Die Waisen im Juni

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: Juni 2022

Nachdem ein Schliefer Choka letzten Monat den Schreck fürs Leben eingejagt hatte, hatten wir gehofft, dass es mit dem Schliefer-Drama erstmal vorbei war. Aber die kleinen Kreaturen machten sich auch diesen Monat wieder bemerkbar. Schon am 1. Juni flitzte ein Baumschliefer an Kerrio vorbei, der ihn mit höflicher Neugier grüßte. Naleku war nicht gewillt, ihn einfach so davonkommen zu lassen. Sie begann, mit ihren Ohren zu flattern und zu kollern, was Esoit, Kinyei und Roho herbeirief. Die vier rannten dem kleinen Ungetüm nach, aber das verschwand im Nu. Was für eine Aufregung wegen eines kleinen Schliefers! Wenn wir einen neuen Waisen bekommen, staunen wir jedes Mal über Esoits Herzlichkeit und Einfühlsamkeit. Obwohl er sehr übermütig sein kann, ist er unglaublich lieb zu den Neuankömmlingen. Er schaut nach ihnen und verbringt Zeit mit ihnen. Diesen Monat lag sein Augenmerk auf Sileita. Sobald er morgens herauskam, ging er zu ihr und wartete, bis sie auch aus ihrem Stall gelassen wurde, und später zogen sie dann gemeinsam in den Wald. Sileita ist sehr schüchtern, und ihr neuer Freund hat ihr sehr bei der Eingewöhnung geholfen. Sie fühlt sich jetzt schon so zu Hause, dass sie sich sogar schon ein paar Macken der Herde abgeschaut hat! Nach einer denkwürdigen Mittagsfütterung lief Sileita mit der ersten Gruppe zurück in den Wald, machte aber dann eine 180-Grad-Wendung und rannte zurück zur Suhle, wo die älteren Waisen noch ihre Milch soffen. Sie versteckte sich hinter Olorien, Suguroi, Esoit und Kindani, und es gelang ihr sogar, noch eine extra Flasche Milch zu stibitzen, bevor es die Keeper bemerkten! Aber statt sie zu bestrafen, ließen sie sie dieses eine Mal gewähren.

Roho, Oldepe und Neshashi sind weiterhin erfolgreich dabei, das Laufen über die Rampe auf den Umzugs-LKW zu üben. Mittlerweile sind sie regelrecht davon besessen, weil sie wissen, dass am anderen Ende der Rampe Luzerne-Pellets liegen. Immer wenn die Waisen morgens in den Wald ziehen, seilt sich Neshashi ab und läuft schnurstraks zum LKW. Egal wie sehr sich die Keeper anstrengen sie auf Kurs zu halten, es gelingt ihr immer, sich davon zu schleichen. Oldepe zieht es vor, sich abends von der Herde abzusetzen und weigert sich manchmal sogar, in seinen Stall zu gehen, wenn er vorher nicht Luzerne auf dem LKW fressen darf. Wann immer es Zeit für den Umzug ist – die drei sind bereit für Tsavo!

Kindani machte einen riesigen Aufstand, als sie aus ihrem Babystall in einen größeren umziehen sollte. Aber jetzt, da sie zwischen Bondeni und Kinyei schläft, fühlt sie sich pudelwohl. Abends läuft sie frohen Mutes in ihren Stall und macht es sich gemütlich, sobald ihre Nachbarn ebenfalls im Stall sind. Kinyei ist wie immer voller Tatendrang. Eines Abends waren sie und Naleku wahnsinnig aufgedreht und liefen kollernd in ihrem Gehege herum. Sie belästigten ihre Stallnachbarn und versuchten deren Grünfutter zu klauen. Aber die anderen Waisen ignorierten sie irgendwann, und schließlich schliefen alle ein.

Klein-Kerrio genießt immer noch die ungeteilte Aufmerksamkeit und den Schutz von Naleku. Eines Morgens blieb Kerrio mit einigen der jüngeren im Stallgelände zurück, während Naleku die anderen in den Wald führte. Als Choka bemerkte, dass Naleku sich entfernte, begann er Kerrio zu ärgern. Als er ihr eine Kopfnuss verpasste und sie hinfiel, schrie Kerrio auf, und Naleku war im Handumdrehen zur Stelle. Choka hatte Glück im Unglück, denn die Keeper hatten ihn verscheucht, bevor Naleku ihn zu fassen bekam. Wir nennen Naleku unsere Diva, denn manchmal gehen ihre Launen mit ihr durch. Eines Morgens hatte sie es schon nach dem Aufwachen auf Mukutan und Choka abgesehen. Jedes Mal, wenn ihr die beiden Jungbullen zu nahe kamen, grummelte sie sie an und schubste sie zur Seite. Irgendwann schien sie zu begreifen, dass sie überreagierte, und setzte sich von der Herde ab, bis sie wieder besser drauf war. Olorien schaffte es, Nalekus schlechte Laune noch zu toppen. Sie ist immer freundlich zu Kerrio, kann aber sehr harsch zu Choka, Lodo, Taabu und den anderen Bullen sein. Die Keeper greifen in der Regel ein und gehen dazwischen, wenn sie zu grob wird. Suguroi teilt Oloriens Kratzbürstigkeit. Wenn bei ihr jemand eine Grenze überschreitet, bekommt er oder sie das schnell zu spüren. Obwohl Suguroi nicht die einfühlsamste junge Kuh ist, heißt das nicht, dass sie das nicht noch werden kann. Schließlich ist sie noch sehr jung. Im Moment bringt sich aber jeder in Sicherheit, wenn sie die Ohren aufstellt – und das passiert mindestens einmal täglich!

Mukutan ist und bleibt besessen von der Milch. Sogar wenn er eben erst eine Flasche ausgesoffen hat, trompetet und schreit er die Keeper an. Eines Nachmittags war er ein richtiger Plagegeist: er versuchte die Milch von Taabu, Kerrio, Choka und die aus der Schubkarre zu klauen, bis ihn die Keeper in eine Auszeit schickten. Von da brüllte und protestierte er noch lauter. Kerrio hatte schließlich die Nase voll und jagte ihn um die Suhle, was eine riesige Aufregung verursachte. Choka und Mukutan haben eine regelrechte Hassliebe zu Kerrio – kein Wunder, denn sie sind alle schelmische Charaktere.

Andere Waisen wie Taabu sind einfach immer süß. An einem Tag war Kerrio wieder am Stänkern, zog an Taabus Schwanz und schubste ihn. Aber anstatt sich zu rächen, lief Taabu einfach auf die andere Seite der Suhle und beendete damit den Streit. Oldepe hat von Maktao die Rolle des „lieben Onkels“ in der Herde übernommen. Immer wenn sich die Waisen zanken, passt er auf, dass sich niemand weh tut. Ziwadi dagegen ist die „liebe Tante“. Eines Morgens schlenderte sie durchs Stallgelände und schien jedem Waisen-Elefanten einen schönen Tag zu wünschen. Dann ging sie ihrer Morgenroutine nach, trank aus jeder einzelnen Stalltränke und folgte anschließend dem Rest der Herde in den Busch. Ziwadi wurde bei der Gelegenheit von Mukutan begleitet, der friedlich neben ihr herlief. Ja, wenn er seine Milch bekommen hat, kann Mukutan sehr ruhig sein! Kamili hat wie Ziwadi einen ruhigen und freundlichen Charakter und ist wahrscheinlich das artigste Elefantenbaby in der Herde. Sie hört immer auf das, was die Keeper sagen und sorgt nie für Streit oder Unruhe. Bondeni auf der anderen Seite ist ein hoffnungsloser Störenfried. Eines Morgens kam er aus seinem Stall gestürmt und ignorierte alle Ermahnungen der Keeper. Er rannte schnurstraks in Ramas Stall, was die Keeper ein bisschen beunruhigte, weil sie dachten, er wollte den zarten kleinen Bullen ärgern. Zu ihrem Erstaunen tat Bondeni genau das Gegenteil. Er begrüßte Rama freundlich, liebkoste seinen Rüssel, kollerte und tätschelte ihm freundlich seine Beine. Elefanten sind sehr intelligent und haben eine sehr komplexe Kommunikation. Daher sind wir uns sicher, dass die Waisenherde sehr gut verstand, wie schlecht es Rama ging.

Jeder Elefant hat bestimmte Eigenschaften, die ihn oder sie einzigartig machen. Bei Latika ist es ihr keiner Rüssel, weswegen sie auf ihren Handwurzelgelenken „kniet“, um besser das Gras zu rupfen. Obwohl sie beim Grasen keine Probleme hat, freut sie sich immer, wenn die älteren Waisen ihr einen hoch hängenden Zweig herunterreißen.

Obwohl Tingai sehr schüchtern und Kinyei sehr extrovertiert ist, sind sie dicke Freunde geworden. Tingai verbringt zwar gerne Zeit mit den anderen Bullen, möchte aber nicht mit ihnen ringen, vielleicht weil er durch ihre Größe eingeschüchtert ist. Sobald sie mit ihren Kräftemessen anfangen, rennt er zu Kinyei. Lodo ist etwa so groß wie Tingai und ebenfalls eher ruhig, so dass die beiden hin und wieder eine Art Baby-Ringkampf abhalten. Lodo ist am liebsten mit den älteren Waisen wie Neshashi und Oldepe zusammen.

Eines Morgens folgten die hiesigen Warzenschweine den Waisen, als diese sich auf den Weg zur Mittagsmilchfütterung machten. Als die erste Gruppe – die der jüngeren Waisen – zur Fütterung stürmte, rannten einige Warzenschweine mit ihnen hinunter. Kerrio wurde stinksauer, als sie versuchte, zu ihrer Flasche zu kommen und gleichzeitig die Eindringlinge zu verscheuchen. Den Warzenschweinen gelang es, die kleine Kuh auszutricksen, indem sie im Zickzack durchs Gebüsch rannten. Kerrio hatte keine Chance, aber nach der Fütterung war sie bereit, den Kampf wieder aufzunehmen – und dieses Mal kam sie mit Verstärkung in Form von Taabu und Choka! Die drei kleinen Elefanten scheuchten die Warzenschweine durch das gesamte Gelände und hatten den Spaß ihres Lebens, obwohl die Schweine immer ein bisschen schneller waren.

Aber auch der Juni verging nicht ohne Herzschmerz. Am 21. Juni starb unser kleiner Rama. Sein Zustand verschlimmerte sich jeden Tag und er hatte starke Schmerzen. Die Waisen schienen zu ahnen, dass es dem Ende zuging, denn sie alle verbrachten vor seinem Tod noch Zeit mit ihm. Rama war ein toller kleiner Elefantenbulle, und wir werden ihn alle sehr vermissen. Die Trauer riss nicht ab, denn am 27. Juni verloren wir unseren kleinen Lorigon. Seine Blutwerte waren besorgniserregend, und anhand der sinkenden Werte der roten Blutkörperchen und -plättchen wurde klar, dass er einen Blutparasiten hatte. Wir haben alles versucht, aber er sprach nicht mehr auf eine Behandlung an und starb schließlich umringt von seinen Keepern. Wir haben uns nichts sehnlicher gewünscht, als dass die Geschichten dieser kleinen Bullen anders ausgegangen wären. Rama hatte eine Erbkrankheit, und Lorigon wurde ein Opfer der Dürre. Die Stimmung in der Nursery ist trüber ohne die beiden, aber wir sind dankbar dafür, dass sie bei uns ihre letzten Monate verbringen konnten und Liebe und Unterstützung bekamen.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Juni 2022

Bis auf ein paar kleine Schauer hat uns der Regen auch diesen Monat wieder links liegengelassen. Die Voi-Herde ist den ganzen Tag auf Futtersuche, da Elefanten in der Dürre viel länger brauchen, um ihre Bäuche zu füllen. Aber trotz allen Widrigkeiten sind die Waisen fröhlich und optimistisch.

Eines Morgens schlenderte Leitkuh Mbegu um die Ecke und sah sehr zufrieden aus. Es war ihr gelungen, einen Ast von einer Akazie abzubrechen, und sie mampfte genüsslich vor sich hin. Ndotto versuchte, sich etwas von ihrer Beute unter den Nagel zu reißen, aber Mbegu rannte schnell mit dem Ast in ihrem Maul davon. Ndotto rächte sich am Nachmittag, als Mbegu sich für ein Nickerchen hinlegte. Kaum hatte sie ihre Augen geschlossen, begann Ndotto, sie zu ärgern – an Ruhe und Frieden war nicht mehr zu denken.

Wir sind sehr stolz auf Mudandas Entwicklung. Einst reserviert und grob, ist sie nun eine wundervolle, empathische und fürsorgliche junge Kuh geworden. Wir konnten das eines Nachmittags beobachten, nachdem Ndotto ein Spiel von Rorogoi mit Pika Pika unterbrochen hatte. Sie verstand, dass es Rorogoi peinlich war, von ihrem eigenen Spiel ausgeschlossen worden zu sein, und lud sie auf einen kleines Spielchen ein.

Sagala, Tamiyoi und Godoma sind besessen von den wilden Elefantenbabys. Wann immer die Voi-Herde wilde Besucher begrüßt, werden diese erstmal darauf abgescannt, ob kleine Kälbchen mit dabei sind. Aber selbst wenn, ist das meistens eine Herkulesaufgabe, weil Kindermädchen und Schwestern sehr besitzergreifend sind, was den Nachwuchs betrifft. Die Waisen haben für diesen Fall eine besondere Strategie entwickelt: Sie reihen sich an der Tränke in die Herde ein und tun so, als würden sie saufen. Aber in Wirklichkeit versuchen sie sich an die winzigen Besucher anzuschleichen! Godoma hat zwar keine Angst vor den Kindermädchen, aber wohl hat sie Höhenangst! Eines Morgens versuchte sie, eine Abkürzung von den Zementrampen zu nehmen, aber sie traute sich nicht wie die anderen, die große Stufe hinabzusteigen. Sie versuchte es ein paar Mal, nahm aber schließlich den langen Weg in kauf. Ngilai ist und bleibt der beste Freund von Emoli, seinem kleinen Adoptivbruder und Lieblings-Trainingspartner. Aber sein Herz gehört Tagwa, er liebt sie über alles. Manchmal lässt er sogar das Schlammbad weg, in der Hoffung, ein bisschen Zeit mit ihr alleine verbringen zu können. Obwohl die Waisen diesen Monat mehr mit der Futtersuche beschäftigt waren, gab es auch durchaus Tage, an denen das Spielen im Mittelpunkt stand. Eines Morgens, nach der Milch- und Luzerne-Fütterung, ging es los, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte. Sogar die ruhigeren Waisen, wie Lasayen, Embu und Murit spielten ausgelassen mit.

Nach mehr als einem Jahr bei einer wilden Elefantenherde scheint Tahri zufrieden, wieder bei der Waisenherde zu sein. Sie hat es offenbar nicht eilig, in die Wildnis zurückzukehren. Eines Abends bemerkte sie eine wilde Elefantenkuh, die am Hang des Mzinga-Berges fraß, und lief hinauf, um sie zu begrüßen. Aber als sie den Milchlaster hörte, ließ sie ihre Bekanntschaft stehen und kehrte zur Waisenherde zurück. Im Moment scheint sie die Annehmlichkeiten der Auswilderungsstation zu bevorzugen – und wer kann es ihr schon übelnehmen!

Am 15. Juni konnten wir einen weiteren Bekannten willkommenheißen, wenn auch nur für einen Besuch. Ex-Waise Nguvu lebt nun schon seit geraumer Zeit in der Wildnis. Er tauschte sich ausgiebig mit seinen alten Freunden aus, besonders mit Suswa, und zog dann wieder mit seiner Herde in den Park. Er sah prächtig aus, und wir freuten uns riesig, dass er uns seine neue Familie vorstellte. Auch der 16. Juni ist erwähnenswert, denn es war Klein-Junis erster Tag mit der Waisenherde im Busch. Sie war erst letzten Monat bei uns angekommen und in einer furchtbaren Verfassung. Dürreopfer sind immer eine große Herausforderung, aber Juni hat sich gut erholt. Im Busch war sie ganz zu Hause und brauchte keine wirkliche Einführung.

Die jungen Kühe haben beschlossen, dass Lemeki und Thamana nicht mehr so interessant sind, da Mudanda sie adoptiert hat und niemandem Zugriff gewährt. Also konzentrieren sie sich auf Juni, die ebenfalls noch sehr jung ist. Das führte zum Streit zwischen Tagwa und Sagala, die die kleine Kuh beide für sich beanspruchen wollen. Eines Morgens war Tagwa damit beschäftigt, Sagala von Juni fernzuhalten, aber Sagala gelang es, sich so zu positionieren, dass ihr Rücken gerade so Juni berührte, und das schien schon genug! Juni hat Pika Pika und Thamana regelrecht vom Thron gestoßen. Die Keeper merkten einige Male, wie Pika Pika Juni von „ihrer großen Schwester“ Arruba weg schubste. Aber Thamana ist der schlimmste und scheint richtig eifersüchtig auf Juni zu sein. Wann immer sie in seine Nähe kommt, schubst er sie weg. Zum Glück hat Juni jede Menge Freunde und Beschützer.

Lemeki ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie irgendeinen Neuzugang bemerken würde. Außerdem ist sie sehr klug und geschickt. Nach einer der morgendlichen Milchfütterungen beobachteten die Keeper, wie sich Lemeki durch ein offenes Tor quetschte. Sie schlich sich hinter die Gehege in Richtung des parkenden Lasters, der für gewöhnlich die Milchflaschen zur Mittagsfütterung unter dem großen Affenbrotbaum fährt. Anscheinend dachte sie, der Laster ist ein Getränkeautomat, immer gut bestückt! Sie war sehr enttäuscht, als sie bemerkte, dass er keine Milchflaschen ausspuckte.

Ndotto spielt eine wichtige Rolle in der Voi-Herde. Die Keeper sind der Meinung, dass er für mehrere seiner Freunde überlebenswichtig war und ist. Mudanda hat dank ihm Anfang diesen Jahres die Freude am Spielen entdeckt, und jetzt scheint er sich Lemeki angenommen zu haben. Den ganzen Monat über beobachteten sie, wie er Lemeki für Ringkämpfe aussuchte. Er schien ihr ein paar Kniffe beibringen zu wollen, damit sie nicht immer von Thamana abhängig ist, sondern sich auch mit dem Rest der Herde beschäftigt und anfreundet. Nach ein paar Wochen zeigte sich der Erfolg, und Lemeki spielte auch mit den anderen Waisen. Wir glauben, dass Ndotto ein Talent dafür hat, seine Freunde aus ihrer Komfortzone zu locken.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Juni 2022

Vor ein paar Jahren tauchte eine wilde Elefantenkuh auf, die die Keeper „die Verrückte“ nannten, weil sie so aggressiv ihnen gegenüber war. Aber wie hat sich das Blatt gewendet! Die Ex-Waisen haben ihr vermitteln können, dass die Keeper gute Menschen sind, und jetzt ist sie so freundlich wie jeder von Hand aufgezogene Elefant. Vor kurzem ist sie selbst Mutter geworden, und einige unserer Ex-Waisen sind jetzt ihre Kindermächen.

So wie der Rest von Tsavo, ist und bleibt Ithumba sehr, sehr trocken. Am 6. Juni gab es jedoch einen kleinen Nieselregen. Alle waren sehr aufgeregt, sind jedoch auf eine weitere lange Trockenzeit eingestellt. Wegen der Dürre haben die Waisen diesen Monat ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Fressen gelenkt. Aber bei aller Ernsthaftigkeit blieb immer noch Zeit für die großen und kleinen Dramen. Einmal gerieten Sattao und Musiara in einen Streit um einen Ast. Während sie abgelenkt waren, schlenderte Mukkoka vorbei und schnappte sich den Ast. Die beiden Bullen rannten ihm nach, und Mukkoka, der nicht an Streit interessiert war, ließ den Ast fallen. Musiara und Sattao stritten weiter und einigten sich am Ende darauf, den Ast in zwei Teile zu brechen.

Nabulu ist eine der jüngsten Kühe in der Ithumba-Herde, aber sie hat ganz genau beobachtet, wie sich die älteren Elefanten verhalten. Sie hat damit begonnen, ihren Rüssel über einen Stoßzahn zu hängen, eine gute Möglichkeit, die Rüsselmuskeln zu entspannen. Ihre Stoßzähne sind noch zu klein für diese Strategie, aber sobald sie lang genug sind, wird sie bestens vorbereitet sein. Naboishu, der jüngste Bulle in Ithumba, hat offenbar auch gut aufgepasst. Eines Nachmittags lief er zurück zum Luzerne-Fütterungsplatz und fraß neben einem großen wilden Bullen. Er schaute hin und wieder zu ihm auf, als ob er sich fragte, wie lange es wohl noch dauert, bis er so groß ist wie der Bulle neben ihm. Mukkoka ist der zweitjüngste Bulle in Ithumba, aber er ist sehr selbstbewußt. Er hat damit begonnen, mit den älteren Bullen wie Mapia und Sattao zu ringen, um sich seinen Rang in der Herde zu sichern.

Die älteren Kühe sind damit beschäftigt, ihre Pflegefertigkeiten zu stärken. Naboishu wird von Sana Sana betreut, Musiara von Maramoja, und Kamok hat nur Augen für Ambo! Obwohl sie sehr aufmerksam auf ihre Schützlinge in der Herde aufpassen, vergessen sie alles, wenn die Babys der Ex-Waisen auftauchen. Ganz besonders Mteto, Esampu und Malkia sind bekannt dafür.

Wegen der andauernden Dürre kamen auch diesen Monat viele wilde Besucher. Die Waisen mögen es gar nicht, wenn die Büffel zum Saufen an die Stalltränke kommen – als ob sie „ihr“ Wasser nicht mit den armen, durstigen Kreaturen teilen könnten. Eines Tages tauchten zwei Büffel auf, die Malkia, Sana Sana und Mundusi mit lautem Trompeten vertreiben wollten. Die Büffel ließen sich überhaupt nicht beeindrucken und genehmigten sich einen Drink. Die Waisen traten daraufhin mit hoch erhobenen Schwänzen den Rückzug an. Als die Büffel weiterzogen, fand Sana Sana ihren Mut wieder und flatterte mit den Ohren, als ob sie die Büffel verjagt hätte! Anschließend feierte sie ihren Erfolg mit Jotto.

Enkikwe war in ähnlich poltriger Stimmung diesen Monat. Eines Nachmittags nahm er sich einen Büffel vor, der neben einem wilden Elefantenbullen an der Tränke stand. Peinlich für Enkikwe war allerdings, dass der Büffel ihn gar nicht für voll nahm! Enkikwe blieb nichts anderes übrig, als von einer anderen Tränke zu saufen. An einem anderen Tag wagte er den Angriff mit Verstärkung von Naboishu und Ndiwa. Der Büffel ließ sich trotzdem nicht einschüchtern, sogar als Enkikwe ihn angriff. Nach dem unbeirrten Saufen an der Tränke schlenderte er zufrieden davon, als ob er Enkikwe daran erinnern wollte, dass er immer noch ein Kind ist und erstmal ein Stückchen wachsen muss, bevor er Lärm macht!

Ambo ist besessen davon, Luzerne zu klauen. Egal wie oft die Keeper ihn schon erwischt haben, er heckt weiter Pläne aus, wie er ins Futterlager kommt, meistens direkt nach dem Aufstehen. Ambo ist vielleicht verschlagen, aber auch sehr loyal. Eines Nachmittags forderte Mukkoka Dololo zu einem kleinen Kräftemessen heraus. Ambo konnte nicht zusehen, wie sein Freund Dololo vom jüngeren Mukkoka besiegt wurde, also schlug er sich auf seine Seite. Mukkoka verstand schnell, dass er gegen die beiden keine Chance hat und zog sich demütig zurück.

Nach einem Monat Abwesenheit kam Kithaka mitten in der Nacht zu Besuch. Er ist bekannt für seine Spitzbübischkeit, so dass wir wenig überrascht waren, dass er mit einem verstauchten Knöchel auftauchte. Eine Woche später erschienen auch seine Freunde Barsilinga und Tusuja auf der Bildfläche. Sie alle sahen prächtig aus, und Kithakas Knöchel geht es schon viel besser.

Karisa und Enkikwe liebäugeln auch mit der Wildnis. Sie schleichen sich im Busch regelmäßig von den jüngeren, die noch Milch bekommen, zu den älteren. Später abends kommen sie immer wieder zurück ins Stallgelände, aber es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis sie auch die eine oder andere Nacht im Busch verbringen. Wir waren sehr überrascht, als Mteto sich der Herde Ex-Waisen mit Lualeni und Chyulu für eine Nacht im Busch anschloss. Aber es macht auch wieder Sinn, denn Zeit mit den Babys Lexi, Lulu und Cheka zu verbringen, war einfach zu verlockend!

Am 20. Juni verschwanden Maramoja, Sapalan, Sana Sana und Naboishu. Naboishu ist noch viel zu jung, um die Nächte im Busch zu verbringen, also starten die Keeper die Suche. Sie fanden die kleine Gruppe nur eine Stunde später, friedlich grasend im Wald und völlig nichtsahnend von dem Aufruhr, den sie verursacht hatten. Naboishu, der Sana Sana anhimmelt, war einfach nur seinem Kindermädchen nachgelaufen!

Wir haben im Juni viele bekannte Elefantengesichter wiedergesehen: Mutara mit Baby Mambo, Sities, Turkwel, Suguta, Kainuk, Kandecha und Kithaka haben öfter in der Nachbarschaft des Stallgeländes geschlafen. Lemoyian und Bomani waren auch oft in der Gegend, so wie auch die älteren Ex-Waisenbullen Meibei, Kilaguni, Kenze, Kanjoro, Tumaren, Orwa, Buchuma und Zurura. Naserian, Njema, Naisula, Kitirua und Namalok kamen ein paarmal vorbei, wie auch Lualeni, Lulu, Lexi, Chyulu, Cheka, Lenana, Lapa, Chemi Chemi, Garzi, Melia und die wilde Elefantenkuh (vormals bekannt als „die Verrückte“) mit ihrem Baby. Yatta und ihre Herde mit Kinna, Kama, Kaia, Sunyei, Siku, Saba, Makena und Vuria kamen nach mehr als einem Monat auch wieder einmal zu Besuch! Galana, Nasalot, Nusu, Noah und Ithumbah, die hochtragend ist, machen die Gästeliste perfekt.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: Juni 2022

Unsere Umani-Kühe sind bekannt für ihre romantischen Stelldicheins, besonders Sonje und Lima Lima, die eigentlich immer irgendeinen Verehrer im Schlepptau haben. Dieser Monat war aber eher vom Liebesleben der Bullen geprägt. Es begann mit Ngasha, der mit einer wilden Freundin auftauchte. Die Kuh schien hin und weg von Ngasha, und er wollte sie ganz offenbar seiner Familie von Menschen und Elefanten vorstellen. Leider waren Faraja und Jasiri sehr eifersüchtig auf das Liebesglück ihres Freundes und machten sich sofort an sie heran. Es sah so aus, als würde Faraja sie erobern, bis Jasiri die Oberhand gewann. Aber das ist sowieso alles hypothetisch, denn die drei Bullen sind ohnehin noch zu jung für den Geschlechtsakt. Lima Lima folgt Faraja den ganzen Tag wie ein Schatten, und das führte zu ein paar eifersüchtigen Jungbullen. Eines Morgens kam Jasiri ins Stallgelände und erwischte Faraja beim Spielen mit Lima Lima. Er verjagte Faraja, aber Lima Lima war völlig unbeeindruckt von seinem kindischen Verhalten und wollte nichts mit ihm zu tun haben. Als ob das noch nicht schlimm genug war, zog Lima Lima mit Faraja weiter.

Auch für Alamaya läuteten die Liebesglocken! Mehr als einmal haben die Keeper ihn zusammen mit einer wunderschönen wilden Kuh gesehen. Aber der Stress begann, als die junge Kuh ein Auge auf Mwashoti warf. Alamaya wollte sie unbedingt zurückgewinnen und forderte seinen Rivalen Mwashoti zu einem Ringkampf heraus. Da er um einiges älter und größer ist, war das ein leichter Sieg. Aber trotz seines Triumphs blieb die Kuh bei Mwashoti! Alamaya bat Faraja um Hilfe, aber bis die beiden soweit waren, war die Kuh bereits mit Mwashoti weitergezogen.

Kiasa ist die einzige Kuh im Kibwezi-Wald, die ihre Milchflasche selber halten und austrinken kann. Sie wurde mit ihrer Leidenschaft für die Milch geboren, ist besessen von ihren Flaschen und immer die erste bei der Fütterung. Einmal hatte Kiasa die Flasche von Kiombo geklaut, was ein riesiges Drama verursachte. Sonje eilte Kiombo zur Hilfe, aber rannte aus Versehen Kiasa über den Haufen. Die wiederum rief nach Quanza, und die beiden älteren Kühe Quanza und Sonje begannen sich zu streiten. Das Ganze schien zu eskalieren, bis Murera einschritt und dem Streit ein Ende setzte. Quanza und Sonje entschuldigten sich und besiegelten alles mit einer dicken Rüsselumarmung. Der Frieden war wiederhergestellt, und für den Rest des Nachmittags fraßen alle friedlich vor sich hin.

Diesen Monat geschah etwas besonders: Ziwa machte seine Auswilderung quasi offiziell! Er lebt nun schon seit einiger Zeit in der Wildnis und hat sich inzwischen gut in eine wilde Herde integriert. Ziwa war immer ein Beschützer der Kühe, und daher macht es Sinn, dass er sich einer wundervollen Kuhherde angeschlossen hat. Er scheint sie unbedingt seiner Waisenfamilie vorstellen zu wollen, denn er hat sie diesen Monat schon häufiger vorbei gebracht. Bei einem Besuch zeigte er ihnen die Stalltränke. Die wilden Elefanten waren sehr angespannt in Anwesenheit der Keeper, aber schienen darauf zu vertrauen, dass Ziwa sie nicht in Gefahr bringen würde. Als ein Keeper vorbei lief, erschreckte sich das kleinste Herdenmitglied und versteckte sich unter dem Bauch seiner Mutter. Als Ziwa bemerkte, dass das Baby Angst hatte, stellte er sich neben seine Mutter, um dem Baby zu zeigen, dass es sicher war. Ziwa war der Gastgeber und wollte, dass sich seine neue Familie wohlfühlte. Als er mit seiner Herde wieder im Busch verschwand, hoben die Waisen ihre Rüssel, als ob sie ihm nachwinkten, und trompeteten, als ob sie ihm zuriefen, dass sie doch bald wiederkommen sollen. Sie vermissen ihren Freund, aber sehen, dass es ihm in der Wildnis sehr gut geht.

Sonje scheint derzeit hin- und hergerissen, ob sie in der Waisenherde bleiben oder es mal mit der Wildnis versuchen sollte. Sie hat den kleinen Kiombo „adoptiert“, der auch ihr Stallmitbewohner ist. Es scheint, als wollte sie die Nächte gerne mit den „Nachtschwärmern“ und ihren wilden Freunden im Busch verbringen, will aber Kiombo nicht hängen lassen. Sie scheint ihn überzeugen zu wollen, doch einmal mitzukommen, aber Kiombo ist noch nicht soweit. Eines Abends dachte Kiombo, dass Sonje nicht nach Hause kommen würde, und wurde sehr nervös und traurig. Als Sonje später am Abend in den Stall kam, beruhigte er sich sofort.

Zongoloni ist die Anführerin der „Nachtschwärmer“, aber auch vernarrt in die kleine Kiasa. Die beiden verbringen die Tage gemeinsam, aber Kiasa braucht abends noch ihre Milch und muss im Stall schlafen. Einmal jedoch schlich sich Zongoloni mit dem kleinen Mädchen davon. Quanza schlug Alarm, als sie abends im Stallgelände feststellte, dass ihre Mitbewohnerin Kiasa fehlte. Aber Lima Lima war zur Stelle. Sie führte die Keeper etwa drei Kilometer durch den Busch, bis sie Zongoloni mit Kiasa erwischten. Die Keeper liefen mit Lima Lima und Kiasa zurück zum Stallgelände, während sich Zongoloni den „Nachtschwärmern“ anschloss. Aber irgendwann wird auch Kiasa alt genug sein, ihre Nächte im Busch zu verbringen!

Wir hatten diesen Monat auch viele Interaktionen mit wilden Tieren. Aber manchmal ist der Übermut der Waisen zu viel für die Wildtiere! Eines Morgens nahm eine wilde Kuh mit ihrem winzigen Baby Kontakt auf. Die jungen Kühe in der Waisenherde waren natürlich nicht zu bremsen und folgten ihm auf Schritt und Tritt. Lima Lima konnte sich nicht beherrschen und versuchte, sich mit dem Baby wegzuschleichen. Die Mutter machte (zurecht) einen riesigen Aufstand und verscheuchte Lima Lima. Die blieb bedröppelt bei den Keepern, während Sonje von der Mutter eingeladen wurde, ein paar schöne Stunden mit ihr und dem Baby zu verbringen.

Wir sind immer wieder davon begeistert, wie die Waisen für andere Wildtiere einstehen. Es scheint als hätten sie sich selbst zu den Beschützern des Kibwezi-Waldes erklärt. Mit den Pavianen pflegen sie eine Hassliebe, denn das sind Krawallmacher und Unruhestifter. Aber wenn es hart auf hart kommt, verteidigen sie sie. Eines Abends sahen die Paviane einen Leoparden und machten furchtbaren Lärm. Die Waisen stimmten ein und trompeteten und rüttelten an den Toren ihrer Gatter. Eines frühen Morgens hörten die Waisen ein großes Spektakel in der Nähe der Umani-Quelle. Quanza und Enkesha machten sich auf den Weg, um herauszufinden, was da vor sich ging. Ein Leopard wollte ein Büffelkalb angreifen! Quanza und Enkesha verstanden, dass sie Verstärkung brauchten, um den Angriff abzuwenden, also rannten sie zurück zum Stallgelände und mobilisierten die anderen Waisen und die Keeper. Die Waisen machten so viel Krach wie sie konnten und umzingelten die Raubkatze. Es funktionierte! Der Leopard flüchtete in den Busch und ließ sein Opfer zurück. Wie ein Wunder hatte der kleine Büffel nur einen kleinen Kratzer und konnte mit seiner Mutter wiedervereint werden. Die Keeper waren glücklich und stolz, dass ihre Schützlinge ein anderes Leben gerettet hatten.

Maktao und Enkesha sind und bleiben beste Freunde. Die Keeper dachten, sie würden sich darüber freuen, sich einen Stall zu teilen, aber das funktionierte leider nicht, denn die beiden stritten sich ständig um die Milchflaschen. Die Keeper brachten sie also in benachbarten Ställen unter, und das scheint die perfekte Lösung zu sein. Manchmal sind beste Freunde eben bessere Nachbarn als Mitbewohner!

Gegen Monatsende verbündeten sich alle, um Ngasha in seinem Liebesleben zu unterstützen. Es begann, als er mit einer seiner wilden Freundinnen auftauchte. Er schien sehr angetan von ihr, denn er hatte sie schon öfter mitgebracht. Sie verbrachten den Tag bei den Umani-Quellen, ein bisschen abseits vom Rest der Herde. Ihr romantischer Nachmittag wurde aber jäh von einem wilden Bullen unterbrochen, der Ngasha von seiner Freundin verjagen wollte. Die Waisen schlossen sich wieder zusammen, und der Bulle war so überwältigt von den vielen Elefanten, die auf einmal auftauchten, dass er sich in den Busch zurückzog. Ngasha widmete sich wieder seiner Freundin – was für ein Triumph für unseren Romeo!