
Kaum hatten die im Kibwezi-Wald stationierten Mitarbeiter des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) und die Ranger des Kenya Wildlife Service (KWS) die Nachricht erhalten, wurde eine Rettungsaktion eingeleitet. Die Dorfbewohner machten es sich inzwischen zur Aufgabe, sich um das Kalb zu kümmern. So ein kleiner Elefant ist allerdings eine nicht alltägliche Sehenswürdigkeit, und so hatten sich bald etliche Menschen versammelt, um Zeuge des Schauspiels zu werden. Als die Keeper der Auswilderungsstation in Umani Springs, die Mitarbeiter des Antiwilderei-Teams des Kenze-Gebiets und die Ranger des KWS vor Ort ankamen, trafen sie auf einen ziemlich verwirrten und gestressten kleinen Elefantenbullen. Er wurde Bondeni genannt, nach der Gegend, in der er gefunden wurde.
Bald kam einer der erfahrensten Keeper, Mishack zusammen mit dem Piloten Andy im Hubschrauber an. Bondeni wurde vorsichtig in den hinteren Teil des Hubschraubers gelegt, und Mishack blieb den kurzen Flug über bei ihm und kümmerte sich um ihn. Noch im Laufe des Vormittags kam der Rettungsflug dann in Kaluku an.
Der kleine Bulle war von Anfang an ein richtiger Wonneproppen. Bondeni war noch so jung, dass er das ganze Ausmaß dessen, was ihm in seinem Leben schon widerfahren war, noch nicht verstanden hatte, und so ließ er sich ohne zu zögern auf seine neue Familie in Kaluku ein. Hier hatte er Gesellschaft von zwei etwas älteren Elefantenmädchen, die begeistert waren, dass dieser kleine Junge sich ihnen anschloss. Am ersten Tag tat er sich noch schwer, mit seinen von Kratzern und Wunden gezeichneten Füßen zu laufen, und so wurden diese erst einmal ausgiebig gereinigt und mit Antibiotika behandelt. Den Rest des Tages verbrachte er mit seiner neuen Familie aus Elefanten und Menschen auf den sanften Wiesen in Kaluku und an den Sandstränden des Athi-Flusses.
Dank der Pflege durch die Keeper Mishack und Kingoo, wuchs Bondeni in einer wundervollen und geschützten Umgebung auf. Auch Angela Sheldrick und Robert Carr-Hartley waren jederzeit mit Streicheleinheiten zur Stelle, genauso wie die anderen kleinen Waisen. In diesem Paradies verbrachte er nun anderthalb Jahre, in denen er am Ufer des Flusses spielen und planschen und im Schatten der Akazienbäume sein Nickerchen halten konnte. Da es in diesem Teil des Landes sehr heiß ist, nahm er auch öfter einmal zwei oder drei Schlammbäder am Tag. So wuchs er zu einem verspielten kleinen Bullen heran, der ständig auf Achse ist und mit Vorliebe auf alles los jagt, was sich bewegt! Wie alle Baby-Elefanten braucht er auch noch viel Schlaf, und er und seine beiden weiblichen Freunde können sich nachts in ihre Ställe zurückziehen, die denen im Waisenhaus in Nairobi gleichen. Genau wie dort schläft auch ein Keeper bei ihnen, um sich in der Nacht um sie zu kümmern.
Auch wenn Kaluku ein wunderbares Zuhause für den kleinen Bondeni war, so ist es doch wichtig, dass er mit der Zeit auch von älteren Elefanten lernt. Seine Freundinnen sorgen dafür, dass er mehr als genug geknuddelt und umsorgt wird, doch er braucht langsam auch Erfahrungen, die er von älteren Bullen lernt: wie man miteinander Ringkämpfe austrägt, und alle möglichen anderen Dinge, die Elefanten nun einmal tun. Darüberhinaus ist es in Tsavo zurzeit sehr trocken, und es wird immer schwieriger, genug Grün für seinen wachsenden Appetit zu finden.
Daher wurde beschlossen, dass Bondeni und seine beiden Freundinnen ins Waisenhaus nach Nairobi umziehen sollen. Hier können sie andere Waisen kennenlernen und neue Freundschaften schließen, die möglicherweise ihr ganzes Leben bestehen und sie auf ihrem Weg zurück in das Leben in der Wildnis begleiten. Und da es in Nairobi dieses Jahr ausgiebig geregnet hat, gibt es dort jede Menge Futter – die Waisen dort sind wohlgenährt und dick und rund!
So ging der Umzug diesmal in die andere Richtung. Pünktlich um Mitternacht am 3. September stiegen die drei Babys in den Umzugs-LKW ein, und die Reise konnte beginnen. Sie fand in der Nacht statt, wenn es am kühlsten ist, und Bondeni und seine beiden Begleiterinnen kauten zufrieden auf ihrem frischen Grün herum, tranken ihre Milch und wurden auf der Fahrt von ihren Keepern umsorgt. Alles verlief nach Plan, und gegen 4 Uhr morgens fuhr der Konvoi im Waisenhaus vor.
Für die Neulinge waren drei nebeneinander gelegene Ställe vorbereitet worden, in die sie ihren vertrauten Keepern folgten. Maisha, der Nachwuchs-Leitkuh der Weisenherde in Nairobi blieb dies natürlich nicht verborgen, und sie schaute gespannt von ihrem Gehege aus zu. Sicherlich bemühte sie gleich die geheimnisvollen Kommunikationskanäle der Elefanten, sodass die Nachricht von der Ankunft dreier neuer Waisen noch in der Nacht verbreitet wurde.
Bondeni war von den dreien am aufgewühltesten, als er mitbekam, dass er nicht mehr in Kaluku war. Er zeigte seinen Protest mit akrobatischen Verrenkungen in seinem Stall; bald beruhigte er sich aber wieder, und statt Kopfstand zu machen, rollte er sich nun fröhlich im Heu herum. Am Morgen wurden er und seine beiden Freundinnen langsam mit den anderen Waisen bekannt gemacht. Wie erwartet, verguckten sich die älteren Mädchen sofort in den putzigen Jungen, tätschelten und knuddelten ihn mit ihren Rüsseln und folgten ihm, wohin er auch ging! Sie werden ihn mit all der Aufmerksamkeit umsorgen, die kleine Elefantenbabys brauchen, und nun wird er auch vom Umgang mit den anderen kleinen Bullen wie Roho, Naboishu und Mukkoka profitieren. Mishack und seine Kollegen aus Kaluku sind einstweilen wieder in Narobi stationiert, und ihre vertraute Gegenwart taten das übrige, damit sich Bondeni und die Mädchen gut eingewöhnten.
Von den schroffen Lava-Hängen am Fuße der Chyulu-Berge über die sandigen Flussufer in Kaluku bis hin zur roten Erde in Nairobi – Bondeni ist schon ganz schön herumgekommen für einen Elefanten seines zarten Alters! Im Waisenhaus wird er nun weiter bestens beschützt aufwachsen, bis es für ihn Zeit wird, in eine der Auswilderungsstationen in Tsavo und schließlich wieder in die Wildnis zurückzukehren. Bis es soweit ist, wird er sich fröhlich bei seinen neuen Freunden in Nairobi tummeln und bei den Keepern, die er auch schon zu seiner Familie zählt.
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(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)