Die Waisen im September

Monatsbericht für die Nursery-Grupppe: September  2012

Der unerwartete Tod des einjährigen Nyika am 20. September sitzt tief, obwohl das Kälbchen schon bei seiner Ankunft im Juli schwach und abgemagert war. Trotzdem hatten wir Hoffnung, denn schließlich haben wir schon schlimmere Fälle, wie z.B. Orwa, durchgebracht. Nyika hatte die Milch gut angenommen und eine Blutuntersuchung ergab keinen Grund zur Sorge. Wir dachten, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis er sich wieder erholt, aber leider wollte er nicht fressen. Wir nehmen daher an, dass der psychologische Schock zu tief saß und er seinen Lebenswillen verloren hatte. Er verbrachte viel Zeit allein – ein Zeichen tiefer Trauer. Schon vor ihm gab es Elefantenwaisen, die an gebrochenem Herzen gestorben sind.

 

orwa

 

 

Mit vier Rettungsaktionen in den ersten acht Tagen des Monats ereichte die diesjährige Wilderei ihren Höhepunkt. Nur den kleinen Bullen Teleki vom Mt. Kenya haben wir durchbringen können. Er traf am 8. September mit einer tiefen Wunde in der Schulter bei uns ein, die ihm durch eine Machete zugefügt wurde, als er auf Farmland außerhalb des Reservates unterwegs war. Teleki verdankt sein Leben einem Mitglied des Bill Woodley Mt. Kenya Trusts, der die Angreifer verjagte. Es war daher nicht überraschend, dass das Baby bei seiner Ankunft reichlich agressiv war, um sich vor weiteren Übergriffen durch Menschen zu schützen. Die Keeper brauchten ganze zwei Tage, um ihn dazu zu bringen, die Milch aus der Flasche anzunehmen. Am 12. September war er ruhig genug, um die anderen Waisen in der Nursery kennen zu lernen, die in wie immer mit großer Elefantenfreude begrüßten. Er ist ein freundlicher kleiner Elefant, und die Keeper beschreiben ihn als sehr höflich! Inzwischen hat er sich gut eingelebt, erholt sich von seinen Verletzungen und scheint die Gesellschaft seiner Artgenossen zu genießen.

 

teleki

 

Ein anderes Elefantenbaby vom Jipe-See, das am gleichen Tag wie Teleki gefunden wurde, hatte leider weniger Glück. Als es entdeckt wurde, war es dem Tod schon sehr nah, wurde von zwei erwachsenen Elefanten – einem Bullen und einer Kuh – bewacht, die dem Baby bis spät Abends nicht von der Seite wichen. Ranger, die das Kalb beobachtet hatten, nutzten ihre Chance und näherten sich dem Baby, um zu sehen, ob es noch lebte. Es atmete, und so brachten sie es zu ihrem Nachtlager, gaben ihm Wasser und informierten uns, dass es am nächsten Morgen nach Nairobi geholt werden mußte. Als das Rettungsteam eintraf, war es schon bewußtlos; wurde daher für den Flug an eine Infusion gelegt und traf gegen 14 Uhr in der Nursery ein. Der etwa 10 Monate alte Bulle blieb noch die ganze Nacht am Tropf und starb gegen 3 Uhr morgens, ohne das Bewußtsein noch einmal wiederzuerlangen. Noch am selben Tag folgte die dritte Rettungsaktion aus dem Wamba-Gebiet in Laikipia. Aber das Kälbchen starb noch, bevor das Flugzeug abheben konnte. Dies ist nur ein kurzer Abriss aus einem sehr anstrengenden September 2012! Aber dem nicht genug. Ein weiteres Baby wurde im Kilabasi-Korridor zwischen Tsavo West und Ost neben seiner gewilderten Mutter gefunden, die offenbar den Folgen eines Giftpfeils erlegen war. Es starb in den Voi-Stallungen, noch bevor es nach Nairobi gebracht werden konnte, weil es ebenfalls von Giftpfeilen getroffen worden war. Die Wilderer hatten das Elfenbein aus dem Kopf der Mutter gehackt, und obwohl das Baby bei seiner Rettung noch gelebt hat und die mobile tiermedizinische Einheit noch alles erdenklich Mögliche versuchte, kam jede Hilfe zu spät. Die Brutalität und Rücksichtslosigkeit, mit der die Wilderer vorgehen, ist uns unbegreiflich. Wie kann man gefühlskalt ein kleines Elefantenbaby, das noch nicht einmal Elfenbein trägt, mit Giftpfeilen beschießen?

 

Rukinga IMG_0527 (3)

 

Am 27. und 30. September wurden zwei Baby-Bullen von der Rukinga Ranch am Rande von Tsavo-Ost geborgen. Auf dem Farmland verläuft eine uralte Wanderroute der Elefanten, dessen Verlauf seit Jahrhunderten ein Teil des genetischen Gedächtnisses der Elefanten ist. Mittlerweile ist die Wanderroute von elefantenfeindlichen Volksgruppen bewohnt und wird durch den Strom von Somalis, die nach Kenia kommen, noch gefährlicher. Das Gebiet ist ein Brennpunkt der Wilderei. Daher wurden dort Ranger der kenianischen Wildtierbehörde (KWS) stationiert, die alles Menschenmögliche versuchen, um den Elefantenkorridor zwischen Tsavo-West und -Ost zu schützen. Der erst einen Monat alte Rukinga und der 10 Monate alte Ngasha (benannt nach einem Berg in der Nähe des Rettungsortes) haben es bisher überlebt und brachten die Zahl der Waisen in der Nairobi-Nursery am Monatsende auf 25!

 

Ngasha meets the orphans IMG_0915 (3)

 

Aber es gab auch gute Nachrichten: Murera, die sich im Februar, als sie bei uns ankam, kaum bewegen konnte, war zum ersten Mal beim öffentlichen Schlammbad dabei. Ihre Freude und der Spaß beim Suhlen im Schlamm waren nicht zu übersehen, und das sich anschließende Dreckwerfen steckte alle Zuschauer mit Freude an. Murera ist ein wandelndes Wunder, besonders, da die Prognose des Tierarztes nicht sehr optimistisch war. Man vermutete, dass sie vielleicht nie wieder laufen könne und eventuell gar eingeschläfert werden müßte! Murera ist heute das lebende Beispiel für die Kraft der Natur, denn sie ist nicht nur schmerzfrei und kann laufen – sie rennt sogar und ist der Inbegriff von Freude und Dankbarkeit gegenüber allen, die sie gepflegt haben. Sie verkörpert alles das, worauf wir so stolz sind.

 

Murera with Rukinga IMG_0691 (2)

 

Naipoki wird wohl einmal eine sehr gute Leitkuh werden. Sie und die üblicherweise etwas aufdringliche Sonje vergöttern Klein Rukinga, während sich die älteren Kühe vornehmlich um Kinango kümmern. Teleki, einer der Neuankömmlinge, hat alle mit seiner Ausgebufftheit überrascht: am späten Nachmittag seilt er sich von der Herde ab und führt Faraja und Kwale allein zurück zum Stallgelände – als wäre er schon ewig bei uns! Ngasha hat sich ebenfalls gut eingelebt und mit den anderen Neulingen zu einer kleinen Gruppe Baby-Bullen zusammengeschlossen. Sie alle haben eines gemeinsam – die frische Trauer um ihre Mütter und die verlorene Familie.

 

Kwale playing IMG_0844 (2)

 

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: September 2012

 

Der September war einer der trockensten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in der Region in und um Tsavo. Während der „Regenzeit“ im April und Mai regnete es nur ein einziges Mal, bis gegen Ende September ein kleiner Schauer zumindest kurz ein paar Pfützen hinterließ. Die Ex-Waisen nutzten die Chance und wanderten für ein paar Tage weiter in den Park, so dass wir sie nicht mehr täglich zu Gesicht bekamen, wenn die Luzerne ausgeteilt wurde. Wir sahen die Herde trotzdem am 12., 15., 16., 20., 23., 24., 27.. 29. und 30. September. Etwa jeden zweiten Morgen kamen sie zum Saufen und auf eine Handvoll Luzerne und wir waren erleichtert, dass sie so gut zurechtkamen. Besonders jetzt, da die Elefantenwilderei im ganzen Land ungeahnte Ausmaße angenommen hat. Hier kommt uns die Dürre entgegen, weil sie lieber in der Nähe einer sicheren Wasser- und Futterquelle bleiben und wir ein Auge auf sie haben können.

Der Norden von Tsavo-Ost grenzt an Land, das von Wakambas bewohnt wird. Diese Volksgruppe ist berüchtigt für ihre Giftpfeile, die über die Jahre viele Elefantenleben gekostet haben. In den 1970ern-1990ern, als Tsavo’s Elefantenpopulation auf 6.000 Tiere schrumpfte, waren die Dickhäuter so sehr unter Druck, dass sie das knapp 8.000 km2 große Gebiet nördlich des Galana-Flusses verließen. Derzeit gibt es 10.000 Elefanten in Tsavo, ist aber nach wie vor bedroht durch die Nachfrage nach Elfenbein, besonders aus China und Thailand. Nur unseren Waisen im Norden ist es zu verdanken, dass die wilden Elefanten wieder in diesen Teil des Parks zurückkehrten. Vor ein paar Jahren hatten wilde Bullen, die Pfadfinder der Elefantengesellschaft, heimlich nachts das Stallgelände der Waisen besucht und mit ihnen kommuniziert. Heute haben sie sich hier im Norden des Parks wieder angesiedelt und entlasten somit das Ökosystem im Süden.

 

Unsere Ithumba-Waisen (derzeit 15 an der Zahl) hatten im September viel Kontakt zu wilden Elefanten. Neben den üblichen Begegnungen beim Luzernefressen am Morgen, zu dem die Ex-Waisen häufig wilde Freunde mitbringen (mehr als 15 am 4. und 7. September!), haben sie sich auch mehrfach zusammen im Schlamm gesuhlt. Die wilden Elefanten kommen täglich und in großen Gruppen zum Saufen an der Stalltränke, so dass kaum ein Tag verging, an dem die Waisen keinen wilden Artgenossen, und überdies die Ex-Waisen, zu Gesicht bekamen. Chaimu war sehr angetan von Yattas Kälbchen Yetu, am 11. September an der Suhle. Sie folgte dem Baby auf Schritt und Tritt, als diese selbstbewußt durch den Wald von großen Elefantenbeinen huschte, und „küßte“ sie mit ihrem Rüssel auf den Mund. Am 14. September kam es zu einem interessanten Zwischenfall, als eine weniger freundliche Herde am Schlammbad auftauchte und einer unter ihnen beim Anblick der Keeper auf Angriffstellung ging. Als die Waisen dies bemerkten, verließen sie sofort das Schlammbad und eilten fluchtartig mit ihren Keepern davon!

Die wilden Elefanten haben gelernt, dass das frische Wasser in der Stalltränke vom Tanklaster des Trusts gebracht wird. Der muss manchmal mehrere Fahrten pro Tag unternehmen, um die große Nachfrage zu befriedigen. Am 29. September warteten 16 wilde Elefanten geduldig auf seine Ankunft, denn die Tränke wird nachts meist von anderen wilden Besuchern leer gesoffen. Die Herde der Ex-Waisen kam meistens geschlossen; nur einmal tauchte eine Splittergruppe mit Sunyei, Mulika, Baby Mwende, Sidai, Lenana und Chyulu allein beim Schlammbad auf.

 

mwende, mulika & yetu

 

Die Keeper freuten sich, als sie den großen Bulle Mshale wiedersahen, der am 2. September mit zwei wilden „Askaris“ auftauchte (Askari stammt aus dem Arabischen und wird auch in Kisuaheli für Soldat oder Wachmann verwendet), und am 13. September noch einmal allein. Der stattliche Elefantenbulle wäre wohl nicht mehr am Leben, hätten ihm die Tierärzte des Trusts nicht den Giftpfeil entfernen können, der ihn einst getroffen hatte – daher sein Name, denn Mshale bedeutet „Pfeil“ auf Kisuaheli.

 

ololoo & two wild elephants

 

Drei durstige Wildhunde kamen am 18. September ins Stallgelände, als die Waisen gerade ihre Luzerne fraßen. Naisula entschied sich für die Offensive, aber die Hunde wichen ihr geschickt aus. Naisula wurde sogleich von Suguta, Sabachi und Kilaguni unterstützt, und gemeinsam gelang es ihnen, die Wildhunde in die Flucht zu schlagen. In sicherer Entfernung „bellten“ die Hunde, was wiederum die Elefanten verschreckte -und Suguta war dieses Mal die Schnellste. Die Aufregung scheuchte nun auch den Rest der Herde auf, die augenblicklich schutzsuchend zu ihren Keepern rannte!

 

suguta

 

Die Temperaturen in Tsavo stiegen gegen Ende August wieder an, vorraussichtlich bis zum Einsetzen der Regenzeit im Oktober/November. Ishanga, Makireti und Kasigau,kasigau relaxing

 

die noch relativ neu in der Gegend sind, hat die Hitze zu schaffen gemacht und sie suchten sich meistens ein Plätzchen im Schatten und kühlten sich während des Schlammbades ausgiebig ab. Ishanga war schon in der Nursery immer ein Wildfang und mischte sich jetzt mutig unter eine Gruppe ausgewachsener Elefantenkühe, die an der Tränke am Schlammbad trank! Da sie immer noch ein Baby war, brach sie damit den Elefantenkodex und wurde prompt eine Lektion gelehrt. Aber es ist herzerwärmend zu sehen, wie gut sie und die anderen beiden sich in die Ithumba-Herde eingelebt haben. Sie dürfen die Gruppe mittlerweile sogar manchmal auf dem Weg zur Suhle anführen. Diese Aufgabe obliegt sonst eher den älteren Kühen – Murka, Chaimu, Tumaren, Kalama, Suguta, Melia oder Naisula; manchmal darf auch Kandecha.

 

kandecha

 

Alle warten nun sehnsüchtig auf den Regen, um der diesjährigen harten Trockenzeit endlich ein Ende zu setzen.

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: September  2012

 

Possen am Schlammbad und die Futtersuche dominierten den Monat in Voi. Die meisten wilden Herden haben die Gegend um die Voi-Stallungen verlassen, wo derzeit 15 Waisenelefanten leben. Die grasen hauptsächlich um den Mazinga-Berg, wo sie sich meist in drei Gruppen aufteilen. Shimba, der Kletterer der Gruppe, führt die Bullen den Hang hinauf, während die Kühe sich meistens am Fuße des Berges aufhalten. Sie alle kümmern sich rührig um das kleinste Mitglied der Gruppe, die 2-jährige Panda, die von allen Kühen heiß geliebt und verhätschelt wird. Besonders von Wasessa und Leitkuh Lesanju, die das “Vorrecht“ auf Panda beanspruchen. Ndii, Kenia, Sinya und Lempaute jedoch möchten sich aber auch gerne kümmern und nutzen jede Gelegenheit, wenn Wasessa und Lesanju sich im Schlamm suhlen. Als Panda ihre Familie verlor, war sie schon alt genug, dass sie die Nursery in Nairobi überspringen und direkt nach Voi gebracht werden konnte. Sie wächst und gedeiht, hat ordentlich an Kraft und Gewicht zugelegt und scheint glücklich in ihrer neuen Elefantenfamilie.

 

Lesanju splashing out

 

Der einzige Kontakt zu wilden Elefanten ergab sich im September auf halbem Wege zum Gipfel des Mazinga-Berges, als eine wilde Leitkuh die Waisen mit strengem Kollern davor warnte, sich zu nähern. Lesanju, die am hinteren Ende der Gruppe lief, stürmte nach vorn, die wilde Leitkuh kollerte erneut und Lesanju handelte entsprechend, indem sie ihre Herde zum Umdrehen überzeugte. Am Fuße des Berges trafen sie dann auf einen wilden Bullen, der die Kühe so sehr einschüchterte, dass sie sich um die Keeper scharten. Taveta und Tassia hingegen preschten vor und begrüßten den Bullen, der den Keepern zufolge, sehr höflich war und den Jungbullen sogar gestattete, seine enorme Erscheinung mit ihren Rüsseln zu berühren. Sie wären wohl gerne mit ihm mitgegangen, aber ein tiefes Kollern seinerseits schickte sie zurück zum Rest der Herde.

 

Tasia drinking water

Rombo ist offenbar der „begabteste Suhler“ im Schlammbad, und sein Versuch, Taveta am 4. September auszustechen, endete sehr amüsant: Taveta saß im Schlamm und reckte seinen Rüssel so weit nach oben wie möglich. Rombo wiederum versuchte auf dem Kopf zu stehen und sein Hinterteil so weit wie möglich nach oben zu strecken. Er kippte hinten über und lag – alle Viere von sich gestreckt – wie ein Käfer auf dem Rücken. Sein Schrei erschreckte Taveta, der fluchtartig die Suhle verließ und somit den Rest des Trupps aufscheuchte! Die Keeper mußten daraufhin einschreiten, und die Ruhe wieder herstellen!

Tassia hat sich der Aufgabe angenommen, ungewünschte Eindringlinge zu verscheuchen und wird oft von seinem Freund Taveta unterstützt. Meistens handelt es sich um Warzenschweine, die ein kühles Bad in der Suhle nehmen wollen, wenn die Elefanten am Mittag das Gleiche vorhaben. Am 9. September wurde er in der Nähe der Stallungen von einer Herde Impala-Antilopen ausgetrickst, die verspielt um ihn herum sprangen und ihn in den Wahnsinn trieben. Lesanju kam ihm zu Hilfe und scheuchte die Impalas davon. Tassia gelang es im Laufe des Monats allerdings noch, eine kleine Mischherde aus Zebras und Elenantilopen auseinanderzutreiben, die sich „unerlaubterweise“ am Schlammbad aufhielten. Sein Trompeten richtete sich besonders gegen die Zebras, und nachdem er sie verjagt hatte, kam er triumphierend und büscheklopfend zurück.

 

Tvt back, playing wit Rombo (2)

 

Die Voi-Keeper hatten im September viel zu tun; besonders damit, dass immer genügend Wasser mit dem Traktor und Tanklaster herangeholt wurde, um alle Tränken und die Suhle mit Wasser zu füllen. Die wenigen wilden Elefanten, die in der Nähe leben, haben das Prinzip verstanden und verstecken sich, bis das Fahrzeug wieder verschwunden ist, um sich dann über das frische Wasser herzumachen und sich im Schlamm zu wälzen! Die Keeper in Voi waren nebenbei noch an einigen Rettungsaktionen beteiligt. Am 6. September wurden sie in die Gegend um Kilabasi gerufen, einem Brennpunkt der Wilderei. Das Farmland um Tsavo ist sehr gefährlich sowohl für Elefanten als auch KWS-Ranger. Es leben dort Elefanten jagende Volksgruppen und bis an die Zähne bewaffnete Somalis, die völlig willkürlich von ihren Waffen Gebrauch machen. Ein Elefantenbaby wurde neben seiner toten Mutter gefunden, die durch Giftpfeile gestorben war, und hatte selbst auch einen Pfeil hinter seinem Schulterblatt stecken. Schon beim Eintreffen des Rettungsteams war es sehr geschwächt und wurde umgehend in die Voi-Stallungen gebracht, wo der Tierarzt den Pfeil entfernte und die Wunde versorgte. Leider starb sie nur kurze Zeit später (sie hatte noch nicht einmal einen Namen), weil das Gift schon zu wirken begonnen hatte.

 

Die zweite Rettung des Monats, am 18. September, mußte abgebrochen werden, als sich herausstellte, dass der Elefant schon sechs bis sieben Jahre alt und damit zu alt für die Waisenstation war. Nur zwei Tage später wurden die Keeper in die gleiche Gegend gerufen, wo sie ein etwa zwei- bis dreijähriges Baby retteten, dass zuvor noch in Gesellschaft von zwei älteren Kälbern war. Diese Fälle veranschaulichen einmal mehr die Ausmaße der Wilderei auf dem benachbarten Farmland um Tsavo. Das Kälbchen wurde Misasenyi genannt, ein Wink auf ihre chaotische Rettung. Dutzende Stammesangehörige wollten an der Aktion teilnehmen und machten so viel Lärm und Chaos, dass das Baby, das ohnehin schon traumatisiert war, völlig verängstigt auf jeden Menschen reagierte. Es war also nachvollziehbar, dass die Keeper anschließend alle Hände voll mit ihr zu tun hatten. Die anderen Elefantenwaisen versuchten ihr Bestes, um sie zu beruhigen, und schon am nächsten Tag gelang Lesanju das Unmögliche. Trotzdem blieb Misasenyi den Keepern gegenüber extrem mißtrauisch. Jeden Tag verbrachten die Waisen so lange sie konnten am Stall des Neuankömmlings, bevor sie sich schließlich auf die Futtersuche begaben. Die kleine Miasenyi starb tragischerweise zwei Wochen später am 28. September. Sie schien nicht mehr leben zu wollen, und wer kann ihr das in Anbetracht dessen, was sie in ihrem kurzen Leben schon alles erleben musste, schon verübeln?

Die letzte Rettungsaktion des Monats ereignete sich am 30. September, und das Kälbchen wurde anschließend Ngasha genannt. Ngasha war auf dem Gemeindeland umhergelaufen und in einer ebenso tumulten Aktion geborgen worden, bevor er schließlich in die Nairobi Nursery gebracht wurde, wo er sich inzwischen gut eingelebt hat.