Alle Mitarbeiter vom David Sheldrick Wildlife Trust des Waisenhauses in Nairobi mussten viel Geduld aufbringen bis die ersten Regenfälle der Regenzeit eingesetzt hatten. Da wir inzwischen 40 Waisenelefanten im Waisenhaus haben, wurde es höchste Zeit, dass drei der älteren Waisen nach Tsavo gebracht werden, um dort den nächsten Schritt in Richtung Auswilderung zu gehen. Glücklicherweise war es letzte Woche soweit und mit ein wenig Verspätung begann die Regenzeit. Schon viele Tage vor der Umsiedelung wurden drei der ältesten Waisenhauskühe, Ishaq-B, Naipoki und Kihari, auf ihre große Reise vorbereitet. Es ist wichtig, dass sich die Elefanten an den Elefanten-Umzugs-LKW gewöhnen und sich darin wohl fühlen. Darum haben die Keeper sie täglich liebevoll in die drei Abteilungen des LKW gelockt und ihnen dort ihre Milch und ein paar Leckereien gegeben.
Die Mädchen haben sich immer gut benommen, zeigten nur wenig Zurückhaltung und folgten ihren Keepern gehorsam. Wenn die Elefanten ein gewisses Alter erreichen, werden sie zu groß für das Waisenhaus und müssen einem Gelände ausgesetzt werden, das mehr für Elefanten geeignet ist. Das ist der Tsavo-Nationalpark, wo sie auf die älteren Waisen und wilde Elefanten treffen werden. Die Auswilderung in eine wilde Herde braucht aber noch einige Zeit, und Kihari, Naipoki und Ishaq-B werden noch für viele Jahre von den Keepern abhängig bleiben. Das ist also noch kein Abschied, sondern nur der nächste Schritt für sie und für diesen Schritt sind die drei Kühe mehr als bereit. Also wir die Nachricht erhielten, dass es endlich in Tsavo regnet, legten wir den Sonntag, 10. November für die Umsiedlung fest. Es ist wichtig, die Waisen umzusiedeln, sobald die Regenzeit begonnen hat, da Tsavo zu dieser Zeit weniger rauh ist und es viel mehr Futter und kühleres Wetter gibt. Das ist vergleichbar mit den Bedingungen, die die Waisen aus Nairobi kennen und so können sie sich schneller an ihr neues Zuhause gewöhnen.
Naipoki wurde ebenfalls 2010 gerettet, und zwar aus dem Namunyak Schutzgebiet in Nordkenia. Sie war erst drei Monate alt und ihre Rettung war eine ähnliche Tortur. Sie wurde zweimal aus einem Brunnen befreit und danach konnten wir sie nicht wieder zu ihrer Herde bringen. Außerdem war sie von Raubtieren in den Rüssel gebissen worden. Auch Kihari wurde auf unbekannte Weise von ihrer Herde isoliert und wanderte 2010 allein auf bewirtschaftetem Land herum.
Da diese drei freundlichen und liebevollen Elefantenkühe alle innerhalb eines Monats im Waisenhaus ankamen, sind sie zusammen als Mitglieder der Waisenhausherde aufgewachsen und daher sehr eng befreundet. Darum werden sie auch gemeinsam ihr neues Leben in der Voi-Auswilderungsstation des DSWT im Tsavo-East Nationalpark gemeinsam beginnen.
Danach wurde Kihari gebracht und alle wurden sicher im Fahrzeug untergebracht sodass es losgehen konnte. Die Keeper Sammy und Adan wurden ausgewählt, die Waisen nach Tsavo zu begleiten und sich während der Fahrt um sie zu kümmern. Als der LKW sich auf den Weg in die Dunkelheit machte, winkten ihnen die zurückbleibenden Keeper zum Abschied hinterher, bevor sie zu den Gehegen zurückgingen, in denen die zurückgebliebenen Waisen auf sie warteten
Als wir endlich das geschäftige Örtchen Voi erreichten, fuhren wir von der vielbefahrenen Mombasa-Nairobi-Autobahn ab und bogen auf den Weg zum Eingangstor zum Tsavo-East Nationalpark des KWS ein. Um 10:30 Uhr, nach 6 Stunden Fahrt, kamen Naipoki, Kihari und Ishaq-B schließlich in ihrem neuem Zuhause, der Auswilderungsstation Voi, an und die Keeper erwarteten sie schon.
Naipoki blieb ganz nah bei den ihr bekannten Keepern stehen, beobachtete ihre neue Umgebung genau und hielt Ausschau nach mehr Milch. Danach kam die Gruppe von Ndii und Kenia zu den drei Mädchen. Mit dabei waren die Jungs Taveta, Tassia, Rombo und Dabassa, von denen Dabassa ganz besonderes Interesse an den drei neuen Damen zeigte. Er folgte jedem ihrer Schritte bis zum kleinen Schlammloch des Geländes und liebkoste sie mit seinem Rüssel.
Irgendwann wird es dann soweit sein, dass sie bereit sind, sich einer wilden Herde anzuschließen und zu dem Leben zurückzukehren, das sie hätten haben sollen, bevor sie gerettet werden mussten. Doch wie mit unseren eigenen Menschenkindern ist das Erwachsenwerden ein langandauernder Prozess, von dem diese drei Elefanten den ersten großen Schritt getan haben.