Was steckt hinter dem mysteriösen Elefantensterben in Botswana?

Quelle Titelbild: The Guardian, 1. Juli 2020.

Deutsche Zusammenfassung eines Artikels von Dina Fina Maron in der National Geographic vom 14. Juli 2020. Den kompletten Artikel (auf Englisch) finden Sie hier…

 

Sie laufen im Kreis und scheinen benommen, bevor sie schließlich tot umfallen, manchmal einfach kopfüber. Mehr als 280 Elefanten in Botswana sind bereits verendet, aber die Todesursache bleibt weiterhin unklar.

Die bizarre Symptomatik und große Zahl der Todesfälle läßt nicht darauf schließen, daß bekannte Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose) die Ursache sind. Die Stoßzähne wurden den toten Tieren ebenfalls nicht entfernt, was Elfenbeinwilderei ausschließt. Dennoch steigen die Todesfälle. Die Regierung hat seit März 281 tote Elefanten bestätigt, Naturschutzorganisationen schätzen die Verluste noch höher [siehe auch The Guardian vom 1.Juli 2020, A.d.R.]. „Für den Gesamtbestand der Elefanten in Botswana sind diese Zahlen noch nicht besorgniserregend“, so Markus Hofmeyer, Wildtierarzt und früherer tiermedizinischer Leiter im Krüger-Nationalpark. „Trotzdem ist es wichtig, daß wir die Todesursache kennen, um illegale Machenschaften auszuschließen – wenn das der Fall wäre, könnte sich das Problem in der Tat in ein weitaus größeres entwickeln.“ Botswana hat eine Population von 130.000 Savannenelefanten, das sind etwa 37% der Gesamtpopulation der Savannenspezies in Afrika, die seit den 1970er Jahren kontinentweit um mehr als die Hälfte dezimiert wurde, und jährlich um 8% schrumpft.

Das derzeitige Elefantensterben ist auf ein 1.000 km² großes Gebiet nordöstlich des Okavango-Delta begrenzt, in dem ca. 18.000 Elefanten ihren Lebensraum mit 16.000 Menschen und ihren 18.000 Rindern teilen.

Die folgenden Ursachen (Differentialdiagnosen) für das Elefantensterben werden derzeit von den örtlichen Wildtiermedizinern diskutiert:

Verhungern oder Verdursten:
Sehr unwahrscheinlich, da die natürlichen Wasserlöcher zu Beginn des Elefantensterbens prall gefüllt und die Vegetation üppig waren (Erik Verreynne, Wildtierarzt).

Wasservergiftung: 
Botswana hat eine jahrelange Dürreperiode hinter sich und die Regenzeit dieses Jahr setzte verspätet, aber umso heftiger ein. Wenn Tiere dann schnell zu viel Wasser saufen, kann dies zu einer Wasservergiftung führen [In Deutschland kennen wir dies von Hunden an sehr heißen Sommertagen, A.d.R].

Toxin-produzierende Bakterien im Trinkwasser, z.B. Cyanobakterien
(früher auch Blaualgen genannt): Möglich, denn viele tote Elefanten wurden in der Nähe von Wasserlöchern gefunden. Jedoch saufen Elefanten meist in der Mitte von Wasserlöchern, während sich die Bakterien eher am Rand des Gewässers ansammeln. Außerdem setzt im Laufe der Regenzeit ein “Verdünnungseffekt” ein, aber Elefanten starben die ganze Regenzeit über und immer noch. Es ist auch möglich, daß die Elefanten durch etwas anderes vorgeschwächt waren und dadurch empfänglicher, auch für geringere Mengen an Bakterien, waren.

Infektionskrankheiten, z. B. Milzbrand:
Die Symptomatik deutet durchaus darauf hin. Das Bakterium Bacillus anthracis findet man oft im Boden, wo es Sporen bildet. Wenn diese zum Beispiel in den Verdauungstrakt gelangen (besonders in der Trockenzeit, wenn die Tiere noch Grasreste abknabbern), bilden sie ein tödliches Gift. Die Wildtierbehörde hat Milzbrand bisher ausgeschlossen, aber wir wissen noch nicht genau, wie und warum. Es gibt einen Impfstoff gegen Milzbrand, der aber normalerweise nur für Rinder in Risikogebieten verwendet wird, denn 18.000 Elefanten aufzuspüren und die Impfung zu dokumentieren, wäre extrem kostenaufwändig.

Eine andere mögliche Ursache wäre die Infektion mit einem Virus, dem Encephalomyocarditis-Virus, das sowohl neurologische Symptome als auch plötzliches Herversagen durch eine Herzmuskelentzündung verursachen würde. Das Virus ist für den Menschen (bisher) ungefährlich, kann aber von Nagetieren über den Kot ausgeschieden, den Wildtiere dann mit dem Gras aufnehmen (Roy Bengins, Wildtierarzt Südafrika). Zu einem solchen Ausbruch kam es in den 1990er Jahren einmal im Krüger-Nationalpark, in einer üppigen Regenzeit nach mehreren Dürrejahren wie jetzt in Botswana, weil sich die Nagetiere dann explosionsartig vermehren.

Vergiftung durch den Menschen:
Es ist nicht unüblich, daß Bauern, deren Ernte durch Elefanten zerstört wurde, Wasserstellen oder Gemüse, das die Dickhäuter gerne essen (z.B. Kohl), mit Gift, zum Beispiel Blausäure versetzen. Todesfälle würden dann gehäuft in einem kleinen Gebiet auftreten, wie es hier der Fall ist. Allerdings verbleibt Blausäure sehr lange im toten Körper und würde dann auch Aasfresser wie Hyänen, Schakale und Geier töten, was in Botswana nicht der Fall ist. Eine Vergiftung wäre auch möglich durch Natriumfluorazetat, das hochgiftige Salz der Fluoressigsäure, das oft zur Bekämpfung von Nagetieren eingesetzt wird, da es geruch- und geschmacklos ist.

COVID-19 wird derzeit nicht als Todesursache in Betracht gezogen, aber natürlich auch getestet.

Die Regierung Botswanas berichtete am 10. Juli in einer Pressekonferenz, daß vorläufige Laborergebnisse vorliegen, diese aber erst nach Abklärung veröffentlicht werden. Wir versorgen Sie hier weiterhin mit Informationen.

Proben von verendeteten Tieren müssen so schnell wie möglich nach deren Verenden entnommen werden, ebenso wie Boden- und Wasserproben in der unmittelbaren Umgebung. Kranke oder tote Elefanten im Busch zu finden, bevor sich Aasfresser darüber her machen, ist natürlich eine enorme Herausforderung.