Yebo, das erste Enkel-Kalb der Ex-Waisen in Ithumba

(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)

Ein aufgezogener Waisen-Elefant bedeutet so viel mehr als ein gerettetes Leben. Nichts zeigt das besser als die Geschichte von Ex-Waise Yatta.


Während der  letzten Jahre brachten die Ex-Waisen des Sheldrick Wildlife Trust (SWT), die nun wieder in der freien Wildnis leben, viele Babys zur Welt. Nun ist eine neue Generation hinzugekommen: Das erste Mal wurde ein Enkel-Kalb einer Ex-Waise in Ithumba geboren – und die Keeper wurden sozusagen Urgroßeltern!

Ein Blick zurück: Ende 1999 wurde eine Elefantenkuh wegen ihres Elfenbeins getötet und hinterließ ein winziges Kalb – ein Mädchen, das kaum einen Monat alt war. Ohne die Milch und den Schutz der  Mutter stand es schlecht um das Überleben dieses kleinen Elefantenmädchens.


Zum Glück hörten einige Arbeiter in der Nähe die Rufe des Kalbs und fanden es neben dem Körper seiner toten Mutter, der schon die Stoßzähne fehlten. Die Arbeiter nahmen das Kalb mit zur Ortschaft Mtito, hievten es auf die Ladefläche eines alten Landrovers und brachten es– vorbei an den Ufern des Athi, wo jede Menge Krokodile lauern – zum nächstgelegenen Flugfeld, von wo aus das kleine Mädchen nach Nairobi geflogen wurde.

So begann Yattas Geschichte als Waisen-Elefant. Nachdem sie eine Weile in der Nairobi-Nursery verbracht hatte, kam sie in die erste Auswilderungsstation des SWT in Voi. Im Jahr 2004 wurde dann die zweite Auswilderungsstation in Ithumba gegründet. Für die erste Herde, die dort leben sollte – sozusagen als Vorreiter für alle weiteren Elefanten, die dort über die Jahre hinweg ausgewildert werden sollten – wurden vier ganz besondere weibliche Waisen ausgewählt: Mulika, Nasalot, Kinna und Yatta.

Yatta hatte schon damals ausgeprägte Instinkte als Mutter wie auch als Führungspersönlichkeit, und so entwickelte sie sich zur Leitkuh der Herde. Über die letzten 20 Jahre war sie eine unschätzbare Freundin und Begleiterin, die immer wieder Waisen bei ihrer Auswilderung zur Seite stand und daneben noch als Mutter ihren eigenen Nachwuchs aufzog.

Zum ersten Mal wurde Yatta im Januar 2012 Mutter, nur zwei Monate, nachdem ihre beste Freundin Mulika das erste Ex-Waisen-Baby in Ithumba zur Welt gebracht hatte, die kleine Mwende. Auch damals schon kam Yatta wenige Stunden nach der Geburt mit stolz geschwellter Brust zur Auswilderungsstation und stellte ihr frisch geborenes kleines Mädchen den Keepern vor, die sie einst großgezogen hatten. Mulikas und Yattas erste Kälber sind höchstwahrscheinlich Halbschwestern, und ihr Vater ist einer der markantesten Bullen im nördlichen Teil des Nationalparks Tsavo-Ost, den die Keeper „Dad“ genannt haben. Man erkennt ihn in der Wildnis auf einen Blick an seinen langen Stoßzähnen, die in einem ausladenden Schwung fast bis zum Boden reichen.

Yattas erstes Kalb wurde Yetu genannt, Suaheli für „unseres“. Ein passender Name, denn von Beginn an war Yetus Leben eng mit der Auswilderungsstation und den Keepern verbunden. Obwohl sie in der Wildnis geboren wurde und auch schon immer dort lebt, fühlt sie sich an den Stallungen bei dieser unkonventionellen Mischung aus kleinen Elefanten und Menschen, die einmal ihre Mutter großgezogen haben, wie zu Hause. In den folgenden zehn Jahren brachte Yatta noch zwei weitere Kälber zur Welt, im Jahr 2017 den kleinen Yoyo und 2021 dann den kleinen Yogi.

Genau wie ihre Mutter war auch Yetu eine wunderbare große Schwester und Kindermädchen für ihre beiden Brüder. Und so war die Freude unter den Keepern groß, als sie bemerkten, dass auch sie bald Mutter werden würde! Im Laufe des letzten Jahres sah man deutlich, dass sie tragend ist, und sie wurde merklich runder.

Den größten Teil der letzten Trockenzeit verbrachten Yetu und ihre Herde recht weit weg von Ithumba – über drei Monate lang kamen sie nicht zur Auswilderungsstation. Am 11. November sah dann Chef-Keeper Benjamin, wie sich eine kleine Gruppe Elefanten näherte. An ihrer Spitze erspähte er sofort Yetu – und neben ihr kam ein herrlicher kleiner Bulle angerannt! Yetus beste Freundin und Halbschwester Mwende begleitete die beiden. Nachdem die beiden Mädchen zusammen aufgewachsen sind, werden sie nun zusammen diesen neuen kleinen Elefanten aufziehen.

Obwohl Yetu ihr ganzes bisheriges Leben in der Wildnis verbracht hat, hat sie keinerlei Berührungsängste gegenüber den Menschen, die ihre Mutter aufgezogen haben. Sie stellte Benjamin und den Keepern ihr kleines Baby genauso begeistert und stolz vor, wie es alle Ex-Waisen seit ihrer Geburt getan hatten. Nach einer Weile kamen auch Yatta und der Rest der Ex-Waisen dazu, und die Baby-Party war in vollem Gange! Es gab jede Menge Getröte und wedelnde Ohren, alle begrüßten sich gegenseitig und bewunderten das neue Kalb.

Die Keeper haben ihm den Namen Yebo gegeben, ein Ausruf der Bestätigung in der Sprache der Zulu. Dass er heute auf der Welt ist, ist vor allem der Rettung eines anderen Lebens vor über 20 Jahren zu verdanken. Seine Großmutter Yatta legte sozusagen den Grundstein für nun schon zwei neue Generationen von Elefanten; und in Zukunft werden hoffentlich noch viele weitere dazukommen und den Stammbaum weiter wachsen lassen.