Die Waisen im September

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: September 2020

Es war ein aufregender Monat für die Nursery-Waisen, als Bondeni und seine zwei Freundinnen Kinyei und Kindani aus der Neugeborenen-Station in Kaluku in Tsavo nach Nairobi kamen. Es war der erste Umzug aus der kleinen Kindergrippe, aber nötig, da es in Tsavo extrem trocken geworden war. Aber der Zeitpunkt hätte für die Drei nicht günstiger sein können, denn sie haben genau das richtige Alter für die Nursery und werden hier viel für ihr künftiges Elefantenleben lernen und Freundschaften für’s Leben schließen.

Nursery-Leitkuh Maisha hat sich der drei Jüngsten natürlich sofort angenommen. Aber sie hat inzwischen auch viel Erfahrung gesammelt und geht immer sicher, ihre anderen beiden Schützlinge, Naleku und Roho, nicht zu vernachlässigen. Zum Glück ist Roho nicht mehr ganz so besitzergreifend, wenn es um Maisha geht und scheint nicht zu eifersüchtig, wenn Maisha mit den Jüngsten beschäftigt ist. Das ist gut für Rohos Entwicklung, daß er selbständiger wird und seinen eigenen Willen entwickelt.

Larro war sofort sehr interessiert an Bondeni und seinen Freundinnen. Sie ist eine der älteren und sehr sanftmütigen jungen Kühe, die wir momentan in der Nursery haben. Gegen Ende des Monats hatten sich die Babys gut eingelebt und wir haben eine bemerkenswerte Verwandlung in Kiasa beobachtet. Sie kann ein richtiges Schlitzohr sein, besonders um die Fütterungszeit. Aber irgendwie scheinen die Babys einen beruhigenden Einfluß auf sie zu haben. Sie hat sich diesen Monat statt ihrer üblichen Mätzchen lieber auf ihre Fertigkeiten als Elefantenkuh besonnen und kümmert sich am liebsten um Bondeni. Sie mag es, wenn er direkt neben ihr läuft und anscheinend ist ihr bewußt geworden, daß sie jetzt ein gutes Vorbeild sein muss und verhält sich auch so. Sie ist sehr beschützerisch und paßt auf, daß die anderen Waisen nicht zu grob mit Bondeni spielen. Bondeni wiederum, ist einer der verspieltesten kleinen Bullen, den die Nursery je gesehen hat! Er liebt es, von den Keepern bemuttert zu werden, besonders wenn sie ihm liebevoll immer wieder Dreckhaufen aufschaufeln, damit er sich ganz in Ruhe darin wälzen kann. Bondeni erinnert die Keeper an Ndotto, der inzwischen in der Voi-Gruppe lebt. Er hat einen ähnlichen Charakter und wollte immer in der Nähe seiner Keeper sein. Alle drei Neuankömmlinge werden demnächst in unser Waisenprogramm aufgenommen.

Larros engste Freunde sind immer noch Olorien und Ziwadi, die gleichzeitig auch ihre Stallnachbarn sind. Naleku hat sich ebenfalls der kleinen Gruppe angeschlossen. Sie ist eine sehr liebevolle und selbständige kleine Elefantenkuh, und obwohl sie eigentlich alle Nursery-Waisen gerne mag, steht sie Mukkoka und Maktao, den beiden älteren Jungbullen, am nächsten. Sie kennt Mukkoka seit ihrer Ankunft in der Nursery und hat anfangs neben ihm im Stall gewohnt. Maktao mag sie, weil er immer entspannt und sanftmütig mit ihr umgeht.

Ziwadi, die sich bei den Wanderungen durch den Wald gerne Zeit läßt, verbringt ihre Zeit am liebsten mit den jüngsten Kühen in der Nursery, Naleku und Olorien. Sie hat eine schrullige Morgenroutine mit Olorien entwickelt: Wenn sie morgens aus ihren Ställen kommen, gehen sie an die Tränken vor den Ställen von Maisha und Maktao. Dort planschen und spritzen sie mit ihren Rüsseln im Wasser. Ziwadi taucht ihr ganzes Maul zum Saufen ins Wasser, weil sie noch nicht mit dem Rüssel saufen kann. Eine der älteren Kühe, Nabulu, hat diesen Monat viel Zeit mit Olorien verbracht und scheint sehr gerne auf sie aufzupassen.

Mukokka und Larro haben immer die Zeit im Auge und wissen immer, wenn die Zeit für die nächste Milchfütterung gekommen ist. Selbst wenn Mukokka die Waisen weiter in den Busch geführt hat, weiß er immer genau wann er sie zurückbringen muss. Mukokka und Naboishu sind in der Regel die Ersten an der Flasche, und manchmal liefern sie sich ein Wettrennen im Endspurt bis zu den Keepern! Mukkoka scheint der schnellere Läufer von Beiden, aber gelegentlich unterschätzt er Naboishus Appetit und wird dann auch schonmal Zweiter. Naboishu ist bekannt für sein Gebrüll, während er auf seine Flasche zurennt. Die Keeper nennen ihn daher liebevoll „Makelele“, das Kiswahli-Wort für Krach! Naboishu ist in den letzten Wochen aber viel entspannter geworden, weniger schüchtern und eher aufs Spielen konzentriert. Im Wald konnten wir beobachten, wie er sich mit Kiombo in einen kleinen Ringkampf vertiefte – bis Nabulu kam und sie trennte, denn sie kann Ringkämpfe nicht ausstehen.

Unsere Nashörner: Der September war überwiegend kühl mit kleinen Regenschauern, aber für eine Woche lang war es unglaublich heiß. Während die Sonne vom Himmel prasselte, genehmigte sich Maxwell, unser blindes Spitzmaulnashorn, jeden Tag ein ausgiebiges Schlammbad. Danach legte er sich für ein Nickerchen in den Schatten und genoß die gelegentliche frische Briese. Als es wieder kühler wurde, kuschelte er sich lieber in seinem Heulager und kam nicht aus dem Stall, bevor die Sonne komplett aufgegangen war. Seine Lieblingsbeschäftigung am Morgen ist, sein Futter zu sortieren. Die Keeper legen ihm immer frisches Grünfutter hin und Luzernepellets bereit und er sortiert erst und arbeitet sich dann langsam vor zu den Pellets. Er sieht wieder sehr gesund aus!

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: September 2020

Mit ihren drei Jahren sind Emoli und Pika Pika die jüngsten und kleinsten in unserer Voi-Gruppe. Sie sind auch diejenigen, die morgens nach dem Aufwachen als Erste ihre Milchflasche verlangen, als Erstes bei der Fütterung sind und den Inhalt ihrer Flaschen binnen Sekunden heruntergeschlungen haben! Emoli ist winzig, aber das scheint er selber gar nicht wahrzunehmen. Er hat kein Problem damit, Godoma, Tagwa, Lasayen und Ngilai zum Ringen herauszufordern. Die älteren Waisen sind aber immer sehr vorsichtig und passen auf, nicht zu grob mit ihm umzugehen.

Ngilai hat eine Schwäche für den kleinen Bullen, aber seit der Rückkehr von Kenias Herde in die Auswilderungsstation ist er besonders vorsichtig, wie er mit ihm umgeht. Er ist besonders vorsichtig, um Kenia und Ndii nicht zu beunruhigen. Emoli hatte einen besonders schweren Start ins Leben. Er wude während der schlimmen Dürre 2017 halb verhungert gefunden; bewußtlos, mit kaum spürbaren Puls und flacher Atmung. Das Team stabiliserte seinen Kreislauf mit Infusionen und deckte ihn zu, um ihn vor der erbarmungslosen Sonne zu schützen. Sein Blutdruck war so niedrig, daß man kaum eine Vene für die Infusion finden konnte. Nachdem er stabilisiert war, wurde er in die Nursery gebracht und ist dort langsam wieder zu Kräften gekommen. Besonders am Anfang, ist er immer wieder zusammengeklappt und hatte keine Kraft für die einfachsten Dinge. Aber dann kam langsam sein Appetit und entwickelte sich über die Zeit zu dem, den wir heute kennen. Rückblickend erinnern wir uns gerne daran, auch wenn es zu jenem Zeitpunkt nur schwer zu ertragen war, ihn so schwach zu sehen. Heute ist er eines der kräftigsten und verspieltesten Elefantenwaisen in der Voi-Herde.

Die gleichaltrige Pika Pika genießt ihren Status als Nesthäkchen und die meisten Kühe buhlen um ihre Aufmerksamkeit. Seit Kenias Herde sich wieder den Waisen angeschlossen hat, hat die arme Arruba Pika Pika an Kenia „verloren“. Die älteren Kühe haben in dieser Hinsicht immer eine Vorrechtsstellung. Aber grundsätzlich passen alle auf die Kleinste auf. Eines Tages schubste Mudanda sie von ihren Luzernepellets weg und Ndii war sofort zur Stelle, um Pika Pika zu beschützen und drängte Mudanda weg von ihr. Tahri, einst das Küken der Herde, verbringt jetzt viel Zeit mit Kenia und Ndii und hält sich auch beim Fressen im Busch meist bei ihnen auf. Mashariki in Kenias Herde ist sehr neugierig und erkundet am liebsten neue Futterstellen im Wald.

Tagwa hat diesen Monat viele Fortschritte gemacht. Sie nahm an allen Spielen teil, sogar an ein paar Ringkämpfen. Ihre Lieblingsfreunde sind immer noch Tamiyoi und Sagala und die Drei verbringen immer noch viel Zeit miteinander. Tamiyoi und Tagwa führen die Herde gerne zusammen in den Busch, sie können es meist gar nicht erwarten, daß es morgens endlich losgeht. Tagwa hat sich besonders über die vielen Haufen Erde gefreut, die die Keeper aufgeschüttet hatten. Die Waisen wälzen sich darin und bedecken ihre Haut somit mit einer Extra Schutzschicht vor Sonne und Insekten.

Die Waisen verbringen die Tage meistens in einer großen Herde beim Fressen an den Hängen des Msinga-Berges, meistens sind auch die beiden Büffel Cheza und Ivia als auch die Zebra-Fohlen Diria und Nzuki mit von der Partie. Es ist sehr unterhaltsam, sie zu beobachten. Zu irgendeinem Zeitpunkt, rennt einer der Elefanten – meistens Godoma oder Rorogoi – los und versucht, die Büffel und Zebras zu verjagen. Das passiert meistens um die Zeit der Suhle; Godoma mag es nicht, wenn die Büffel zur gleichen Zeit baden. Sie jagt Ivia oder Chevia dann vom Wasser weg und legt sich ans Ufer, so daß sie schnell zur Stelle ist, wenn sie zurückkommen. Gegen Ende des Monats haben wir nach drei Monaten endlich Tawi, unseren Ex-Waisen Elenbullen, wieder gesehen. Er kam eines Morgens auf eine kurze Stippvisite vorbei und sah sehr gesund und stark aus. Ivia, der Büffelwaisenbulle, war furchtbar aufgeregt und wollte ihn gleich in einen kleinen Ringkampf verwickeln. Die Keeper mussten dazwischen gehen, denn Tawi hat inzwischen lange spitze Hörner, die einen jungen Büffel (oder Elefanten) schwer verletzten könnten.

An der Suhle kam es diesen Monat auch zu ein paar schönen Begegnungen mit wilden Elefanten. Unsere Ex-Waisen sind derzeit in anderen Ecken des Tsavo Nationalparks unterwegs und wir haben sie jetzt schon eine Weile nicht gesehen. Aber die Trockenzeit ist jetzt in vollem Gange und da wir die Tränken und einige künstliche Wasserlöcher regelmäßig mit Wasser auffüllen, kommen auch öfters wilde Dickhäuter vorbei, um ihren Durst zu stillen. An den besonders heißen Tagen können die Waisen vom Baden nicht genug bekommen. Suswa ist meistens die Letzte im Wasser.

Mbegu verbringt immer noch die meiste Zeit mit den Waisen, die mit ihr aus der Nairobi-Nursery kamen. Mbegu, was auf Kiswahili “Keim”, bedeutet, war einst winzig klein und ist inzwischen eine stattliche sechs Jahre junge Elefantenkuh. Sie verbringt die meiste Zeit mit Godoma, Murit, Ndotto, Emoli, Lasayen und Ngilai, und wir denken, daß sie eines Tages eine sehr gute Leitkuh wird.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: September 2020

In der Ithumba-Auswilderungsstation leben derzeit 34 Elefantenwaisen, die Keeper haben also alle Hände voll zu tun. Diesen Monat waren viele Ex-Waisen und buchstäblich hunderte wilde Elefanten in der Nachbarschaft, so daß die Keeper noch wachsamer sein mussten als sonst! In letzter Zeit kam es häufiger vor, daß wilde Herden sehr früh morgens ins Stallgelände kamen, um an der Tränke zu saufen. Als Wildtiere hören sie natürlich nicht auf die Ermahnungen der Keeper, zu warten bis sie an der Reihe sind. Aber irgendwann haben sie den Ablauf verstanden und inzwischen warten sie morgens, bis die Waisen fertig gesoffen haben. Der Ithumba-Wassertankwagen ist auf jeden Fall derzeit rund um die Uhr im Einsatz, um Wasser aus den Bohrlöchern und dem Tiva-Fluss auf die Tränken in Ithumba zu verteilen.

Unsere Ithumba-Neuankömmlinge, die dreijährigen Bullen Sattao, Musiara und Dololo, haben noch viel zu lernen, aber sie scheinen keinerlei Berührungsangst vor der neuen Umgebung zu haben. Alle drei haben die Herzen der meisten Ex-Waisen erobert und fühlen sich magisch zu Mutaras Herde hingezogen. Die hat sich in den letzten Monaten immer in der Nähe aufgehalten. Die jungen Bullen saugen das Leben in Ithumba in vollen Zügen auf. Eines Tages brachte Malima einen Zweig, den sie fallen ließ, als Dololo sie schubste. Malima drehte sich um und griff ihn an. Sie war aber trotzdem vorsichtig, schien zu verstehen, daß er um einiges jünger war als sie. Sities und Suguta, aus Mutaras Herde Ex-Waisen, sind ganz vernarrt in Dololo, und begleiten ihn tagsüber überall hin. Wenn sie nicht da sind, übernimmt Roi diese Aufgabe. Sattao fühlt sich sehr wohl in der Gesellschaft der großen Bullen, wie zum Beispiel den inzwischen 17 Jahre alten Tomboi. Selbst Musiara ist inzwischen sehr erpicht, neue Verantwortung zu übernehmen und führt die Gruppe von Zeit zu Zeit in den Busch. An einem Morgen hat er sich aber ein bißchen übernommen. Er war schon losmarschiert während die anderen noch Luzernepellets fraßen. Nach etwa hundert Metern bemerkte er, daß ihm niemand folgte. Also drehte er sich um und rannte bellend zu den anderen zurück. Mutara, die sonst kaum auf Geschreie der Jüngsten reagiert, war zur überraschung die Erste, die sich erkundigte, was vor sich ging. Die Keeper freuten sich darüber, besonders, weil sie annehmen, daß Mutara trächtig ist und Ende 2021 ihr eigenes Baby haben würde. Kainuk, die immer schnell reagiert, schloß sich Mutara an, um Musiara zu beruhigen.

Eines Tages, die Waisen waren gerade auf dem Heimweg, schlossen sich Rapa, Sapalan und Galla Mutaras Herde an und gingen mit ihr in den Busch. Die Keeper kamen mit den anderen Waisen zurück ins Stallgelände, und etwa 20 Minuten, nachdem die Waisen ihre Milchflaschen ausgesoffen hatten, kam Mutaras Herde ins Stallgelände – allerdings ohne Galla, Sapalan und Rapa! Die Keeper machten sich auf die Suche, fanden die Abtrünnigen wenig später und brachten sie zurück ins Stallgelände. Offenbar ruft die Wildnis, es war schon daß dritte Mal, daß sie versuchten, sich von der Herde wegzuschleichen. Aber mit fünf Jahren und in Anbetracht der Tatsache, daß es in Tsavo aggressive Löwen gibt, sind sie noch viel zu jung dafür.

Jeden Tag, wenn die Waisen für ihre Mittagsmilch an die Suhle kommen, sind in der Regel schon ein paar wilde Elefantenbullen im kühlen Nass. Tusuja und Namalok nutzen die Gelegenheit und begrüßen sie, wann immer es geht. Die meisten der wilden Bullen sind mittlerweile Stammgäste und sie kennen die Abläufe der Waisen. Wir haben diesen Monat auch den uns bekannten wilden Bullen „Dad“ gesehen, der diesen Spitznamen von uns verpasst bekommen hat, weil er der Vater einiger der Babys ist, die von unseren Ex-Waisen in der Wildnis geboren wurden.

Am 3. September kamen Melia, Kandecha und Kibo nach langer Zeit mal wieder vorbei und die Freude über das Wiedersehen war groß! Die 11- und 12-jährigen haben sich über Nacht Mutaras Herde angeschlossen und kamen morgens mit ihnen ins Stallgelände. Den Rest des Monats über haben wir sie immer wieder mit Kilaguni, Orwa und Bomani gesehen. Challa, inzwischen 16 Jahre alt, haben wir diesen Monat mehrfach beim genüßlichen Suhlen gesehen.

Kinnas Herde Ex-Waisen mit Sunyei, Lenana und all den in der Wildnis geborenen Babys war diesen Monat auch viel in der Nachbarschaft und wir haben sie häufig zu Gesicht bekommen. Loijuk und ihr Baby Lili kamen später im Monat mit Makena, Chemi Chemi, Kitirua, Tumaren, Olare und Ishanga dazu. Diese Treffen waren auch gute Gelegenheiten für die Waisen, mit Gleichaltrigen wilden Elefanten Umgang zu pflegen, besonders mit den in der Wildnis geborenen Babys Kama, Siku und Winzling Lapa. Letzterer ist zwar erst einen Monat alt, aber voll Energie.

An anderen Tagen hatte Malima einen Wettlauf mit Siku, Maramoja hatte einen Streit mit Kama und Wanjala hatte eine kurze Begegnung mit Lapa, bevor er von Lapas Mutter Lenana eine Verwarnung bekam. Kama ist besonders verspielt und pendelt gern von einem Waisen zum nächsten, um sie zu Ringkämpfen herauszufordern. Eines Tages provozierte sie Roi und zog dann weiter zu Pare und schließlich zu Namalok, der sie gnadenlos zu Boden schubste. Sie ist inzwischen drei Jahre alt und weiß, daß ihre Mutter sie immer aus der Bredouille retten würde, wenn sie mit einem der Waisenelefanten Schwierigkeiten bekommen würde. Es ist wirklich schön, zu beobachten, wie sowohl die wilden als auch die verwaisten Elefantenbabys bei diesen Begegnungen die Verhaltenswaisen älterer Elefanten erlernen.

Kithaka, Garzi und Lemoyian sind auch immer noch in der Gegend und haben den Waisen auch regelmäßig Besuche abgestattet. Schließlich ist ihr guter Freund Barsilinga immer noch ab und zu wegen seiner Fußverletzung in Nachbehandlung. Kithaka, der immer einer der ausgebufftesten Babys war, hatte diesen Monat einige Rappel und die Keeper mussten immer ein Auge auf ihn haben, damit er keinen Unsinn anstellte. An einem Abend kam er vor der Waisenherde und ihren Keepern ins Stallgelände und erschreckte die Gelegenheitsarbeiter!

Ähnlich wie Barsilinga, wird auch Enkikwa noch regelmäßig medizinisch betreut und bekommt seine Wunde am Bein gesäubert, die ihm vor mehr als einem Jahr bei einem Angriff durch Löwen zugefügt wurde. Inzwischen kann er glücklicherweise wieder den ganzen Tag mit seiner Herde Schritt halten und rollt sich wieder leidenschaftlich im Dreck. Wir freuen uns sehr über seine Genesung, denn darauf war am Anfang gar nicht zu hoffen, denn die Wunde war sehr schwer. Wir denken, daß all seine Freunde sich mit ihm freuen – eines Tages wälzte er sich mit Olsekki herum während Ndiwa, Kuishi und Jotto einfach nur daneben standen und staunten. Er wird vermutlich für immer ein bißen humpeln, kann ansonsten aber ein ganz normales Elefantenleben führen. Seine Freunde Kauro, Tusuja und Galla haben diesen Monat eine neue Marotte entwickelt und schleichen sich von der Herde weg, kurz bevor die sich zur Suhle bewegt. Sie wissen, daß ein Fahrzeug die Milchflaschen bringt und vermutlich spekulieren sie auf eine Extraportion.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: September 2020

Alamaya hat diesen Monat ernsthaft seine Unabhängigkeit ausgetestet und ist aus seiner Komfortzone getreten, er hat sogar ein paar Nächte im Busch und ohne Milchfütterung verbracht! Nicht nur, daß der junge Bulle jetzt mehr Zeit ohne die Umani-Waisen verbringt, aber er hat sich auch nicht regelmäßig der Gruppe der „Nachtschwärmer“ angeschlossen, sondern zieht einfach alleine los oder mit wilden Freunden. Er steht Zongoloni, Ziwa, Ngasha, Faraja und Jasiri immer noch sehr nah, aber ist sehr kontaktfreudig und scheint keine Probleme damit zu haben, Freundschaften mit fremden, wilden Bullen zu schließen.

Vielleicht sind die wilden Bullen auch selbst neugierig oder wollen diesem außergewöhnlichen Artgenossen ein paar Ratschläge geben. Alamaya ist ein Eunuch – Hyänen hatten ihm als Baby seine Genitalien und seinen Schwanz abgebissen, während er in einer Grube gefangen war. Wenn Alamaya mit einem seiner wilden Freunde im Schlepptau bei den Waisen auftaucht, sind sie sehr verwundert über die Patchworkfamilie aus jungen Elefanten und Menschen. Meistens halten sie Sicherheitsabstand, an anderen Tagen begleiten sie die Waisen in den Busch. Wenn es zu Zusammentreffen kommt, passen Sonje und Murera auf, daß Luggard nicht dazwischen gerät und Zongoloni achtet auf Enkesha.

Die Nachtschwärmer kommen alle paar Tage, aber dann höchstens morgens, wenn die Luzerne ausgeteilt wird, oder zur Suhle, wenn die Waisen zur Milchfütterung kommen. Dann schwimmen und baden sie alle zusammen und genießen das Zusammensein. Es scheint, als ob Ziwa und Zongoloni die Führung in der Gruppe haben. Die Umani-Waisen freuen sich ungemein, wenn sie die Nachtschwärmer sehen, besonders Quanza. Der kollert vor Freude, wenn er sie sieht und Enkesha freut sich immer besonders über Zongoloni.

Wenn sie tagsüber nicht mit Zongoloni zusammen ist, begleitet Enkesha Shukuru. Die shängt sehr an Enkesha und diese Freundschaft hat Shukuru regelrecht beflügelt – sie sah noch nie gesünder aus! Außerdem ist Enkesha sehr clever, sie findet die besten Futterstellen. Sie läuft dann einfach los und Shukuru folgt ihr arglos. Enkesha ist abenteuerlustig, umtriebig und quirlig und gedeiht prächtig in Umani. Seit ihrer Ankunft im Juli ist sie unglaublich gewachsen. Eines Tages sahen Enkesha und Quanza ein paar Kronenkraniche beim Trinken an der Stalltränke. Die beiden ausgebufften Schlitzohren schlichen sich an und erschreckten die Vögel mit lautem Trompeten. Die flatterten auf und flogen in alle Himmelsrichtungen. Enkesha hatte aber immer noch nicht genug und rannte hinter ihnen her, bis sie außer Sichtweite waren. Luggard, Lima Lima und Murera, die nicht weit davon weg fraßen, ließen sich gar nicht beirren oder gar anlocken. Diese Art Schreie und Tumult scheinen sie völlig korrekt einordnen zu können. Nach der Mittagsfütterung schleicht sich Enkesha auch gerne hinter das Fahrzeug, das die Flaschen bringt, um nach Nachschlag zu suchen. Sie fingert mit ihrer Rüsselspitze auf dem Anhänger herum, um eine Flasche zu erhaschen. Meistens hat sie kein Glück, aber sie sucht jeden Tag aufs Neue und gibt nicht auf!

Shukuru mag es am liebsten, wenn es ganz ruhig und entspannt zugeht. Sie ist nicht erpicht auf Balgen oder gar Ringkämpfe. An der Suhle wartet sie meist geduldig im ruhigen Teil des Wassers oder im Schatten eines Baumes, besonders wenn die Jungbullen wie Alamaya und Mwashoti mit Ringen beginnen. Mwashoti ist in letzter Zeit etwas übermütig geworden und steigt gerne auf Lima Lima auf. Die kann das gar nicht leiden und meidet Mwashoti. Enkesha hat kein Problem mit ihm und die Beiden werden oft beim gemeinsamen Fressen beobachtet. Da scheint sich eine neue Freundschaft anzubahnen! Mwashotis Genesung grenzt an ein Wunder, denn er humpelt fast überhaupt nicht mehr! Wenn man bedenkt, wie er damals zu uns kam – dieses Ergebnis hätten wir uns niemals träumen lassen. Er hatte damals eine Drahtschlinge um sein Fußgelenk, die sich buchstäblich bis auf den Knochen eingeschnitten hatte. Während er in der Falle hing, verlor er seine Mutter und man hätte vermuten können, damit auch die Möglichkeit auf ein normales Elefantenleben. Aber Mwashoti hat längst nicht die Spätschäden gezeigt, die wir befürchtet hatten.

Sonje und Murera sind sehr standfest, wenn es darum geht, ihren Goldschatz Luggard zu beschützen. Sie sind immer in seiner Nähe, so daß ihm keiner der groben Jungbullen irgendein Leid zufügt. Luggard ist ein wenig eingeschüchtert von der Größe der älteren Waisen und weiß, daß er sich nur an die beiden Kühe halten muss, um sicher zu sein. Er und Murera sind immer noch ein Herz und eine Seele. Manchmal lehnt Luggard seinen Kopf an Mureras Brust, das scheint ihn zu trösten, und Murera tut nichts lieber, als ihn zu bemuttern. Wenn Murera mal ein bißchen Zeit für sich braucht, wird sie von Lima Lima vertreten. Murera mag es am liebsten, wenn sie und Lima Lima vor und hinter Luggard laufen, so daß er von beiden Seiten beschützt ist. Luggard hat jedoch inzwischen auch neue Freunde in Umani gefunden, so zum Beispiel Quanza. Bei aller Bemutterung bringen Murera und alle anderen Luggard auch ein paar lebenswichtige Regeln, z.B. Manieren, bei. Dafür gibt es keine besseren Lehrer als Sonje und Murera, zwei sehr erfolgreiche Leitkühe! Wann immer Luggard Anzeichen von Trotz oder Sturheit zeigt, wird er sanft darauf hingewiesen, wie es richtig geht und der kleine Bulle weiß genau, wann die Leitkühe es ernst meinen und wann nicht!

Selbst in der immergrünen Oase des Kibwezi-Waldes ist es dieses Jahr recht trocken und wir ersehnen die Regenzeit. Es sind immer noch relativ viele wilde Elefantenherden in der Nähe und in den frühen Morgenstunden hört man das Trompeten von riesigen wilden Herden im Wald. Die Keeper haben diesen Monat freudig berichtet, daß sich die „Nachtschwärmer“ Zongoloni, Ziwa, Alamaya, Jasiri, Faraja und Ngasha offenbar einer wilden Herde angeschlossen haben. Wann immer die Herde mitsamt Waisen und „Nachtschwärmern“ im Wald auf wilde Bullen trifft, merken die Keeper oft, daß die „Nachtschwärmer“ die Bullen bereits kennen. Sie pendeln immer noch zwischen beiden Welten, aber genauso funktioniert das Konzept unserer Auswilderung.