(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)
Bei den Ex-Waisen des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) in Ithumba gibt es wieder Nachwuchs: Gleich zwei neue Babys kamen dort vor kurzem zur Welt!
Am Ostersonntag stellte Ex-Waise Galana den Keepern der Auswilderungsstation ihr zweites Kalb vor, das erste Ex-Waisen-Baby beim SWT im Jahr 2024.
Auch Galanas Rettung vor vielen Jahren ereignete sich an einem Sonntag. An diesem Morgen des 31. März 2024 deutete erst einmal nichts darauf hin, dass es aufregend werden würde: Die Waisen futterten in Ruhe ihr morgendliches Luzernen-Heu, ohne dabei von Ex-Waisen oder wilden Elefanten gestört zu werden. Danach führte Naleku die Herde auf den Weg hinaus zum Grasen. An den Stallungen wurde es ruhig, bis kurz nach acht Uhr eine Gruppe Ex-Waisen auftauchte. Galana marschierte voran – und ein winziges Kalb lief unter ihrem Bauch! Mit von der Partie waren außerdem Galanas erstgeborenes Kalb Gawa, sowie Makireti, Naserian, Njema, Wendi, Wema, Wimbi und Siku.
Die Gruppe kam nur kurz an den Stallungen vorbei, wo Galana den Keepern ihren kleinen Schatz präsentierte. Das Kalb – wieder ein kleines Mädchen – schien etwa zwei Wochen alt zu sein und war kräftig und energiegeladen, mit leuchtenden Augen und viel Neugier! Ex-Waise Makireti, jetzt 14 Jahre alt, scheint das hauptamtliche Kindermädchen zu sein und dabei die Unterstützung der Ex-Waisen-Kinder Gawa, Siku, Wema, Njema und Wimbi zu bekommen. Die Ex-Waisen sind wirklich eine große Familie! Die kleine Herde machte sich nach kurzer Zeit wieder auf den Weg in Richtung Kalovoto. Weil sie so feierlich vorgestellt wurde, nannten die Keeper den Neuzugang Gala.
Galana hat in den 21 Jahren ihres Lebens schon einiges durchgemacht. Sie war im August 2004 am Galana-Fluss am Ostrand des Tsavo East Nationalparks gerettet worden, als sie sich als winziges Baby im Gebüsch versteckte. Sie musste ihre Mutter schon einige Zeit zuvor verloren haben, denn sie war in einem ziemlich schlechten Gesundheitszustand. Im Waisenhaus des SWT in Nairobi versuchte sie abwechselnd, die Keeper von sich fern zu halten und an ihren Fingern zu nuckeln. Nach der ersten Nacht brach sie zusammen und musste von den Keepern wieder aufgeholfen werden. Daphne Sheldrick selbst versorgte sie mit jeder Menge Ergänzungsfutter zur Stärkung, die anderen Waisen umringten sie, um ihr Mut zuzusprechen, und von da an ging es mit Galana stetig bergauf.
Im Jahr 2005 zog sie in die Auswilderungsstation in Ithumba um, und nach einigen Jahren wagte sie den Schritt hin zu einem Leben in freier Wildbahn, zusammen mit den Ex-Waisen in Yattas Herde. Aus Galana wurde eine freundliche und fürsorgliche Elefantenkuh, die 2016, im Alter von 13 Jahren, zum ersten Mal Mutter wurde. Bei Sonnenaufgang am 4. September teilte sie die Freude über ihre erst wenige Stunden alte Tochter mit den Keepern in Ithumba, die das kleine Kalb daraufhin Gawa –Suaheli für „teilen“ – nannten.
Die kleine Familie lebt zwar nun vollständig in der Wildnis, aber besucht immer noch regelmäßig die Auswilderungsstation, ihr altes Zuhause, Die jetzt sieben Jahre alte Gawa ist zu einem schlauen kleinen Elefanten herangewachsen, genau wie ihre Mutter. Im Jahr 2021 folgte dann ein trauriges Kapitel in Galanas Leben. Am 2. August stellte sie den Keepern ein neues Baby vor, doch der Jubel der Keeper hielt nicht lange an: Das Kalb war zu früh geboren worden und sehr schwach. Galana und ihre Kindermädchen spürten, dass etwas nicht stimmte; sie blieben die ganze Nacht bei dem Baby und schienen sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Irgendwann gaben die Keeper dem Kalb eine Infusion, was Galana zuließ, ohne Probleme zu bereiten. Aber es nützte alles nichts: das Kalb war zu schwach und starb bald darauf. Galana und ihre Freunde gingen danach sehr bedrückt zurück in den Busch – mit einer stoischen Ruhe, die für Elefanten typisch ist. Das erinnert uns daran, dass die Natur manchmal erbarmungslos sein kann.
Aber genauso gibt es in der Natur auch immer wieder neue Hoffnung, und letztes Jahr wurde klar, dass Galana wieder schwanger war. Jetzt sind alle froh und begeistert, dass das neue Baby Gala gesund zur Welt gekommen ist und liebende Familienmitglieder um sich herum hat! Und natürlich freuen sich auch die Keeper riesig, dass Galana ihnen ihre neue Tochter wieder vorgestellt hat.
Als Gawa im Jahr 2016 zur Welt kam, war sie das 22. in der Wildnis geborene Baby der Ex-Waisen, und erst das vierte in Ithumba. Seitdem ist die Gesellschaft der Ex-Waisen stetig gewachsen: Gala ist jetzt das 60. Baby und schon das 33. in Ithumba. Und es hört nicht auf, denn kurz darauf tauchte auch Ex-Waise Loijuk mit einem neuen kleinen Wonneproppen auf!
Als die Waisen am 11. April zum Grasen draußen im Busch waren, erwartete sie dort ein tolle Überraschung: Ex-Waise Loijuk mit ihrer vierjährigen Tochter Lili, sowie Siangiki, Mundusi, Kama, Makena, Karisa und Sita, die Tochter von Ex-Waise Sidai. Und schnell wurde klar, dass sie noch ein wunderbares kleines Elefantenbaby dabei hatten, das direkt in der Nacht zuvor geboren worden sein musste! Die Keeper nannten das kleine Mädchen Lisha.
Zufälligerweise war es auch der Tag vor dem 12. April, dem sechsten Todestag von Daphne Sheldrick. So bleiben uns auch die großen Matriarchinnen unter den Menschen immer in Erinnerung, und ihr Lebenswerk gerät nie in Vergessenheit, auch wenn sie nicht mehr persönlich unter uns sind.
Loijuk wurde im Jahr 2006 gerettet, als Daphne noch sehr aktiv war. Sie war ein Opfer der Dürre, hatte eine schwere Lungenentzündung, bei der Flüssigkeit aus ihrer Lunge kam und ihr Rüssel eiskalt war. Aber die anderen Waisen wirkten Wunder: Als sie in Loijuks Stall gebracht wurden, umringten sie sie mit ihren Rüsseln und gaben ihr Mut, gegen ihr Schicksal anzukämpfen. Ihre Augen leuchteten, und allen war klar, dass sie um ihr Leben kämpfen würde! Aus ihr wurde eine der größten Erfolgsgeschichten des SWT.
Sie zog in die Auswilderungsstation in Ithumba um und wurde im Jahr 2019, als sie 14 Jahre alt war, das erste Mal Mutter. Wie üblich stellte sie ihre Tochter den Keepern vor, die sie Lili nannten. Daphne lebte damals schon nicht mehr, aber ihre Tochter Angela erinnerte sich: „Es waren solche Momente, die Daphne am glücklichsten machten, vor allem, wenn die Waisen sie mit den Menschen teilen. Die Waisen sind ihrer menschlichen Familie für immer dankbar; sie vergessen nie die Liebe, das Mitgefühl und die Hilfe, die sie von ihnen bekommen hatten, wenn sie es am meisten brauchten.“
Jetzt, fünf Jahre später, ist Loijuk zum zweiten Mal Mutter geworden, und wieder teilte sie ihre Freude mit den Keepern. Es ist die Bestätigung für alles, was die Menschen beim SWT leisten, wenn sie mit ansehen können, wie diese kleinen, zerbrechlichen Waisen zu großen, selbstbewussten und erfolgreichen Müttern heranwachsen!
Natürlich kamen Loijuk und ihre Freunde nicht nur, um „Hallo“ zu sagen, denn Ithumba ist zurzeit ein regelrechter Dschungel, wo es für die Elefanten Futter und Wasser im Überfluss gibt. Daher schauten die Ex-Waisen nur kurz vorbei, um die kleine Lisha vorzustellen, und machten sich dann gleich wieder auf den Weg zum Grasen.
Sie alle sahen gesund und munter aus. Lili ist auch schon ganz in der Rolle der großen Schwester aufgegangen: Als Naleku, die noch bei den Waisen lebt und immer gern Kindermädchen spielt, Lisha zu nahe kommen wollte, wurde sie prompt von Lili des Platzes verwiesen! Naleku blieb nichts anderes übrig als dem kleinen Baby aus der Ferne hinterher zu schauen.
Bis heute sind es 61 kleine Kälber von ehemaligen Waisen, die vom SWT gerettet, aufgezogen und wieder ausgewildert wurden. Lisha ist das neueste Mitglied dieser großartigen Gemeinschaft und wird bestimmt nicht das letzte sein. Sie alle gibt es nur, weil vor Jahrzehnten ein Leben gerettet wurde, dank Daphnes Vision und Engagement: „Wenn sie nicht gewesen wäre…“