Die Rettung von Kinyei

Am 4. Juli 2018 war eine Gruppe Touristen auf einer Safari im Ol Kinyei Schutzgebiet in der Maasai Mara unterwegs. Sie beobachteten gerade ein Löwenrudel – immer wieder ein aufregendes Erlebnis auf einer Pirschfahrt – als sie etwas unerwartetes bemerkten: ein kleines Elefantenkalb, das ganz allein in gefährlicher Nähe der Löwen umher wanderte! Das kleine Mädchen kam immer wieder einmal aus dem Gebüsch heraus, und sie wäre ein einfaches Opfer für die Löwen gewesen, wären diese hungrig geworden!

Die Gruppe benachrichtigte das Porini Cheetah Camp, die ein Team von Scouts los schickte, um herauszufinden, ob es sich wirklich um ein verwaistes Kalb handelte. Eine milchgebende Kuh wurde ganz in der Nähe der Stelle, an der das Baby zum ersten Mal gesichtet worden war, tot aufgefunden, immerhin noch mit intakten Stoßzähnen. Als das Kalb schließlich wieder auftauchte, lief sie drei erwachsenen Elefantenbullen hinterher – bei ihnen war sie zumindest besser aufgehoben als in der Nähe der Löwen, aber die Bullen konnten sie natürlich nicht mit der Milch versorgen, die sie zum Überleben braucht.

Als klar war, dass eine Rettung unumgänglich werden würde, wurde der Sheldrick Wildlife Trust (SWT) benachrichtigt und alles nötige in die Wege geleitet. Marc Goss vom Mara Elephant Project (MEP) und der leitende Tierarzt des Kenya Wildlife Service (KWS) Dr. Njoroge, fuhren zu der Stelle, und zusammen mit Rangern des Schutzgebiets, Helfern vom Porini Cheetah Camp, von MEP und KWS wurde das Kalb schließlich eingefangen. Es war noch klein, nur ein paar Tage alt, und so verschwendeten Marc Goss und Dr. Njoroge keine Zeit und flogen es im Helikopter sofort nach Nairobi. Dort wurde das kleine Mädchen Kinyei genannt, nach der Gegend, aus der es stammt.

Zu dieser Zeit wurde Nairobi gerade heimgesucht von unablässigem Regen, der Boden war aufgeweicht, es war kühl und wollte einfach nicht aufhören zu regnen – keine guten Bedingungen für ein empfindliches frisch geborenes Elefantenkalb! Also wurde beschlossen, dass die kleine Kinyei nur eine Nacht in Nairobi verbringen sollte und am darauffolgenden Morgen nach Kaluku gebracht werden sollte. Dort war es wärmer und trockener, und dort würde sie sich besser erholen können.

Und so trat Kinyei am frühen Morgen des 5. Juli die letzte Etappe ihrer Rettungsreise an. In Kaluku traf sie auf Kindani, ein anderes kleines Elefantenmädchen, das nur drei Monate zuvor gerettet worden war. Sie wurden beste Freunde und halfen sich gegenseitig über alles hinweg, was ihnen im Weg stand. Sie wurden wie zwei Schwestern und werden wohl für den Rest ihres Lebens unzertrennlich sein!

Anfangs sah es so aus, als ob Kinyei keine Probleme haben würde, denn während viele gerettete Waisen schwere gesundheitliche Schwierigkeiten überstehen müssen, schien sie ein robustes kleines Elefantenkind zu sein. Drei Monate nach ihrer Rettung entwickelte sie allerdings üble Magenprobleme und verlor schnell an Gewicht. Sie wurde immer schwächer und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Es war wohl gut, dass sie das nicht im kühlen Nairobi durchmachen musste, aber auch im heißen und trockenen Tsavo-Nationalpark war es nicht einfach. So halfen ihr manchmal nur Infusionen wieder auf die Beine.

Es war eine Zeit voller Ängste um die kleine Kinyei, aber schließlich biss sie sich durch, erholte sich und kam wieder zu Kräften! Eine große Hilfe dabei war sicherlich die ermutigende Anwesenheit von Kindani, wie auch die Ankunft des kleinen Bullen Bondeni. Die beiden Mädchen waren ganz vernarrt in den kleinen Jungen, und hatten auf diese Weise etwas, für das es sich zu leben lohnte!

Am liebsten ist Kinyei aber am Futtern! Sowohl sie als auch Kindani sind stets mit Begeisterung beim Grasen. Vermutlich liegt es daran, dass man in Tsavo schnell lernt, die üppige Vegetation zu genießen, solange sie da ist, bevor die Trockenzeit beginnt und nicht mehr viel zu finden ist! Wenn Kinyei am Grasen ist, dann ist sie mit Leib und Seele dabei, und nichts kann sie so schnell davon abbringen!

Inzwischen ist es nun Zeit, dass Kinyei, Kindani und Bondeni, ins Waisenhaus nach Nairobi umziehen. Dort ist es immer noch schön grün – perfekt für den kleinen Vielfraß Kinyei – und die drei müssen langsam neue Freunde und die Sitten und Gebräuche des Elefantendaseins kennenlernen. Also startete in der Nacht des 3. September 2020 der Umzugskonvoi mit den drei kleinen Elefanten in Kaluku, und kurz vor Sonnenaufgang waren sie in ihrem neuen Zuhause in Nairobi angekommen.

Die größte Umstellung für Kinyei war wohl die etwas andere Vegetation in Nairobi. Am Anfang traute sie sich nur an das getrocknete Grewia heran, das wohl am ehesten dem entspricht, was sie in den Monaten zuvor gefressen hatte. Nach kurzer Zeit hatte sie sich aber an all das gewöhnt, was der Nairobi-Nationalpark zu bieten hat. Seitdem hat sie ordentlich an Gewicht zugelegt und hat einen dicken Bauch und runde Backen bekommen! Sie ist immer noch am liebsten zusammen mit Kindani unterwegs, aber lässt sich durchaus auch gerne von den Mini-Leitkühen Maisha und Larro umsorgen. Keeper Mishack, der Kinyei vom ersten Tag an begleitete, ist immer noch ihr Lieblings-Mensch und ist auch weiterhin für sie da. Umgeben von so viel Liebe und Zuneigung wird sich dieses wunderbare Mädchen ganz bestimmt prächtig entwickeln.

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(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)