Lemeki und Thamana ziehen nach Voi um

(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)

Ein Umzug von Waisen in eine Auswilderungsstation ist immer eine große Sache – dieser aber ganz besonders, für die beiden Waisen wie auch für alle Mitarbeiter des Sheldrick Wildlife Trust (SWT)! Am 10. Januar 2022 waren Lemeki und Thamana die ersten, die von Kaluku aus umzogen! Sie verabschiedeten sich von der Station für kleine Elefanten, die fast vier Jahre lang ihr Zuhause gewesen war, und werden nun in der Auswilderungsstation in Voi im Tsavo East Nationalpark die nächsten Jahre ihres Lebens verbringen.

Lemeki war das erste Elefantenkind in der Baby-Station in Kaluku und der Mittelpunkt der kleinen Herde dort. Sie wurde inmitten von reißenden Fluten gerettet – und tatsächlich ist sie auch ein kleiner Wirbelwind! Im März 2018, als schwere Unwetter ganz Kenia auf den Kopf stellten, erspähten die Ranger des Mara Elephant Project in der Maasai Mara ein kleines Tier, das von den reißenden Fluten des Mara-Flusses mitgerissen wurde. Als sie sich das genauer anschauten, stellten sie fest, dass es ein kleiner Elefant war!

Es blieb im Dunkeln, wie genau Lemeki verwaiste, aber es war schon ein kleines Wunder, dass sie überhaupt überlebte. Nach ihrer Rettung war sie allerdings noch nicht ganz über den Berg: da Baby-Elefanten sehr empfindliche Tiere sind und sie offenbar längere Zeit im Wasser gewesen war, war sie immer wieder anfällig für Lungeninfektionen. Und weil in Nairobi gerade ähnliches Hochwasser herrschte wie in der Gegend, aus der sie gerettet wurde, brachten sie die Helfer des SWT kurzerhand in die Station in Kaluku in Tsavo, wo es noch trocken und wärmer war.

Acht Monate später kam Thamana dazu. Bei einer Patrouille am Voi-Fluss im Tsavo East Nationalpark entdeckten Wildhüter des Kenya Wildlife Service ein Elefantenbaby, das mitten in einem austrocknenden Wasserloch feststeckte. Seine Familie musste verzweifelt versucht haben, ihn heraus zu holen, aber am Ende blieb ihnen nichts anderes übrig als weiter zu ziehen und ihn zurück zu lassen. Immerhin hatte wohl der Schlamm, der das ganze Schlamassel verursacht hatte, ihm auch das Leben gerettet: um das Matschloch herum fanden sich jede Menge Spuren von Raubtieren, die ihn wohl im Visier hatten, aber wegen dem dicken Matsch nicht an ihn heran gekommen waren!

Thamana und Lemeki ergänzten sich perfekt! Wie häufig, wenn kleine Elefanten zusammen aufwachsen, wurden sie beste Freunde – aber sie könnten vom Wesen her nicht unterschiedlicher sein! Lemeki will immer im Rampenlicht stehen und den Ton angeben, und sie beschäftigt dabei alle um sie herum. Thamana dagegen ist ein entspannter Junge, am liebsten bei seinen Keepern und trottet bereitwillig Lemeki hinterher.

Jetzt sind sie beide über drei Jahre alt, und so wird es langsam Zeit für ihren nächsten Schritt zurück zu einem Leben in der Wildnis. Der Umzug war schon lange geplant, aber die Bedingungen stimmten noch nicht; erst war es viel zu trocken, dann kam jede Menge Regen auf einmal. Aber Anfang Januar passte dann alles zusammen, Voi ist wieder herrlich grün, und die beiden konnten endlich dorthin gebracht werden.

Kurz vor 5 Uhr morgens nahmen die Keeper die ganze Herde in Kaluku zu einem Morgenspaziergang zum Flugfeld mit. Sie wussten, dass Lemeki sich wohl weigern würde, ohne ihre Anhängerschaft die Stallungen zu verlassen, sodass es am besten war, wenn einfach alle sie begleiteten. Da Lemeki und Thamana schon seit einigen Wochen das Einsteigen in den Umzugs-LKW geübt hatten, gingen sie ohne Probleme in ihre Abteile, und auch die Abfahrt verlief wie am Schnürchen. Die beiden waren vollauf beschäftigt mit dem leckeren Grün, das um sie herum verteilt war, und die anderen hatten ihre vertrauten Keeper und freuten sich schon auf die Milch, die in ihren Ställen auf sie wartete.

Die Fahrt nach Voi verlief ebenso ruhig und ohne Zwischenfälle. Thamana knabberte fleißig an seinem Grünfutter und spielte mit seinem Lieblings-Keeper Joseph, und Lemeki genehmigte sich unterwegs eine Flasche Milch.

Gegen 8 Uhr fuhr der Transporter dann an der Laderampe der Auswilderungsstation in Voi vor. Um die beiden Umzügler nicht zu verschrecken, wurde die Waisenherde dort erst einmal zurückgehalten, und so konnten sie erst einmal ungestört aussteigen. Lemeki stand wie immer sofort im Rampenlicht und machte sich erst einmal mit den Keepern in Voi bekannt; Thamana wich nicht von Josephs Seite, aber er schien nicht wirklich eingeschüchtert zu sein.

Dann wurden die Waisen aus Voi nach und nach zu ihnen gebracht. Tagwa, Tamiyoi und Sagala bildeten das Empfangskomitee, und die drei konnten es vor Freude gar nicht fassen, neue Freunde kennenzulernen! Auch die anderen kamen langsam dazu, bis sich schließlich die ganze Herde auf den Weg zum Baobab-Wasserloch zur Mittagsfütterung und dem Schlammbad machte.

Lemeki und Thamana waren dort offenbar schon von den anderen vorbereitet worden, denn sie kamen zu ihren Milchflaschen gerannt, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Lemeki ließ sich nicht viel Zeit mit ihrer Flasche, denn sie wollte offenbar immer noch die Keeper kennenlernen. Sie war so mit ihnen beschäftigt, dass sie sogar das Bad im Schlammloch verpasste! Thamana wälzte sich schön mit seinen neuen Freunden im Matsch herum und spielte auch noch ein wenig mit dem Wasser in der Tränke. Tagwa, Tamiyoi und Sagala wollten die beiden Neulingen gar nicht wieder hergeben! Sie werden sich aber wohl oder übel mit den anderen einigen müssen, denn alle wollen etwas Zeit mit ihnen verbringen. Nachwuchs-Leitkuh Mbegu hat sich vor allem Lemeki angenommen, während Ngilai und Ndotto sehr erpicht darauf schienen, Thamana in ihre Jungs-Gruppe aufzunehmen.

Den Rest des Tages wurde dann fleißig gegrast und auch noch viel gespielt. Als die Sonne langsam unterging, folgten Lemeki und Thamana ihren neuen Freunden zurück zur Auswilderungsstation. Ihr Lieblings-Keeper Joseph aus Kaluku wird noch ein paar Wochen bei ihnen in Voi bleiben, bis sie sich ganz eingewöhnt haben. So entspannt, wie sie in ihrer ersten Nacht dort schliefen, scheinen sie sich aber schon ganz wie Zuhause zu fühlen!

Für die beiden ist es ein wichtiger Schritt im Leben. Lemeki, die es gewöhnt ist, als Chefin den Ton in ihrer kleinen Herde anzugeben, lernt nun die weite Welt kennen und wird von den älteren Mädchen viele wichtige Lektionen fürs Leben lernen. Und auch Thamana, der stille Junge, wird viel neues erleben: alle älteren Mädchen wollen ihn bemuttern, und die jungen Bullen freuen sich, einen neuen Sparringpartner zu haben, mit dem sie spielen können.

Die Ankunft von Lemeki und Thamana hätte zu keiner besseren Zeit kommen können: gerade ist die Herde von Ex-Waisenkuh Edie wieder aufgetaucht, und etliche der älteren Waisen Vois, wie Kenia, Ndii oder Tundani, scheinen sich ihnen anschließen und wieder in der Wildnis leben zu wollen. So werden wohl bald die noch jüngeren in Voi den Ton angeben. Zusammen mit Lemeki und Thamana leben dort jetzt 18 Elefanten in der Waisenstation.