Naiminas Rettung

Am Freitag, den 12. Juni traf eine weitere Elefantenwaise in unserer Nursery in Nairobi ein. Das kleine Weibchen wurde auf etwa ein Jahr geschätzt und brauchte daher immer noch Muttermilch. Gegen 13.30 Uhr war sie dem Amboseli-Pavian-Forscherteam aufgefallen, weil sie ganz allein unterwegs war. Die Wissenschaftler verständigten daraufhin sofort ihre Kollegen von der Amboseli-Elefanten-Forschungsgruppe. Soila und Norah, die dem Team angehören, spürten das Kälbchen außerhalb des Parks an einem Ort namens Narubaala auf – offenbar war der kleine Elefant von der tansanischen Seite herübergekommen. Sie hatte eine frische Speerwunde zwischen Kinn und Schulter, und ihre Mutter wurde höchstwahrscheinlich in Tansania getötet, wo die Wilderei inzwischen an der furchtbaren Tagesordnung ist. Erst kürzlich wurden massive Ladungen mit illegalem Elfenbein auf dem Weg nach China und den Fernen Osten abgefangen. Mithilfe der Ranger vom KWS und einiger Seile gelang es den Amboseli-Forschern, das Kälbchen einzufangen und sie auf der Ladefläche des KWS Landcruisers zur Landebahn zu fahren, von wo sie von unserem Rettungsflugzeug nur 20 Minuten später abgeholt wurde.

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Auf dem Weg vom Wilson Airport zur Nursery steckte das Fahrzeug im Stau fest, so dass das Elefantenbaby erst nach Einbruch der Dunkelheit gegen 19 Uhr bei uns eintraf. Sofort wurden ihre Wunden gereinigt und behandelt, und danach konnte man sie endlich von den Seilen um ihre Beine befreien, so dass sie wieder auf eigenen Füßen stehen konnte. Obwohl sie sehr mager war und ihre Wangenknochen deutlich hervorstanden, befand sie sich in einer guten Verfassung. Verständlicherweise war sie sehr aggressiv, aber die Anwesenheit von Tassia im Stall nebenan hat sie schließlich ein wenig beruhigt. Am nächsten Morgen bekam sie ihre erste Flasche Milch, und nachdem sie etwas fügsamer wurde, brachte man sie zum Rest der Herde. Schon beim ersten Tageslicht hatten sie alle schon durch die Stalltüre begrüßt, und später wurde sie ohne Probleme in die Gruppe aufgenommen.

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Die Forscher im Amboseli Nationalpark hatten ihr den Name Naimina gegeben, was in der Sprache der Maa so viel wie verloren bedeutet. Mit ihrer Ankunft stieg die Zahl der Waisenbabys in der Nursery auf nunmehr 20 – ein neuer Rekord! Daher mussten die Schlafplätze wieder einmal umsortiert werden: Dida, Kenia, Kimana und Baarwa wurden in die ehemaligen Ställe von Lesanju, Lempaute und Sinya gebracht, um den Auffangstall für den Neuankömmling frei zu machen.

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2009 scheint generell ein Annus horribilis für die Elefanten hier in Ostafrika zu werden. Zum einen haben sie an der schlimmen und anhaltenden Dürre zu leiden, und zum Anderen wird ihr Lebensraum durch die stetig wachsende Bevölkerung immer weiter komprimiert. Konflikte zwischen Elefanten und Menschen häufen sich, und in der Folge auch Krankheiten, die durch Nutztiere in ihren Lebensraum eingeschleppt werden. Ganz zu schweigen von der zunehmenden Gefahr durch Wilderei, die durch eine nicht zu sättigende Nachfrage nach Elfenbein in China und im Fernen Osten nun in ganz Afrika schlimme Ausmaße erreicht hat.