Tagebuch eines DSWT-Piloten

Nach einem schweren Gewitter in der Nacht vom 6. April erwachte Tsavo am nächsten Morgen im Vogelgesang und wunderbar frischer, klarer Luft.Die Top Cub vom DSWT

Vom Tsavo-Hauptquartier brach ich in einem Top Cub Flugzeug auf, um eine kleine Giraffengazelle abzuholen. Der Flug nach Voi verlief planmäßig und ich hatte eine tolle, meilenweite Sicht und passierte ein paar Elefantenherden, die zufrieden in den vielen Wasserlöchern badeten, die es nach dem Regen gibt.

Bei der Landung in Voi traf ich die Mitarbeiter des David Sheldrick Wildlife Trusts (DSWT) und man übergab mir einen Karton, aus dem mich ein bezauberndes Gesicht anblickte. Eine noch sehr junge, männliche Giraffengazelle, die trotz des Trubels ruhig in all die Gesichter blickte, die in seine Box starrten. Er hatte seine Mutter in der Nähe des Gefängnisses von Manyani verloren und war von Gefängniswärtern gefunden worden, die in erstmal in die Obhut einer Ziegenherde gaben. Zwei Tage lang fiel er unter den Ziegen kaum auf. Giraffengazellen, auch Gerenuk genannt, ähneln durchaus Ziegen, aber auch ein bißchen den Kamelen. Sie leben in den heißen und trockenen Gebieten Afrikas und können tagelang ohne zu trinken überleben, und nehmen lediglich die Flüssigkeit aus den Blättern auf, die sie fressen.

Julius mit the Waisen-Gerenuk

Der kleine Nuk wurde vom Gelände des Manyani Gefängnisses gerettet

Es war noch ein bißchen Zeit, bevor die kleine Gazelle auf ihren ersten Flug gehen sollte, als plötzlich Angela Sheldrick anrief und berichtete, dass in der vergangenen Nacht eines der Waisen, Shimba, von Löwen verletzt worden war. Julius und die anderen Voi-Keeper hatten ihn eben entdeckt. Am Tag zuvor hatten sich die Waisen offenbar mit wilden Elefanten an einem Wasserloch getroffen. Als später das Gewitter hereinbrach, sind fünf der Waisen mit der wilden Herde in den Busch geflüchtet. Bis zum Einbruch der Dunkelheit war es den Keepern nicht gelungen, sie zu finden, so dass sie sie vorerst zurücklassen mußten. Heute morgen setzten die die Suche nach den vermissten Waisen Kenia, Ndii, Emsaya, Layoni und Shimba sofort fort. Es dauerte nicht lange, bis sie Shimba gefunden hatten, der benommen inmitten eines Schlachtfeldes stand: zertrampelte Büsche, Blut auf dem Boden, und überall verstreut lag Löwenfell. Shimba hat sich offenbar (erfolgreich!) zur Wehr gesetzt und ein paar ernsthafte Fleischwunden davon getragen: sein rechter Ohrlappen war abgerissen und sein Rüssel zeigte Einschnittswunden wie von einem Skalpell. Zahllose Kratzwunden waren über seinem Rücken und den Hinterbeinen verteilt.

Shimbas Wunde am Hinterbein

Shimbas Wunde am Rüssel

Shimbas Wunde am Ohr

Die Keeper brachten ihn langsam zurück zum Stall und säuberten die Wunden gründlich, bevor sie sie mit grüner Tonerde bestrichen und ihm ein Antibiotikum gaben, um eine Infektion zu vermeiden. Shimba blieb ganz ruhig und ließ alles mit sich geschehen, so als ob er wüßte, dass seine geliebten Keeper ihm nur helfen wollen.

Von den anderen vier Waisen keine Spur, und natürlich waren alle in großer Sorge. Julius nahm auf dem Rücksitz des Top Cub Platz und wir flogen die Gegend ab. Es waren sehr viele wilde Herden zu sehen, so dass sich die Suche nach den Waisen als außerordentlich schwierig gestaltete. Schließlich fanden wir sie jedoch, wie sie zu viert unter einem Baum standen und sich offenbar entschieden hatten, nicht mit der wilden Herde weiter zu ziehen. Wir informierten die Keeper im Voi-Quartier per Funk und beobachteten aus der Luft wie sie sich den vier Ausreißern näherten. Als sie ihre Namen rufen hörten, rannten sofort zu ihren Keepern und gemeinsam liefen sie zurück zum Stallgelände, wo sie kurz vor Einbruch der Dunkelheit ankamen.

Shimbas Wunden wurden mit grüner Lehmerde behandelt

Der DSWT Pilot Nick Trent hilft bei Shimbas Behandlung

Ein Sturm zieht auf

Ndii, Kenia und Layoni aus der Luft aufgespürt

Auf dem Rückflug von Voi sah ich sechs Löwen aus der Luft, doch unbesorgt, da die Waisen ja sicher zurück im Stall waren. Wir sind zuversichtlich, dass sich Shimba mithilfe der Voi-Keeper von seinen Verletzungen bald wieder erholen wird. Der Baby-Giraffengazelle schien der Flug jedenfalls zu gefallen, er blieb die gesamte Strecke ganz ruhig liegen. Er hat sich schnell in Nairobi eingelebt, frißt gut und hat viele freundliche Hände, die sich um ihn kümmern. Wir haben ihn Nuk genannt.

Shimba erhält TLC von den Keepern

Shimba lehnt gegen die Stocakde und versteht das die Keeper nur helfen wollen

Die Löwen wurden aus der Luft in der Nähe der Elefanten gefunden