Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Juni

Nairobi Nursery

Freitag, der 18. Juni,  war ein großer Tag in unserer Nairobi Nursery, denn an diesem Tag sollten Seraa, Mpala und Morani die Nursery verlassen und die lange Reise zurück in die Welt der Elefanten im Tsavo East National Park antreten. Die 19 Monate alte Seraa ist jetzt rund und gesund. Mpala war bei seiner Ankunft aus Laikipia offenbar doch etwas älter als wir dachten, denn er trägt schon stolz seine winzigen Stoßzähne zur Schau, die ihn als Zweijährigen ausweisen, und Morani, der im vergangenen April im Alter von 18 Monaten traumatisiert und mit eitrigen Schusswunden hier eintraf, hat sich zu einem überaus freundlichen kleinen Elefanten gemausert, seine Wunden sind inzwischen verheilt. Da er von den dreien der jüngste ist, wird er in der Tsavo-Gruppe das kleinste Baby sein und somit die privilegierte Position einnehmen, die bisher Solango hatte.

Die Verladung der Elefanten begann, wie üblich, sehr früh bei Tagesanbruch. Nachdem sie es sich zusammen mit zwei Keepern sowie Futter und Wasser für die Reise bequem gemacht hatten, startete der Truck um 7 Uhr. Abgesehen von den normalen kurzen Stopps, um nachzusehen, ob hinten im Truck alles O.K. ist, gab es einen 30-minütigen Stau, verursacht durch einen auf der Hauptstrecke Nairobi-Mombasa liegengebliebenen Container-Truck. Mit Hilfe eines netten Polizisten jedoch, der große Augen machte, als er erfuhr, dass sich in unserem Truck am Ende des Staus drei Elefanten befanden, wurden wir bevorzugt behandelt und durften an die Spitze der Schlange vorrücken.

Die Keeper hatten bis zur Ankunft bei den Voi Stockades um zwei Uhr nachmittags gut zu tun, um die drei Kleinen zu beschäftigen und zu beruhigen. Die ersten, die die Neuankömmlinge begrüßten, war die sogenannte „Baby-Gruppe“, angeführt von Mweya. In der Gruppe sind die zuletzt angekommenen Elis, die in der Nursery noch mit Seraa und Mpala zusammen gewesen waren, nämlich Thoma, Burra, Solango und Sosian, deren große Freude über d<y Wiedersehen alle sehr rührte. Sie erkannten sich auf Anhieb wieder, und besonders Solango war völlig aus dem Häuschen, Seraa wiederzusehen, denn beide kommen aus dem Shaba National Reserve und könnten sogar aus derselben Herde stammen. Burra und Sosian waren glücklich, ihren jüngeren Freund Mpala wiederzutreffen. Der einzig Fremde war der kleine Morani, der sich fest an Aitong schmiegte. Vielleicht ähnelte sie einer großen Schwester, jedenfalls fühlte er sich sofort zu ihr hingezogen, und sie ist natürlich entzückt, ihn als „ihr“ neues Baby zu haben.

Es gibt immer eine Menge Aufregung innerhalb der Tsavo-Gruppe, wenn Neuankömmlinge eintreffen, und auch diesmal war es nicht anders. Rüssel umschlangen die Neuen oder wurden ihnen als Geste der Zuneigung auf den Rücken gelegt, so dass sie sich sofort als Mitglieder der Familie der größeren Elefanten fühlen mussten – in der Tat eine ansehnliche Elefantenherde, angeführt von der Matriarchin Emily. Von den begleitenden Keepern war David Mutie allen aus der Tsavo-Gruppe bekannt, da er eine lange Zeit mit ihnen verbracht hatte. Und so wurde auch er sehr überschwenglich auf Eli-Art begrüßt. Auch Keeper Julius, ein besonderer Liebling der Nursery-Elefanten, wurde begeistert in Empfang genommen. Besonders Nasalot schenkte ihm große Aufmerksamkeit, was ihn tief bewegte, denn er hatte nicht geglaubt, dass ihre Gruppe sich an ihn erinnern würde. Nun weiß Julius: „Ein Elefant vergisst nie!“

Am nächsten Morgen bereits schien es, als ob sie schon immer ein Teil dieser „Herde“ gewesen sind, zu der jetzt insgesamt 29 Waisen-Elefanten gehören. Daphne, ihre Tochter Angela und ihr Schwiegersohn Robert begleiteten alle Waisen bei ihrem Mittags-Schlammbad am nächsten Tag, und es war bereits schwierig, Seraa,, Mpala und Morani in der großen Gruppe auszumachen!

In der Nairobi Nursery ist Wendi jetzt die Mini-Matriarchin der Nairobi-Waisen wie Tomboi und Selengai, und sie genießt ihre neue Rolle, die sie sehr ernst nimmt. Interessanterweise hat sich ihr Verhalten geändert, denn obwohl erst sieben Monate alt, verwandelte sie sich praktisch über Nacht in einen fürsorglichen und verantwortungsbewussten Mini-Elefanten. Sie ist sich stets ihrer Pflichten gegenüber den noch kleineren Waisen bewusst und nicht mehr so boshaft und frech wie früher!

Die Tsavo-Waisen

In diesem Monat gab es wieder viele Begegnungen mit wilden Herden. So zum Beispiel am 11.Juni, als sich sieben wilde Elefanten zu unseren Waisen gesellten und Sosian sogar auf den Rücken eines im Schlamm liegenden Wilden klettern durfte. Solango war etwas ängstlich, als ein erwachsener Bulle mit großen Stoßzähnen die Waisen begrüßte, aber Aitong zog ihn heran, und der Bulle „küsste“ ihn dann, indem er ihm seinen Rüssel ins Maul steckte, was ihn sichtlich beruhigte.

In der ersten Monatshälfte trafen die Waisen zweimal auf Lissas Familie: am 8., als Mweya, Solango und Thoma Lissas neues Baby berühren durften, und dann noch einmal am 14., als Lissa und ihre Familie sich unserer Gruppe beim Schlammbad anschlossen und Natumi und Edie mit Lissas älterem Kalb, Lara, spielten, und Emily mit Mpenzi spielte (Lissas Kindermädchen und ebenfalls ein früheres Mitglied unserer Waisenfamilie). Uaso (der bereits vor einiger Zeit die Waisen-Familie verlassen hatte) spielte mit Mulika und Salama. (Uaso verbringt viel Zeit mit Lissas Familie, wenn er nicht gerade mit einem der „Big Boys“ zusammen ist, die in diesem Monat wieder durch ihre Abwesenheit auffielen).

Am 25. Juni schlossen sich die Waisen auf ihrem Weg zurück zu den Nachtgehegen einer wilden Herde von fünf Erwachsenen und zwei Babys an. Während die Mütter mit Grasen beschäftigt waren, versuchten Mweya, Ndara, Edie und Natumi, die Babys zu kidnappen und sie mit sich zu den Stockades zu lotsen. Das blieb natürlich nicht unbemerkt, und die Mütter eilten herbei, um ihre Kinder zurückzuholen. Unsere Waisen-Mädchen machten sich aus Angst vor Strafe natürlich schnell aus dem Staub!

Am 28. Jnui verbrachten Emily und Aitong den ganzen Tag mit den Neuankömmlingen, wobei Emily Morani bevorzugte und Aitong sich an Mpala hielt. Unterdessen wetteiferten Natumi, Kinna und Yatta darum, wer sich um die kleine Seraa kümmern sollte. Dabei machte Kinna das Rennen und blieb den ganzen Tag nahe bei Seraa. Am 30. trafen die Waisen wieder auf eine Gruppe wilder Elefanten. Erstaunlicherweise nuckelte Mpala am Ohr einer wilden Kuh, was diese offensichtlich sehr genoss, denn sie stand ganz still mit geschlossenen Augen da. Anschließend wollte sie Mpala in einer besitzergreifenden Geste zwischen ihre Beine nehmen, was allerdings Emily missfiel, die sofort kam und den Kleinen wegzog und daraufhin „ihre Familie“ von der wilden Herde wegführte.

Die Schlussbemerkung im Tagebuch der Keeper für diesen Monat macht uns sehr glücklich. Sie besagt nämlich, dass sich alle neuen Babys (Mpala, Morani und Seraa) prima an ihre neue Umgebung angepasst haben und wunderbar in die Tsavo-Waisenfamilie integriert sind. Sie bewegen sich frei und unbeschwert in der Waisenherde. Leider gab es in Tsavo nur sehr geringe Niederschläge, und wir erwarten daher eine mörderische und sehr lange Trockenzeit für unsere Waisen.