Newsletter aus Kenia/die Eli-Waisen im Januar 2008

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe:

Aufgrund der Unruhen, die das Land seit den Präsidentschaftswahlen am 27. Dezember fest im Griff halten, sank die Zahl der Besucher zum täglichen Schlammbad. Im Gegensatz zum sonst so üblichen täglichen Ansturm, gab es nur einige wenige Gäste, die sich davon abschrecken ließen. Dies wirkte sich natürlich negativ auf unsere Spendeneinnahmen aus. Diejenigen Besucher, die sich von den politischen Hürden nicht abschrecken ließen, hatten dafür eine sehr intensive Zeit mit den Elefanten. Da es nur so wenige Menschen waren, konnten sie sich sogar unter die Dickhäuter mischen und mussten nicht wie sonst hinter den Absperrungen stehen bleiben. Wie immer war auf die kleine gewiefte Lempaute Verlass, und sie verpasste den Schulkindern einen gehörigen Adrenalinstoß als sie auf sie zu rannte und die Kinder schreiend auseinander liefen. Danach legte sie sich ihnen zu Füßen um ihnen zu zeigen, dass sie ihnen nichts Böses wollte. Dieser Streich wurde – glücklicherweise nur einmal – von Makena und Lenana nachgeahmt, die allerdings doppelt so groß wie Lempaute sind!

Klein Dida fühlte sich in diesem Monat für etwa eine Woche gar nicht wohl. Wir glauben sie zahnt nur, dennoch sind wir um sie besorgt. Die ersten Backenzähne sollten im 4. Lebensmonat komplett durchgebrochen sein, so dass sie dieses Problem bald hinter sich haben sollte. Lesanju und Sinya teilen sich nunmehr die Anführung der jüngeren Gruppe. Sinya ist inzwischen schmerzfrei und sehr liebevoll Dida gegenüber. Ein willkommener Regenschauer in der Mitte des Monats wurde von den Nursery-Babies gebührend gefeiert, denn er brachte ein wenig Abkühlung und frisches Grün in diesen normalerweise sehr trockenen und heißen Monat. Die Regenzeit im Oktober/November war im vergangen Jahr eher enttäuschend in der Region Nairobi, so dass dieser Schauer in der Tat von Nöten war.

Lesanju

Aufregende Zwischenfälle mit anderen Tieren peppten den Monat auf, vor allem die Begegnung mit einem Leopard am 10. Die Raubkatze saß in einer Baumkrone, und die Keeper sahen sich gezwungen so schnell wie möglich eine andere Richtung einzuschlagen, so dass der Leopard sich in einen anderen Baum begab, von da aus auf den Boden sprang und das Weite suchte. Dikdiks und Paviane erschreckten den Baby-Trupp, besonders Shimba, der gerne ein wenig abseits der anderen grast und die herannahende Gruppe Paviane überhaupt nicht bemerkte. Lenana, die nicht gerade die Mutigste unter den älteren Kühen ist, überlässt es lieber Makena und Chyulu andere Tiere fern von der Gruppe zu halten. Beide bewegten sich nicht vom Fleck, während Lenana vor einer Herde Impala flüchtete. Sie schlugen die Impalas mit einer aggressiven Ansage in die Flucht, bei der sie zahlreiche Büsche nieder trampelten und wild trompeten. Die älteren Elefanten waren sichtlich irritiert als sie auf ihrem Weg in den Park eines Morgens auf den halb gefressenen Körper eines frisch getöteten Impalas stießen. Lenana trat erneut eilig den Rückzug an.

Lesanju & Dida

Für die Nursery-Elefanten war der Januar ein friedlicher und glücklicher Monat. Alle gedeihen prächtig. Lesanju, Lempaute und Shimba hatten einen Wachstumsschub und sind jetzt alle gleich groß. Klein Dida legte ein wenig an Gewicht zu, ist jedoch trotzdem ein sehr wählerischer Fresser. Sie legt sogar großen Wert darauf, welcher Keeper ihre Flasche beim Milchtrinken hält. Sie möchte immer von demjenigen gefüttert werden, der auch die Nacht bei ihr verbrachte. Sollte dieser nicht zur Stelle sein, weil er zum Beispiel mit der älteren Gruppe unterwegs ist, dann besteht sie darauf von jedem ein bisschen gefüttert zu werden. Daher dauert es immer eine halbe Ewigkeit bis sie fertig getrunken hat. Zweimal durften die Jüngsten Zeit mit der älteren Gruppe verbringen, was besonders Makena und Chyulu gefällt, denn beide vergöttern Klein Dida und möchten sie am liebsten jeder für sich ganz allein. Dida hingegen macht keinen Hehl daraus, dass sie nur mit Lesanju als ihre „Ersatzmutter“ zusammen sein möchte. Lenana richtet ihre ganze Aufmerksamkeit auf Shimba, der immer schon ihr Liebling war, und dieser ist davon sehr angetan. Lesanju, Lempaute und Sinya sind mittlerweile gar nicht mehr so begeistert von diesen Zusammenkünften und weichen ihren Keepern nicht von der Seite, als ob sie sagen möchten, dass sie dafür nicht mehr zu haben sind. Wenn er nicht bei den älteren Elefanten ist, grast Shimba gern ein wenig abseits den anderen, um zu zeigen, dass er als Bulle für sich selbst sorgen kann. Klar in der Unterzahl, muss er derbe Schläge einstecken, wenn er wieder einmal versucht auf eine der Kühe aufzusteigen, was für einen jungen Bullen ganz normal ist.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe:

Sporadische Regenfälle in der Mitte und gegen Ende des Monats Januar brachten unseren Ithumba-Elefanten eine willkommene Abkühlung, denn mit den Niederschlägen fielen auch die Temperaturen ein wenig in diesem normalerweise sehr heißen Monat. Die Pflanzen ergrünten und natürliche Senken füllten sich mit Regenwasser, so dass auch die wilde Elefantenpopulation ihr Trockenzeit-Gebiet verließ und zum Fressen weitere Wege auf sich nahm. Dadurch hatten unsere Waisen in diesem Monat, soweit wir wissen, keinen Kontakt zu wilden Elefanten. Die Älteren bleiben jedoch meist bis spät nach Einbruch der Dunkelheit im Busch und sind jetzt nahezu unabhängig von ihren Keepern.

Die Waisen haben jeden einzelnen Tag des Monats in vollen Zügen genossen, ihr Frohsinn zeigte sich beim spielerischen Rempeln, jeden Morgen, wenn sie in den Wald losziehen. Dann schwingen sie immer ihre Rüssel hin und her, was bedeutet, dass sie sich freuen. Die Elefanten genossen es in der aufgeweichten Erde zu spielen und sich in den mit Regenwasser gefüllten Suhlen zu aalen. Wie immer verwickeln sich die Bullen gegenseitig in Ringkämpfe um ihre Kräfte zu messen. Das wird von den Älteren so lange geduldet bis der Spaß in richtige Kämpfe ausartet. Wenn dies passiert, ist sofort eine der Kühe zur Stelle (für gewöhnlich Kinna oder Yatta) oder einer der älteren Bullen um den Disput beizulegen. Falls nötig wird den Übeltätern eine „Auszeit“ von der Gruppe verordnet. So geschah es auch neulich, als sich Rapsu und Tomboi um einen Ast stritten, den Kinna vom Baum gezerrt und zurückgelassen hatte. Den einzigen Schreck des Monats verursachten in diesem Monat 3 Kleine Kudus, die an ihnen vorbei zogen. Die Kleinsten kollerten und trompeteten um die Älteren zu alarmieren, die umgehend herbei eilten um der Ursache für den Tumult auf den Grund zu gehen. In solchen Situationen werden Yatta, Nasalot, Mulika und Kinna manchmal sogar von Napasha unterstützt.

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Die älteren Elefanten setzen sich jetzt meistens von den Jüngeren ab und verbringen mehr Zeit an Stellen, die sie selber auswählen. Manchmal treffen sie sich abends mit den anderen bei den Stallungen, oder sie bleiben bis spät nach Einbruch der Dunkelheit weg. Es kommt auch häufig vor, dass sie erst auf dem Weg zum oder direkt am Schlammbad wieder zum Rest der Gruppe stoßen. Es gibt jedoch auch Tage, an denen sie viel Zeit mit den Jüngsten verbringen und die Herde als Ganze zusammenbleibt. Kenze und Orok genießen die Zeit mit ihrer „Ersatzmutter“ Nasalot ganz besonders, während Ol Malo am liebsten mit Yatta zusammen ist. Selengai ist unterdes Mulikas auserwähltes Lieblingsbaby. Kamboyo und Zurua, die erst vor kurzem aus der Nursery nach Ithumba gekommen waren, sind nunmehr vollkommen in die Gruppe integriert, und Kamboyo wurde mittlerweile zum „Takthalter“ ernannt, denn er ist immer so unglaublich pünktlich, wenn es daran geht den Heimweg anzutreten und führt die Gruppe oft zum oder vom Schlammbad. Sunyei und Naserian, verstärkt durch Loijuk, sind Yattas Sub-Leitkühe. Wendi hat sich mittlerweile selbst in Yattas „Gruppe der Großen“ befördert.

Loijuk

Der 6-jährige Tomboi hat sich in diesem Monat überraschenderweise eine Auszeit von den anderen genommen, und suchte von sich aus einen anderen Weideplatz. Später stieß er dann entweder beim Schlammbad oder an den Stallungen wieder zur Gruppe. Dies ist ein erstaunliches und interessantes Verhalten für einen Bullen seines Alters, wenn man bedenkt, dass Napasha schon viel älter ist. Einmal war er den ganzen Vormittag verschwunden, und als die anderen am Schlammbad auftauchten, vertrieb er bereits ein paar suhlende Warzenschweine, und nach einer kurzen Begrüßung und einem ebenso kurzen Bad, ging er wieder alleine seiner Wege. Abends war er dann bereits vor allen Anderen zurück an den Stallungen. Und somit zeigt die Lernkurve im Ithumba Rehabilitierungszentrum einen etwas anderen Verlauf als die der Ithumba-Gruppe, verursacht durch ein anderes Umfeld und die Angst vor den Menschen, die den wilden Herden immer noch in den Gliedern steckt.

Monatsbericht für die Voi-Gruppe:

Die Aufzeichnungen im Voi-Tagebuch endeten am 24. Dezember, Heiligabend. Nach Mweigas Tod am 22. gab es keinen Kontakt mehr zu unseren Waisen. Burra, der bis zum Schluss bei ihr war, hatte sich Natumis Gruppe angeschlossen und wahrscheinlich die traurige Nachricht übermittelt. Als Mweiga noch lebte, kamen sie oft – wenn nicht sogar täglich – an die Stallungen. Die Keeper sind darüber sehr verwundert, jedoch zeigt es auf welch hohem Niveau Elefanten miteinander kommunizieren.

Allerdings wurde der 28. Dezember ein denkwürdiger Tag, denn Big Boy Edo, der das ganze Jahr 2007 nicht gesehen wurde, tauchte auf, trank und blieb eine ganze Weile um die Keeper zu versichern, dass er wohlauf ist. Wahrscheinlich wunderte er sich sogar, dass er keine Artgenossen in den Stallungen vorfand. Edo wurde im März 1989 im Amboseli Nationalpark geboren und verlor seine Mutter, als diese Abfälle einer Lodge fraß und an einer Vergiftung starb. Er ist mittlerweile stattliche 19 Jahre alt und ein sehr freundlicher Bulle, der seiner Mutter sehr ähnlich sieht. Selbst Dr. Joyce Poole war erstaunt. Als er weiter zog, hatte er mit keinem unserer Waisen Bekanntschaft gemacht, denn alle waren bei Emily und wurden von unseren Keepern vom Gipfel des Makinga Hill beobachtet.
Die Voi Keeper, deren Hauptaufgabe jetzt darin besteht unsere nunmehr „wilden“ Waisen aus der Ferne zu überwachen, genossen die Gesellschaft der Impalaherde, die wir nur „Bountys Herde“ nennen, nach Bounty, einem Impalaweibchen, dass Daphne während ihrer Zeit in Tsavo mit der Hand aufzog. Bounty verbrachte die Tage stets mit Daphne im Gras und die Nächte bei ihrer Impalaherde. Bountys Geschichte ist ausführlich in Daphnes Autobiografie zu lesen. Sie hatte später selbst 9 Söhne und 1 Tochter, die sie immer kurz vor Mittag im Busch gebar. Vorher holte sie Daphne hinzu, damit diese ihr half während der Geburt die Raubtiere fernzuhalten. Alle ihre Nachkommen hielten Kontakt, selbst die Bullen (was sehr außergewöhnlich ist). Dies zeigt die engen und lebenslangen Bande, die sowohl Antilopen als auch Elefanten zu ihren menschlichen Familien knüpfen. Dank Bounty und anderen Antilopenwaisen konnte Daphne ihren beträchtlichen Wissensschatz über die Verhaltensweisen von Antilopen aufbauen; Dinge, die kein anderer über solch eine lange Zeit in der Wildnis beobachten konnte. Bounty, zusammen mit Aisha (Daphne’s erstem Elefantenbaby) werden für immer einen Platz in ihrem Herzen haben. Bounty starb im Alter von 12 Jahren nach einem einmaligen Leben unter Menschen als David und Daphne Tsavo verließen.

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Einige Tage nach Mweigas Tod trennte sich Natumi wieder von Emilys Gruppe, und mit ihr nahm sie Edie, Mukwaju, Mweya, Seraa, Thoma, Lolokwe, Nyiro und Burra. Sie schlossen sich einer wilden Herde an und verließen die Gegend um den Mazinga-Berg. Emilys Gruppe kehrte in diesem Monat nur zwei Mal zu den Stallungen zurück, allerdings erst sehr spät in der Nacht und nur für kurze Zeit.

Tsavo & Salama

Uaso besuchte Emilys Gruppe am 30. Januar, als diese auf der Südseite des Mazinga-Berges fraßen. Er wurde dabei beobachtet, wie er Aitong bestieg, von der die Keeper glauben, sie sei tragend. Sie sind ebenso davon überzeugt, dass auch Emily Nachwuchs erwartet, so dass wir alle auf zwei Gründe zum Feiern in 2009 hoffen.