

Traurigerweise war das aber ein Trugschluss. Am Samstagmorgen brach Maisha wieder zusammen, und die Keeper und Tierärzte gaben ihr sofort eine Infusion. Doch es half nichts, und gegen 14 Uhr schloss sie die Augen, hörte auf zu atmen und starb friedlich, umgeben von ihrer geliebten menschlichen Familie.

Maisha war immer ein freundliches kleines Elefantenmädchen gewesen, das wusste, was es wollte – und auch in der letzten Woche ihres Lebens war das nicht anders. Sie machte nie den Eindruck, als würde sie in Panik geraten, obwohl sie starke Schmerzen gehabt haben muss. Sie kämpfte tapfer um ihr Leben, aber am Ende konnte sie gegen diese mysteriöse Erkrankung nichts ausrichten.

Daphne Sheldrick hat einmal gesagt, dass das Aufziehen von Waisenelefanten „eine Mischung aus Freude mit einer ordentlichen Dosis Tränen“ ist – diese Woche war wieder einmal die Zeit der Tränen. Maisha hatte noch ihr ganzes Leben vor sich, und niemand kann sich erklären, warum es so früh enden musste. Aber in diesem kurzen Leben hat sie die Herzen von vielen berührt – Menschen wie Elefanten. Ihre Fürsorge hat vielen kleinen Waisenbabys wie Roho durch die ersten Jahre in einem schwierigen Leben geholfen, und viele ihrer Paten auf der ganzen Welt haben ihre Geschichte von Anfang an begleitet; sie alle werden sie schmerzlich vermissen, genau wie natürlich ihre Keeper.

Wer Maisha kannte, weiß, dass sie geradezu die Verkörperung einer guten Seele war. Jetzt hat sie alles schlimme hinter sich gelassen, und womöglich ist sie nun irgendwo vereint mit anderen Seelenverwandten wie Daphne oder Luggard. Vielleicht hilft diese Vorstellung dabei, das Geschehene zu verkraften. Niemand kann sich bisher erklären, was passiert ist, und damit werden wohl oder übel alle Beteiligten leben müssen; aber alle fühlen, dass sie es der wunderbaren Maisha schuldig sind, zumindest so viel wie möglich herauszufinden und alles daran zu geben, dieses schmerzlichen Ereignis zu verstehen.

Es bleibt zu hoffen, dass wir Maisha auch mit einem lachenden Auge in Erinnerung behalten können. Ihr Name in Suaheli bedeutet „Leben“ – und so sollten wir uns auch an sie erinnern, als eine kleine Elefantendame voller Lebensfreude. Sie war nie besonders vorlaut im Schlammbad oder drängelte sich bei der Milchfütterung nach vorn, sondern verbreitete Freundlichkeit, Mitgefühl und jede Menge gute Laune. Sie liebte das Leben und ganz besonders alle anderen um sich herum, die es mit ihr teilten.

(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)