Die Waisen im Juni

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: Juni 2020

Diesen Monat kam die kleine Olorien aus der Masai Mara nach Nairobi in die Nursery. Nach einigen Tagen hatte sie sich an die Keeper, ihre Milchflasche und die neue Umgebung gewöhnt und konnte in den Alltag mit der Herde eingeführt werden. Regelmäßigkeit und Routinen sind sehr wichtig für Elefantenbabys, und besonders natürlich die Gesellschaft von Artgenossen. Am 9. Juni war es nun soweit und die kleine, neugierige Olorien durfte das erste Mal mit den anderen Elefanten im Wald grasen. Nachdem die Nairobi-Waisen um 9 Uhr ihre Milch bekommen hatten, wurden sie zurück ins Stallgelände gebracht, um Olorien abzuholen. Larro und Maktao begrüßten sie zuerst, als sie übermütig aus ihrem Stall gerannt kam, aber es dauerte nicht lange und auch Maisha, Kiasa und Nabulu waren zur Stelle. Als die Waisen in den Wald liefen, war Olorien der Mittelpunkt einer kleinen Traube aus jungen Elefantenkühen, die sie alle kennenlernen wollten.

Kiasa und Maisha schienen anfangs ein bißchen irritiert, wie sie jetzt auf den Neuankömmling reagieren sollten. Sie hatten sich so an Roho und Naleku als Nesthäkchen gewöhnt und noch kein neues Waisenbaby aufgenommen seit Maisha die Rolle der Nairobi-Leitkuh übernommen hatte. Roho war nicht besonders begeistert darüber, daß er jetzt die Aufmerksamkeit teilen sollte und versuchte Olorien von Maisha und Kiasa wegzuschubsen. Aber als sich die erste Aufregung gelegt hatte, wurde Olorien freundlich in die Herde aufgenommen und Naleku war fortan ihre ständige Begleitung. Sie verteidigte ihre neue Freundin, wann immer nötig, besonders gegenüber dem eifersüchtigen Roho und obwohl sie eigenlich jünger als Olorien war – dies ist nur ein weiteres Beispiel dafür wie stark und unabhängig Naleku schon ist.

Das Wetter war typisch für Juni – trocken und kühl. Am 10. Juni regnete es ein klein wenig und die Waisen spielten in den vielen Pfützen im Wald. An den kühlen Tagen verließen die Waisen manchmal nur zögerlich ihre gemütlichen Schlaflager, aber ihre knurrenden Mägen lockten sie schließlich heraus. Im Laufe des Vormittags wurde es wärmer und gegen Mittag konnte man durchaus ein kleines Bad nehmen. Roho ist in der Regel der erste im Wasser und liebt es, auf die anderen Waisen aufzusteigen, besonders auf die älteren Kühe Maisha und Nabulu, die ihn meistens gewähren lassen.

Naboishu klettert ebenfalls gerne auf die Rücken seiner Artgenossen, besonders auf Kiasa. Insgesamt ist Naboishu allerdings ein eher ruhiger kleiner Zeitgenosse, ähnlich wie Ziwadi. Ziwadi ihrersets macht sich nicht viel aus Klettern und streunt lieber ein wenig abseits des Trubels durch den Wald und sucht nach schmackhaften Blättern. Ob ihr die Herde folgt oder nicht, ist ihr relativ egal.

Abgesehen von seiner neuen Vorliebe für’s Klettern und der Gier nach Milch, hat Naboishu sich neuerdings eine schlechte Angewohnheit von Mukkoka abgeschaut – er brüllt jetzt bei jeder Gelegenheit. Er brüllt nach seiner Milchflasche und wenn er sie hat, kollert und trompetet er selbst beim Saufen. Einige der Waisen, besonders Nabulu, Kiombo, Larro und manchmal auch Maisha finden das ziemlich nervig. Maktao hat ihn einmal verjagt, weil er nach seiner Morgenflasche wie ein Verrückter herumschrie.

Für die älteren Bullen ist es arttypisch, sich zu ringen und eine Art Hierarchie auszukämpfen. Maktao scheint anzunehmen, daß er derzeit der stärkste Jungbulle im Ring ist. Wenn er Kiombo und Mukkoka herausfordert kämpft er verbissen um den Sieg. Der tritt aber nicht immer ein, denn Mukkoka und Kiombo sind zwar kleiner als er, aber ebenfalls sehr stark. Bei den Ringkämpfen wird manchmal auch mit unfairen Mitteln gespielt – ein Kampf zwischen Maktao und Mukkoka endete abrupt, als Mukkoka seinen Kontrahenten in den Schwanz biß.

Larro geht in ihrer neuen Rolle als Kindermädchen völlig auf und beobachtet Kiasa und Maisha immer, wie sie in verschiedenen Situationen mit den Babys umgehen. Olorien schien einmal ziemlich müde nach ihrer Mittagsmilch und hielt ein Nickerchen zwischen Maisha, Larro und einigen anderen jungen Kühen. Kiasa, Maisha und Larro kümmern sich alle rührend um Olorien. Es ist noch nicht so lange her, da war Larro die Jüngste in der Nursery und inzwischen ist sie selbst ein ausgezeichnetes Kindermädchen, besonders für Roho, Naleku, Naboishu und jetzt auch Olorien.

Kiasa spielt um die Fütterungszeit herum immer noch verrückt, aber die Keeper denken, sie wird aus dieser Phase herauswachsen, besonders, wenn ihre Verantwortungen als Leitkuh steigen. Die Keeper passen immer noch auf, daß sie während der Fütterung niemanden belästigt. Manchmal lenken sie sie auch durch geschickte Manöver ab, damit sie niemandem eine Flasche klaut – das Baby, das gerade säuft, wird zum Beispiel zwischen Maisha und Nabulu positioniert.

Unsere Nashörner: Maxwell war immer noch lethargisch und wir bestellten einmal mehr den Tierarzt der Kenianischen Wildtierbehörde (Kenya Wildlife Service, KWS) ein. Die Befunde der Blutuntersuchung zeigten, daß er anämisch war. Im fehlten rote Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport im Körpfer zuständig sind und daher war er so müde. Er bekam erst einmal ein bißchen Eisen in sein Futter gemischt (das unterstützt die Blutbildung) und schon nach ein paar Tagen schien es ihm besser zu gehen. Er war wieder interessierter an den Elefantenwaisen und Maisha tätschelte ihn eines Tages sogar einmal mit ihrem Rüssel am Kopf. Er ruht sich immer noch aus, im neuen „Anbau“ seines Gegeges, wo frische Vegetation wächst und er unter herabhängenden Zweigen fressen kann.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Juni 2020

Der südliche Teil des Nationalparks Tsavo-Ost, wo auch Voi liegt, ist sichtlich ausgetrocknet. Unsere Wildhüter wurden diesen Monat von jeder Menge Waldbrände in Schach gehalten, die sich bis an die Grenzen des Parks ausbreiteten. Mittels Brandschneisen und Löschmaßnahmen konnten die Feuer gestoppt werden. Zum Glück ist das Gebiet, in dem unsere Waisen immer grasen, nicht betroffen. Wilde Elefanten jedoch haben seitdem jedoch wieder regelmäßig von unserer Stalltränke gesoffen.

Anfangs waren die wilden Herden noch sehr schüchtern gegenüber unserer Waisen, aber nach einigen Wochen gab es ein paar tolle Kontakte. Arruba, Tamiyoi, Tagwa, Pika Pika und Rorogoi waren sehr neugierig und wollten die wilden Elefanten unbedingt kennen lernen, besonders wenn sie Nachwuchs dabei hatten! Elefantenkühe können Babys einfach nicht wiederstehen, aber manchmal fühlen sich die wilden Herden dann auch von der Aufregung überrumpelt und gehen entnervt dazwischen. Ndotto war besonders froh über die neuen Bekanntschaften, denn er ist auf der Suche nach einem neuen Sparring-Partner, mit dem er trainieren kann. Mbegu hat oft keine Lust, weil er ziemlich grob werden kann und außerdem ist sie von der ganzen Angeberei genervt. Daher ist Ndottos Lieblingstrainingspartnerin immer noch Arruba. Da sie zwei Jahre älter ist als er, bringt sie für ihn wichtigen Fertigkeiten mit. Wenn Arruba nicht mit Ndotto ringt, dann kümmert sie sich um ihren Schützling Pika Pika. Mashariki versuchte einmal, sich mit Pika Pika aus dem Staub zu machen, als Arruba gerade genüßlich im Schlamm suhlte. Sie bemerkte den Komplott rechtzeitig und hielt Pika Pika zurück. Mbegu wird jetzt häufig mit ihrer kleinen Gruppe Schützlinge beobachtet, die erst kürzlich aus Nairobi angekommen waren. Besonders Emoli hat es ihr angetan. Mbegu hat auch keine Angst, ein paar wilden Elefanten Kontra zu geben, wenn sie die Badestelle zu sehr in Beschlag nehmen! Sie wird mit der Zeit sicher eine prächtige Leitkuh werden.

Während sich Tamiyoi nach dem Umzug aus Nairobi im Mai ziemlich schnell in Voi eingewöhnt hat, brauchte Tagwa ein bißchen mehr Zeit. Unsere sensible Sagala schien das zu spüren und kümmerte sich besonders um sie. Über die letzten Wochen ist Tagwa viel offener geworden und scheint sich sichtlich wohler zu fühlen. Sagala ist immer an Tagwas und Tamiyois Seite und eine beruhigende Konstante. Mbegu schien sich nicht besonders für ihre alte Freundin Tagwa zu interessieren, so dachten wir erst. Aber als sich Tagwa eines Nachmittags vor einem wilden Elefantenbullen erschrak, der sie verfolgte um Hallo zu sagen, war Mbegu als Erste zur Stelle. Elefanten haben so viele wundervolle und komplexe Arten zu kommunizieren, so daß wir manchmal nicht gleich erkennen, was sich wirklich abspielt.

Kenias inzwischen unabhängige Herde kommt immer noch regelmäßig vorbei, um mit den Keepern und den Waisen in Kontakt zu bleiben. Kenia, Ndii, Araba, Ndoria, Ishaq-B, Mashariki, Nelion und Tundani kommen meistens am Vormittag um die Zeit der Suhle, oder abends. Manchmal kommen sie auch einzeln, so wie Nelion, Mashariki und Tundani. Sie warten immer geduldig bis die Waisen ihre Milchflaschen ausgesoffen haben und begleiten sie dann zum Fressen oder Suhlen. Wenn Kenia kommt, freut sie sich immer am allermeisten darüber, Tahri zu sehen und die beiden verbringen die gemeinsame Zeit zusammen. Aber auch Ndii hat ein Auge auf Tahri geworfen und die Keeper müssen immer aufpassen, daß keine der Beiden mit ihr verschwindet. Sie ist noch zu klein für ein Leben in der Wildnis und braucht außerdem noch ihre Milch.

An den heißen Tagen genossen die Waisen die Suhle in vollen Zügen. Sie rollen sich dann ausgelassen durch das Wasser oder den Schlamm, trompeten aufgeregt oder schlugen mit ihren Rüsseln auf das Wasser ein. An einem Tag waren Nelion und Arruba so fröhlich, daß sie sogar mit den Füßen Wasser spritzten und verspielte Scheinangriffe vortäuschten. Als die Herde zum Weiterziehen aufbrach, blieben die Beiden noch eine Weile allein im Wasser. Einmal war Ndotto so enthusiastisch, daß er sich im Wasserloch auf Masharikis Kopf setzte, als sie untergetaucht war. Kenia war an diesem Tag mit ihrer Herde bei den Waisen und ihr gefiel das Verhalten ganz und gar nicht. Sie war sofort zur Stelle und bestrafte Ndotto so auffällig, daß alle Waisen schnell das Wasserloch verließen. Tahri schrie vor Schreck und zwar so laut, daß Kenia von Ndotto abließ und sich zusammen mit Ndii und Ishaq-B um Tahri kümmerte. Ndoria rollte sich an einem anderen Tag genüßlich durch das Wasserloch, aber nur Ishaq-B traute sich mit ihr zu spielen, weil sie die schlechte Angewohnheit hat, andere in den Schwanz zu beißen!

Am 22. Juni brachten uns die Wildhüter des KWS aus dem Nationalpark Tsavo-West ein Zebrafohlen, daß noch keine Woche alt war. Der kleine Hengst war in einem Dorf namens Nzukini gefunden worden, was in der Sprache der Kamba soviel heißt wie „Ort der Bienen“. Wir wissen nicht wer oder was ihn von seiner Mutter getrennt hatte, aber er endete in einer Masai-Siedlung und wir nannten ihn Nzuki. Diria, unser anderes Zebrafohlen, das von den Voi-Keepern aufgezogen wird, hat den Neuankömmling erst einmal ignoriert, aber inzwischen sind sie gute Freunde. Den Büffel-Waisen Ivia und Cheza geht es ebenfalls sehr gut in Voi, sie sind erst kürzlich aus der Nursery in Kaluku hergebracht worden und schon sehr unabhängig. Rorogoi hat sie bisher noch nicht als vollwertige Mitglieder in der Waisenherde akzeptiert und verjagt sie, wann immer er sie sieht, manchmal auch mithilfe von Arruba. Godoma unterbrach sogar einmal ihr Fressen, um die Beiden zu verscheuchen. Die ließen sich davon aber gar nicht beeindrucken und so gab Godoma auf und kehrte an ihren Freßplatz zurück. Aber auch wilde Elefanten scheinen die beiden Büffel gar nicht zu beeindrucken! Eines Tages versuchte eine wilde Herde, sie von der Suhle zu verjagen, aber sie tranken ganz unbeeindruckt bis sie fertig waren und zogen dann in ihrem eigenen Tempo weiter. Wir sind felsenfest davon überzeugt, daß es den Beiden in der Wildnis sehr gut ergehen wird, wenn sie erstmal ausgewildert werden!

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Juni 2020

Die Trockenzeit hat Tsavo wieder fest im Griff, und somit sehen wir auch einige unserer Ex-Waisen wieder häufiger, weil sie zum Saufen, Fressen und auf Besuch zu uns kommen. Ende Mai waren Turkwel, Kainuk, Kithaka, Garzi und Lemoyian nach fünf Monaten endlich wieder einmal aufgetaucht und sie sind auch den ganzen Juni über geblieben.

Ein typischer Tag unserer Elefantenwaisen begann diesen Monat meistens mit einem Guten Morgen von einigen der Ex-Waisen, die für vor dem Stallgelände schliefen und die Waisen später zum Fressen in den Busch begleiteten. Dazu gehörten Kithaka und dessen Herde als auch Mutara mit Orwa, Sities, Suguta, Chaimu, Bomani, Chemi Chemi, Kainuk, Kibo und einem jungen wilden Bullen, der sich ihnen angeschlossen hatte. Suguta und Chaimu hatten nach Mutaras Herde gesucht und stießen am 7. Juni schließlich gemeinsam mit Sities zu den Waisen. Sities war offenbar läufig und hatte ein paar interessierte wilde Bullen im Schlepptau. Wir waren froh, daß Sities sich ohne Probleme wieder in ihre Herde eingliedern konnte und die Bullen abließen. Bis auf Kanjoro war die Herde jetzt wieder vollständig, und der tauchte schließlich am 22. Juni auf. Offenbar war er mit einem wilden Freund unterwegs gewesen, den er jetzt auch mitbrachte. Kanjoro sah aus als hätte er schon länger nicht ordentlich gesuhlt und als er am Nachmittag das Wasserloch sah, lief er schnurstraks hinein und blieb dort für ein ausdehntes Bad.

Während Malkia immer noch fixiert auf Sattao, Dololo und Musiara ist, die sie offenbar an ihre Zeit in Nairobi erinnern, hat Sities nach ihrer Ankunft ihre ganze Aufmerksamkeit auf Dololo gerichtet. Sie scheint sich Hals über Kopf verliebt zu haben und weicht nicht mehr von seiner Seite. Eines Nachtmittags, es war brütend heiß, beobachteten wir die ausgewilderten Waisen Sities, Suguta und Turkwel dabei, wie sie Sattao und Dololo unter den Schatten eines Baumes brachten und dort mit ihnen blieben bis die Temperaturen wieder heruntergingen. Sities und Suguta streiten sich manchmal darum, wer von ihnen auf Dololo aufpassen darf, aber meistens einigen sie sich darauf, ihm beide zu folgen. Sities war schon immer sehr fürsorglich gegenüber Jüngeren und scheint überglücklich darüber, daß es in der Ithumba-Herde wieder drei kleine Neuankömmlinge gibt.

Siangiki verbringt die meiste Zeit mit ihrem kleinen Adoptivbruder Ambo, manchmal auch in Beleitung von Kamok, dem der kleine Bulle ebenfalls ans Herz gewachsen ist. Jotto war früher relativ ruhig, ist aber inzwischen wie ein kleiner Sack Flöhe und ständig zu Spielchen aufgelegt.
Er versucht die anderen Bullen wie Sapalan in Ringkämpfe zu verwickeln und scheint sich in Ithumba mittlerweile so richtig wohl zu fühlen. Mundusi spielt immer noch gern mit Tusuja, nutzt aber auch gerne die Möglichkeiten für Ringkämpfe mit den Ex-Waisen, um neue Tricks von den Älteren wie Bomani zu lernen. Als Mundusi Tusuja Ende Juni auf einen kleinen Kampf herausforderte, nahm er freudig an und freute sich, seinen Spielkameraden zurück zu haben. Rapa wird auch nicht außen vorgelassen und ist meistens auf der Suche nach einem gleichaltrigen Spielgefährten. Karisa und Namalok sind unsere Obermutigen – oder Übermütigen?? Namalok hat überhaupt keine Berührungsängste und nähert sich frech jedem wilden Bullen, der es ihm angetan hat. Karisa ist immer eifrig dabei, den Waisen etwas Neues zu zeigen. Einmal zogen sie morgens aus dem Stallgelände los und Karisa sah einen Büffel und entschied sich, diesen zu verjagen. Der Büffel ergriff die Flucht als er die Herde hinter Karisa sah. Nachdem Karisa sicher war, daß er den Büffel erfolgreich verscheucht hatte warf er mit Dreck um sich und zog anschließend mit Barsilinga zum Fressen in den Busch. Wir freuen uns, zu berichten, daß es Barsilingas Fuß besser geht – endlich! Ein eingetretener Dorn hat eine scheußliche Infektion verursacht, die ihm lange zu schaffen gemacht hat.

Ende Juni freuten wir uns darüber, den 12-jährigen Meibai in Begleitung von fünf wilden Bullen an der Suhle zu treffen. Er schien sehr entspannt und zufrieden. Sie suhlten sich alle im Wasserloch und einer der wilden Bullen gesellte sich später zu den Waisen in den Schatten und anschließend beim Werfen mit Dreck. Ein tolles Beispiel dafür, wie sich unsere Waisen Stück für Stück wieder in die Wildnis eingliedern. Meibei, der sein Leben ein paar Samburu-Viehhirten verdankt, bekam ihnen zu Ehren auch einen Namen, der in der Sprache der Samburu soviel heißt wie „unbezahlbar“. Er war seinerzeit als Baby, völlig allein und bewußtlos gefunden worden. Ihn jetzt so gesund, zufrieden und glücklich mit wilden Artgenossen zu sehen, erfüllt uns mit tiefer Dankbarkeit.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: Juni 2020

Der Juni war ein wirklich schöner Monat, der schon mit einem frohen Ereignis begann. Luggard und Enkesha kamen aus Nairobi an und haben sich schnell in ihrem neuen Zuhause eingewöhnt. Gleich von Anfang an war klar, daß Murera und Sonje Luggard gegen alle Eventualitäten beschützen würden. Murera folgte Luggard wie ein Schatten, vom Moment als er aus seinem Nachtlager kam bis er abends wieder hineingebracht wurde. Sie wurde sogar dabei beobachtet, wie sie Quanza oder Sonje bescheid gab, auf ihn aufzupassen, wenn sie etwas anderes zu tun hatte. Die Zuneigung beruhte auf Gegenseitigkeit, und Luggard verhielt sich Murera gegenüber wie ein Kalb gegenüber seiner Mutter. Er war so entspannt in ihrer Gesellschaft, daß er sogar, an ihre Schulter gelehnt, einschlief. Ein wundervolles Band, das da geknüpft wurde und wir freuen uns sehr für Luggard.

Die anderen Kühe warben ebenfalls um Luggard, so daß Enkesha die Gelegenheit bekam, sich ein wenig abzunabeln, was ihrem Naturell des Freigeistes durchaus entgegen kam. Sie war dahingehend die perfekte Begleitung für Luggard in dieser Übergangszeit. In den ersten Wochen nach dem Umzug hat sich Enkesha wunderbar mit den anderen Mitgliedern der Umani-Herde angefreundet. Eine überraschende Freundschaft ergab sich mit Ngasha, einem der Jungbullen der zu unseren „Nachtschwärmern“ gehört, einer kleinen Gruppe von Jungbullen, die gerne die ganze Nacht im Busch verbringen und Krach machen! Ngasha ist zwar schon älter, aber sehr freundlich und bescheiden. Das kam Enkesha gerade recht, aber auch Sonje und Murera passen auf sie auf und besonders, daß keiner der Bullen zu grob mit ihr umgeht. Quanza ist Enkeshas persönliche Leibwächterin und begleitet sie überallhin.

Murera musste diesen Monat mehrfach Ziwa und Alamaya ermahnen, die immer wieder ungezogen waren. Einmal dachten sie wohl, daß Enkesha und Luggard jetzt Spielgefährten (oder Spielzeug?) für sie waren. Noch bevor sie loslegen konnten, griff Murera ein und wies sie an, ihre Ringkämpfe anderswo abzuhalten. Seit die beiden Babys aus Nairobi angekommen waren hat Murera Alamaya dazu ermutigt, sich der halb-ausgewilderten Herde von Zongoloni anzuschließen. Alamaya scheint den Hinweis durchaus und gerne ernstzunehmen und seine Zeit mit Zongoloni und Co. zu genießen. Manchmal kommt er allerdings völlig übernächtigt und schläfrig von den nächtlichen Ausflügen zurück. Es ist erstaunlich, wie viele neue Dinge Enkesha in der kurzen Zeit schon gelernt. Sie kennt die meisten Freßplätze und sogar schon ein paar Heilpflanzen. Sie scheint bei Sonje und Murera regelrecht in die Lehre gegangen zu sein!

Luggard wächst und gedeiht unter all der Aufmerksamkeit. Lima Lima will ihm auch gerne näher sein, ebenso wie Zongoloni, aber Murera passt auf ihn auf wie ein Schießhund. Daß hauptsächlich Murera und Sonje auf Luggard aufpassen, macht allerdings den meisten Sinn, denn sie können sich am besten an sein Lauftempo anpassen, daß deutlich langsamer ist als das vom Rest der Herde. An einem Morgen gegen Monatsende waren wir überrascht zu sehen, daß Jasiri als Letzter der „Nachtschwärmer“ zurück kam. Zongoloni, Ngasha, Faraja und Ziwa waren lange vor ihm angekommen. Er hatte offenbar Spaß mit wilden Artgenossen, aber wir erinnern uns, daß er vor zu nicht all zu langer Zeit noch Angst hatte, die Nächte überhaupt im Busch zu verbringen! Was für eine tolle Entwicklung! „Die Nachtschwärmer“ kommen sonst meistens morgens zusammen zurück zum Stallgelände.

Während wir uns über die Ankunft von Luggard und Enkesha in Umani und deren gute Einwöhnung freuten, hing dennoch auch ein Schatten über dem sonst so schönen Monat. Ndugu, unser wilder Elefantenfreund starb an seinen schweren Verletzungen, die er sich in einem Kampf zugezogen hatte. Er war für die Umani-Herde wie ein großer Bruder und allen mit seiner sanftmütigen Art ein gern gesehener Gast. Faraja schien besonders traurig über den Verlust, aber suchte sich wenig später einen neuen wilden Freund. Auch Shukuru hat die Ankunft von Enkesha und Luggard beflügelt. Sie scheint nach längerer Zeit der Behandlung endlich wieder fit und blühte in den letzten Wochen regelrecht auf, legte auch an Gewicht zu. Die Krankheitsursache bleibt weiter ein Rätsel, aber wir freuen uns, daß es ihr jetzt besser geht.