Am 8. März erhielten Angela und Robert eine Meldung vom KWS über das Schicksal eines kleinen Elefanten, der in Molore Lorach in der Ngilai-Gegend in einen Brunnen gefallen war. Er wurde dort das erste Mal am 6. März gesehen, als Gemeindemitglieder ihr Vieh zum Saufen zum Brunnen brachten. Sie waren zu ängstlich, um ihn herauszuholen und kehrten am nächsten Tag zurück, im Glauben, dass er sich alleine befreit hätte und wieder bei seiner Herde war. Als sie zurückkehrten, war das gefangene, erschöpfte und nun auch verletzte Kalb noch immer in dem Brunnen. Seine verzweifelten Versuche, sich selbst zu befreien, hatten ihm Prellungen und Schürfwunden eingebracht, weil er sich an der schroffen Innenseite des Brunnens gerieben hatte.
Daraufhin meldeten die Bewohner das Geschehen an den Wildhüter-Posten des Namunyak-Schutzgebiets am Kitich-Camp. Dieser informierte das Personal des KWS in Wamba. Ein Team wurde zur besagten Stelle geschickt, und schließlich konnte das Kalb am späten Nachmittag des 8. März befreit werden. Zu dem Zeitpunkt war es schon zu spät, um noch ein Flugzeug aus Nairobi loszuschicken. Das Kalb war bis dahin ungefähr 48 Stunden im Wasser des Brunnen gewesen. Die KWS-Ranger wurden vom DSWT angeleitet, wie sie mit dem Kalb umgehen sollten. Insbesondere sollten sie ihm keine Milch geben, denn die falsche Milch würde ihm in dieser Situation mehr schaden als helfen. Das Kalb blieb die ganze Nacht im Beisein eines KWS-Mitarbeiters, wurde gut in eine Decke eingewickelt und bekam Wasser und Rehydrierungssalze.
Wir schätzten ihn auf ungefähr drei Wochen, da er bei seiner Ankunft noch keine Zähne hatte. Das DSWT-Rettungsteam machte sich bei Sonnenaufgang auf den Weg, doch die morgendlichen Staus von Nairobi sorgten für Verzögerungen, und so konnten sie erst gegen 8 Uhr vom Wilson-Flughafen abfliegen. Die Maschine flog das Wamba-Flugfeld an, wo das kleine Kalb zusammen mit vielen interessierten Zuschauern wartete. Mit Hilfe des KWS wurde er ohne mehr Zeit zu verlieren eingeladen und für die Dauer des Flugs an eine Infusion gelegt. Er kam erschöpft im Waisenhaus an, trank aber seine Milch ziemlich energisch. Er war heißhungrig, nachdem er zwei volle Tage lang nichts bekommen hatte. Seine Prellungen und Wunden wurden behandelt, und er wurde bald mit seinen Stallnachbarn Hamsini und Ndotto bekannt gemacht. Das Gefühl, unter Elefanten zu sein, beruhigte ihn und er fiel geradezu um und schlief.
Gleich am nächsten Tag trat er der Herde der Winzlinge bei und hatte Ndotto, Hamsini und Lasayen als Gesellschaft. Er hatte sich bald völlig an seine Keeper gewöhnt, doch da er zu Beginn so schwach war und erst noch zahnen musste, haben wir noch abgewartet, bevor wir ihn ins Patenprogramm aufnahmen. Wir warteten, bis seine Wunden vollständig verheilt waren und er kräftiger geworden war und seine Zähne bekommen hatte.
Unser kleiner Ngilai hatte ein paar wunderbare Freunde auf seinem Weg, mit deren Hilfe er heilen und kräftiger werden konnte. Einer davon war Mwashoti. Monatelang waren die beiden zusammen, während die anderen Waisen bei der Besuchsstunde waren, da sie beide nicht kräftig genug waren, um bei dem Gerangel dabei zu sein. Mwashoti mit seinem fast abgetrennten Fuß und Ngilai mit seinen schmerzhaften Wunden am Rücken blieben dann zurück. Die beiden wurden unzertrennliche Freunde, und Mwashoti erlaubte Ngilai, stundenlang an seinen Ohren zu nuckeln. Dann kam der ältere Elkerama zu uns, und Ngilai vergötterte diesen schon etwas größeren Jungen. Elkerama brachte seinem kleinen Begleiter so einiges bei und führte ihn ab und zu von der Gruppe weg, um sich mit ihm zusammen im Schlamm zu wälzen, bis sein kleiner Freund ordentlich mit Matsch bedeckt war, und ihn dann mit roter Erde einzustauben. Ngilai geht es jetzt sehr gut, wenn man bedenkt, wie traumatisch sein Start ins Leben war. Nun ist er ein gut umsorgtes Mitglied unserer Waisenherde.