An der Salt Lick Lodge im Tsavo East Nationalpark kommen häufig Elefantenherden zusammen, um aus dem Wasserloch neben der Unterkunft zu saufen, gerade in der Trockenzeit. So war es auch am Abend des 10. Oktober 2021, als kontinuierlich wilde Besucher kamen und gingen. Doch etwas besonderes fiel den Angestellten der Lodge auf, die den Elefanten draußen zuschauten: Ein kleines Kalb, kaum anderthalb Jahre alt, hatte eine Schlinge um den Hals! Sie beobachteten die kleine Besucherin, die zu keiner der ankommenden und wieder abwandernden Herden zu gehören schien. Sie blieb immer zurück und hatte offenbar keine Familie mehr.
So schlugen sie Alarm, und früh am nächsten Morgen wurde eine Tierarzt-Behandlung organisiert. Ein Pilot des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) flog mit dem Helikopter nach Voi, holte dort den Tierarzt des Kenya Wildlife Service (KWS), Dr. Poghon, ab, und die Anti-Wilderei-Einheit von SWT und KWS aus Ziwani begab sich zu der Stelle.
Dort ging das Kalb einer Herde hinterher, hielt aber eher Abstand von ihr. Die Schlinge hatte dem kleinen Mädchen schon übel mitgespielt, und sie hatte einige Mühe, der Herde zu folgen. Die anderen Elefanten ignorierten sie nicht völlig, aber sie zeigten auch kein besonderes Interesse an ihr. So grausam es ist, können es sich wilde Elefanten – vor allem zu so schwierigen Trockenzeiten – nicht leisten, sich um milchabhängige Kälber, die nicht zur Herde gehören, zu kümmern. Alles deutete darauf hin, dass das Kalb ein Waise war.
Dr. Poghon betäubte es vom Fahrzeug aus, während der Pilot mit dem Helikopter die Elefanten in der Nähe auf Abstand hielt, damit das Kalb in Ruhe behandelt werden konnte. Der Metalldraht hätte lebensbedrohlich werden können, aber zum Glück hatte er sich noch nicht weit in die Haut eingeschnitten. Dr. Poghon konnte ihn ohne größere Probleme entfernen und sich dann der Wunde widmen, die er schon verursacht hatte und die recht schmerzhaft gewesen sein dürfte. Nach beendeter Behandlung wurde das Kalb schließlich wieder aufgeweckt.
Das Anti-Wilderei-Team verließ den Ort des Geschehens, kam aber gut fünf Stunden später zurück und fand das Baby nun allein vor – die Herde war weitergezogen. Nun war klar: sie war ein Waise. Einsam und verlassen streifte sie durch die weiten Ebenen, in denen es jede Menge Löwen und andere Raubtiere gibt, die sie früher oder später angreifen würden.
Da das Kalb eher klein und sehr geschwächt war, konnten die Ziwani-Ranger es leicht einfangen, nachdem sie grünes Licht vom KWS bekommen hatten. Sie schnallten es auf der Ladefläche ihres Fahrzeugs fest und brachten es zum nächsten Flugfeld. Von dort wurde sie mit der Cessna Caravan des SWT abgeholt und nach Nairobi gebracht, wo sie schließlich ankam, als es schon dunkel war.
Übernehmen SIE jetzt mit einem KLICK eine Patenschaft für Latika
(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)