Wir stellen vor: Bright Chisamba, WAG-Ranger in Malawi

Bright Chisamba (c/o Kristina Rösel)

Bright Chisamba ist 29 Jahre alt, verheiratet und hat einen vierjährigen Sohn. Er kam im September 2020 zur Wildlife Action Group, mitten in der Pandemie. Sein Heimatdorf ist Chagunda, an der Ostgrenze des Dedza-Salima Waldreservates, unweit des REA-Namwili-Camp. Das Wichtigste am Naturschutz ist für ihn, dass der Wald für den Menschen Sauerstoff produziert, denn Sauerstoff – wie Wasser – bedeutet Leben. Sein bisher einprägsamster Moment war, als er von zwei Elefanten gejagt wurde. Zum Glück blieb er unverletzt, und Elefanten sind immer noch seine absoluten Lieblingstiere.

Wir stellen vor: William Elisais, WAG-Ranger in Malawi

William Elisais (c/o Kristina Rösel)

William Elisais ist 26 Jahre alt und wuchs in der Gegend um Salima auf. Er ist inzwischen verheiratet und Vater eines einjährigen Sohns (aber er will drei!). Er kam im Oktober 2020 zur Wildlife Action Group (WAG), weil er im Naturschutz arbeiten wollte. Für ihn bedeuten Bäume Regen, und er hat mit eigenen Augen gesehen, wie Bäche, die im Thuma Waldreservat entspringen, außerhalb des Waldes versiegen. Eine seiner einprägsamsten Erinnerungen an seine Arbeit bei der WAG bisher war das berüchtigte „Struggleball“, eine Art American Football, das während des Rekrutentrainings als Mannschaftswettkampf durchgeführt wird. Es hat ihn einen Zahn und eine Rippenprellung gekostet. Aber das hat seine Einstellung zum Job nicht geändert – im Gegenteil: Er liebt es einfach, Wilderer zu verhaften!

William Elisais (c/o Kristina Rösel)
William Elisais (Foto: Kristina Rösel)

Mehr zum REA-Projekt in Malawi hier…

Unterstützen Sie die Arbeit der WAG gerne weiterhin, zum Beispiel durch die Finanzierung eines WAG-Rangers. Lernen Sie mehr hier…

Amboseli News: April und Mai 2023

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

Die Ende März einsetzenden Regenfälle lösten eine bemerkenswerte Entwicklung aus, die sich durch mehrere Stürme im April und Mai fortsetzte. Insgesamt wurden 228 mm Regen verzeichnet. Dies führte innerhalb kürzester Zeit zu blühenden Landschaften innerhalb und außerhalb des Parks. Dem gesamten Ökosystem wurde neues Leben eingehaucht, und es verwandelte sich in ein üppiges und grünes Paradies.  Das widerstandsfähige Gras und die Bäume erholten sich rasch, verjüngten den Park und füllten seine unschätzbaren Nahrungsreserven wieder auf. Die Vegetation im Park ist eine wichtige Nahrungsressource für unzählige Tiere, vor allem während der Trockenzeiten. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass die neue Vegetation ausreicht, um das Wohlergehen und die Ernährung von Menschen und Tieren bis zu den nächsten Regenfällen, die für November und Dezember erwartet werden, zu sichern.

Die Rückkehr des reichhaltigen und abwechslungsreichen Nahrungsangebots veranlasste viele Elefanten und andere Tiere, im April und Mai ausgedehnte Weideflächen außerhalb der Parkgrenzen zu erkunden. Diese Bewegung ermöglichte eine beschleunigte Regeneration der Vegetation innerhalb des Parks. Allerdings gab es auch einige Elefanten, die entweder im Park zurückblieben oder gerade jetzt zurückkehrten.

 

Die HB-Familie hat ein neues Baby
Die HB-Familie hat ein neues Baby

 

Die EBs beispielsweise haben den Park bereits Ende März verlassen, und das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) hat sie seitdem nicht mehr gesehen. Wir hoffen mit dem ATE-Team, dass sich die seit der Dürre getrennt lebenden Familiengruppen wieder zusammengefunden haben und sie alle gesund und wohlbehalten zurückkehren werden. Wahrscheinlich wird dies im Juli oder August der Fall sein, wenn es wieder trockener wird. Besonders hoffen wir, dass sich auch Enid, nach allem was sie durchmachen musste, wieder gut erholt hat. Das ATE-Team freut sich sehr darauf, die EBs wiederzusehen, und ist gespannt, ob einige von ihnen in der Zwischenzeit vielleicht sogar neue Kälber bekommen haben oder schwanger geworden sind.

Die AAs verließen den Park hingegen nicht dauerhaft. Allerdings veränderten sie ihr Verhalten doch ein wenig. Früher waren sie so gut wie immer innerhalb der Parkgrenzen geblieben. Jetzt hielten sie sich nur tagsüber im Park auf und verließen ihn nachts, wenn weniger Menschen unterwegs waren, um die außerhalb liegenden Weideflächen zu nutzen.

Der Verlust von Matriarchin Astrid hat die Familie schwer getroffen, insbesondere ihre Tochter Annan. Die ältesten Kühe sind nun Anghared, geboren 1981, und Althea, geboren 1982. Das ATE-Team vermutet, dass sich die Familie höchstwahrscheinlich in drei Gruppen aufteilen wird: Angelina mit ihren Kälbern, Anghared und Ann mit ihren Kälbern, und Althea, Artemis und Arden mit ihren Kälbern zusammen mit Annan, die kein lebendes Kalb mehr hat. Wenn sich eine Familie teilt, ist es üblich, dass dies nach der matrilinearen Abstammung erfolgt. Artemis, Althea, Arden und Annan sind alle Nachkommen von Annabel, während Anghared und Ann Nachkommen von Alyce sind und Angelina von Amy abstammt. Die Zeit wird zeigen, wie sich die AAs letztlich tatsächlich entscheiden werden, aber im Moment sieht es so aus, als würden sie es vorziehen, sich in drei Gruppen aufzuteilen.

Das Leben in freier Wildbahn ermöglicht es den Elefanten, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen – eine wunderbare Freiheit, die für sie als hochkomplexe, soziale Tiere sehr wichtig ist. In Gefangenschaft fehlt ihnen diese Entscheidungsfreiheit, und darunter leiden sie sehr. Davon ist das ATE-Team nach 50 Jahren Forschungsarbeit überzeugt.

 

Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie
Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie

 

Sehr erfreulich war, dass Anns in diesem Jahr geborenes Kalb überlebt hat. Das Kalb ist sehr aktiv und verspielt. Die älteren weiblichen Kälber der Gruppe stehen ihm begeistert als Kindermädchen zur Seite.

Eine weitere Neuigkeit ist, dass Acholi kürzlich ihr erstes Kalb zur Welt gebracht hat. Acholi ist wie Arden und Astrid eine Tochter von Alison, die vor Astrid die Matriarchin der AAs war. Nachdem Alison und Astrid inzwischen beide gestorben sind, hat Acholi nur noch ihre Schwester Arden als nächste Verwandte. Arden wird sie bei ihrem Kalb unterstützen, und so wird es hoffentlich ebenfalls überleben.

Im Mai entdeckte allerdings Katito aus dem ATE-Forschungsteam, dass das Kalb in Not zu sein schien und sich nur schwer bewegen konnte. Katito alarmierte daher die Amboseli-Tierarzt-Einheit. Acholi verhielt sich verständlicherweise sehr beschützend und wollte das Tierarzt-Team nicht zu ihrem Kalb lassen. Daher musste auch sie narkotisiert werden, bevor der Tierarzt mit der Behandlung beginnen konnte. Dabei stellte sich heraus, dass das Kalb möglicherweise in ein Loch gefallen war und sich die Hüfte ausgerenkt hatte. Der Tierarzt versuchte, die Hüfte zu richten und gab dem Kalb ein Antibiotikum sowie ein entzündungshemmendes und schmerzstillendes Mittel. Das ATE-Team wird das Kalb weiter beobachten und hofft, dass die Behandlung erfolgreich war.

 

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat
Kita von der KB-Familie mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

 

Zu den Elefantenfamilien, die gerade jetzt in den Park zurückkehrten, gehörten die HBs und die KBs. Die HBs hatten ein neues Kalb in ihrer Mitte, und bei den KBs hatte das Kalb von Kita die Dürre erfreulicherweise ebenfalls überlebt.

Auch einige Bullen konnten gesichtet werden, darunter Calvin von den CBs, Tor von den TAs und X52.

X52 hat seinen eigenartigen Namen dem Umstand zu verdanken, dass er zu jenen Bullen gehört, die eines Tages im Park auftauchten, ohne dass man sie einer bestimmten Familie zuordnen konnte. Sie erhalten daher als Bezeichnung ein „X“ und eine fortlaufende Nummer. Bei einigen von ihnen handelt es sich wahrscheinlich um Bullen, die aus einem völlig anderen Gebiet stammen, beispielsweise Tsavo West, und die hierher gewandert sind. Andere könnten hingegen tatsächlich von einer in Amboseli ansässigen Familie abstammen, die sie in jungen Jahren verlassen haben, um jahrelang in weit entfernten Gebieten umherzuwandern, und nun, mit völlig verändertem Aussehen, zurückzukehren. In ihrem Fall könnte es vielleicht möglich sein, sie eines Tages zu identifizieren. Vor allem, wenn einmal eine tierärztliche Behandlung nötig sein sollte und in ihrem Rahmen eine Blutprobe genommen wird, um sie auf ihre genetische Verwandschaft mit Amboseli-Familien zu untersuchen.

 

X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation
X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation

 

Ein völlig aus dem Rahmen fallendes Verhalten zeigten die GBs! Eigentlich sind sie in zwei Untergruppen aufgeteilt, die von Golda und Gail geführt werden. Schon während der Dürre teilten sie sich kaum in kleinere Grüppchen auf, sondern blieben meistens zusammen. Trotzdem hatten sie es geschafft zu überleben. Nun waren sie sehr regelmäßige Besucher im zentralen Teil des Parks, in dem sich auch das ATE-Forschungscamp befindet. Beide Familienteile verbrachten viel Zeit miteinander. Wenn sie alle zusammen eine riesige Gruppe von über 50 Elefanten bilden, ist das ein unglaublicher Anblick.

Am 16. Mai gab es etwas Aufregung um Glenn, den elfjährigen Sohn Goldas. Bei ihm war ein Stück Draht, das offenbar von einem schlecht gewarteten Zaun außerhalb des Parks stammte, um ein Hinterbein gewickelt. Dieses saß zwar noch recht locker und verursachte keine Schmerzen, doch das konnte sich jederzeit ändern. Daher wurde Dr. Limo von der mobilen Tsavo-Tierarzt-Einheit um Hilfe gebeten, und sowohl ATE wie der Kenya Wildlife Service (KWS) schickten Teams zu seiner Unterstützung. Dies war dringend notwendig, da sich auch die GBs sehr beschützend verhielten. Golda versuchte sogar, den Hubschrauber des Tierarzt-Teams abzuwehren, der die Familie auf Abstand halten sollte. Dank der vorbildlichen Zusammenarbeit aller Teams gelang es aber schließlich, Glenn zu narkotisieren und den gefährlichen Draht von seinem Bein zu entfernen. Gleich darauf erhielt er ein Gegenmittel zur Narkose, war schnell wieder auf den Beinen und konnte zu seiner Familie zurückkehren.

Die mobilen Tierarzt-Einheiten des KWS sind ein gemeinsames Projekt des Sheldrick Wildlife Trust und des Kenya Wildlife Service (KWS). Diese Veterinär-Einheiten retten viele Leben und haben ein sehr effizientes und professionelles Team zur Verfügung. Das ATE-Team ist sehr dankbar, dass ihm solche Ressourcen und Partner zur Verfügung stehen, die mit ihm zusammenarbeiten. Diese Operation war ein gutes Beispiel dafür, wie die Kooperation verschiedener Organisationen und der sinnvolle Einsatz von Spendengeldern der Tierwelt effektive Hilfe leisten.

 

Georgia aus der GB-Familie
Georgia aus der GB-Familie

 

Andere Familien wie die FBs wurden zwar nicht regelmäßig, aber zumindest gelegentlich gesichtet. ATE-Teams konnten Facebook, Fortino, Freshet und Frost finden und ihren aktuellen Zustand überprüfen. Sie sahen jetzt schon etwas besser aus. Einige von ihnen hatten während der Dürre stark an Kondition verloren, aber jetzt, wo es wieder ausreichend Futter gibt, sollte sich ihre körperliche Verfassung schnell verbessern.

Auch von den PCs wurden in den letzten Monaten sowohl Placidas als auch Petulas Teile der Familie gesehen. Petula hielt sich mit ihrer Gruppe oft in einem Gebiet in der Nähe des ATE-Camps auf. Pleiades hatte ein neues weibliches Kalb. Ihr anderes lebendes Kalb Photius, das 2015 geboren wurde, ist viel älter und ein Bulle. Er zeigt daher kein besonders großes Interesse an seiner neuen kleinen Schwester.

Placidas Gruppe ist mit der Geburt des ersten Kalbes von Pilapila, einem kleinen, aber gesunden Mädchen, noch ein wenig gewachsen. Pilapila ist die Tochter von Patience, so dass Patience jetzt sowohl Mutter als auch Großmutter ist. Pilapila ist elf Jahre alt, was bedeutet, dass sie ihr Kalb im Alter von nur neun Jahren gezeugt hat. Das ist zwar ein bisschen jung, aber nicht ungewöhnlich. Pilapila wird von ihrer Mutter angeleitet und von ihrer jüngeren Schwester Patsy unterstützt. Weibliche Elefanten arbeiten bei der Aufzucht ihrer Jungen zusammen, doch Milch erhalten die Kälber normalerweise nur von ihrer Mutter und gelegentlich Großmutter.

 

Tor, ein Bulle aus der TA-Familie
Tor, ein Bulle aus der TA-Familie

 

Zu den Familien, die den Park komplett verlassen haben und daher weder im April noch im Mai gesehen wurden. gehörten die OAs. Sie befinden sich jetzt auf Gemeinschaftsländern der lokalen Bevölkerung, welche den Park umgeben. Diese Gebiete werden für die Zukunft der Amboseli-Elefanten von entscheidender Bedeutung sein. Da der Park selbst zu klein ist, sind die Elefanten darauf angewiesen, auch außerhalb liegende Weideflächen zu nutzen. Die hier lebenden Massai hatten dies als Viehzüchter jahrhundertelang toleriert. Doch heute wandelt sich ihre Lebensweise zusehends. Viele wenden sich dem Ackerbau zu und einst kommunale Weideflächen werden in private Parzellen aufgeteilt. Das birgt eine Vielzahl neuer Konflikte. ATE hat Verständnis für den Wunsch der Menschen nach Veränderung und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, will aber auch sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Elefanten berücksichtigt und bestehende Naturschutzprojekte fortgesetzt werden. Dies erfordert viel Arbeit und Kommunikation mit den Gemeinden. ATE konzentriert seine Bemühungen zunächst auf bereits bestehende Projekte, entwickelt aber auch neue Initiativen, um nachhaltigere und effizientere Methoden zur Bewältigung der neuen Herausforderungen zu entwickeln. Anfang des Jahres hat ATE daher eine Spezialistin für die Interaktion zwischen Mensch und Elefant eingestellt, die ein zweijähriges Projekt in Zusammenarbeit mit der Big Life Foundation leitet. Durch dieses Projekt sollen weitere Verbesserungen der bestehenden Lösungen für die Koexistenz von Menschen und Elefanten entwickelt werden.

Es wurden bereits erste Maßnahmen ergriffen, die es den Elefanten ermöglichen sollen, weiterhin so durch das Land zu ziehen, wie sie es schon immer getan haben. Einige Anpassungen werden notwendig sein, aber Elefanten sind sehr intelligent und können lernen, sich an Veränderungen in ihrer Umgebung anzupassen – jedenfalls, wenn bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden. Um dies zu gewährleisten, hat das ATE-Team an den Landaufteilungsplänen mitgewirkt und seine Daten aus 50 Jahren Forschungsarbeit zur Verfügung gestellt, damit die Planer die nötigen Informationen haben, um die Bedürfnisse der Wildtiere im Aufteilungsplan bestmöglich berücksichtigen zu können. Die Expertise des ATE wird angesichts der sich schnell verändernden, vom Menschen geprägten Welt in Zukunft immer wichtiger werden.

Es ist eine enorme Herausforderung, das Überleben der Elefanten in Amboseli auch für künftige Jahrzehnte zu sichern. Schätzungen der UN gehen davon aus, dass das menschliche Bevölkerungswachstum noch ca. 60 Jahre andauern wird, bevor es zu einem Stillstand kommt und noch länger, bevor die menschliche Bevölkerung zahlenmäßig wieder abnimmt. Doch andererseits bestehen gerade im Amboseli-Gebiet so viele langjährige gute Beziehungen zwischen der lokalen Bevölkerung, die auch vom Tourismus profitiert, den verschiedenen NGOs und dem KWS, dass es noch immer eine Chance gibt, hier eine Entwicklung zu erreichen, die auch den Elefanten und anderen Wildtieren eine Chance gibt.

Bondeni, Kindani und Kinyei ziehen nach Ithumba um

Die Keeper des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) nennen sie das „Kaluku-Trio“: Kindani, Kinyei und Bondeni. Obwohl sie noch ziemlich jung sind, haben sie schon viel zusammen erlebt. Sie wurden in ganz unterschiedlichen Ecken von Kenia gerettet, aber sie haben ein neues Leben zusammen zu dritt gefunden – erst an den sandigen Ufern des Athi-Flusses in Kaluku und danach in der roten Erde von Nairobi. Und jetzt, da ihr nächster großer Schritt zurück zum Leben in der Wildnis ansteht, sollten sie diesen natürlich auch zusammen tun.


„Bondeni, Kindani und Kinyei ziehen nach Ithumba um“ weiterlesen

Thuma Telegraph Mai 2023: „Unsere Wildhüter – der Schlüssel zu unserem Erfolg“

Von Lynn Clifford /Managerin der Wildlife Action Group (WAG) in Malawi
(Beitragsbild von Marcus Westberg)

Dieser Rundbrief ist Issac Katunga (Beitragsbild) gewidmet, der am 7. April 2023 auf tragische Weise im Dienst ums Leben kam. Wir nehmen dies zum Anlass, um einmal tiefgründiger auf die Arbeit unserer Wildhüter einzugehen: Was ihnen die Arbeit körperlich und mental abverlangt; die Opfer, die sie bringen; die Gefahren, denen sie sich stellen und die Herausforderungen, denen sie täglich an ihrem – oft gefährlichen – Arbeitsplatz gegenüberstehen. Sie schützen Afrikas bedrohte Wildtiere und ihre Lebensräume – ohne Zweifel einer der härtesten Jobs auf der Welt. Ohne den Mut und die Hingabe von Männern wie Issac wäre die Arbeit der Wildlife Action Group (WAG) unmöglich.

Elefanten in Thuma (mit Thomas Töpfer, dem REA-Vorsitzenden)

 

ISSAC KATUNGA

Am 7. April 2023 erreichte mich ein Anruf, der mich bis aufs Mark erschütterte. Eines unserer Wildhüter-Teams ist auf Streifgang auf eine Herde von Elefantenkühen getroffen. Die Begegnung war völlig unvermittelt, da das Gras derzeit über zwei Meter hoch wächst. Sowohl die Wildhüter als auch die Elefanten erschraken und blieben wie angewurzelt stehen, bis eine der Kühe die Nerven verlor und angriff. Issac konnte sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen und wurde von der Kuh getötet.

Issac Katunga

Issac kam 2014 zur Wildlife Action Group und wurde als ältester von fünf Kindern im Bezirk Dedza geboren, also an der nordwestlichen Seite des Dedza-Salima Waldreservats. Dieses Gebiet war immer ein Brennpunkt der Elefantenwilderei und Entwaldung. Die umliegenden Dorfgemeinschaften waren komplett abhängig vom Wald für ihre täglichen (aber illegalen) Bedürfnisse und immer bereit, diese zu verteidigen. Issac war der erste Wildhüter aus dieser Region, und wir hatten große Hoffnung, dass er uns hilft, die Wilderei dort zu bekämpfen, da er sowohl die Region als auch die Leute dort kannte.

Issac war zwar von kleiner Statur, aber eine große Persönlichkeit. Er war ein leidenschaftlicher Naturschützer, liebte seine Arbeit und war unermüdlich – ein fantastischer Wildhüter und ein wunderbarer Mensch. Er schloss schnell Freundschaften, löste zwischenmenschliche Konflikte und half, die Beziehung zwischen der WAG und den Dorfgemeinschaften aufzubauen und zu pflegen. Wir werden ihn furchtbar vermissen.

Zwischen 2014 und 2019 gelang es Issac, die Dorfvorsteher (Chiefs) in Dedza zu überzeugen, in den Dialog mit der WAG zu treten. Wir begannen mit Sensibilisierungsprogrammen und Streifgängen, die alle mithilfe der Dorfvorsteher geplant und durchgeführt wurden. Es gab viele Verhaftungen, und die Massenwilderei konnte bedeutend reduziert werden. Issac war der Kopf hinter allen strategischen Entscheidungen, und er war eine Schlüsselfigur, die dazu beitrug, dass sich das Waldgebiet in seiner Heimat wieder so gut erholen konnte.

Armeestiefel, eines der wichtigsten „Werkzeuge“ eines WAG-Rangers

2021 verlangten die Dorfgemeinschaften, dass wir einen Elektrozaun errichten sollten – ein großer Durchbruch –, und nur ein Jahr später bauten wir diesen über eine Länge von 26 Kilometern entlang der Traditional Authority (eine Art Landkreis) Tambala. Der Zaun wurde in Zusammenarbeit mit den Dorfgemeinschaften gebaut und trug daher auch zu deren Einkommen bei. Außerdem sind nun Ernte und Leben vor Elefanten und anderen Wildtieren geschützt, während auch die Wildtiere vor Wilderern in Sicherheit sind.

Issac hinterlässt seine Frau Anna, ihre drei Kinder und zwei junge Waisenkinder, die er in seiner Familie aufgenommen hatte. Sein Tod bedeutet eine große Lücke in unseren Herzen und auf der Arbeit, und wir werden ihn nie vergessen. Sein Vermächtnis, der Schutz des Waldes, wird weitergetragen, und wir werden seiner immer gedenken.


DIE WILDHÜTER

Afrikas natürliche Lebensräume schwinden immer schneller. In den meisten Fällen werden sie einzig und allein durch Wildhüter geschützt. Die Zukunft der Artenvielfalt in ihren Heimatländern (und auf unserem Planeten) liegt in ihren Händen. „Wildhüter ist ist eine von mehreren Berufsbezeichnungen für Personen, zu deren Kernaufgabenbereich der Schutz des Wildes und seines Lebensraums zählt. Das Aufgabenspektrum dieses Berufs hat sich im Lauf der Geschichte jeweils den örtlichen Erfordernissen angepasst und überschneidet sich oft mit dem eines Berufsjägers oder Rangers.“

Die Aufgabengebiete reichen von Streifgängen über Strafverfolgung bis hin zur Arbeit in und mit den Dorfgemeinschaften. Die Wildhüter der WAG patrouillieren im Durchschnitt elf Kilometer pro Tag – das sind mehr als 3500 Kilometer im Jahr. In den Abbildungen unten sieht man den Anstieg an jährlichen Streifgängen in beiden Waldreservaten sowie den Abwärtstrend illegaler Aktivitäten und den Anstieg der Elefantenpopulation.

Streifgänge pro Jahr von 2011-2022 (blau für Thuma und orange für Dedza-Salima Waldreservat)
Illegale Aktivitäten (u.a. Wilderei) zwischen 2011-2022: Bambusschneiden ohne Genehmigung (dunkelblau), Holzkohle (orange), Abholzung (grau), Jagen (hellblau), Drahtschlingfallen (grün), anderes (gelb)
Die geschätzte Elefantenpopulation in den Waldreservaten Thuma (gelb) und Dedza-Salima (grün) zwischen 2013-2022. Schätzungen finden regelmäßig im Rahmen von Tierzählungen bei genau definierten Felduntersuchungen statt

„Wildhüter spielen eine integrale Rolle für den Erhalt von Schutzgebieten; als ‘Wächter der Artenvielfalt’ sind sie verantwortlich dafür, die Natur, ihr kulturelles und historisches Erbe als auch die Rechte und das Wohlergehen der heutigen und künftigen Generationen zu schützen“ (TUSK 2023). Dabei wird die Arbeit der meisten Wildhüter in der Öffentlichkeit nicht genug anerkannt, nicht gebührend wertgeschätzt, und fast immer sind die Männer schlecht ausgestattet.

Die WAG-Wildhüter Issac, Austin, Matthews und Richard

Unsere Wildhüter sind „die Stiefel im Feld“, die erste und letzte Linie der Verteidigung. Sie schützen beide Waldreservate und die Wildtiere, die darin leben. In vielen Fällen schützen sie auch die Dorfgemeinschaften und deren Felder. Sie machen täglich lange und kurze Streifgänge, die immens wichtig sind für die Strafverfolgung im Naturschutz.

Die Wildhüter leben 25 Tage im Monat innerhalb der Waldreservate, in Camps an strategischen Punkten und weit weg von ihren Familien und Freunden. Die Lebensbedingungen sind harsch, unbequem und oft auch gefährlich. Ihre Hauptaufgaben bestehen darin, Patrouille zu gehen, Tiere zu beobachten oder zu zählen, der Wilderei vorzubeugen oder durch Verhaftung einzudämmen, bei Konflikten zwischen Wildtieren und Menschen einzugreifen, mit den lokalen Dorfgemeinschaften zu kooperieren, beim Feuermanagement und im Tourismus mitzuarbeiten. Sie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei Tierschutz und -gesundheit, Forschung, Artenschutz und Umweltbildung in einheimischen Schulen.

Unsere Wildhüter sind das wichtigste Rädchen in unserem Artenschutz-Apparat, der Schlüssel zu unserem Erfolg. Außerdem sind sie körperlich und mental so fit wie wahrscheinlich nur wenige Menschen, auf die man normalerweise trifft.

Blankpoliert und wohl gehütet: Armeestiefel und deutsche Uniformen


WILDLIFE ACTION GROUP BARRET-TRAININGSKADER

Im Jahr 2023 begann die  WAG die hauseigene Ausbildung von Wildhütern durch einen speziellen Trainingskader. Ein Kader ist eine Gruppe ausgewählter Wildhüter, die dafür verantwortlich sind, das restliche Team auszubilden und das gelernte Wissen aufzufrischen. Alle Aktivitäten sind auf die Hauptziele der Arbeit der WAG ausgerichtet.

Das Training gliedert sich in drei Teile: Wir bilden die ausgewählten Wildhüter zu Trainern aus, bereiten einen Trainingslehrplan vor, und danach werden die anderen Wildhüter ausgebildet — entweder in einem Intensivkurs für Einsteiger oder einem Auffrischungskurs für Fortgeschrittene. Die als Trainer ausgewählten Wildhüter haben bereits drei Auffrischungskurse hinter sich, haben ein Ranger-Rekrutentraining abgeschlossen und bilden derzeit neue WAG-Wildhüter aus.

Rekrutentraining 2023 (Ausbilder in Rot)
Rekrutentraining 2023 (Ausbilder in Rot)


WILDLIFE RANGER CHALLENGE 2023

Am 16. September 2023 wird unser Team zum vierten Mal an der Wildlife Ranger Challenge teilnehmen. Der internationale Wettkampf feiert die Solidarität mit der Berufsgruppe der Wildhüter sowie deren Unterstützung und dient der Spendenmobilisierung. Mehr als 100 Wildhüter-Teams vom afrikanischen Kontinent nehmen an dem koordinierten Halbmarathon (21 Kilometer) in ihren Schutzgebieten statt. Das Event ist eine unserer wichtigsten Spendenaktivitäten, und alle Einnahmen gehen direkt in die Finanzierung unserer Wildhüter. Wir bitten alle Leser*innen, mitzumachen und andere zum Mitmachen zu motivieren.

Wenn Sie die WAG unterstützen möchten, dann nutzen Sie bitte diesen Link: https://wildlife.rangerchallenge.org/campaigns/wildlife-action-group-malawi-2023

Lesen Sie hier über die Wettkämpfe in 2020, 2021 und 2022.

Seklirani und Matthews (vorn) kämpften in der Wildlife Ranger Challenge 2022 und werden  auch dieses Jahr wieder mit dabei sein

Eine im Jahr 2019 veröffentlichte Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) zeigt auf, dass 88,6 % der Wildhüter in Afrika schon einmal in einer lebensbedrohlichen Situation waren, dass 4 % der an der Umfrage teilnehmenden Wildhüter keine Krankenversicherung, 50 % keine Lebensversicherung und 60 % keine Berufsunfähigkeitsversicherung hatten. Außerdem berichtet die Studie:

  • Der durchschnittliche Wildhüter arbeitet wöchentlich fast 90 Stunden.
  • Fast die Hälfte der Wildhüter musste ihre eigenen Stiefel und Zelte kaufen.
  • Über 40 % der Wildhüter haben bei Nachtpatrouillen keine Zelte.
  • Fast 70 % der Wildhüter hatten in den vergangenen zwölf Monaten Malaria.
  • Über 40 % der Wildhüter wurden mindestens einmal von Dorfgemeinschaften bedroht und fast 14 % schon einmal körperlich angegriffen.

Es gibt ca. 8500 Schutzgebiete auf dem afrikanischen Kontinent, die sich über vier Millionen Quadratkilometer erstrecken. Das entspricht etwa 14 % der Landmasse Afrikas. Es wird geschätzt, dass etwa 59.000 Wildhüter in diesen Schutzgebieten arbeiten, was bedeutet: Auf ca. 70 Quadratkilometer Schutzgebiet kommt ein Wildhüter.

Die WAG schützt über 500 Quadratkilometer Waldreservat in Malawi, die wichtige Wasserspeicher und Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten sind. Unser Hauptanliegen ist es, die ökologische Funktion der Waldreservate Thuma und Dedza-Salima zu schützen und damit die heimische Flora und Fauna in ihrer Vielfalt zu erhalten. Dies wiederum dient auch dem Erhalt des kulturellen Erbes und dem wirtschaftlichen Nutzen der Menschen in Malawi. Unsere Wildhüter arbeiten hingebungsvoll für den Schutz, Erhalt und Wiederaufbau der beiden Waldreservate in Malawi, den Erhalt der heimischen Population Afrikanischer Elefanten und anderer Wildtierarten als auch den Schutz dieser wichtigen Wasserspeicher.

Wir arbeiten gemeinsam mit der Regierung, mit Partnern in Malawi und mit den Dorfgemeinschaften, um die Reservate zu unterstützen durch Bildung, Sensibilisierung, Strafverfolgung (malawisches Gesetz) und der Etablierung von Einkommensmöglichkeiten, die nicht vom Wald abhängig sind. Im September 2022 unterzeichneten die malawische Regierung und die WAG eine Artenschutz-Lizenzvereinbarung, die vorerst für 20 Jahre gültig ist. Ihre Umsetzung hängt fast komplett von unseren Wildhütern ab.

Unsere Geldgeber und strategischen Partner waren immer ein wichtiger Schlüssel zu unserem Erfolg. Wir danken Ihnen allen für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung.

Herzliche Grüße von Lynn Clifford und den Wildhütern der WAG aus Malawi

Unterstützen Sie uns weiter. Spenden bitte

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