Die Waisen im November

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: November 2020

Der November ist immer geprägt von der Vorfreude und Erwartung auf die kurze Regenzeit, die normalerweise um diese Zeit beginnt. So durchwachsen wie das Wetter in Nairobi war auch die Laune der Waisenelefanten diesen Monat! An manchen Tagen konnten sie vom Spielen im Matsch und den neuen Pfützen nicht genug bekommen, aber wenn es zu kalt und regnerisch war, wollten sie kaum ihre gemütlichen, mit Heubetten ausgestatteten Ställe verlassen.

An einem Morgen sah es nach stundenlangem Regen nicht danach aus, als sich die Sonne an diesem Tag noch einmal blicken lassen würde. Die Keeper entschieden dann einfach, die Stalltüren offen zu lassen und zu beobachten, wer heraus kommen würde und wer nicht. Mukokka, Maktao und Naboishu waren die Ersten, die heraus kamen und offensichtlich lieber im Regen fressen wollten, als den ganzen Tag im Stall abzuwarten. Für Bondeni, Kinyei, Kindani, Olorien und Ziwadi ist das Fressen im Regen noch keine Option. Sie hatten als Babys Lungenentzündung und sind anfälliger für kaltes Wetter. Daher wurde ihnen gar nicht die Wahl gelassen und sie mussten im Stall bleiben, bis der Regen aufhörte.

Glücklicherweise lugt auch immer einmal die Sonne durch die Wolken und es gibt auch stundenweise schönes Wetter. Dann sind die Waisen kaum zu bremsen und vergnügen sich im Wald. Sie buddeln lose Erde auf und bewerfen sich damit, oder sie baden und suhlen in den großen Pfützen. In der Regel braucht es nur einen, der den Auftakt gibt und der Rest der Herde wird immer folgen! Naboishu mag den Regen überhaupt nicht und er besteht immer darauf, wieder in seinen Stall gehen zu dürfen.

Kinyei, Kindani und Bondeni sind unsere Neuankömmlinge und noch ein bißchen schüchtern und unsicher gegenüber den älteren, größeren Waisen. Aber langsam und sicher bricht das Eis und Bondeni und Kindani sind besonders interessiert an Kiasa, Maisha, Naleku, Roho und Ziwadi. Sie verbringen auch Zeit mit der Waisenherde, aber ein wenig ängstlich gegenüber den älteren und etwas übermütigen Bullen, die miteinander ringen. Kinyei ist die Ruhigste der Drei und genau wie Ziwadi frißt sie gerne ein wenig abseits der Herde, wo sie ihre Ruhe hat.

Bondeni steckt voller Leben und hat einen besonderen Charakter. Nach seinem schweren Start ins Leben hätte man ihm das gar nicht zugetraut, aber er hat wahnsinnig viel Energie, besonders nach der Milchmahlzeit. Dann springt er wie wild herum, startet Scheinangriffe und sorgt für Aufregung. Eines Morgens begegneten er und Larro einem einzelnen Büffelbullen im Wald. Bondeni war so fasziniert, geradezu naiv, und ging direkt auf ihn zu. Larro, die schon ein bißchen mehr Lebensweisheit hat, ragierte schnell und rannte vor Bondeni und schlug mit ihren Ohren, um den Büffel auf Distanz zu halten. Der war regelrecht perplex und verschwand. Was für ein schönes Beispiel, das zeigt, das Larro einmal eine tolle Leitkuh wird – schließlich ist sie gerade erst zweieinhalb Jahre alt! Wenn Maisha, Nabulu und Kiasa in die Auswilderungsstationen umziehen, wird sie bestimmt die Mini-Leitkuh der Nursery-Waisen. Ein weiteres Lieblingsspiel von Bondeni ist, sich in leeren Wassertränken umherzurollen und zu Trompeten. Aber er lernt auch die Vorzüge einer Herde kennen. Neulich blieb er in seiner Aufregung in einem Schlammloch stecken, aber Maisha kam ihm zuhilfe und schob ihn aus der Misere.

Roho hat sich an die Neuankömmlinge aus Kaluku gewöhnt, aber diesen Monat mussten wir leider schon wieder einen kleinen Elfantenbullen aus Tsavo-Ost bergen und nach Nairobi bringen. Er ist etwa zwei Jahre alt und wir nannten ihn Shaka. Er war stark abgemagert und voll mit Magen-Darm-Würmern, aber geht ihnzwischen mit der Waisenherde auf Futtersuche im Busch. Roho ist immer eifersüchtig, wenn ein Neuzugang kommt, weil seine Adoptivmutter Maisha dann ihre Aufmerksamkeit von ihm ablenkt. Aber sie kennt sein Verhalten inzwischen und kollert ihn an, wenn er zu aufdringlich wird. Und schließlich hat Roho genügend Ablenkung. Maktao zum Beispiel freut sich immer, wenn er Zeit mit ihm verbringen kann. Maktao ist so etwas wie der gute Onkel in der Nairobi-Nursery. Er hat immer Zeit für die Jüngsten, was für einen Bullen in seinem Alter (dreieinhalb Jahre) eher ungewöhnlich ist. Für Roho hat er eine besondere Schwäche und passt immer auf ihn auf und scheint es zu genießen, so etwas wie ein Vorbild für Roho zu sein. Er zeigt ihm, manchmal gemeinsam mit Olorien, die besten Futterplätze im Wald. Olorien hat einen starken Charakter und ähnlich wie Naleku läßt sie sich nichts gefallen. Naleku, unser kleiner Wildfang, war überglücklich über den Regen, den der November brachte. Sie konnte stundenlang alleine in den Bächen und Pfützen spielen. Olorien und Ziwadi sind eng befreundet, aber Olorien hängt auch sehr an Nabulu, eine unserer Leitkühe in der Nursery. Da, wo Maisha vielleicht eher liebe- und verständnisvoll reagiert, kennt Nabulu kein Pardon und teilt auch gerne einmal Strafen aus. Wenn Olorien nicht mit Ziwadi unterwegs ist, dann findet man sie bei Maktao, Kiasa oder Nabulu.

Unsere Nashörner: Für Maxwell ist die Regenzeit die beste Zeit des Jahres. Er liebt den Regen und den Matsch und rollt und wälzt sich im Schlamm, bis jeder Millimeter seiner Haut damit bedeckt ist. Sein Gehege gleicht in der Regenzeit eher einem Morast, aber so mag er es! Wenn er schlafen oder sich aufwärmen will, hat er immer noch sein überdachtes Heubett; und wenn er einen Ortswechsel mit Gras und Büschen braucht, geht er einfach in den Ausbau seines Geheges. Nach einem Schauer legt er sich meistens in die Sonne, damit seine Schlammpackung trocknet. In den Morgenstunden hat er immer wieder Kontakt mit den Elefantenwaisen. Sogar die schüchterne, kleine Kinyei hat ihn einmal zum Spielen animiert! Maisha, Larro und Kiasa spielen oft Haschen mit ihm und rennen auf der einen Seite des Zaunes auf und ab, während er Gleiches auf der anderen Seite tut.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: November 2020

Die Regenzeit hat diesen Monat langsam und stetig begonnen. An manchen Tagen wachten wir zu leichtem Nieselregen auf, der die Erde lockerte und die Waisen in eine ausgelassene Stimmung versetzte, weil sie dann natürlich schön im Dreck buddeln konnten. Über die vergangenen fünf Monate gab es viele Buschfeuer in Tsavo, aber schon die ersten Regenschauer haben dem Nationalpark wieder neues Leben eingehaucht und es grünt wohin man sieht. Frisches Gras sprießt durch die nasse Erde und der graue Busch, der aussah, als wäre er längst abgestorben, hatte plötzlich überall grüne Blätter – genauso haben ihn die Elefanten zum Fressen gerne. In ein paar Wochen wird Tsavo wieder ein Garten Eden sein. Die Mistkäfer tauchten aus dem Nichts auf und rollten frenetisch ihre Nester (mit Elefantendung) auf dem feuchten Boden herum. Die Keeper mussten regelrecht um sie herum tänzeln, um beim Laufen nicht aus Versehen auf sie drauf zu treten. Die Kletterpflanzen wachsen auch schon und verteilen sich langsam über den gesamten Boden. Die Waisen freuen sich jeden Morgen darauf, in den Busch zu wandern und frische Blätter zu naschen. Am Ende des Monats regnete es dann Bindfäden und die Waisen spielten nach der Mittagsmilch weniger im Wasserloch, sondern warteten bis zum späten Nachmittag, wenn es wärmer war. Dann waren sie oft überwältigt von den vielen Pfützen und Bademöglichkeiten.

All das frische Wasser und der jetzt wieder tosende Voi-Fluß bedeutet, daß auch die wilden Elefantenherden nicht mehr zum Wasserloch am Affenbrotbaum kommen, sondern weiter in den Park ziehen. In der Regenzeit haben die Waisen daher auch weniger Begegnungen mit wilden Artgenossen. Ein paar Herden zogen trotzdem an den Voi-Stallungen vorbei und hatten sogar ein paar Babys dabei, was unseren Waisen natürlich immer besonders gefällt. Tamiyoi ist oft die Erste, die den Kontakt zu wilden Herden herstellt und von einem Baby war sie so verzückt, daß sie wohl am liebsten mit ihm und seiner Mutter mitgezogen wäre. Aber die Keeper riefen sie zurück und sie gehorchte ohne zu zögern.

Tamiyoi ist immer noch eng mit ihren Nursery-Freunden Tagwa und Sagala befreundet. Tagwa sieht sehr gesund aus und hat sich gut eingelebt in Voi. Mbegu ist in letzter Zeit viel freundlicher und gewillt Tagwa das Anführen der Herde bei den Wanderungen durch den Busch zu überlassen. Tagwa freut sich sichtlich über dieses Zugeständnis und wirkt so gesund und munter wie lange nicht.

Zu Kenias Herde gehören die schon älteren Waisen wie Ndii, Araba, Ndoria, Mudanda, Mashariki und Ishaq-B. Die Tage verbringen sie immer noch mit den jüngeren Waisen und obwohl sie keine Milch mehr saufen, verbringen sie nach wie vor auch die Nächte im Stallgelände. Kenia ist am liebsten mit ihrem Adoptivbaby Pika Pika zusammen und Ndii mit Tahri. Araba ist in den letzten Monaten ordentlich gewachsen und deutlich selbständiger. Er war einst das kleine, verhätschelte Nesthäkchen der Herde, aber jetzt scheint er sich zu einem jungen Bullen zu entwickeln. Suswa, Arruba und Embu sind mit sieben und acht Jahren die Ältesten der Waisengruppe, die immer noch Milch bekommt. Sollte Kenias Gruppe sich irgendwann weiter und länger abnabeln, werden die Beiden wohl die Rolle der Leitkühe übernehmen.

An den meisten Tagen werden die Elefantenwaisen von den Zebra-Waisen Diria und Nzuki als auch den Büffelwaisen Ivia und Cheza begleitet. Die Freundschaft, die sich letzten Monat zwischen Ngilai und Ivia angebahnt hat, vertiefte sich auch im November und wurde hauptsächlich von Ngilai initiiert. Der sucht die Nähe zu Ivia und spielt auch gerne Haschen mit ihm. Diesen Monat war Ivia eher mit Fressen und Nickerchen beschäftigt und nicht immer bereit für Ngilais Spielchen. Der arme Emoli, der sehr gerne mit Ngilai ringen möchte, schaut dann meist aus einiger Entfernung enttäuscht drein. Aber wenn Ivia keine Lust hat, dann spielt Ngilai natürlich auch mit Emoli.

Emoli, Godoma und Pika Pika sind in der Regel die Ersten bei der Milchfütterung und liefern sich dann immer ein Wettrennen. Pika Pika und Emoli haben sich einmal auch um die Milchflasche in der Hand des Keepers gestritten, bei dem sie beide zur gleichen Zeit ankamen. Durch das Gezeter und mit der Ankunft von Godoma kam es regelrecht zu einem Stau an der Milchstation.

In der Regenzeit ist eine der Lieblingsbeschäftigungen der Elefantenwaisen das Aufbuddeln von roter Erde mit ihren kleinen Stoßzähnen. Diese Erde schmeißen sie sich dann auf den Rücken. Godoma war eines Tages mitten im Dreck-Duschen und wurde dabei von Sagala und Emoli beobachtet, als Murit auf einmal herüber kam, Sagala und Emoli aus dem Weg schubste und Godoma zu einem Ringkampf herausforderte. Zum Glück ließ Sagala sich dadurch gar nicht aus der Ruhe bringen und spielte den Schiedsrichter beim nun folgenden Freundschaftskampf. Am Ende wurde der Kampf jäh durch eine große Pantherschildkröte unterbrochen, die aus dem Gebüsch gekrochen kam. Die Elefanten rannten in Panik zu ihren Keepern. Es ist immer wieder sehr amüsant, wie leicht sich diese großen und starken Dickhäuter manchmal von den harmlosesten Tieren aus dem Konzept bringen lassen.

Am 12. November eilten wir einem verwaisten Elefantenkälbchen zu Hilfe, das auf der Mwatate Sisal-Farm gefunden wurde. Er war stark abgemagert, voller Parasiten und ohne Zweifel seit geraumer Zeit ohne seine Mutter unterwegs. Wir haben alles gegeben, aber er hat den Monat leider nicht überlebt.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: November 2020

Die Aufregung um den Beginn der kurzen Regenzeit war nicht zu leugnen – unsere Waisen waren außer sich vor Freude, aber auch alle anderen kleinen und großen Tiere feierten die Ankunft des Regens. Die Mistkäfer bauten überall enthusiastisch ihre runden Nester aus Elefantendung und Vögel flatterten und schnatterten aufgeregt bis zur Abenddämmerung. Sie futterten den ganzen Tag Insekten, die mit den ersten Regentropfen zu Tausenden auftauchten. Eines Morgens wachten wir auf und hatten Besuch von Wendi mit ihren beiden in der Wildnis geborenen Kälbchen, Wema und Wiva, im Stallgelände. Wir hatten sie seit März nicht mehr gesehen und sie blieben auch nur kurz – aber so kennen wir das. In der Regenzeit verteilen sich die wilden Elefanten wieder weiter im Park, weil sie überall Wasser und Futter finden.

Interessanterweise fehlte Wendi ein Stückchen von ihrer Rüsselspitze, und wir können uns nicht erklären, weshalb. Die Wunde sah ausgefranst aus, ein Zeichen, daß sie vielleicht mit einem Raubtier gekämpft hat, einem Krokodil zum Beispiel. Aber es schien sie nicht zu beeinträchtigen und wir konnten uns wieder darauf konzentrieren, unsere jetzt ausgewilderten Waisen wie Wendi und Kinna zu bewundern. Ihre Art und Weise, zu kommunizieren und sich zu verständigen und die Vorstellung, daß sie sich nach vielen getrennten Monaten so mühelos wiederfinden können, begeistert uns immer wieder aufs Neue. Am nächsten Tag, dem 8. November, kamen nach acht Monaten Abwesenheit auch Mulika und ihre Babys Mwende und Mkuu ins Stallgelände. Und eine Woche, nachdem der Regen begann, waren sie wieder verschwunden, dieses Mal gemeinsam mit Wendi und Kinna. Der 16-jährige Challa schaute diesen Monat ein paar Mal an der Suhle vorbei.

Die jüngeren Ex-Waisen Mutara, Suguta, Sities, Turkwel, Kainuk, Kithaka, Garzi und Lemoyian tauchten nach einer Woche Abwesenheit wieder im Stallgelände auf, zogen nach Beginn der Regenzeit allerdings mit den Ex-Waisen weiter in den Park. Die Waisen, die noch Milch bekommen – Sities, Kainuk, Turkwel und Suguta – haben jetzt wieder alle Zeit, sich um Dololo zu kümmern. Wenn sie einmal verhindert sind, werden sie von Siangiki und Roi vertreten. Musiara und Sattao sind schon viel selbständiger.

Ambo, der inzwischen vier Jahre alt ist, braucht ebenfalls noch Betreuung von Siangiki, Naseku und Kamok. Er versucht immer mal wieder, den Busch alleine zu erkunden oder die Herde anzuführen, aber er hat (noch) nicht den besten Orientierungssinn. Die älteren Bullen mobbten ihn eines Morgens ein bißchen, so daß die Keeper Mitleid mit ihm bekamen und ihn seine Luzerne ein wenig abseits fressen ließen, wo er seine Ruhe hatte. Es ist herzerwärmend, zu sehen, daß die älteren Kühe wie Kamok und Naseku ihn immer unterstützen. Wann immer er kollert stehen sie ihm zur Seite und wenn er doch mal irgendwo falsch abbiegt, helfen sie ihm, den Weg zurück zu finden. Schließlich lernt die Navigation im Busch keiner über Nacht!

Als der Regen endlich begann, dauerte es nur wenige Tage und die heftigen Schauer hatten das Wasserloch wieder randvoll gefüllt. Tusuja und Olsekki sind in der Regel die Letzten, die das Wasserloch verlassen, denn ein guter Ringkampf im Wasser ist das Allergrößte für sie. Die Keeper dachten zuerst, daß die Waisen jetzt vielleicht nicht unbedingt baden wollen, weil das Wasser viel kälter ist, je tiefer das Wasserloch. Aber tatsächlich haben sie diesen Monat nicht einen einzigen Tag ohne Badespaß verbracht. An manchen Tagen war die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, Gewitter brauten sich zusammen und die Sonne versteckte sich hinter den Wolken – aber die Waisen waren nicht aus dem Wasser heraus zu bewegen. Der Kalovoto-Fluss, der nur in der Regenzeit Wasser führt, wurde gegen Mitte des Monats zu einer wütenden Sturzflut und die Waisen spielten an seinem Ufer, nur mit den Füßen im Wasser. An manchen Tagen kamen sie abends mit kleinen Augen und schlürfenden Schritten zurück ins Stallgelände, völlig erschöpft, aber glücklich von all den Spielchen im Wasser und im Schlamm.

Bis Mitte des Monats waren Bomani und Orwa fast jeden Tag bei den Waisen, manchmal hatten sie auch Chemi Chemi dabei. Der 13-jährige Ex-Waisenbulle Meibai tauchte eines Abends auf und zog später mit Bomani, Orwa und Chemi Chemi weiter, nachdem diese die Waisen nach einem Tag im Busch im Stallgelände abgeliefert hatten. Bis der Regen begann haben Bomani und Orwa eigentlich jede Nacht in der Nähe des Stallgeländes verbracht und holten die Waisen morgens zur Wanderung in den Busch ab. Auch für den acht Jahre alten Barsilinga war das eine wichtige Hilfe beim Gesundwerden. Während er seine Fußverletzung auskurierte und die Nächte im Stallgelände verbrachte, hatte er dennoch Kontakt zu seinen Altersgenossen Orwa und Bomani, mit denen er nach wie vor Ringkämpfe (light) halten konnte. Für die jüngeren Waisen wiederum ist es wichtig und schön, ältere Artgenossen um sich herum zu haben, von denen sie lernen können.

Eines Tages erblickte unsere vierjährige Esampu ein paar Perlhühner – ihre absoluten Lieblingsspielgefährten. Die kleine feiste Kuh rannte mit flatternden Ohren und wildem Trompeten auf die arglosen Vögel zu, die gackernd in alle Richtungen davon flatterten – genau so mag sie es und sie war sehr stolz auf sich. Bomani, Orwa und Chemi Chemi, die die Waisen auch an diesem Tag begleiteten, tätschelten sie mit dem Rüssel, so als ob sie sie loben wollten.

Kamok und Olsekki sind enge Freunde und mit ihren mittlerweile sieben Jahren sind sie die meiste Zeit mit Ringen beschäftigt. Die beiden Spitzbuben Tusuja und Namalok haben sich an einem Nachmittag von der Herde abgeseilt. Die Keeper bemerkten ihr Fehlen erst, als sie die Waisen am späten Nachmittag für den Heimweg zusammenriefen. Weil die Vegetation und das stehende Regenwasser die Suche für die Keeper sehr schwer machte, brachten sie erst einmal die Waisen ins Stallgelände. Etwa eine Stunde später trudelten Namalok und Tusuja ein und benahmen sich, als wäre gar nichts geschehen!

In der späten Trockenzeit hatte es in Tsavo einige Buschfeuer gegeben. Mit der Regenzeit war dieses Problem endlich wieder gebannt und die Farben gingen von braun und grau wieder in alle Grüntöne über. Tsavo gleicht in der Regenzeit einem Dschungel.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: November 2020

Es brauchte nur wenige Tage kräftigen Dauerregens und der Kibwezi-Wald war wieder saftig grün. Die Umani-Quellen haben ganzjährig frisches Wasser, so daß der Grundwasserspiegel nie völlig absinkt. Mit dem Regen explodierten die Büsche mit frischen Blättern und in all den Fußabdrücken der Elefanten bildeten sich kleine Pfützen, in denen Hunderte von Schmetterlingen saßen und bei jeder Erschütterung aufflatterten.

Nach der harschen Trockenzeit war es schön für die Keeper und Luggards Adoptivmütter Murera und Lima Lima, ihn jetzt in der Regenzeit so ausgelassen zu sehen, beim Fressen und Planschen. Gegen Ende des Monats sah Luggard aus wie eine kleine Speckmade, rund gefressen und zufrieden. Seine beiden Ersatzmütter haben eine wundervolle Routine entwickelt, so daß immer eine von Beiden auf Luggard aufpaßt, während die Andere in Ruhe frißt. Dann und wann wird Lima Lima von ihrer Freßgier übermannt und rennt auf das Objekt ihrer Gier zu. Mitten im Sprint hält sie an, so als ob sie sich erinnert, daß sie eigentlich gerade auf Luggard aufpassen sollte, dreht um und geht zurück zu ihm. Sonje passt auch manchmal auf ihn auf, und zum ersten Mal durfte auch Shukuru babysitten. Murera und Sonje wollten gerne im Schlamm suhlen und überließen Luggard kurzerhand Shukuru, die mit ihm am Ufer spielte. Murera und Sonje hatten ihn immer im Blick, aber es gab keinen Grund zur Sorge, denn Shukuru war ein sehr umsichtiges Kindermädchen. Von da an, verbrachte Luggard auch mehr Zeit mit Shukuru und ihm scheint ihre ruhige Art sehr gut zu bekommen.

Mit all dem Wasser und frischen Grünfutter in Tsavo und den Chyulu-Bergen, kommen die wilden Elefanten weniger in den Kibwezi-Wald. Aber trotzdem gab es einige Begegnungen. Ein Bulle kam einmal mit Faraja und Ziwa und war besonders interessiert an unserer schüchternen Quanza. Die hat das Interesse zu unserer aller Überraschung auch noch erwidert und verbrachte den ganzen Nachmittag mit ihm beim Fressen. In der Regel war es unsere kleine Gruppe, die „Nachtschwärmer, angeführt von Zongoloni mit Faraja, Jasiri, Ngasha, Ziwa und Alamaya, die die wilden Elefanten mitbrachten. Jetzt, da die wilden Herden weiter weg ziehen, sehen wir auch Zongoloni, Faraja und Jasiri weniger. Ngasha und Alamaya scheinen nicht mit ihnen mitgezogen zu sein, denn sie kamen weiterhin jeden Morgen ins Stallgelände, um die Waisen für die Wanderung in den Busch abzuholen. Die Keeper haben sich gefragt, ob Alamaya sich vielleicht daneben benommen hatte und Zongoloni ihn zur Strafe weg geschickt hatte. Ngasha hing schon immer sehr an Alamaya und hat sich vielleicht deswegen entschieden, bei ihm zu bleiben. Zongoloni und der Rest der Nachtschwärmer kamen immer noch ab und zu, aber meistens nachts oder nur ganz kurz, so ungefähr, als ob sie den Keepern nur signalisieren wollten, daß sie wohlauf sind.

Die wenigen Besuche haben Enkesha und Zongoloni jedoch nicht davon abgehalten, sich jedes Mal überschwenglich zu begrüßen. Die beiden jungen Kühe haben eine große Schwäche für einander. Einmal fiel die Begrüßung so kurz aus, daß Enkesha Zongoloni mit fliegendem Schwanz und flatternden Ohren in den Busch nach rannte und sie mit einem Kollern zum Anhalten aufzufordern, so damit sie sich noch einmal richtig begrüßen (oder verabschieden) konnten.

Shukuru hält sich immer heraus aus den emotionalen Begrüßungen und frißt in Ruhe weiter. Sie hat in der Regel alles im Blick, aber bevorzugt es, allein zu sein. Ein Keeper ist immer an ihrer Seite und wenn es Zeit für den Heimweg ist, folgt sie der Herde zurück ins Stallgelände. Jetzt, da Alamaya mehr Zeit mit den Nachtschwärmern verbringt, kümmert sich Mwashoti mehr um Enkesha. Manchmal verlieren sie sich allerdings so im Spielen und Ringen, daß eine der älteren Kühe einschreiten muss. Die mutige kleine Enkesha hat keine Angst vor Mwashoti und wenn sie genug hat, dann stellt sie ihre Ohren auf und trompetet ihn an!

Quanza hat diesen Monat ihre verspielte Seite gezeigt, balgte mit Mwashoti und verbrachte viel Zeit mit ihrer Freundin Shukuru. Vielleicht lag das an dem schönen Wetter, aber egal, weshalb, ist es schön, Quanza so ausgelassen zu sehen. Sie ist immer sehr einfühlsam und wenn Shukuru sich von der Gruppe absetzt, bleibt Quanza beim Fressen an ihrer Seite. Sie läßt sie in Ruhe und nur wissen, daß sie da ist. Gegen Ende des Monats wurde Quanza auch zum Kindermädchen für Luggard „befördert“. Murera und Lima Lima haben anscheinend mehr Vertrauen in die Fähigkeiten der älteren Kühe und selbst genug zu tun, damit, die jungen Bullen unter Kontrolle zu halten.