Mweya und Sweet Sally verlassen die Nursery

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Wie die Zeit vergeht! Ist es wirklich schon 16 Monate her, dass Mweya – ein winziges vier Wochen altes Elefantenmädchen – mit dem Helikopter aus Uganda im Elefanten-Waisenhaus in Nairobi eintraf? Und 15 Monate, seit Sweet Sally im Alter von sechs Monaten hier ankam? Sweet Sally war bei der Umsiedlung ihrer Herde von ihrer Mutter getrennt worden. Nun sind auch diese beiden Waisen der Nursery entwachsen – was natürlich ein Grund zur Freude ist. Aber ein wenig Traurigkeit ist auch immer dabei, denn durch die intensive Betreuung in ihrem ersten Nursery-Jahr sind sie uns sehr ans Herz gewachsen. Mweya (17 Monate) und Sweet Sally (21 Monate) wurden am 25. Mai nach Tsavo gebracht, wo sie sich den älteren Waisen in Emilys Herde anschliessen sollen.

Mai ist die beste Zeit für eine Umsiedlung von der Nursery nach Tsavo, da sich die Kleinen in dieser kühleren Jahreszeit besser an die hohen Temperaturen und das Wüstenklima in Tsavo gewöhnen können. Nach den Regenfällen im März/April ist auch die Vegetation in Tsavo noch grün.

Wenn der Lastwagen die Nursery in Nairobi mit einem Rüsselkind verlässt, fallen bei uns immer ein paar Tränen. Bei den sogenanten „Professionellen“ sind Emotionen, wenn es um Tiere geht, zwar verpönt, wir aber sehen Gefühle nicht als Schwäche, sondern als einen wichtigen Eckpfeiler unseres Erfolgs. Wir sind auch stolz auf jedes Waisenkind, das unsere Nursery gesund verlässt, denn wir können uns nur zu gut daran erinnern, mit welchen körperlichen und seelischen Schäden die Babies zu uns kamen. Wir sind stolz darauf, sie an Körper und Seele zu heilen und der Wildnis zurückzugeben, wohin sie schließlich gehören. Bis jetzt ist das bei 40 Elis – das ist schon eine richtige Herde – gelungen, die sonst mit Sicherheit nicht überlebt hätten.

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Einige Tage, bevor die Kleinen auf die 200 Meilen lange Reise nach Tsavo geschickt werden, gewöhnen wir sie an den Safari-Truck. Sie gehen über eine Böschung, die als Laderampe dient, in den Truck und bekommen dort ihr Futter. Nach einigem Zögern – und manchmal auch etwas Platzangst –  gehen sie voll Vertrauen zu ihren Keepern in den Truck. Mweya und Sweet Sally haben diese Hürde mit Bravour genommen und marschierten hinter ihren Keepern – und der Milchflasche – hinein. Während der Fahrt sitzen die Keeper hinter der Fahrerkabine, wo sie ständig Kontakt zu ihren Schützlingen haben. Es folgen ein Reservefahrzeug und ein Konvoi von Leuten, die die Einführung der Rüsselbabies bei den älteren Elis miterleben möchten.

Wenn sie nach sechs bis sieben Stunden Fahrt ihr Ziel in Tsavo erreichen, dürfen sie erst einmal ihre neue Umgebung inspizieren, bevor die älteren Elefanten von ihrem Ausflug in den Busch zurück sind und die Kleinen zu begrüßen. Auch Mulika und Nasalot – ebenfalls erst vor kurzem aus der Nursery hier eingetroffen – befinden sich bei den Älteren in Tsavo. Sie werden Mweya und Sweet Sally in den ersten schwierigen Tagen zur Seite stehen. Die Einführung bei den älteren Waisen ist immer ein wenig traumatisch, besonders für so kleine Elis wie Mweya, die zu früh zur Waise wurde, um sich an ihre Mutter oder andere Familienmitglieder zu erinnern. Als sie dann plötzlich von einer Herde riesiger fremder Elefanten umgeben war – alle begierig, sie zu sehen und zu berühren -,  geriet Mweya in Panik und wollte nur noch entkommen. Sweet Sally war viel gelassener, da sie erst mit sechs Monaten zur Waise wurde und den Anblick großer Elefanten gewohnt war. Laut trompetend versuchte Mweya immer wieder zu entkommen, besonders dann, als noch größere „Riesen“ in Gestalt von Emily, Aitong und Imenti auftauchten und sich neugierig herandrängten, um die kleinen Neuankömmlinge zu begutachten.

Das erste Chaos legte sich bald, und Mweya und Sweet Sally waren in kürzester Zeit Mitglieder der Herde. Sie wanderten mit den anderen über die Hänge der Mazinga Hills – blieben aber immer noch nah bei ihren Keepern. Begleitet wurden sie von Mulika und Nasalot, die ganz offensichtlich begeistert waren über die Wiedervereinigung mit ihren Schützlingen, die sie noch vor einigen Monaten in der Nursery bemuttert hatten.

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Für die beiden Neuankömmlinge war die erste Nacht in den großen Stockades mit so vielen anderen allerdings eine harte Sache – ohne ihre weiche Matratze und den Komfort der Nursery-Ställe. Mweya, die es gewohnt war, ihren Kopf durchzusetzen, protestierte lautstark gegen diese Behandlung, obwohl sie noch den Luxus eines eigenen Keepers hatte. Sie schrie stundenlang, so dass Imenti – der „Beschützer“ der Waisen –  von den nahen Hügeln herabkam, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. (Imenti bleibt nachts nicht in den Stockades; er kann frei überall hingehen, wartet aber gewöhnlich morgens am Eingang, um die anderen zu begleiten). Als Mweyas Protest keinen Erfolg hatte, begab sie sich schließlich zur Ruhe, und der Friede war wieder hergestellt.

So wie wir Mweya und Sweet Sally kennen, werden sie in Tsavo eine sehr schöne Zeit haben.