Die Waisen im November

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: November 2021

Jedes Elefantenbaby in der Nursery hat seine eigene Morgenroutine. Naboishu, Mukkoka, Kamili, Latika und Roho zum Beispiel machen sich am liebsten direkt auf den Weg in den Busch. Andere beschäftigen sich lieber eine Weile im Stallgelände, bis alle Babys aus ihren Ställen gekommen sind. So zum Beispiel das „Kaluku-Trio“ Bondeni, Kindani und Kinyei. Seit dem Tag, an dem sie in der Nursery angekommen sind, begrüßen sie erst jeden Einzelnen, bevor sie sich auf den Weg in den Wald machen.

Diese kleinen Marotten und Angewohnheiten werden auch über den Tag immer wieder sichtbar. Einige Waisen sind verspielt, anderen geht es nur um das Geschäft – das Fressen! Larro ist die Mini-Leitkuh in der Nursery und Mukkoka ihre Stellvertreterin. Beide haben viel zu tun, aber haben auch immer Zeit für ein Spielchen oder zwei. Andere Waisen, so wie Rama, Olorien und Ziwadi, sind viel zu beschäftigt mit der Futtersuche und lassen sich kaum ablenken. Während die anderen Waisen herum flitzen und spielen, frisst das pflichtbewusste kleine Trio beflissen nebeneinander weiter.

Die Trockenzeit zog sich durch den Großteil des Monats November, was auch bedeutete, dass wir immer wieder Neuzugänge bekamen. Da Elefanten sehr intuitiv sind, ahnten besonders die Älteren schon vorher, wenn ein neues Waisenbaby auf dem Weg war. Und dann dauerte es nicht allzu lange und die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Nursery und alle Elefanten kollerten und trompeteten freudig.

Während es die meisten der jungen Kühe auf eine Rolle als Kindermädchen abgesehen haben, hat Olorien überhaupt kein Interesse daran! Sie ist eine sehr friedfertige kleine Kuh, aber beschäftigt sich lieber mit sich selbst. Kindani, Kinyei und Naleku dagegen, lassen keine Gelegenheit ungenutzt, sich um den neuesten Neuzugang zu kümmern. Die Keeper sind neugirig, welche der drei jungen Kühe die Leitkuhrolle übernehmen wird, wenn Larro nach Tsavo umzieht.

Die jüngeren Kühe haben jede Menge Möglichkeiten, sich als Kindermädchen auszuprobieren, denn Larro beschäftigt sich hauptsächlich mit ihrem geliebten Bondeni, und daran konnten auch die vielen Neuzugänge nichts ändern. Aber Larro ist trotzdem eine aufmerksame Leitkuh für den Rest der Herde. Sie ist immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Bondeni weiß sehr wohl, dass er Larros Liebling ist, und nutzt das manchmal sogar aus!

Naleku ist ein sehr fürsorglicher Elefant, aber sie ist auch sehr wählerisch dabei, um wen sie sich kümmert. Um Kerrio kümmert sich Naleku besonders – um Kamili, Latika oder Taabu dagegen weniger. Esoit dagegen liebt die ganze Herde, und besonders nahe steht er sich mit Taabu, einem anderen freundlichen Jungbullen. Latika und Kamili haben sich sehr gut in der Nursery eingelebt, schließen neue Freundschaften und wachsen jeden Tag.

Am Anfang, als Suguroi gerettet wurde, war sie sehr, sehr schüchtern. Aber jetzt ergreift sie die Initiative und freundet sich mit den anderen Waisen und ihren Keepern an. Sie ist aber am liebsten inmitten vertrauter Vier- und Zweibeiner und nicht erpicht, die Herde anzuführen und sobald die Herde im Wald ist, verbringt sie die meiste Zeit mit Olorien, Roho, Larro, Bondeni, Mukkoka, Kindani, Kinyei und Taabu.

Anfang November hatte der kleine Barnoti seinen ersten Tag im Freien mit der Herde. Er war ein bisschen reserviert, wahrscheinlich weil er nervös war, und Mukkoka nahm es persönlich, weil alle so freundlich zu ihm waren, aber er nicht spielen wollte. Er schubste ihn und die Keeper mussten dazwischen gehen, damit Barnoti keine Angst bekam. Die älteren Bullen wurden erstmal weggeschickt und die Kühe haben sich in Ruhe mit ihm bekannt gemacht. Das schien ihn beruhigt zu haben und der Rest des Tages verlief ohne Zwischenfälle. Am Ende des Monats bahnte sich eine Freundschaft zwischen Barnoti und Taabu an. Mukkoka ist – trotz des Schubsers – eigentlich der nette Onkel der Herde. Er ist meistens in Gesellschaft mit Ziwadi, Taabu, Suguroi, Bondeni, Kindani, Kinyei, Olorien, Rama, Esoit, Roho, Naleku und Kerrio. All die kleinen Bullen bewegen sich um seinen, schon größeren, Körper und verfolgen ihn wie ein Schatten. Mukkoka scheint auch einen beruhigen Einfluss auf den ausgebufften Naboishu zu haben.

Ziwadi ist der Liebling unter den jüngsten Neuzugängen, wahrscheinlich weil sie so ein sanftes Gemüt hat. Glücklicherweise hatte sie jetzt lange keinen epileptischen Anfall mehr gehabt und ist daher in sehr guter körperlicher Verfassung. Taabu, Latika, Kerrio und Choka halten sich immer an sie, wenn sie im Busch unterwegs sind. Ziwadi hat auch noch andere Vorzüge, so hat sie zum Beispiel ein ausgesprochenes Gespür dafür, wo die schmackhaftesten Grünpflanzen wachsen.

Auch Rama hat enorme Fortschritte gemacht. Er ist eng mit Ziwadi und Olorien befreundet, aber möchte jetzt oft mit Naboishu und Mukkoka ringen. Aber er hat einen zurückhaltende Persönlichkeit, besonders gegenüber Menschen inklusive der Keeper. Anders als die meisten Bullen, ist Rama sehr feinfühlig gegenüber den Neuzugängen und pöbelt auch nicht während der Milchfütterung. Kerrio ist inzwischen schon viel kräftiger, aber immer noch wackelig auf den Beinen. Eines Morgens, als sie aus dem Stall kam, stolperte sie über einen Ast und fiel hin. Ihr Aufschrei rief Larro, Naleku und Kindani auf den Plan, die ihr schnell wieder auf die Beine halfen. Den Rest des Tages wichen sie nicht von Kerrios Seite und ließen nicht einmal die Keeper in ihre Nähe. Kerrio hatte keinen Schaden davon getragen, aber genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen!

Die Hitze und Trockenheit sorgten für ein geschäftiges Klima in der Nursery, denn die meiste Zeit verbrachten die Waisen auf Futtersuche. Ende November gab es endlich die ersten heftigen und heiß ersehnten Regenfälle. Einige der Elefantenwaisen, z.B. Kindani, Bondeni, Kinyei, Olorien und Suguroi, wußten nicht so recht, was die davon halten sollten. Der Lärm, den die dicken Tropfen nachts auf den Stalldächern verursachten, war ihnen suspekt und sie versuchten sich zu verstecken. Aber sobald sie im Wald waren, wussten sie den Lärm zu schätzen und alle, außer Kinyei, spielten im Regen und wälzten sich im Schlamm. Kinyei war davon gar nicht begeistert und schlich sich zurück ins Stallgelände und stellte sich unter eines der Dächer.

Trotz all der schönen Momente, endete der November für uns sehr traurig. Am 29.11. verloren wir unsere liebste Shukuru. Sie hatte ihr ganzes Leben gesundheitliche Probleme und starb mit nur 12 Jahren ganz friedlich und mit ihren Keepern an ihrer Seite. Wir vermissen sie sehr und denken jeden Tag an sie.

Unser Nashorn: Maxwell begrüßte den Regen enthusiastisch. Im ersten großen Gewitter blieb er die ganze Nacht wach und klapperte gegen sein Gatter. Als die Waisen morgens in den Busch zogen, schlief Max völlig erschöpft auf seinem Heuhaufen. Bondeni lief zu Maxwells Gatter hinüber und wollte ihn wie jeden Tag begrüßen, aber das Nashorn war nirgends zu sehen. Er klappert an Maxwells Gatter, was ihn normalerweise aufweckte, aber aus dem Stall kam kein Mucks.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: November 2021

Elefanten lieben Beständigkeit und unsere Waisen erinnern uns ständig daran. Sagala, Tagwa und Tamiyoi sind diejenigen, die die Waisen täglich zum Fressen in den Busch führen. An einem Morgen haben sie ein wenig getrödelt, so dass Ndoria spontan die Führung übernahm. Die drei jungen Kühe wurmte ihre Nachlässigkeit offenbar so sehr, dass sie in den kommenden Tagen noch vor der Zeit bereit standen, um sicher zu gehen, dass sie ihre Freunde anführten!

Araba war lange das Nesthäkchen der Voi-Herde – bis Pika Pika sie ersetzte. Das bedeutete für Araba, dass sie neue Freundschaften schließen konnte und musste. Mit Murit hat sie einen tollen großen Freund gefunden. Auf dem Weg zur Milchfütterung tätschelte sie ihn liebevoll. Ironischerweise rief das Pika Pika auf den Plan, die sich direkt einklinkte. Mbegu wurde neidisch auf Araba und versuchte, Murit von ihr wegzulocken. Sie war sehr ausdauernd und irgendwann frustriert, denn es gelang ihr nicht, die beiden neuen Freunde zu trennen. Eifersucht ist ganz normal, auch unter Elefanten jeden Alters. Panda rollte sich eines Nachmittags in der roten Erde, um vor Ngilai, Godoma und Mbegu anzugeben. Mudanda, eine der älteren Mitglieder der Herde, wollte auch gerne die Aufmerksamkeit der jungen Zuschauer. Sie schlenderte hinüber und versuchte Panda in einen Ringkampf zu verwickeln.

Mit zunehmendem Alter, verfestigen sich die Persönlichkeiten und auch die Freundschaften der Elefantenweisen. Lasayen und Ndotto waren seit der Nursery dicke Freunde, aber Lasayen ist ein viel ruhigerer Jungbulle geworden als Ndotto. Eines Tages gab es einen sehr seltenen Ringkampf zwischen Lasayen und Ndotto. Aber Ndotto mischte sich gleich dazwischen und es dauerte nicht lange und Lasayen zog sich zum Fressen zurück. Er lässt es ohnehin lieber ruhig angehen.

Wegen der langen Trockenzeit, ging diesen Monat alles etwas langsamer, alle versuchten, Energie zu sparen. Die kühleren Morgenstunden wurden oft zum Spielen genutzt und der Rest des Tages wurde zum Futtersuchen verwendet. Ishaq-B und Tundani verbrachten einen schönen Vormittag zusammen und tätschelten sich gegenseitig den Rücken, während die anderen sich am Luzernegras satt fraßen. An einem anderen Tag, hielt es die arme Tamiyoi in der sengenden Sonne nicht länger aus und stellte sich für mehrere Stunden im Schatten einer Akazie unter. An einem anderen Tag stieg Pika Pika in die Tränke und nahm ein Bad – vielleicht wollte sie es Panda nachmachen. Ndii war so beeindruckt von Pika Pikas Methode der Abkühlung, dass sie sich im Rüsselumdrehen dazu gesellte!

Mbegu ist die Mini-Leitkuh der Jüngeren, aber Kenia ist die Leitkuh der gesamten Voi-Herde. Sie ist eine einfühlsame Anführerin, kann aber  knallhart sein, wenn nötig. Ngilai verwickelte seinen neuen Freund Tagwa eines Tages in einen Ringkampf. Irgendwann übertrieb er es und stieg von hinten auf sie auf. Zu seinem Pech hatte Kenia alles aufmerksam von der anderen Seite der Suhle beobachtet und mochte ganz und gar nicht, was sie da sah. Sie kam herüber und stieß Ngilai ziemlich grob zur Seite. Man sieht, wie sie alles im Blick hat, auch wenn es gar nicht so scheint.

Weil die Löwen auch diesen Monat immer noch in der Nachbarschaft waren, bewegten sich auch die Büffel Cheza und Ivia und Zebra Diria nicht weit weg vom Stallgelände. Ngilai vermisste seinen Trainingspartner zum Ringen, aber er musste sowieso nach Futter suchen. Die Trockenzeit war unerbittlich. Das zeigte sich in der Anzahl Rettungsaktionen, an den auch unsere Keeper beteiligt waren. Einige der Waisen haben es überlebt und erholen sich in der Nairobi-Nursery. Für viele jedoch kam jede Hilfe zu spät.

Es ist unglaublich, wie die Waisen sich auf alle diese Umstände einstellten. Eines Morgens schien Tamiyoi mitbekommen zu haben, dass eines der geretteten Babys gestorben war und wollte ihren Respekt zollen. Sie stand für eine Weile an der Tür des Stalls, in dem das tote Baby mit einer Decke zugedeckt lag. Erst nach einigen Minuten ging sie, um sich ihre Milchflasche zu holen. Andere gerettete Babys hatten mehr Glück und Tamiyoi ließ es sich nicht nehmen, sie am Morgen ihrer Ankunft alle einzeln zu begrüßen, indem sie ihren Rüssel durch die Stalltüren steckte. Sie hat ein wirklich großes Elefantenherz.

Aber wir haben diesen Monat auch Wildtiere gerettet, die keine Elefanten waren: Ein bezauberndes Zebrafohlen von der Rukinga-Ranch und eine verwaiste Giraffe von der Ngutuni-Ranch. Für manche Neuankömmlinge gab es sogar ein Happy End. Eines Nachmittags meldete die Kenianische Wildtierbehörde (Kenya Wildlife Service, KWS) ein Elefantenkälbchen, das an der Didaerea Windmühle im Wasser steckte. Die Keeper eilten zum Unglücksort, befreiten das Kälbchen und konnten es mit seiner Mutter und der Herde wieder vereinen, denn die warteten ganz in der Nähe.

Wir hatten auch ein paar frohe Stunden des Wiedersehens. Am 16. November tauchte Bada aus der Richtung der Mombasa-Wasserrohrleitungen auf und ging schnurstracks auf die Waisen zu, die ihn herzlich willkommen hießen. Wir hatten Bada für fast zwei Jahre nicht gesehen, und er war stark, gesund und wunderschön. Am Abend des 21. Novembers kam dann Laikipia das erste Mal seit Januar auf eine Stippvisite vorbei. Nachdem er seinen Durst an der Tränke gestillt hatte, schnüffelte er am Futterplatz herum und hielt immer ein Auge auf den Lagerraum, wo die Luzernepellets lagen. Die Keeper verstanden seinen Hinweis und gaben ihm eine Portion. Die Waisen waren sehr beeindruckt von dem attraktiven 22-jährigen Elefantenbullen. Tundani lief ihm sogar ein Stückchen nach, aber Laikipia war viel zu schnell für den jungen Bullen und kehrte schnell wieder um. Während wir immer noch darauf warteten, dass sich der Himmel öffnete und es endlich regnete. Ein winziger Schauer am 17. November versetzte alle Waisen in große Freude. Araba buddelte mit ihren Vorderbeinen in der roten Erde und lud dann Godoma ein, sich ein bisschen mit ihr im Dreck zu wälzen. Wir hoffen inständig, dass dies die Vorboten auf die langersehnte Regenzeit waren.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Dezember 2021

Für die Ithumba-Herde war den ganzen Monat ordentlich was los. Die Trockenzeit hat Tsavo nach wie vor fest im Griff und damit kamen viele wilde Elefanten zu Besuch. Einige davon kannten wir, so wie unsere Ex-Waisen, die um diese Jahreszeit immer wieder vorbei kommen, um zu saufen und sich mit Luzerne voll zu futtern.

Trotz der harten Trockenzeit, gab es viel Grund zur Freunde in Ithumba. Am 4. November kam Nasalot zur Suhle – mit einem Neugeborenen im Schlepptau! Wir nannten den winzigen Bullen Noah. Während sich Nasalots Erstgeborener, Nusu, zum tollen großen Bruder entwickelt, ist Wendis Tochter Wiva das Chef-Kindermädchen. Sie ist sehr beschützerisch gegenüber Noah, gerade wie Nasalot für sie, als sie selber noch ein Baby war! Weniger als seine Woche später brachte auch Yatta einen kleinen Bullen zur Welt, den wir Yogi nannten. Sie kam in der Morgendämmerung zum Stallgelände, um ihren Nachwuchs ihrer Menschenfamilie vorzustellen. Yattas Erstgeborene, Yetu, ist inzwischen 9 Jahre alt und selber trächtig. Nächstes Jahr wird sie ihre Mutter zur stolzen Oma machen. Die Freude hielt an, als am 16. November Sunyei mit ihrem neuesten Nachwuchs nachmittags an der Suhle auftauchte. Die Stimmung am Wasser war ohnehin schon fröhlich und ausgelassen und explodierte entsprechend, als Sunyei mit ihrer kleinen Tochter an der Seite auftauchte. Wir nannten sie Saba.

Am Ende des Monats waren alle jungen Mütter unter unseren Ex-Waisen mindestens einmal in Ithumba gewesen. Am Vormittag des 20. November waren 17 der insgesamt 19 in der Wildnis geborenen Kinder unser Ex-Waisen anwesend. Nur Sidai und Chyulu mit ihren Babys Sita und Cheka fehlten. Sie kamen allerdings zwei Tage später unter ganz besonderen Umständen: Zuerst dachten die Keeper, dass Sidai nur vorbeigekommen war, um ihren neugeborenen kleinen Bullen Silas vorzustellen. Aber sie bemerkten schnell, dass sie eigentlich Hilfe brauchte, denn sie war von einem Giftpfeil getroffen worden. Ihre mutige Entscheidung, den weiten Weg „nach Hause“ auf sich zu nehmen, rettete vermutlich ihr selbst und ihren beiden Babys das Leben.

Unsere Waisen, die noch Milch bekommen, lieben es, wenn wilde Besucher vorbeischauen, besonders, wenn sie Babys dabei haben. Aber diese Besuche können auch sehr anstrengend sein, sowohl für die Waisen als auch ihre Keeper! Eines Abends verursachte unsere feiste Ex-Waise Wendi ein kleines Drama, als sie sich selber abends ins Stallgelände einlud und sich weigerte, über Nacht in den Busch zu gehen. An einem anderen Tag versuchte Kinnas Erstgeborene, Kama, die Waisen von ihrer Luzerne zu blockieren. Die Keeper gingen dazwischen und machten ihr klar, dass Mobbing nicht toleriert wird. Kama beruhigte sich und gesellte sich wieder zu ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester Kaia.

Die Waisen genossen allerdings auch die seltenen Tage, an denen es keine Besuche gab. Eines Morgens schwelgten sie einem opulenten Frühstück, das sie mit niemandem teilen mussten. Sie ließen sich alle Zeit der Welt mit ihrer Luzerne. Aber Sana Sana wusste, dass es bald heiß werden würde und begann schließlich kollernd alle daran zu erinnern, dass es Zeit für die Futtersuche im Busch sei. Und die Waisen hörten auf sie. Mit ihren sechs Jahren ist sie schon sehr verantwortungsvoll.

Die kleine Nabulu führt die Herde nach wie vor an den meisten Tagen in den Busch. An einem Vormittag versuchte sie sich zwischen ein paar wilde Bullen zu drängeln, die an der Tränke soffen. Aber einer der Bullen war grummelig und jagte sie davon. Sie ließ sich jedoch nicht verschrecken und wartete einfach auf einen Moment, an dem ein paar besser gelaunte Besucher an der Tränke anstanden.

Mit all den neuen Babys in Ithumba ist die „Dololo-Manie“ ein bisschen abgeebbt. Mutara, Sities, Suguta, Kainuk und Turkwel sind sonst immer ausgeflippt, sobald sie Dololo gesehen haben, aber plötzlich scheinen sie ihn vergessen zu haben! Aber Dololo scheint das wenig zu stören. Es ist fast so, als hätte er bemerkt, dass er schon ein Leben hatte, bevor ihn die jungen Kühe wie einen Kronprinzen behandelten. Aber die gelegentliche Spitze gegenüber seiner Konkurrenz, den in der Wildnis geborenen Babys, lässt er sich trotzdem nicht nehmen. Eines Abends stand Wema, Wendis Tochter, vor seinem Stall. Während Musiara, Nabulu und Malima kurz anhielten, um sie zu begrüßen, schubste Dololo sie unrühmlich zur Seite, um in sein Nachtlager zu gelangen.

Trotz der Trockenheit gab es immer wieder Grund für Spiel und Spaß. Eines Nachmittags waren Kauro und Karisa zu unserer großen Überraschung die letzten, die die Suhle verließen. Und das, obwohl Kauro normalerweise das Suhlen gar nicht mag! Elefanten sind prinzipiell sehr schreckhaft und daher gab es auch diesen Monat wieder einige Schreckmomente: An einem Tag jagten Jotto, Mundusi, Musiara, Sattao, Ambo und Malima enthusiastisch einen Dikdik, aber die winzige Antilope schaffte es, ihnen zu entwischen. An einem anderen Nachmittag war Esampu sehr erschrocken über ein Warzenschwein, das mitten durch die Herde stürmte. Bis sich die Waisen zur Verfolgungsjagd sammeln konnten, war das Schwein längst verschwunden. An einem anderen Morgen erschien ein wilder Elefant mit einem Rudel Wildhunden im Schlepptau an der Stalltränke. Die Waisen versuchten, die Hunde zu verjagen, aber die ließen sich nicht beirren und zogen erst weiter, als sie ihren Durst gestillt hatten.

Während sich unsere jüngeren Waisen prächtig entwickeln, machen auch die älteren Waisen in der „5. Klasse“ große Fortschritte. Sie werden immer unabhängiger und verbringen mehr und mehr Nächte im Busch. So zum Beispiel Kamok und Galla, die sich zusammengetan haben und inzwischen kaum mehr im Stallgelände übernachten. Barsilinga, Roi, Oltaiyoni, Tusuja, Naseku, Olsekki und Siangiki verabschieden sich meistens zur Abenddämmerung von den Waisen und ziehen dann in den Busch weiter.

Gegen Ende des Monats fiel endlich der lang ersehnte Regen. Es ist erstaunlich, wie schnell die Ex-Waisen und die wilden Herden daraufhin verschwanden, weil es wieder überall Wasser gab und die Vegetation explodierte. Für eines unserer Waisen, Klein Nabulu, war dies ebenfalls eine ganz besondere Zeit. Sie war erst im Mai nach Ithumba gekommen und seitdem hatte es nicht mehr geregnet. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie sah, wie sich Tsavo vor ihren Augen in ein grünes Paradies verwandelte.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: November 2021

In Umani gab es jede Menge Drama diesen Monat – nicht unter unseren Waisen, sondern mit der Gruppe der „Nachtschwärmer“, die schon sehr unabhängig waren. Quell des Unmutes schien Ngasha gewesen zu sein, der sich offenbar mit seinen früheren Freunden Faraja und Jasiri überworfen hatte. Den ersten Streit hatte es offenbar zwischen Ngasha und Faraja gegeben, was uns verwunderte, denn die Bullen kannten sich seit langen und hatten sich in Umani Springs sogar einen Stall geteilt! Wann immer Faraja jetzt im Stallgelände auftaucht oder versucht, sich der Herde während der Futtersuche anzunähern, verscheucht Ngasha ihn rigoros. Später im November hatten dann Ngasha und Jasiri einen großen Streit. Jasiri ist deutlich größer und stärker als Ngasha, so dass die Keeper überrascht waren, dass Jasiri nachgab. Die Keeper hatten Ngasha noch nie so nachtragend gesehen, und schon gar nicht mit zwei seiner Freunde. Sie fragen sich, ob Ngasha andere Bullen von der Herde fernhalten will, um seine Dominanz zu beweisen.

Die älteren Kühe versuchen ihr Bestes, den Frieden wieder herzustellen, schon, weil Ngasha auch alleine manchmal ein richtiger Störenfried ist. Den ganzen Monat über beobachteten die Keeper die verschiedenen Friedensverhandlungen, die die Kühe versuchten, zu vermitteln. Einmal sahen sie auch Zongoloni, Murera und Sonje in einer Art „Beratung“ mit Ngasha. Sie kollerten, so als ob sie ihn überreden wollten, sich doch wieder mit Faraja und Jasiri zu vertragen. Aber Ngasha ist ein Sturkopf und schien von den Argumenten nicht überzeugt. Die Keeper hoffen, dass sich alles bald wieder einränkt; sie vermissen es, alle Waisen friedlich zusammen zu sehen.

Natürlich sind alle wohlauf, aber örtlich getrennt. Seit sie von Ngasha vertrieben wurden, sind Jasiri und Faraja meistens allein unterwegs. Die Beiden grasen zwar mit den Umani-Waisen, aber halten Sicherheitsabstand. Als Ngasha Faraja und Jasiri verscheuchte, hatte er wahrscheinlich gehofft, daß Zongoloni bei der Herde bleibt, denn sie ist eine angesehene Leitkuh. Aber Zongoloni ist clever und lässt sich nicht von Ngasha ausspielen. Stattdessen zieht sie mit Jasiri und Faraja durch die Nächte und die Drei scheinen sehr gut miteinander auszukommen.

Ziwa ist und bleibt ein Einzelgänger, aber die Keeper haben ihn oft in Gesellschaft mehrerer wilder Bullen gesehen. Mwashoti und Alamaya haben sich zusammen getan und das scheint ihnen sehr gut zu tun. Alamaya ist offener geworden und schließt Freundschaften mit wilden Elefanten. Mwashoti hängt immer noch sehr an seiner Mensch-Elefantenwaisen-Familie, aber auch er hat diesen Monat große Fortschritte gemacht. Vor noch nicht allzu langer Zeit lebte er noch komplett im Stallgelände, und jetzt verbringt er die Nächte im Busch!

Unsere kleinen Babys Kiasa, Kiombo und Maktao wachsen und gedeihen ebenfalls. Kiasa ist eine couragierte kleine Kuh und großer Liebling von Zongoloni. Wenn Kiasa mit ihrer „großen Schwester“ zusammen ist, vergisst sie, dass sie für die Wildnis noch viel zu jung ist! Aber dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass Zongoloni sie immer zu neuen Abenteuern ermutigt.

An einem Tag nahmen Zongoloni und Faraja die Waisen mit auf eine kleine Exkursion. Sonje und Quanza nahmen als Anstandsdamen teil. Die Keeper wissen, dass Zongoloni gerne mit den Babys davon schleicht, besonders mit Kiasa. Als der Abend hereinbrach waren die Keeper sehr nervös, aber ihre Sorgen waren unbegründet, denn ihre „Pfadfinderin“ Lima Lima kam mit den Babys im Schlepptau angerannt. Lima Limas Spitzname ist nicht unbegründet, sie passt immer auf ihre Artgenossen auf und stellt sicher, dass niemand abhanden kommt.

Die älteren Kühe hängen sehr an ihren kleinen Schützlingen. Eines Nachmittags stritten sich Kiombo und Kiasa um Luzerne, Kiasa schubste ihren Freund und der schrie um Hilfe. Sonje rannte sofort zu ihm und bestrafte Kiasa für ihr grobes Benehmen. Aber als Quanza das sah, kam sie sofort herüber und verteidigte Kiasa. Schließlich stritten sich die älteren Kühe und Murera musste dazwischen gehen und alle Gemüter beruhigten sich.

Klein-Maktao und Enkesha sind beste Freunde und passten immer auf den Anderen auf. Eines Nachmittags waren sie in einem freundschaftlichen Rüsselkampf verwickelt, als Mwashoti sich einmischte. Maktao zog sich diplomatisch zurück, denn er weiß, dass Mwashoti oft seine eigenen Kräfte unterschätzt. Wie erwartet schubste Mwashoti die arme Enkesha um und sie stieß ein lautes Trompeten aus. Während Quanza, Zongoloni und Jasiri den Streit schlichteten, tröstete Maktao seine kleine Freundin Enkesha mit Kollern und Rüsselumarmungen.

Die älteren Kühe haben mittlerweile jede Menge Verehrer. Einmal schloss sich ihnen ein wilder Bulle beim Grasen an. Murera war nicht interessiert, Sonje dagegen schon, und selbst Quanza zeigte einen Funken Interesse. Er war wirklich sehr gutaussehend und die Keeper vermuteten, es sei Osama, Sonjes Freund. Aber bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus, dass es lediglich einer von Lima Limas vielen Bewunderern war. Sie ist von all unseren Kühen bei weitem die Begehrteste!

Der Kibwezi-Wald blieb von der Dürre in Kenia weitgehend verschont, aber auch hier hinterließ die lange Trockenzeit Spuren. Ein paar Buschfeuer taten schließlich noch ihr Übriges. Glücklicherweise wurden sie nie in Umani Springs entfacht, aber manche kamen gefährlich nah. Eines späten Nachmittags war ein Feuer so nah, dass die Keeper die Waisen zusammentrommelten und ins Stallgelände zurückbrachten. Danach teilten sie sich in zwei Gruppen: Eine blieb bei den Waisen, die andere half beim Feuerlöschen.

In solch schwierigen Zeiten suchen alle möglichen Kreaturen Schutz in Umani Springs. Sie wissen, dort ist es sicher und es gibt immer Futter und Wasser. Einmal trafen die Keeper eine wilde Herde mit 15 ausgewachsenen Elefanten und mehreren Babys – eine bescheidene Erinnerung, dass auch die wilden Elefanten Umani Springs jetzt wieder als sicheren Rückzugsort betrachten. Das war vor dem Bau unserer Auswilderungsstation lange Zeit nicht der Fall. Der November endete jedoch ausgelassen. Nach der langen Trockenheit öffnete sich der Himmel und üppige Regenfälle läuteten die lang ersehnte Regenzeit im Kibwezi-Wald in den Chyulu-Bergen ein!