Die Waisen im August

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: August 2022

Es ist immer noch wie Winter hier in Kenia, und der August begann ziemlich kalt. Sogar Nashorn Maxwell wollte morgens lieber in seinem Heubett liegen bleiben. Tagsüber im Wald liefen die Waisen dicht beieinander, um sich warm zu halten. Wenn sie beim Fressen irgendwo stehen blieben, schmiegten sie sich dicht aneinander. Kerrio, Choka, Taabu, Latika und Sileita konnten sich nicht entscheiden, mit wem sie schmusen sollten. Sie liefen von einem Waisen zum nächsten, als ob sie testeten, wer am wärmsten sei! Kerrio hatte jedoch kaum eine Wahl, denn Naleku, Kindani und Olorien wichen ihr den ganzen Tag nicht von der Seite.

Die ortsansässigen Warzenschweine sind und bleiben Quell großer Freude für unsere jungen Elefantenbullen. Eines Morgens, auf dem Weg in den Wald, standen Bondeni, Esoit, Taabu und Choka auf einmal den Warzenschweinen gegenüber, die gerade auf dem Weg in Maxwells Gehege waren. Die kleinen Bullen begannen, sie umherzujagen, kollerten vor Freude und flatterten mit ihren Ohren. Die Warzenschweine sind klein und agil genug, so dass es leicht für sie war, den Elefanten zu entwischen.

Wir haben noch nie einen Elefantenwaisen gesehen, der so besessen vom Umzugs-Lkw ist, wie Neshashi. Sie, Roho und Oldepe üben seit einigen Wochen, über die Rampe in den Anhänger zu laufen. Wenn die Regenzeit beginnt, sollen sie in den Nationalpark Tsavo-Ost umziehen. Alle drei haben schnell gelernt, aber Neshashi nutzt jede Gelenheit, sich in den Lkw zu stehlen. Eines Morgens begleitete sie Roho und Oldepe zurück, damit sie ihre Milchflasche bekommen konnten. Es scheint, als ob sie einen Club der „großen Waisen“ gründen will, und der Lkw soll anscheinend das Clubhaus sein!

Seit Tingais Rettung haben wir viel daran gearbeitet, dass er Vertrauen zu uns fasst. Verständlicherweise war er bei seiner Ankunft sehr misstrauisch: der Konflikt zwischen Menschen und Elefanten hat seiner Mutter das Leben gekostet und ihm eine Speerwunde beschert. Wir wussten aber, dass er die Keeper akzeptieren würde, wenn er soweit ist. Und diesen Monat war der Moment gekommen. Tingai war sehr verschmust, kam für Streicheleinheiten zu ihnen und nuckelte an ihren Fingern. Er ging sogar soweit, dass er seinen besten Freund Lodo schubste, um seine Keeper ganz für sich alleine zu haben! Es war wirklich ein großer Durchbruch für ihn.

Auch Mukutan machte tolle Fortschritte. Obwohl er während der Fütterungszeit immer einen riesigen Aufstand macht, ist er prinzipiell eher zurückhaltend. Diesen Monat hat er nun damit begonnen, die anderen Bullen zu Ringkämpfen herauszufordern. Das ist prima, denn es zeigt, dass sein Selbstbewusstsein wächst. In Taabu hat er einen tollen Trainingspartner gefunden, denn der ist immer freundlich und nicht zu grob. Die beiden kleinen Bullen haben viele Nachmittage zusammen verbracht und ihre Ringkämpfe an verschiedenen Orten im Wald ausgetragen.

Rafiki, der im Juli zu uns kam, ist ein weiterer introvertierter Elefant. Er mag die Keeper sehr, aber ist immer noch sehr schüchtern gegenüber den anderen Waisen. An einem Tag schlich er sich dreimal von der Nursery-Herde weg. Beim ersten Mal lief er zurück zum Stallgelände und etspannte sich dort. Beim zweiten Mal fanden wir ihn beim Koch in der Kantine. Beim dritten Mal lief er zur Suhle und wartete dort auf das Eintreffen der Schubkarren mit den Milchflaschen. Jedes Mal, wenn er sich davonschlich, folgte ihm ein Keeper in einigem Abstand, nur um sicher zu gehen, dass er sich nicht verlief oder in Gefahr geriet.

Immer, wenn die Waisen sich eingelebt haben, sehen wir mehr und mehr Seiten ihrer wahren Persönlichkeiten. Kamili zum Beispiel war sehr schüchtern, als sie bei uns ankam. Inzwischen kann sie auch ganz schön grantig werden. Einmal ärgerte sie Mageno an der Suhle. Jedes Mal, wenn die Keeper sie ermahnten, trompetete sie genervt, als ob die Keeper etwas falsch gemacht hätten, nicht sie!

Latika dagegen ist und bleibt eine sehr höfliche kleine Kuh. Sie ist immer freundlich zu allem und jedem. Ziwadi hat ihr gezeigt, wo im Wald das leckerste Futter wächst, und jetzt zieht sie oft alleine los zum Fressen. Obwohl sie einen extrem kurzen Rüssel hat, ist sie sehr effizient bei der Futtersuche.

Kinyei ist ebenfalls schon sehr unabhängig. Sie geht oft auf Erkundungstour, aber ist nie weit weg von der Herde, denn sie will in der Nähe ihrer besten Freunde Bondeni und Kindani bleiben. Kinyei ist auch sehr gerne bei den Keepern und kollert zufrieden, wenn sie ihr Kinn kratzen, oder umarmt sie mit ihrem Rüssel.

Ziwadi ist bekannt als kleine Drama-Queen, und eines Morgens verursachte sie ganz schön viel Chaos. Die Waisen zogen hinaus in den Wald, und wie so oft ging sie direkt und alleine zu ihrem Lieblingsfressplatz. Plötzlich machte sie eine 180-Grad-Kehrtwendung und kam aufgebracht kollernd und trompetend zur Herde zurück. Die Keeper durchkämmten das Gebiet, konnten aber nichts verdächtiges finden. Die ganze Herde war jedoch ängstlich und verschreckt und wich den Keepern nicht mehr von der Seite.

Choka und Kerrio haben eine ambivalente Beziehung. Kerrio behandelt Choka wie einen nervigen kleinen Bruder, was den kleinen Bullen ärgert, aber natürlich auch nicht vollkommen unbererechtigt ist! Choka verstand sich diesen Monat gut mit Latika, die ein paar Monate älter ist. Irgendwann hatte sich Taabu beim Rangeln mit Latika verbündet, aber Choka nahm die Herausforderung an und hielt tatsächlich beide in Schach!

Unsere „Decken-Brigade” verbringt jetzt viel mehr Zeit mit dem Rest der Nursery-Herde. „Decken-Brigade“ meint die kleinsten Waisen, die noch mit einer Decke auf dem Rücken herumlaufen, damit sie sich nicht erkälten. Die älteren Kühe überschütten Mzinga und Nyambeni mit Liebe und Zuneigung, und zu unserer Verwunderung ist Kerrio alles andere als eifersüchtig! Im Gegenteil, während der Milchfütterung passt sie sogar auf die kleinen Kühe auf. Als Mzinga und Nyambeni eines Nachmittags zurück in Richtung Wald stapften, rannte Choka herbei und wollte neben ihnen laufen. Aber Kerrio wollte ihn loswerden und verjagte ihn schließlich. Aber der Anblick war amüsant: Jedes Mal, wenn Kerrio Choka verscheucht hatte, wartete er ein paar Minuten, und sobald Kerrio nicht aufpasste, schlich er sich wieder an. Mzinga und Nyambeni schafften es sogar, dass Sileita etwas aus sich herausging. Sie passt jetzt sehr gerne auf die kleinen Mädchen auf und grast meistens entspannt direkt neben ihnen. Es ist wundervoll zu sehen, was für ein liebevolles Kindermädchen sich da entwickelt. Das dritte Mitglied der „Decken-Brigade“ ist Mageno, der den Tagesablauf in der Nursery im Nu verinnerlicht hat. Wenn es Zeit für die Mittagsmilch wird, ist er meist der erste in der Reihe. Er führt die jüngeren Waisen zur Suhle, aber immer in der Nähe von Nyambeni und Mzinga. Er weiß sogar, wenn es Zeit wird, das Schlammbad zu beenden. Dann trommelt er die „Decken-Brigade“ zusammen und bringt sie zurück in den Wald. Die Keeper sind begeistert von seinem Organisationstalent.

Suguroi ist ständig auf der Hut, die Ohren weit aufgestellt und bereit zum Angriff. Obwohl sie nur so tut, müssen die Keeper sie während der Fütterung in eine separate Ecke stellen, weil sie unberechenbar ist. Aber es soll auch erwähnt sein, dass sie immer auf die Keeper hört, wenn sie ihr eine Abmahnung geben. Außerdem erinnert sie die Keeper, immer auch ein Auge auf Kiasa zu haben, die regelrecht ausflippt, wann immer es um die Milch geht.

Bondeni und Taabu sind jetzt seit einigen Monaten Stallnachbarn und beste Freunde geworden. Sie rennen abends um die Wette zum Stall und sind immer noch beschäftigt, wenn die anderen Waisen längst schlafen. Sie lugen über die Stallwand und stibitzen sich gegenseitig das Grünfutter. Unsere drei Waisen Roho, Oldepe und Neshashi, die derzeit üben, auf den Umzugs-Lkw zu steigen, sind inzwischen sehr eng mit Nashorn Maxwell befreundet. Jeden Morgen nach dem Training schauen sie bei ihm vorbei und sagen Guten Morgen. Max weiß inzwischen genau, wann sie vorbeikommen und wartet am Tor schon auf ihre Ankunft. Manchmal haben die vier anschließend so viel Spaß, dass sie nicht einmal zum Rest der Herde in den Wald gehen wollen.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: August 2022

Der Monat begann mit einem Besuch von Nguvu. Obwohl die meisten der Ex-Waisen von Voi jetzt weiter weg ziehen, wo es Futter gibt, sind Nguvu und seine wilde Familie in der Nähe geblieben. Einmal rannte er zur Suhle, als ob er es nicht erwarten konnte, den Waisen Hallo zu sagen. Embu war besonders glücklich, ihren alten Freund wiederzusehen und wollte ihn davon abhalten, weiter zu ziehen. Aber er bestand darauf, bei seiner neuen Familie zu bleiben. Diese Besuche, so kurz sie manchmal sind, machen uns sehr froh und zeigen auch, dass Nguvu bisher gut durch die Dürre zu kommen scheint.

Sagala sehnt sich nach Thamana, obwohl sie weiß, dass Mudanda den jungen Bullen als ihren eigenen sieht. Eines Nachmittags nahm Mudanda Thamana zur Seite, um ein bisschen mit ihm zu ringen. Sagala beobachtete sie neidisch von der Seite und startete ihren eigenen Ringkampf mit Ngilai. Sie schien Thamana beweisen zu wollen, dass sie der bessere Trainingspartner ist.

Lemeki ist immer noch am liebsten mit den Keepern zusammen, taut aber langsam ein bisschen auf. Ndotto spielte wieder eine wichtige Rolle dabei, denn er forderte sie immer wieder zum Spielen auf, um ihr zu zeigen, wie viel Spaß das Leben mit dem Rest der Herde macht. Lemeki fordert Ndotto jetzt sogar manchmal selber zum Ringkampf heraus, ein echter Meilenstein!

Ndotto ist zwar ein großartiger Freund für Lemeki, aber ob das auch für Pika Pika gilt, steht noch in den Sternen. Eines Nachmittags wollte Pika Pika Lemeki zum Spielen herausfordern, indem sie sie mit dem Rüssel zu sich zog. Lemeki gefiel das nicht sonderlich, und sie ließ Pika Pika einfach stehen. Die Keeper fragten sich, ob Pika Pika absichtlich grob war, denn alle wissen, dass sie es Lemeki und Thamana nachträgt, dass sie ihre Rolle als Nesthäkchen abtreten musste. Aber eigentlich braucht sie sich nicht zu sorgen, denn sie ist nach wie vor Arrubas absoluter Liebling.

Klein-Juni ist der Augapfel der älteren Kühe. Mbegu, Sagala und Tagwa haben sich selbst zu ihrem Kindermädchen ernannt und umkreisen sie beim Fressen immer. Während Tagwa kein Problem hat, Juni mit Mbegu und Sagala zu teilen, wird sie sehr eifersüchtig, wenn jemand anderes in Junis Nähe kommt. Ganz besonders gilt das für Tahri.

Tamiyoi ist derweil fixiert auf die wilden Elefantenbabys. Wann immer eine wilde Herde mit Nachwuchs in der Nähe ist, macht sie sich auf direktem Weg durch den Busch zu ihnen. Eines Nachmittags näherte sich eine große wilde Herde dem Wasserloch. Tamiyoi sah ein winziges Neugeborenes in ihrer Mitte, aber die Schwestern des Babys ließen sie nicht heran.

Am 8. August rief die  Station in Kaluku an, dass sie ein weibliches Elefantenbaby gesehen hatten, das geborgen werden musste. Als wir das Baby in das Flugzeug Richtung Nairobi-Nursery verladen wollten, kam ein weiterer Anruf über einen verwaisten Baby-Bullen bei Hildama. Während der Dürre erreichen uns solche Anrufe wöchentlich, aber zwei Elefantenwaisen an einem Tag, das war ein neuer Rekord! Da der kleine Bulle schon älter war, nahm ihn das Rettungsteam mit in die Auswilderungsstation nach Voi und nannte ihn Hildama. Nur eine Woche später rief das Team in Kaluku wieder an und meldete ein verwaistes Elefantenbaby, das sich in der Nähe der Sisal-Plantage aufhielt. Er war wohl sehr dünn und extrem dehydriert. Die Keeper bereiteten alles für eine Bergung vor. Mit Hilfe der Wildhüter vor Ort gelang es, den kleinen Bullen zu retten, und da er schon älter war, kam er direkt in die Station nach Voi und wurde Dabida genannt.

Verglichen mit Ngilai, Ndotto und Emoli sind Murit und Lasayen sehr sanftmütige Bullen. Aufgrund ihrer ähnlichen Persönlichkeiten ringen sie wahrscheinlich auch so gerne miteinander. Sogar der Auftakt zum Ringkampf ist entspannt! Eines Nachmittags sahen die Keeper Lasayen Murit auf einen Ringkampf einladen, indem er sanft seinen Rüssel auf Murits Rücken legte. Godoma mag ihren Stil und rangelt daher auch gerne einmal mit.

Alle Waisen lieben es, in der Suhle zu baden und danach ihre Milchflasche zu bekommen. Und dabei sieht man auch, dass die Voi-Waisen richtige Schauspieler sind. Jeder hat seinen eigenen Stil, manche schwimmen wie ein Schlammfisch, andere planschen am Rand, aber alle haben jede Menge Spaß im Schlamm.

Am späten Abend des 22. August erhielten wir wieder einen Anruf – ein verwaister Elefant war von einem Piloten des Sheldrick Wildlife Trust entdeckt worden, als er das Gebiet um Kanderi überflog. Und wieder bat die Kenianische Wildtierbehörde (Kenya Wildlife Service, KWS) um Mithilfe bei der Bergung. Wir brachten ihn direkt nach Voi und nannten ihn Kenderi. Am nächsten Tag entdeckte der Pilot ein weiteres Kalb in der selben Gegend. Das Mädchen fraß in dichtem, dornigen Gebüsch, aber zum Glück lief sie dann in Richtung des sandigen Flusses Voi, wo wir sie retteten. Weil auch sie älter ist, brachten wir sie ebenfalls nach Voi und nannten sie Siri. Am 25. August kam schließlich der fünfte Neuzugang in Voi dazu. Am Nachmittag hatte man ein Kälbchen in der südlichen Ecke das Nationalparks Tsavo-Ost gesichtet. Warum all diese Elefanten Waisen wurden, werden wir wohl nie erfahren. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Elefantenbabys unter den harschen Bedingen in der Dürre nicht mit der Herde Schritt halten können. Diese muss sich aber einfach vorwärts bewegen, damit die Herde genug Futter findet und nicht verhungert. Das fünfte Kälbchen war ebenfalls schon zu alt für die Nursery, und wir brachten auch sie nach Voi – und sie wurde Ushindi genannt. Allen fünf Neuzugängen, Hildama, Dabida, Kenderi, Siri und Ushindi, geht es sehr gut. Wir denken, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis sie zum Rest der Herde gelassen werden können. Im Moment scheinen sie die Ruhe, das Futter und die Gesellschaft der Keeper zu genießen.

Tsavo in einer Dürre ist unerbittlich, aber es gibt auch schöne Momente, und die haben wir jeden Tag. Eines Morgens zum Beispiel amüsierte uns Sagala mit einem Trick. Nachdem sie auf dem Boden herumgerollt war, tat sie so, als könne sie nicht ohne Hilfe aufstehen. Suswa rannte sofort zu ihr, um nach dem Rechten zu sehen. Sie schien überzeugt davon, dass Sagala Unterstützung brauchte und rief Mudanda. Gemeinsam stützten sie Sagalas Kopf mit ihren Stoßzähnen und hoben sie hoch. Sagala war unglaublich zufrieden – sie bekam die Aufmerksamkeit, die sie wollte, und fühlte sich wahrscheinlich wieder wie ein kleines verwöhntes Kälbchen!

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: August 2022

Jetzt, da Tsavo mitten in einer Dürre steckt, ist es wieder ein gewohnter Anblick, dass wilde Elefanten vor dem Stallgelände schlafen. Der nördliche Teil des Nationalparks ist besonders trocken, und die Elefanten wissen, dass es bei uns zumindest immer Wasser gibt. Sie kommen spät in der Nacht und ruhen sich bis morgens aus, wenn die Tränken wieder gefüllt werden. Mutara und ihre Herde Ex-Waisen haben sich ebenfalls vorübergehend in der Nachbarschaft niedergelassen, sehr zur Freude unserer jungen, weiblichen Waisen. Sie waren alle versessen darauf, Zeit mit Mutaras Baby Mambo zu verbringen, das gerade einmal fünf Monate alt ist. Zuerst mussten sie Mutaras beste Freunde Sities und Suguta überzeugen, denn die beiden sind sehr strenge Kindermädchen. Die 6-jährige Malkia und die 7-jährige Maramoja hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den Respekt der beiden Kindermädchen zu gewinnen. Die Ausdauer hat sich nun endlich ausgezahlt: Sities und Suguta haben offenbar beschlossen, dass die beiden jungen Kühe eine Chance verdient haben. Fortan durften sie in den Morgenstunden auf Mambo aufpassen. Wir können uns wohl kaum vorstellen, wie glücklich Malkia und Maramoja über dieses Privileg sein müssen.

Die Ex-Waisen können sich offenbar noch genau daran erinnern, wie es war, ein Waise zu sein, daher sind sie wirklich großzügig gegenüber den Waisen und geben ihnen viele Gelegenheiten zum Babysitten. Eines Morgens kamen die Ex-Waisen Chyulu und Lualeni mit ihren Babys Cheka, Lulu und Lexi vorbei und gesellten sich zum Frühstück zu den Waisen. Während Lualeni damit beschäftigt war, Luzerne zu fressen, begleiteten Mteto, Esampu, Malkia und Maramoja die kleine Lexi stolz ein kleines Stückchen im Stallgelände. Als Lualeni nach ihr suchte, fand sie ihr Baby fröhlich spielend unter der Obhut von vier aufmerksamen Mini-Kindermädchen. Statt Lexi gleich wieder mitzunehmen, wartete sie, bis das Spiel beendet war. Diese Geste machte Mteto, Esampu, Malkia und Maramoja sehr glücklich.

Bevor Mambo geboren wurde und alle Herzen erobert hatte, war Mutaras Herde genau so besessen von Dololo gewesen. Die Keeper mussten ständig auf der Hut sein, weil sie wussten, dass die Ex-Waisen jede Möglichkeit genutzt hätten, ihn mitzunehmen. Dololo hat die Aufmerksamkeit immer sehr genossen, aber ist jetzt sicherlich auch ein bisschen erleichtert, dass es ein neues Nesthäkchen gibt. Die Liebe der Elefantenkühe kann manchmal auch erdrückend sein. Diesen Monat gab es ein rührendes Wiedersehen zwischen Suguta und Dololo. Vielleicht berichtete Dololo, was er jetzt alles mit seiner neu gewonnen Freiheit anfängt.

Karisa und Enkikwe haben entschieden, dass sie jetzt alt genug sind und nicht mehr ihre ganze Zeit mit den jüngeren verbringen müssen. Inzwischen sind sie den ganzen Tag bei den Ex-Waisen, die sie dann nach Hause begleiten. Enkikwe schläft immer noch im Stallgelände, während Karisa jetzt die meisten Nächte mit den Ex-Waisen im Busch verbringt. Es scheint als ob seine Auswilderung fast abgeschlossen ist.

Jede Auswilderung ist individuell und verläuft unterschiedlich schnell. Bei den Waisen, die schon älter waren, als sie zu uns kamen, geht es in der Regel schneller. Karisa wurde gerettet, als er schon zwei Jahre alt war, während Kauro erst einen Monat alt war, als er aus einem Brunnen gerettet wurde. Obwohl er ein Jahr älter als Karisa ist, ist er immer noch am glücklichsten in der Waisenherde. Eines Morgens zog Kauro ostwärts los und ging davon aus, dass der Rest der Herde ihm folgen würde. Aber zu seiner großen Verwunderung kam niemand mit! Also drehte er um und schloss sich ihnen an.

Eines Nachmittags seilten sich Kamok, Ambo, Sapalan, Rapa, Nabulu und Enkikwe von der Herde ab, und als es Zeit war, abends nach Hause zu gehen, waren sie nirgends zu finden. Nach langer Suche entdeckten die Keeper sie an der Suhle; sie waren auf dem Weg nach Hause und hatten nichts davon geahnt, dass sich alle schon Sorgen gemacht hatten!

Esampus Rachefeldzug gegen jeden einzelnen Büffel hält an. Wann immer sie sieht, wie sie sich der Tränke nähern, nimmt sie sich vor, sie zu verjagen. Eines Morgens tauchten zwei Büffel auf, und Esampu ärgerte sich wohl, dass niemand der älteren Elefanten die Initiative ergriff, um sie in die Wüste zu schicken. Also nahm sie das Problem selbst in die Hand. Sie trompetete warnend, aber die Büffel glotzten sie nur an und waren völlig unbeeindruckt. Aber Esampu überaschte alle, als sie einen der Büffel mit ihrem Rüssel schlug! Er rannte erschrocken davon und wurde von Esampu, Karisa und Mteto in die Büsche gejagt. Die drei tauchten dann den Rest des Morgens nicht mehr auf – wahrscheinlich feierten sie irgendwo Esampus Triumph!

Obwohl Nabulu wahres Führungstalent hat, ist sie eine etwas kühle Persönlichkeit. Wir haben uns gefragt, wie sie wohl auf Larro reagieren würde, die ihren Platz als Nesthäkchen in der Ithumba-Herde eingenommen hat. Aber zur Erleichterung aller war sie sehr gastfreundlich! Eines Morgens beobachteten die Keeper die beiden jungen Kühe, wie sie sich einen Haufen Luzerne teilten. Larro schaute dabei immer wieder auf Nabulu, als ob diese jetzt ihr neues Idol ist.

Wie sich diesen Monat herausstellte, kann unsere launenhafte Kamok auch sehr diplomatisch sein. Alles begann mit einem Streit zwischen Mundusi und Sapalan um einen Ast. Als die beiden sich schließlich Kopf an Kopf gegenüberstanden, sauste Kamok dazwischen und schnappte sich den besagten Ast. Im Schneckentempo schlich sie sich mit der Beute davon, als ob sie den Bullen damit sagen wollte, dass sie sie ohnehin niemals schlagen können. Sapalan und Mundusi fragten sich wahrscheinlich den Rest des Tages, warum sie nicht einfach geteilt hatten. Wenn zwei sich streiten, freut sich die dritte!

Wegen der Dürre kamen diesen Monat jede Menge Ex-Waisen durch Ithumba. Wir sind froh, dass wir sie mit Wasser unterstützen können. Und natürlich ist es fantastisch, dass wir auf diese Waise auch ihre in der Wildnis geborenen Babys sehen können! Eines Tages hatte Enkikwe eine Meinungsverschiedenheit mit Wendis erstgeborener Tochter Wiva, die inzwischen fast sieben Jahre alt ist. Wiva ist ziemlich frech und kommt ganz nach ihrer Mutter. Sie stichelt oft die Waisen gegeneinander auf, und Enkikwe wollte ihr wohl eine Lektion erteilen. Es war interessant zu beobachten, dass die Waisenbullen alle zu Enkiwes Unterstützung herbeirannten. Irgendwann ist wohl jeder schon einmal von Wendi oder Wiva gemobbt worden!

An den kälteren Tagen mieden die Waisen das Wasserloch und die Tränke komplett. Die wilden Elefanten hingegen konnten da nicht so wählerisch sein, und häufig kamen dutzende wilde Bullen an die Tränke zum Saufen. Die Keeper berichteten, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn mehr als 50 Bullen auf einmal kamen! Das ist nur ein weiteres Zeichen dafür, wie trocken es in Tsavo ist. Die Situation wird sich in den nächsten Wochen noch weiter verschärfen, und wir hoffen inständig, dass es im November wieder regnet.

Selbst unsere kleinsten Bullen werden langsam erwachsen. Mukkoka wird immer selbstbewusster und fordert jetzt sogar Sattao und Musiara zum Ringen heraus. Er wird bald die Waisenbullen dominieren, wenn sie nicht aufpassen! Naboishu hat sein Augenmerk inzwischen sogar auf einen noch größeren Bullen gelegt, den 10-jährigen Lemoyian. Dieser hat Naboishu sogar noch ermutigt, mit ihm zu kämpfen. Es ist wirklich wunderbar, wie die älteren Waisen zu Mentoren der jüngeren werden.

Der Monat endete mit einer weiteren Büffel-Episode. Als die Waisen im Busch fraßen, tauchte ein Büffel aus dem Dickicht auf. Der mutige Naboishu trompetete laut und stellte seine Ohren weit auf. Aber der Büffel bewegte sich nicht vom Fleck. Dann kam der Profi: Esampu schlich sich hinter den Büffel und erschreckte ihn so sehr, dass er auf und davon rannte. Esampu, Mundusi, Sattao, Rapa, Ndiwa und Sapalan rannten ihm noch eine Weile nach.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: August 2022

Der August begann mit einem glücklichen Wiedersehen, als Zongoloni und Lima Lima die „Nachtschwärmer“ nach Hause brachten. Nur Ziwa war nicht dabei, der war bei seiner neuen wilden Herde geblieben. Die Keeper freuten sich sehr über das volle Haus.

Die verschmitzte Zongoloni konnte es wieder mal nicht lassen. Während die Keeper ihr Mittag aßen, nutzte sie die Gelegenheit und schlich sich mit den Babys davon. Als die Keeper bemerkten, was passiert war, starteten sie eine Suche. Zu unserem großen Glück schubste Ngasha eines der Babys, das laut aufschrie und damit ihr Versteck verriet. Endlich war Ngashas Stänkerei mal zu etwas gut! In Wirklichkeit ist Zongoloni nur an ihrer geliebten Kiasa interessiert. Quanza weiß das ganz genau und verhält sich dementsprechend beschützerisch. Sobald sich Zongoloni nähert, stellt sich Quanza zwischen sie und Kiasa, um die beiden abzuschirmen. Irgendwann wird Kiasa sich Zongoloni in der Wildnis anschließen, aber noch ist sie viel zu jung dafür, und ganz besonders in einer so schlimmen Dürre.

Bei den „Nachtschwärmern“ gab es schon das ganze Jahr über Streit. Ngasha kann und will seine Fehde mit Faraja nicht hinter sich lassen, und wir haben immer noch keine Ahnung, wie das ganze begann. An einem Tag sahen die Keeper, wie Ngasha dicht hinter Faraja lief und ihn anscheinend zu einem Kampf provozieren wollte. Faraja witterte das und verbündete sich mit Jasiri. Ngasha wußte, dass er gegen Jasiri keine Chance hatte und zog sich zurück.

Ziwa scheint sich in der Wildnis sehr wohl zu fühlen, er kommt nur noch selten. Eines Nachmittags traf Ngasha im Busch auf ihn. Ziwa erkannte Ngasha, der ins Fressen vertieft war und lief schnurstraks auf ihn zu. Ngasha fiel das Futter aus dem Mund, so erschrocken war er, dass ein wilder Bulle wie ein alter Freund auf ihn zukam! Er war kurz vor der Flucht, als er begriff, dass der mysteriöse Elefant nur Ziwa sein konnte.

Selbst der sonst immergrüne Kibwezi-Wald ist nicht immun gegenüber einer so langen Dürre. Dank der Umani-Quellen gibt es immer noch viel Grünfutter, und daher kamen sehr viele Wildtiere in die Gegend. Interessanterweise scheinen die Probleme die Wildtiere zusammenzuschweißen. Selbst Antilopen und Paviane sind jetzt Freunde. Die Paviane klettern in die Akazien und schmeißen die Schoten von oben herunter, wo die Antilopen sie fressen können. Alamaya ist gegen diese Symbiose – aber nur, weil er dachte, er hätte das Recht, zuerst zu fressen. Er schüttelte fortan die Akazien selber, und alle Waisenelefanten konnten von den Schoten fressen.

Die Akazienschoten sind für einige schon zum Streitobjekt geworden, wie zum Beispiel für Kiombo und Maktao. Kiombo fand eines Tages einen größeren Haufen, den Maktao auch haben wollte. Ein energischer Ringkampf setzte ein. Sonje schien entrüstet darüber und ging dazwischen. Dabei fand sie heraus, dass es bei dem Streit jetzt auch um Luzerne ging. Es war verrückt, denn es gab wirklich genug Futter für alle. Man würde meinen, dass die Waisen in diesem Alter langsam über diesen kindischen Streitereien stehen, aber das Thema scheint zeitlos. Eines Morgens schlichen Lima Lima und Mwashoti ins Stallgelände und direkt ins Luzernelager. Als die Keeper sie erwischten, hatte Lima Lima schon einen Ballen stibitzt. Mwashoti fühlte sich schuldig und stahl sich davon, als er die Keeper kommen sah, fast so, als wolle er nicht mit Lima Limas Diebstahl in Verbindung gebracht werden.

Ganz wie es sich für heranwachsende Bullen gehört, sind Maktao und Kiombo ständig am Ringen und Angeben. In der Regel findet der Kampf auch dort statt, wo sie Publikum haben. Nur die älteren Kühe sind völlig unbeeindruckt von ihren Mätzchen.

Eines Morgens brachte uns Murera zum Lachen. Die Waisen waren auf dem Weg in den Wald, und Murera versuchte, die trödelnden von ihnen etwas anzutreiben. Plötzlich tauchte eine Schildkröte auf. Murera dachte vermutlich, es handelte sich um einen Stein und tippte sie vorsichtig mit dem Fuß an. Die Schildkröte stieß ein Geräusch aus, aber ironischerweise war es Murera, die furchtbar erschrocken war! Sie rannte ins Gebüsch und trompetete wie eine Furie. Mwashoti schwang sich zu ihrem Beschützer auf und rannte ihr mit ein paar anderen Waisen nach, um sie zu beruhigen.

In der Nacht zum 18. August konnte man ununterbrochen Tierlaute im Wald hören: Hyänen heulten, Paviane bellten, und wilde Elefanten trompeteten. Obwohl die Waisen im Stallgelände sicher waren, schienen sie bei all dem Krach sehr nervös zu sein. Murera und Sonje dachten offenbar, dass irgendwas vor sich ging und rüttelten an ihren Stalltüren, um die Keeper zu rufen. Maktao riss das Gatter zwischen seinem und Enkeshas Stall herunter, so dass die beiden sich zusammenkuscheln konnten. Die Keeper inspizierten das gesamte Stallgelände, fanden aber rein gar nichts – außer einer Spannung, die in der Luft lag. Sogar die „Nachtschwärmer“ kamen zum Stallgelände und schliefen direkt davor. Aber wir haben nie herausgefunden, was die angespannte Stimmung verursacht hatte.

An einem sehr heißen Nachmittag fanden die Keeper ein paar wilde Elefanten und Büffel an einem Wasserloch vor. Kiasa war es sehr heiß, und sie wollte unbedingt für eine Abkühlung ins Wasser. Sie drängelte sich durch die Büffel hindurch, aber stand irgendwann in einem Wald aus Elefanten- und Büffelbeinen! Sie schrie nach Zongoloni, die mit ein paar anderen Waisen zu Hilfe eilte. Die Büffel traten beiseite, und die Keeper waren beeindruckt von der Solidarität in der Waisenherde.

Der Monat endete mit einem kleinen Drama, und Ngasha war die Ursache. Er hatte eine empfindliche Niederlage gegen Zongoloni erlitten, nachdem er versucht hatte, sie zu besteigen. Zongoloni ging weg, noch bevor seine Vorderbeine auf ihrem Rücken landeten. Er fiel hin und zerrte sich das Bein, woraufhin er theatralisch zu den Keepern gehumpelt kam und um Hilfe bat. Es war keine ernste Verletzung. Die Keeper gaben ihm etwas Medizin und schickten ihn wieder zurück zur Herde. Ngasha humpelte durch das Stallgelände, aber bekam nicht viel Mitleid von den anderen Waisen. Sie wussten alle, dass er sich das Dilemma selbst beschert hatte.