Europa – ein offener Markt für Elfenbeinhandel?

Artenschützer fordern die EU auf, den Elfenbeinhandel zu verbieten

EU ist der größte Exporteur von antikem Elfenbein

Brüssel, 2. Juni 2014. 16 Artenschutzorganisationen fordern die Regierungen in der EU auf, jeglichen Handel mit Elfenbein zu beenden und Lagerbestände zu zerstören. Im Juni und Juli treffen sich Regierungsvertreter in Brüssel und Genf, um über das Schicksal der Elefanten zu diskutieren. Neue Daten belegen den zunehmenden Export von Elfenbein aus der Europäischen Union nach China und in andere Länder. Die Artenschützer warnen, dass Gesetzeslücken ermöglichen, gewildertes Elfenbein in den legalen Handel mit angeblich antikem Elfenbein zu schleusen und somit die Wilderei anheizen.

„Die lückenhaften EU Gesetze zum Elfenbeinhandel gefährden Afrikas Elefanten und helfen Wilderern und Schmugglern, die unersättliche Nachfrage nach Elfenbein in Ostasien weiter anzutreiben“, sagt Daniela Freyer von Pro Wildlife. Mary Rice von der Environmental Investigation Agency (EIA) fügt hinzu: „Wir fordern die EU Länder auf, den Elfenbeinhandel innerhalb der EU und über ihre Grenzen hinweg zu verbieten und den Artenschutzvollzug zu verbessern. Dazu gehört, dass Lagerbestände an Schnitzereien und Stoßzähnen zerstört werden, egal woher sie stammen und wie alt sie angeblich sind. Wir können die Wilderei-Krise nur in den Griff bekommen, wenn der Handel verboten und die Nachfrage ausgetrocknet wird.“

Die EU ist der größte Exporteur von antikem Elfenbein

Obwohl die EU für sich in Anspruch nimmt, den Elefantenschutz zu unterstützen, zeigen aktuelle Zahlen , dass es einen aktiven und zunehmenden Elfenbeinhandel aus der EU gibt. Im Jahr 2012 stand Elfenbein in der EU an zweiter Stelle geschmuggelter Wildtierprodukte. Bei 14 Prozent aller Beschlagnahmen geschützter Arten handelte es sich um Elfenbein.

Doch es steigen auch Exporte von angeblich legalem Elfenbein aus so genanntem „Vorerwerb“: Laut den von der EU ausgestellten Exportgenehmigungen soll es vor 1975 erworben worden sein, bevor der Handel mit Elefanten durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Englisch: CITES) international geregelt wurde.

Eine aktuelle Analyse der Handelszahlen durch Pro Wildlife zeigt, dass die EU der größte Exporteur von angeblich antikem Elfenbein ist und damit die steigende Nachfrage bedient. Mehr als 20.000 Schnitzereien und 564 Stoßzähne wurden mit offiziellen Dokumenten von 2003 bis 2012 aus der EU exportiert. Großbritannien ist der größte Exporteur von Schnitzereien und Frankreich der größte Exporteur von Stoßzähnen , gefolgt von Italien, Österreich und Deutschland. 56 Prozent der Stoßzähne und fast 25 Prozent der Schnitzereien gingen nach China und Hongkong, die wichtigsten Absatzmärkte für legales und illegales Elfenbein. Vergleicht man die Handelsdaten fällt auf, dass die von China gemeldeten Importe wesentlich niedriger sind als die Exportzahlen der EU. Dies lässt daran zweifeln, dass der Elfenbeinhandel angemessen überwacht wird.

Warum der Elfenbeinhandel verboten werden sollte

Sally Case, von der David Shepherd Wildlife Foundation sagt: „Der legale und illegale Elfenbeinhandel gehen Hand in Hand. Frische Elfenbeinschnitzereien sind von antiken praktisch nicht zu unterscheiden, so dass es leicht ist, gewildertes Elfenbein mit Hilfe von Gesetzeslücken in den legalen Handel zu schleusen. Wir sind schockiert, dass sich Großbritannien als der größte Exporteur von Elfenbeinschnitzereien aus Europa entpuppt. Dieser Handel muss aufhören “

Es ist unklar, wie die EU- Behörden bescheinigen können, dass es sich bei dem Elfenbein um antikes Elfenbein handelt. Außerdem könnten Händler in Importländern solche Dokumente wieder verwenden, um frisch gewildertes Elfenbein in den Handel zu bringen. „Auch die USA waren bisher einer der wichtigsten Exporteure und Importeure von angeblich antikem Elfenbein. Um diesen Handel zu stoppen haben sie Gesetzeslücken geschlossen und die staatlichen Elfenbeinbestände zerstört. Es ist höchste Zeit, dass auch die EU eine Führungsrolle einnimmt“, so DJ Schubert vom Animal Welfare Institut. „Alle wichtigen Elfenbein-Märkte müssen geschlossen werden , um die Tötung von Zehntausenden von Elefanten jedes Jahr zu beenden. Die EU sollte mit gutem Beispiel voran gehen“, sagt Andrea Crosta von der Elephant Action League.

Rekordpreise bei Elfenbeinversteigerung in Frankreich
„Obwohl Frankreich eines der drei Länder in Europa ist, das in den letzten Monaten seine Lagerbestände an beschlagnahmtem Elfenbein zerstört hat, ist das Land eine Drehscheibe für den Handel mit Stoßzähnen „, sagt Charlotte Nithart von Robin des Bois. Die französischen CITES- Behörden haben Genehmigungen für die Versteigerung von 1,4 Tonnen Elfenbein bei Auktionen im März und Mai 2014 ausgestellt. Es wurden Rekordpreise von bis zu 1000 Euro pro Kilo erzielt. Unter den Käufern waren auch Chinesen, auch wenn China angeblich keine Einfuhren von rohem Vorerwerbs -Elfenbein genehmigt. Zudem bestätigte zur gleichen Zeit die EU, dass Fälschungen von französischen CITES- Zertifikaten im Umlauf sind.

Online Handelshäuser exportieren Elfenbein aus der EU

Auch andere EU-Länder beobachten ein Revival des Handels mit Elfenbein. Unternehmen mit Sitz in Deutschland und den Niederlanden werben offen damit, antikes Elfenbein auf zu kaufen und zu exportieren – „mit legalen Genehmigungen“. Hauptimporteur ist erneut China. Ein dänisches Auktionshaus wurde kürzlich zu einer Geldstrafe verurteilt, weil es im Januar 2014 illegal Elefantenstoßzähne zum Verkauf angeboten hatte.

Darüber hinaus gibt es in der EU einen regen Internet-Handel mit Elfenbein. 2013 fand eine Studie von INTERPOL und IFAW auf 61 Auktionsseiten binnen zwei Wochen 660 Anzeigen für Elfenbein, insgesamt wurden etwa 4,5 Tonnen Elfenbein angeboten zu einem geschätzten Marktwert von etwa 1.450.000 Euro. Der Großteil war für Ostasien bestimmt. Der Bericht stellte fest, dass die Tschechische Republik als einziges EU-Land Gesetze zum E -Commerce mit CITES geschützten Arten hat. Die Artenschützer fordern, dass auch die anderen EU-Länder den Handel strenger regeln, wenn sichj ihre Vertreter am 11. Juni in Brüssel treffen.

Kontakte:

Daniela Freyer, Pro Wildlife:, 49 89 81299 507

Paul Newman, Environmental Investigation Agency, 44 (0)20 7354 7960

Charlotte Nithart, Robin des Bois, 33 1 48 04 09 36

 

Herausgeber: Amboseli Trust for Elephants, Animal Welfare Institute (AWI), Ateneo de Manila University School of Government, Conservation Justice, David Shepherd Wildlife Foundation (DSWF), EAGLE (Eco Activists for Governance and Law Enforcement), Elephant Action League, ElephantVoices, Environmental Investigation Agency (EIA), Franz Weber Foundation, Hong Kong for Elephants, LAGA, Pro Wildlife, Rettet die Elefanten Afrikas, Robin des Bois, Wild Africa

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Hintergrundinformationen:

Konferenz-Termine in der EU und international

Für den 3. Juni hat die EU-Kommission Vertreter von Naturschutz -und Handelsorganisationen zu einem Treffen in Brüssel eingeladen, um die EU-Position für die Sitzung des Ständigen Ausschusses von CITES (Genf, 7.-11. Juli) zu bestimmen. Am 11. Juni werden Vertreter von CITES- Behörden der EU- Mitgliedstaaten zusammentreffen . Unter anderem werden sie über den Elfenbeinhandel innerhalb und aus der EU und über Positionen für den Ständigen Ausschuss von CITES diskutieren. Chad und Die Phillippinen haben für dieses Treffen Dokumente vorgelegt, die die Vertragsstaaten auffordern, ihre Elfenbein-Lagerbestände zu zerstören und Gesetzeslücken im Elfenbein zu schließen, um die Wilderei-Krise zu beenden.

Das Elfenbeinhandelsverbot und der legale Handel nach China
Der internationale Handel mit Elfenbein wurde durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) im Jahr 1989 verboten. Doch seitdem hat CITES zwei Abverkäufe von Elfenbein-Lagerbeständen aus dem südlichen Afrika im Jahr 1999 und 2008 genehmigt. Während der erste Verkauf nur nach Japan ging, erlaubte CITES im Jahr 2008 China das erste Mal 68 Tonnen Elfenbein zu importieren. Die Begründung: Legaler Handel würde den illegalen Markt austrocknen und Elefanten in freier Wildbahn schützen. Aktuelle Daten über Elfenbeinhandel und Wilderei zeigen jedoch, dass das Gegenteil eingetreten ist: Afrikanische Elefanten werden in einem Ausmaß für Elfenbein geschlachtet wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Weltweit beschlagnahmten Behörden im Jahr 2013 mehr als 44 Tonnen Elfenbein – der höchste Wert seit 25 Jahren. Bis zu 50.000 Elefanten werden von Wilderern jedes Jahr getötet. Die menschliche Gier nach Elfenbein bedroht das Überleben der afrikanischen Elefanten. China ist heute der weltweit größte Verbraucher von legalem wie illegalem Elfenbein.