Die Waisen im Mai

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: Mai 2022

Alle Waisen-Elefanten in unserer Obhut haben durch irgendein Unglück ihre Mutter verloren. Daher ist es umso rührender, sie heute so glücklich in ihrer Ersatz-Familie zu sehen. Eines Morgens sprühten Naleku, Kindani, Kinyei, Olorien und Roho nur so vor Energie, als sie das Stallgelände verließen. Sie trompeteten und kollerten enthusiastisch vor sich hin. Ihre gute Laune war ansteckend und der Rest der Herde machte es ihnen nach. Es klang fast so, als würden sie zusammen ein Lied singen, als sie in den Wald marschierten.

Die Umzüge nach Tsavo pausieren erst einmal, bis es dort geregnet hat. Roho, Oldepe und Neshashi üben aber weiterhin fleißig das Einsteigen in die Anhänger des Lkw. Sie sind inzwischen sehr entspannt dabei und genießen ihre Milch an Bord. Neshashi schleicht sich sogar manchmal von der Herde davon und wartet am Lkw auf einen kleinen Milch-Snack, sogar zwischen den Mahlzeiten! Weil sie wegen des Trainings so viel Zeit zusammen verbracht haben, sind Roho, Oldepe und Neshashi sehr enge Freunde geworden. Sie scheinen zu ahnen, dass sie bald umziehen und nabeln sich von der Waisen-Herde ab. Das sehen wir oft, und es hilft auch den Jüngeren, die in Nairobi bleiben, dann fällt der Abschied nicht so schwer.

Da Roho und Oldepe nicht mehr so viel Zeit mit der Nursery-Herde verbringen, sind Bondeni und Esoit Spielgefährten geworden. Sie starten ihren Tag mit einer Runde Haschen im Stallgelände, im Wald geht es dann weiter, richtet sich aber dann an die jüngeren Elefanten. Die älteren Kühe lassen sie für eine Weile gewähren, bevor sie das Spiel beenden und die beiden wegschicken. Wenn Kindani und Naleku sie nicht bremsen würden, käme niemand mehr zum Fressen. Taabu hat sich Bondeni und Esoit angeschlossen, und es ist schön, ihn mit den älteren Jungbullen ringen zu sehen. So lernt er wichtige Dinge, die ein Bulle in der Wildnis wissen muss. Einmal versuchte er sogar, in einen ihrer Zweikämpfe einzugreifen, obwohl sie viel größer sind als er. Er ging auf sie zu, flatterte mit den Ohren und schüttelte seinen Kopf – ein beeindruckendes Schauspiel und Zeugnis seines wachsenden Selbstbewusstseins.

Naleku ist eine schwer einzuschätzende Leitkuh. Sie ist sehr fürsorglich, wenn es um ihre geliebte Kerrio geht, aber gegenüber den Jungbullen in der Herde ist sie nicht besonders freundlich, besonders mit Taabu, Choka, Mukutan und Lorigon ist ist sehr streng.

Kindani ist inzwischen zur Oberaufseherin der Nursery-Herde geworden. Ihr auserwählter Schützling ist Bondeni, mit dem sie seit den Tagen in der Neugeborenen-Station in Kalulu zusammen aufwächst. Aber sie weiß auch sehr gut, dass Bondeni Quelle von viel Unfug ist und zögert nicht, ihn darauf hinzuweisen oder gar zu bestrafen, wenn er zu weit geht. Kinyei ist das dritte Mitglied des „Kaluku-Trio“; die kleine Kuh ist ein Wildfang und spielt am liebsten mit den Bullen. Aber wenn Kindani Unterstützung braucht, ist sie sofort zur Stelle.

Unser kleiner Tingai wird jeden Tag kräftiger. Er und Lodo sind die sanftmütigsten und entspanntesten Bullen, die man sich vorstellen kann. Sie sind meist abseits von jeglichem Chaos beim Fressen zu finden. Eines Morgens verschwanden die beiden mit ein paar anderen Waisen in den Busch. Die Keeper wollten sie suchen, aber Tingai führte sie schon zum Fressen. Lodo hatte die Milchfütterung auf dem Schirm und brachte alle rechtzeitig zurück – wir waren sehr stolz auf ihn!

Der kleine Mukutan ist ein Unruhestifter, besonders während der Milchfütterung und des mittäglichen Schlammbads. So, wie sie es vorher mit Kiasa gemacht haben, füttern die Keeper ihn jetzt zuletzt, damit er die anderen nicht laufend beim Fressen stört. Aber manchmal gelingt es ihm halt, sich vorzudrängeln und doch mit der ersten Gruppe zur Milchfütterung and die Suhle zu kommen. Dann rennt er von Waise zu Waise und versucht deren Milchflasche zu stibitzen. Wenn es ihm nicht gelingt, brüllt er so laut wie er mit seinen kleinen Lungen schreien kann. In der Regel schreitet dann Olorien ein. Sie duldet keine Mätzchen, und wenn sie Elefanten ermahnt, aufzuhören, dann hören sie auf. Suguroi ist Olorien sehr ähnlich. Für Dummheiten hat sie kein Verständnis. Einmal versuchte Taabu, eine Flasche aus der Schubkarre zu klauen, aber Suguroi rannte herbei und verscheuchte ihn, noch bevor die Keeper irgendetwas unternehmen konnten.

Als er in der Nursery ankam, war Lorigon sehr nervös in Gegenwart der Keeper. Aber er hat inzwischen viel Zeit mit Tingai, Lodo, Mukutan, Olorien und Suguroi verbracht, die ihre Keeper abgöttisch lieben. Das hat ihm geholfen, Vertrauen zu fassen, und sich einzuleben. Er scheint sich inzwischen sehr wohl bei den Keepern zu fühlen und verscheucht sie nicht mehr wie zu Beginn.

Unser kleiner Choka hat sich eines Abends furchtbar erschrocken, als ein kleiner, murmeltierähnlicher Schliefer aus seinem Stall geflitzt kam. Choka drehte sich auf den Fersen um und rannte geradewegs zurück in den Wald. Den Keepern gelang es aber, ihn zu beruhigen und zurück zu seinem Stall zu bringen. An der Schwelle blieb er jedoch stehen und weigerte sich hineinzugehen. Es könnten ja weitere Schliefer lauern! Die Keeper versuchten alles: Sie lockten ihn mit Milch, gingen zuerst hinein, um ihm zu zeigen, dass alles sicher war, aber es dauerte 20 Minuten, bis er sich wieder traute.

Der 13. Mai war ein besonderer Tag für Ziwadi, die in ein Freihege umzog und fortan unter freiem Himmel schlafen konnte. Die Keeper brachten Ziwadi zwischen Neuankömmling Sileita und Lorigon unter. Sie lief ohne zu zögern hinein und machte es sich sofort gemütlich, indem sie Lorigons Grünfutter klaute. Ziwadi ist bekannt für ihren Appetit, also mussten die Keeper Lorogois Portion schnell außer Reichweite bringen. Aber Ziwadi ist immer so lieb zu ihm, dass Lorigon ihr gerne ein paar Zweige abgab.

Nach einer langen Zeit hatte Ziwadi später wieder einen epileptischen Anfall. Die Keeper wussten zum Glück genau, was sie zu tun hatten, nämlich sie beruhigen und es in den darauffolgenden Tagen etwas ruhiger angehen lassen. Sie wird vielleicht nie ganz anfallsfrei sein, aber alles in allem sind wir zufrieden mit ihren Fortschritten und müssen sie einfach weiter beobachten.

Auch Sagateisa und Kamili machen große Fortschritte. Bei ihrer Ankunft in der Nursery waren beide so abgemagert, dass die Keeper nicht sicher waren, ob sie durchkommen würden. Aber seitdem haben sie gut zugenommen und sehen sehr gesund aus. Sagateisa und Kamili sind sich sehr ähnlich und inzwischen so eng befreundet, dass sie schon morgens gemeinsam aus ihren Ställen kommen. Sie halten sich gerne in der Nähe der Keeper auf und fressen auch nie weit entfernt von ihnen.

Latika hängt besonders an Sagateisa und Kamili. Sie ist so lieb und herzlich. Als ein Neuankömmling neben ihr im Stall einquartiert wurde, sah sie ständig nach ihr und kollerte tröstend. Sie änderte sogar ihre Schlafposition und lehnte sich an die Wand zu ihrer neuen Nachbarin, damit sich diese nicht einsam fühlte.

Unsere Kerrio ist wie ausgewechselt. Wenn man sie so herumflitzen sieht, kann man gar nicht glauben, dass ihre Hinterbeine fast gelähmt waren, als sie in der Nursery ankam. Manchmal vergisst sie ihre Manieren, weil sie genau weiß, dass sie auf die Unterstützung der älteren Kühe zählen kann. Aber sie übt auch, sich allein durchzusetzen und selbständig zu werden. Kerrio streitet des öfteren mit Mukutan, die beiden verbindet eine Art Geschwisterliebe.

Um Rama machen wir uns weiterhin große Sorgen, denn seit ein paar Monaten geht es ihm immer schlechter. Wir haben Kontakt zu mehreren Tierärzten und denken alle möglichen Optionen durch. Es scheint, dass Rama die Blount-Krankheit hat, eine erblich bedingte Knochenwachstumsstörung. Je größer er wird, desto schlimmer wird es für ihn. Seine Hinterbeine sind stark geschwollen, und er kann nur sehr schlecht laufen. Die Keeper lassen ihn nur in der Nähe des Stallgeländes herumlaufen, und das scheint ihm gutzutun. Wir sehen von Tag zu Tag, wie es ihm geht, und wollen ihm das Leben einfach schmerzfrei und so bequem wie möglich machen.

Der Monat endete sehr lustig, und überraschenderweise war Bondeni Quell der Freude. Er hat an der Suhle eine regelrechte Show abgezogen und jagte die Warzenschweine. Die Keeper wollten einschreiten, aber Bondeni war nicht zu beruhigen. Schließlich hat die große Warzenschwein-Mutter die Mätzchen beendet. Sie rührte sich nicht von der Stelle und drohte ihm, was Bondeni so erschreckte, dass er schreiend zur Herde zurückrannte!

Unser Nashorn: Maxwell, unser blindes Nashorn, war diesen Monat gut drauf. Wie die Elefanten freut er sich sehr auf sein Grünfutter und Luzerne-Pellets. Weil er nicht sehen kann, hat er ein großes Gehege, aber er ist nie einsam und hat immer viel Gesellschaft. Sobald er die Keeper hört, steht er an seinem Tor und will unter dem Kinn oder hinter den Ohren gekratzt werden. Diese Vorliebe hat er, seit er ganz klein war, und man kann ihn sogar bis in ein Nickerchen kraulen!

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Mai 2022

Der Mai begann mit einem unerwarteten Zuwachs. Am Nachmittag des 1. Mai erhielten wir einen Anruf, dass in der Nähe des Jipe-Sees eine Elefantenwaise entdeckt wurde. Die Keeper machten sich auf den Weg in Richtung Grenze zu Tansania und brachten ein Elefantenmädchen  nach Voi. Sie war schon älter, aber sehr schwach. Daher beschlossen wir, sie nicht erst in die Nursery nach Nairobi zu bringen. Wir nannten sie Juni, und sie erholte sich den ganzen Monat von ihren Strapazen.

Unsere Voi-Herde ist voller Angeber, aber es gibt auch einige Waisen, die das Scheinwerferlicht meiden. Godoma zum Beispiel ist lieber Zuschauer als Hauptdarsteller. Tahri scheint es nach einem Jahr in der Wildnis wieder richtig gut in Voi zu gefallen, aber sie schaut dem Spektakel auch lieber vom Rande aus zu. Lasayen und Murit gehören in der Regel auch in diese Kategorie, aber an einem Morgen haben sie uns überrascht, als sie einen kleinen Ringkampf begannen. Murit beruhigte später Emoli, der in der Regel bei jedem Chaos im Mittelpunkt steht. Man konnte die beiden jungen Bullen sehen, wie sie die Köpfe zusammensteckten, sich bei den Rüsseln hielten und eine intensive ‚Besprechung‘ hatten.

Die meisten Dreckduschen spielen sich in den frühen Morgenstunden ab, nur einmal unterbrach Rorogoi das Muster und nahm ein ausgedehntes Bad im Dreck im Schatten einer Akazie. Sie war so enthusiastisch, dass Thamana sich entschloss mitzumachen.

Mudanda ist wie ausgewechselt, seit sie Lemeki und Thamana als ihre kleinen Schützlinge adoptiert hat. Ndotto lädt sie nicht einmal mehr zu Ringkämpfen ein, weil er weiß, dass ihre neue Ersatzmutter-Rolle ihre ganze Zeit einnimmt. Mudandas Wandlung ist hauptsächlich Ndotto geschuldet. Sie war immer relativ schnell gereizt, aber Ndotto hat es geschafft, ihren weichen Kern hervorzubringen, und ihr beigebracht, wie sie besser mit den anderen Elefanten auskommt.

Suswa hätte Thamana und Lemeki am liebsten ganz für sich allein, aber sie weiß, dass sie sich das ‚Sorgerecht‘ mit Mudanda teilen muss. In der Tat passen alle Waisen genau auf, wenn Mudanda einmal abgelenkt ist, so dass sie Zeit mit den Jüngeren verbringen können. Als Ndotto eines Nachmittags bemerkte, dass Mudanda sich ausgiebig am Affenbrotbaum schubberte, nahm er seinen Mut zusammen und lud Lemeki auf einen Ringkampf ein. Als Mudanda später sah, dass Thamana mit Rorogoi spielte, kam sie angerannt und schubste Rorogoi aus dem Weg. Als sie sich gerade wieder beruhigt hatte, bemerkte sie, dass Lemeki und Ndotto spielten. Sie rannte also hinüber und brach auch dieses Spiel ab. Sie hatte ordentlich Stress, ihre beiden Schützlinge wieder zusammenzutrommeln!

Pika Pika ist und bleibt argwöhnisch gegenüber Lemeki und Thamana. Vor deren Ankunft war sie das jüngste Mitglied der Voi-Herde und genoss alle Annehmlichkeiten eines Nesthäkchens. Während der Milchfütterung rennt Pika Pika meist direkt hinter ihrer großen ‚Schwester‘ Arruba, so dass sie möglichst nicht mit Lemeki und Thamana in Kontakt kommt. Aber sie braucht sich nicht zu sorgen, denn Arruba passt auf Pika Pika auf wie auf ihren Augapfel.

Diesen Monat hatten wir wieder viele interessante wilde Besucher an der Suhle unter dem Affenbrotbrotbaum und manchmal auch an der Stalltränke. Unsere jungen Kühe waren wie immer hellauf begeistert, wenn die wilden Elefanten Nachwuchs dabei hatten, und sie versuchten, den Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Aber oft sind die Kindermädchen und älteren Schwestern zu beschützerisch, und es gibt kaum ein Herankommen.

Am 10. Mai besuchte uns Ex-Waise Nguvu, den wir 2016 gerettet hatten. Er kam erst spätabends zusammen mit ein paar wilden Elefanten, als die Waisen schon in ihren Nachtlagern waren. Er kollerte sanft ein paar Grüße, bevor er mit seinen Freunden wieder in der Nacht verschwand. Wir hatten ihn schon über ein Jahr nicht mehr gesehen und freuten uns, wie gesund er aussah.

Tamiyoi und Sagala führen die Waisen an den meisten Tagen zum Fressen in den Busch. Sie sind sich immer sehr einig, wohin sie die Herde führen sollen, und die Waisen folgen ihnen vertrauensselig. Wenn es um andere Dinge geht, ist Tamiyoi oft weniger entschlussfreudig. Eines Nachmittags stand sie am Ufer des Wasserlochs und konnte sich ewig nicht entscheiden, ob sie nun hineinsteigen sollte oder nicht. Tagwa half ihr bei der Entscheidungsfindung und schubste sie von hinten ins Wasser. Embu dagegen braucht keine Entscheidungshilfe, wenn es ums Baden geht. An einem Nachmittag war es bewölkt und kalt, und die Waisen wollten nicht baden – außer Embu. Sie schmiss sich ins Wasser und genoss, dass sie die Suhle ganz für sich allein hatte, während die Herde vom Ufer aus zusah.

Ngilai ist offensichtlich verknallt in Tagwa, aber wir denken, dass diese Art der Gefühle nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Er versucht sie immer von der Herde wegzulocken, um mit ihr allein zu sein, und eines Tages wollte er auf sie aufsteigen, aber sie suchte schnell das Weite. Ngilai schloss seine Augen und biss sich vor Frust auf den Rüssel. Mal sehen, ob es ihm gelingt, Tagwas Herz zu erobern.

Am Ende des Monats ging es Juni schon viel besser. Sie hat sich an die Milchflasche gewöhnt und auch an die Keeper. Die Waisen haben sie sehr herzlich willkommen geheißen und statten ihr täglich einen Besuch ab.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Mai 2022

Es ist unglaublich, aber es hat in Ithumba immer noch nicht geregnet. Jeden Morgen das gleiche Bild: strahlend blauer, klarer Himmel. Sowohl die Waisen als auch die Keeper wissen, dass ihnen ein weiterer heißer und trockener Tag bevorsteht. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn es  jetzt noch regnen würde. Es stehen uns also wieder harte Monate bis zur nächsten Regenzeit im November bevor.

Karisa hat sich seinen Spitznamen „Überlebenskünstler“ wirklich verdient. Er liebt es, die Waisen morgens zum Fressen in den Busch zu führen, und weiß immer genau, wohin er sie bringen muss. Nabulu und Larro sonnen sich in seinem Erfolg, wenn sie die Waisen vom Fressplatz zur Mittagsmilch-Fütterung bringen und abends zurück ins Stallgelände. Unsere Ithumba-Waisen lassen oft die jüngeren Kühe führen, damit sie Erfahrung und Selbstbewusstsein bekommen.

In der Zwischenzeit werden die älteren Waisen immer unabhängiger. Die „Rumtreiber“, angeführt von Oltayioni, kommen und gehen, wie es ihnen gefällt. Wenn sie überhaupt zum Stallgelände kommen, dann meistens, wenn die Waisen schon schlafen. Rapa und Karisa liebäugeln ebenfalls mit dem Leben in der Wildnis und nehmen Dololo gerne auf Ausflüge mit. Allerdings wissen sie, dass Dololo noch zu jung ist und die Keeper sich schnell auf die Suche machen würden. Also lassen sie ihn bei längeren Ausflügen beim Rest der Herde. Mukkoka ist einer der jüngsten Bullen der Ithumba-Herde, aber er fühlt sich pudelwohl in seiner Ersatz-Familie. Inzwischen ist er auch schon selbstbewusst genug, die anderen Bullen zu einem Ringkampf herauszufordern – am liebsten Sattao, denn der ist nicht zu grob und trotzdem stark.

Die jungen Bullen verehren die wilden Besucher, aber sind meistens zu schüchtern, um sich mit ihnen bekannt zu machen – außer Sapalan! Sobald er einen wilden Bullen an der Stalltränke sieht, läuft er schnurstracks auf ihn zu und macht sich bekannt. Die Keeper meinen, es scheint, als ob er die älteren Besucher immer mit jeder Menge Fragen löchert!

Mutara, Baby Mambo, Suguta, Sities, Turkwel, Kainuk und Kalama halten sich immer noch in der Nachbarschaft auf. Mutara weiß, dass sie ein Neugeborenes mit großem Hunger hat und sie genug Futter und Wasser braucht, um für ihn genug Milch zu haben. Mambo ist ihr erstes Baby, aber sie hat ausgezeichnete Mutterinstinkte. Sie bleibt in der Gegend, weil sie weiß, dass sie hier im Notfall immer Hilfe bekommt. Seit Mambo geboren wurde, hat sich Malkia selbst zu seinem Ehren-Kindermädchen ernannt. Das ist keine leichte Aufgabe, denn Mutaras Herde ist sehr wachsam! Aber ihre Hartnäckigkeit zahlte sich irgendwann aus, und Mambos Kindermädchen lassen den kleinen Bullen jetzt öfter einmal kurz in der Obhut von Malkia. Ihre Freunde in der Ithumba-Herde bewundern sie dafür! Eines Nachmittags sahen Ndiwa, Maramoja und Musiara Malkia beim Babysitten und wollten sich dazugesellen. Es war wundervoll zu beobachten, dass Mutaras Herde ihnen das erlaubte – was für ein tolles Erlebnis!

Mambo ist ein richtiger kleiner Frechdachs. Eines Morgens kam er mit seiner Mutter an die Stalltränke, wo bereits ein Büffel soff. Mambo schien ihm zu drohen und hatte überhaupt keinen Schimmer über die Größenverhältnisse. Aber die Kindermädchen waren schnell zur Stelle, umringten ihn und hielten ihn davor ab, den Büffel weiter zu provozieren.

Sana Sana vergöttert Naboishu und spielt ungeniert mit ihm. Aber gegenüber den anderen Jungbullen ist sie längst nicht so großherzig. Sie streitet viel mit Mapia, mit dem sie im Gehege der „3. Klasse“ untergebracht ist. Daher wurde sie schnell in die nächstältere Gruppe versetzt, und wir hoffen, dass sie dort ihre Manieren wieder erlernt. Am Morgen nach ihrer Versetzung wollte Sana Sana ihrem Ärger Luft machen und suchte sich ausgerechnet einen Büffel an der Stalltränke als Ventil aus. Aber der Büffel wich nicht von der Stelle und tat, als wäre nichts, was Sana Sana nur noch mehr verärgerte. Aber im Vergleich zu Kamok ist Sana Sana ein Engel. Kamok ist schon immer unfreundlich, besonders gegenüber jüngeren Artgenossen. An einem Nachmittag war Lualeni mit ihrem Nachwuchs Lexi auf Besuch, die zu Kamok lief, um sie zu begrüßen. Anstatt sich zu freuen, schubste Kamok das Baby grob aus dem Weg. Mteto und Esampu waren schnell zur Stelle und brachten Lexi zu ihrer Mutter zurück, so als ob sie sich für das Benehmen ihrer Freundin Kamok entschuldigen wollten. Kamok schien von alldem unberührt. Ambo ist der einzige junge Elefant, den sie mag. Wahrscheinlich ist Kamok aus ähnlichem Holz geschnitzt wie Wendi. Die ist inzwischen 19 Jahre alt und hat selber zwei Babys, ist aber immer noch ziemlich grob. Während einem ihrer Besuche schubste sie Turkwel ohne ersichtlichen Grund. Das setzte eine Kettenreaktion in Gang, denn Turkwel fiel auf Mambo, und die Keeper mussten schließlich eingreifen, um Turkwel wieder auf die Beine zu helfen und Mambo zu befreien. Wendi zog weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen. Vielleicht war es ihr auch einfach peinlich, dass sie solch ein Chaos verursacht hatte, oder sie war sich gar nicht darüber im Klaren, dass sie etwas falsch gemacht hatte.

Klein-Ambos Fokus liegt im Moment einzig und allein darauf, an seinen eigenen Ballen Luzerne zu kommen. Fast jeden Tag schleicht er direkt von seinem Stall zum Luzerne-Lager. Aber die Keeper kennen seinen Plan und verriegeln das Futterlager inzwischen.  Nur  einmal am Monatsende hatten sie das vergessen, und Ambo nutzte sofort die Gelegenheit, stahl einen Ballen Luzerne und war sehr stolz auf sich. Nachdem sein Freund Jotto einen Teil seiner Beute gefressen hatte, wollte er Nachschub holen, aber die Keeper hatten das Futterlager inzwischen wieder verschlossen.

Wegen der Dürre sind die Waisen fast ausschließlich mit der Futtersuche beschäftigt. Einzig allein die Suhle wird in den Alltag eingebunden. An einem Nachmittag beobachteten Pare und Sattao einen wilden Bullen, der sich mit roter Erde bedeckte, nachdem er im dunklen Schlamm gesuhlt hatte. Er sah aus, als hätte er sich angemalt. Die beiden Waisen wollten es ihm nachmachen und waren lange damit beschäftigt, sich mit der roten Erde zu verschönern.

Diesen Monat kamen weniger wilde Besucher als im April, was uns zeigt, dass es in anderen Teilen Tsavos offenbar geregnet hat. Welch ein Glück für die Tsavo-Elefanten! Aber es kommen immer noch viele wilde Dickhäuter vorbei, und viele von ihnen sind unsere Ex-Waisen. So zum Beispiel Chyulu, Cheka, Wendi, Wema, Galana, Lenana, Lapa, Naserian, Njema, Loijuk, Lili, Kitirua, Naisula, Narok, Lualeni, Lulu, Lexi, Olare, Nasalot, Nusu, Noah, Ithumbah, Kilaguni, Kibo, Tomboi und Teleki. Wie immer versuchen wir auch die Wildtiere in schwierigen Zeiten wie diesen zu unterstützen, indem wir die Tränken immer wieder mit Wasser befüllen. Eines Morgens kamen sechs wilde Bullen noch vor der Dämmerung, aber die Tränke war über Nacht ausgesoffen worden. Die Bullen warteten geduldig, bis es hell wurde und die Tränke neu befüllt war. Sobald der Tankwagen abfuhr, kam direkt eine wilde Herde mit einigen Babys und tranken ebenfalls. Wir freuen uns, dass die wilden Elefanten im Norden Tsavos wissen, wohin sie sich in Not wenden können.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: Mai 2022

Für unsere Umani-Herde begann der Mai mit ein paar überraschenden Begegnungen im Busch. Zuerst überquerte eine große Schildkröte den Pfad, genau vor den Elefanten, und weil sie sich vorsichtshalber in ihren Panzer zurückzog, bemerkten die Waisen sie zuerst gar nicht. Aber irgendwann entdeckten Murera und Mwashoti den mysteriösen ‚Stein‘ auf dem Weg und begannen, ihn zu untersuchen. Mwashoti gab der Schildkröte einen kleinen Tritt, Murera schnüffelte daran und gab Mwashoti zu verstehen, dass es sich um ein Lebewesen und keinen Stein handelte. Mwashoti traute seinen Augen kaum, als die Schildkröte aus ihrem Panzer herauskam und versteckte sich im Gebüsch! Später, noch am gleichen Tag, rannten Lima Lima und Zongoloni in einen schlafenden Büffel auf dem Gipfel der Umani-Berge. Der Büffel war sehr entspannt und weigerte sich, aufzustehen und seinen Schlafplatz aufzugeben. Lima Lima und Zongoloni versuchten es mit Trompeten und Ohrenflattern, aber mussten irgendwann Jasiri und Ngasha zur Verstärkung rufen.

Sonje ist eine außerordentliche Leitkuh, aber ihre Hormone vernebeln ihr manchmal ein wenig das Urteilsvermögen. Anfang des Monats führte sie die Waisen tiefer und tiefer in den Wald, bis die Waisen ihr nicht weiter folgen wollten. Enkesha hielt Maktao und Kiasa zurück und wurde dabei von Quanza unterstützt. Sonje hatte offenbar eine Verabredung mit ihrem Verehrer, Osama, und kehrte kurz darauf zurück. Da Umani wegen seiner Quellen ganzjährig Frischwasser hat, ist es hier während der Trockenzeit deutlich grüner, und von der Dürre spürt man hier nicht viel. Den ganzen Monat über sahen wir Wildtiere, von Buschböcken mit winzigen Jungtieren über Pavian-Trupps und Büffel-Herden, ein Beweis dafür, wie wichtig die Quellen für die hiesige Fauna sind.

Obwohl Ngasha nicht länger im Stallgelände schläft, verbringt er die meisten Tage mit den Waisen. Wir meinen, dass er seine Dominanz als Jungbulle demonstriert und denkt, die Waisen seien seine Herde. Wann immer Jasiri in der Nähe ist, verzieht er sich. Kiasa war in der Nursery lange Zeit bekannt als Unruhestifter, und obwohl sie prinzipiell viel ruhiger geworden ist, kann sie sich den ein oder anderen Spaß nicht verkneifen. Im Moment tut sie immer wieder so, als hätte sie eine besonders gruselige Kreatur im Busch gefunden, auch wenn es sich nur um etwas Harmloses wie einen Schliefer handelte. Eines Nachmittags kam sie zu den Keepern gerannt und flatterte wild mit ihren Ohren, was wiederum Maktao erschreckte. Aber es stellte sich schnell heraus, dass sie lediglich einen Hammerkopf-Vogel entdeckt hatte.

Zu Beginn des Monats gingen Mwashoti und Faraja mit Zongoloni auf Safari, kehrten aber nach einigen Tagen wieder zurück. Murera war außer sich vor Freude, als sie Mwashoti wieder sah und begrüßte ihn wie einen verlorenen Sohn. Als sie mitbekam, dass er wieder da war, humpelte sie so schnell, wie es ging, zu ihm. Murera läuft wegen ihres verletzten Beins meistens hinter allen anderen, so dass sie eine Pause machen kann, wenn nötig. Außerdem hat sie von hinten alle im Blick, und wenn sie kollert, ist das für Mwashoti das Signal, von vorne zu ihr zu kommen. Sie war überglücklich, ihren liebsten Freund zurückzuhaben.

Am nächsten Tag hatten die Waisen ein ziemlich aufregendes Erlebnis. Eine Herde wilder Elefanten schien auf dem Pfad der Waisen regelrecht auf sie zu warten. Sie hoben ihre Rüssel, begrüßten sie und wollten den Waisen ihren Nachwuchs vorstellen. Sonje und Quanza führten das Begrüßungskommittee an, aber Kiombo bekam kalte Füße und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon. Er hatte offenbar kein Interesse daran, wilde Elefantenbabys kennenzulernen. Im Prinzip war er furchtbar eifersüchtig, weil Sonje ihn links liegen ließ. Aber Sonje kollerte ihm liebevoll zu und forderte ihn auf, zurückzukommen, was er auch tat.

Die Umani-Herde hatte im Mai fast täglich Begegnungen mit Wildtieren, und die wilden Elefanten im Kibwezi-Wald haben sich gut an die Waisen-Patchworkfamilie gewöhnt. Wann immer sie Nachwuchs haben, kann Lima Lima vor Aufregung nicht an sich halten – sie liebt Babys über Alles! Alamaya ist für gewöhnlich ein Jungbulle mit guten Manieren, aber diesen Monat hat er eine Grenze überschritten, als er versuchte, sich einen Ast aus Quanzas Maul zu schnappen. Als diese sich genervt von ihm wegdrehte, schubste er sie von hinten. Quanza war geschockt und zeigte ihm deutlich, dass sie stärker als er ist und seinen Respekt verdient.

Am 14. Mai tauchte Ziwa nach langer Zeit mit einer wilden Kuhherde auf, die ihn offenbar adoptiert hat. Die Keeper freuten sich und hießen ihn mit einer Flasche Milch und Luzerne-Pellets willkommen. Die anderen Waisen waren bereits in ihren Nachtlagern, kollerten allerdings laut, um ihrem alten Freund „Hallo“ zu sagen. Ziwa kam den Rest des Monats noch mehrmals vorbei. Sonje scheint die begehrteste Elefantenkuh im Kibwezi-Wald zu sein. In der zweiten Monatshälfte kam ein riesiger Bulle aus dem Wald und stellte ihr nach. Es war nicht Osama, ihr langjähriger Verehrer, sondern ein bisher unbekannter Bulle. Sie lief mit ihm in den Wald, und er legte zärtlich seinen Rüssel über ihre Schulter.

Zongoloni versucht schon seit längerem, Kiasa in die Gruppe der „Nachtschwärmer“ zu entführen, aber Kiasa ist immer noch viel zu jung, um in der Wildnis zu leben! Zongoloni hatte zumindest einen kleinen Teilsieg, als es ihr gelang, Kiasa für ein paar Stunden zu kidnappen. Sie hat ihn erst spätabends zurückgebracht, als die Waisen schon ihre Abendflasche hatten. Maktao bekam daher Kiasas Milch, und Kiasa ging leer aus.

Maktao und Kiombo beginnen ihren Tag meistens mit einem kleinen Ringkampf im Stallgelände. Eines Morgens waren sie wie üblich dabei, ihr Programm zu starten, aber Sonje ging dazwischen, um ihren Kiombo zu beschützen. Es war nicht einfach für sie, und sie wurde wütend, denn Maktao und Kiombo hatten viel Spaß zusammen. Enkesha eilte Sonje irgendwann zu Hilfe und lockte Maktao weg, während Kiombo sich zu Sonje gesellte. Für Kiombo endete der Monat mit einer Peinlichkeit. Er lud Alamaya auf einen kleinen Ringkampf ein, aber als er ihn nichtsahnend an seinem Schwanzstummel berührte, wurde Alamaya wütend und schubste Kiombo den Hang hinunter. Kiombo bedauerte sich eine Weile selbst, wurde dann aber von Zongoloni und Sonje getröstet, die ihn eine Weile unter ihren Bäuchen stehen ließen.