Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im April 2008

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe

Am 3. hieß die Nursery-Gruppe ihr zehntes Mitglied willkommen, einen 18 Monate alten kleinen Bullen, dessen Mutter im Mara Naturschutzgebiet der Massai Mara eingeschläfert werden musste. Eine alte Verletzung an ihrem Fuß, die von einem Speer stammte und vorher zwei Mal von unserer mobilen tierärztlichen Einheit Mara behandelt wurde, verschlimmerte sich zusehends, bis sich die Infektion schließlich auf ihren ganzen Körper ausbreitete und zu einer Blutvergiftung führte. Sie konnte sich nicht mehr bewegen und drohte einem langsamen, qualvollen Tod zu sterben. Ihr eineinhalbjähriges Kälbchen blieb bei ihr und versuchte verzweifelt zu säugen. Sie konnte jedoch schon länger keine Milch mehr bilden, so dass auch das Kälbchen zunehmend abmagerte und schwächer wurde. (Kein Elefant unter 3 Jahren kann ohne Milch überleben, was eine Studie der Amboseli-Population über 10 Jahre hinweg bestätigte.) Als der Tierarzt die Mutter am 3. April zum dritten Mal ruhig stellen musste, befand er darüber, dass für sie keine Hoffnung mehr bestand, und es besser sei ihr Leiden zu beenden. Das Kalb war bereits eingefangen und von seiner zum Tode verurteilten Mutter entfernt. Es wurde am selben Nachmittag in die Nursery geflogen, und als es am späten Abend ankam, hatte es bereits einen Namen: Siria, benannt nach der Steilklippe, die auch aus der Beerdigungsszene des berühmten Klassikers „Jenseits von Afrika“ bekannt ist. Von den Massai wird sie „Olololoo“ genannt, was so viel heißt wie „das Ende der Welt“.

Obwohl sehr dünn und mit Magenparasiten befallen, hatte das Kälbchen noch ausreichend Kraft um die Keeper in der Nacht auf Trab zu halten. Am Morgen jedoch begann er Milch zu trinken; erst einmal aus einem Eimer und später auch aus der Flasche. Am Ende seines zweiten Tages unter Aufsicht der Keeper in den Stallungen, hatte er sich beruhigt und man konnte ruhig mit ihm umgehen. Maxwell, das blinde Nashorn und sein Stallnachbar, war gleich von Anfang an von ihm fasziniert, und schon am ersten Tag zeichnete sich ab, dass die beiden dicke Freunde werden würden, denn sie beschnupperten sich durch die Abgrenzung der Ställe. Am 6. durfte Siria seinen Stall zum ersten Mal verlassen und wurde sofort liebevoll von Lenana, Makena und Chyulu, den drei „Big Girls“ der Nursery-Gruppe, begrüßt. Sie stritten sich auch gleich um ihn, indem sie ihn mit ihren Rüsseln fest- und zurückhielten, wann immer er wegzulaufen drohte. Noch am selben Tag war er völlig entnervt von den Besuchern beim Schlammbad und versuchte zu flüchten, doch die 3 Big Girls rannten ihm nach, beruhigten ihn und brachten ihn zurück. Sie schirmten ihn von den Zuschauern ab, und er fühlte sich beschützt. So kam es, dass Klein Siria eine neue und liebevolle Elefantenfamilie bekam, und noch nie zuvor wurde ein Elefantenbaby so freundlich willkommen geheißen und geliebt. Durch den Trost, den ihm die älteren Elefanten spendeten, lebte er sich schnell ein und wurde bald in Lesanjus Junior-Trupp eingegliedert, da die drei älteren Waisen bald nach Ithumba umgesiedelt werden, und er noch ein wenig zu jung dafür ist bereits mit ihnen mitzugehen.

Chyulu

Es war beeindruckend wie er sich sofort zu Kenia hingezogen fühlte. Offenbar ahnte er, dass sie eine Menge gemein hatten, denn auch sie hatte gerade erst ihre Mutter und den Rest ihrer Elefantenfamilie verloren. Er und Kenia sind inzwischen unzertrennlich, obwohl er sich Lenana, Makena und Chyulu nach wie vor sehr verbunden fühlt und sie oft aufsucht. Kenia sucht immer noch häufig Streit mit Shimba, den sie aus irgendeinem Grund nicht leiden kann.

Lempautes Streiche beim Schlammbad sind nichts Neues, doch in diesem Monat stand auch ein kleines Baby in einem Kinderwagen im Zentrum ihres Interesses. Sie berührte ständig sanft den Kopf des Babys mit ihrem Rüssel und griff dann nach seinem Spielzeug, so dass es zu weinen begann. Die Keeper waren jedoch immer zur Seite um das Spielzeug „im Notfall“ seinem rechtmäßigen Besitzer zurück zu geben! Lempaute hat nun auch Klein Dida angestiftet um zu den Besuchern Kontakt aufzunehmen, das heißt entlang des Absperrseils laufen, mit ihren Schuhen spielen und sich einzelne Kinder zum Spielen auszusuchen. Eines Tages durchquerte Lempaute das Absperrseil und hielt mit ihrem Rüssel den Griff eines Kinderwagens fest. Sie begann ihn umher zu schieben – sehr zur Freude der Besucher und zum Schrecken des kleinen Insassen!

Siria war zuerst ganz eingeschüchtert von den Besuchern am Schlammbad. Er rannte in den Busch und wurde aufgeregt von seinen Keepern und den drei Big Girls verfolgt. Lenana, Chyulu und Makena umzingelten ihn und trieben ihn sanft zurück. Ein anderes Mal, als die Menschenmenge zu laut wurde, rannte er durch die Absperrung, und alle stoben auseinander. Er wurde wiederum von Lenana, Makena und Chyulu verfolgt, was nur zu noch mehr Chaos und Lärm führte. Er gewöhnte sich jedoch bald an die Schlammbadroutine und seit diesen beiden Zwischenfällen verhielt er sich immer tadellos.

Lenana

Am Ende des Monats sorgte ein Löwenmännchen erneut für Aufregung, weil er ganz in der Nähe der Stallungen durch die Nacht brüllte und eines Abends direkt vor Angelas Vordertür lag, so dass ihn alle sehen konnten! Er erschreckte noch einmal Lenana, Chyulu und Makena, die ihn im Busch sahen und sofort in den Schutz ihrer Keeper rannten.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe

In Ithumba ist es mittlerweile zur Gewohnheit geworden, dass sich die älteren Elefanten an etwa 15 Tagen von den Jüngeren absetzen, und sie in der Obhut der Keeper und der jungen Leitkühe lassen um etwas weiter in den Busch zu ziehen. Sunyei und Galana sind nun in der Pflicht und werden unterstützt von Sidai, gelegentlich auch von Sian, Naserian und Lualeni. Den Rest des Monats haben die Großen dann mit den Kleinen verbracht, Momente, die die jüngeren Elefanten immer sehr genießen, ganz besonders die Lieblinge der Leitkühe Olmalo, Selengai, Kenze und Orok. Orok kam sogar in den Genuss von den Älteren eines Tages mitgenommen zu werden. Später trafen sich alle am Kalovoto-Fluss, der in diesem Monat der Lieblingsfressplatz war. Das Grass ist dort immer hoch und saftig und eine besondere Leckerei in den langen Monaten der Trockenzeit. Yatta hat sich in diesem Monat zweimal bereit erklärt bei den Jüngeren zu bleiben und überließ Mulika die Aufgabe die Älteren auf ihren langen Reisen anzuführen. Und am 22., als Kora den anderen hinterher hinkte, wurde seine Abwesenheit sofort von Yatta bemerkt, die umkehrte und ihn zurück zur Gruppe brachte. Yatta weiß auf unheimliche Art und Weise immer, wenn eines der Waisen nicht an seinem Platz ist – noch lange bevor die Keeper überhaupt bemerkt haben, dass eines fehlt. Mit 27 großen Dickhäutern durch das Dickicht zu ziehen ist keine leichte Aufgabe für die Keeper, und sie können nicht immer ein Auge auf jeden haben. Doch auf Yatta kann man sich stets verlassen. Wendi ist nach wie vor ein wenig unsicher, welcher Gruppe sie sich anschließen soll, so dass sie manchmal mit den Großen aufbricht und schließlich zu den Kleinen zurückkehrt um zu bleiben.

Oroko & Kinna in Ithumba

Am 6. waren die Jüngsten allein unterwegs und wurden prompt von einem flüchtenden Warzenschwein erschreckt, so dass sie in alle Himmelsrichtungen auseinander stoben. Die Keeper brauchten gute zwei Stunden um alle wieder zusammen zu trommeln.

Es ist bekannt, dass die Waisen in diesem Monat zweimal zu einem wilden Bullen Kontakt hatten: das erste Mal am 16. nach dem Schlammbad, als Yatta und Kinna auf ihn zugingen um sich vorzustellen und er sogleich wieder im Dickicht verschwand, weil er Menschen roch. Yatta und Kinna folgten ihm, kamen jedoch bald darauf zurück gerannt und verursachten Spannung im Rest der Gruppe. Entweder sahen sie etwas wie einen Löwen auf dem Weg oder der wilde Bulle war ihnen nicht besonders freundlich gesonnen! Am 19. traf die Gruppe erneut auf einen großen wilden Bullen, der die Jüngeren dermaßen einschüchterte, dass sie auf und davon rannten. Dieser Bulle war sehr neugierig auf Yatta und Kinna, die sich nicht von der Stelle rührten, wenngleich es ihnen nicht ganz einerlei war, als die Keeper sich schließlich auf die Suche nach den Jüngeren machten. Erst um 19 Uhr hatten sie die ganze Truppe wieder beisammen und kehrten zu den Stallungen zurück. Yatta, Kinna und die anderen älteren Elefanten folgten erst viel später gegen 22 Uhr.

Morgens gibt es nach wie vor Gerangel darum, wer an diesem Tag die Gruppe anführen soll. In diesem Monat waren die jungen Bullen Kora, Rapsu, Kamboyo und Ndomot an der Reihe und begleiteten für gewöhnlich eine der Nachwuchs-Leitkühe. Sogar Tomboi und Taita fanden sich in der Rolle der Anführer. Kamboyo trägt nach wie vor den Titel des „Takthalters“, der gewissenhaft den Gang zum Milchtrinken organisiert und genau weiß, wann die Zeit heran ist um abends nach hause zurück zu kehren. Kora versucht sich immer noch an seinem Trick, die anderen zu erschrecken, indem er plötzlich das Schlammbad verlässt und so tut, als ob irgendwo eine Gefahr lauert. Er war noch nie sehr darauf erpicht sich seine Füße nass zu machen! Die jungen Bullen sind wie eh und je mit ihren kleinen Ringkämpfen beschäftigt und versuchen ständig sich gegenseitig in Kräftemessen zu verwickeln. Besonders Challa, Kora, Rapsu und Buchuma folgen diesem Zeitvertreib. Auch Zurura ist kein Schwächling und dank seines Freundes Kamboyo eine gute Partie. Kora hatte sogar den Nerv die Leitkuh Yatta, wenngleich auch freundlich, herauszufordern. Zurura hat das Ganze gespannt verfolgt, und versuchte sich danach gleich an Wendi, die ihn sogleich haushoch schlug. Darauf hin wandte er sich an Challa, der ihn genauso zurechtwies! Freundschaften aus der Nursery halten nach wie vor an, besonders die von Kamboyo und Zurura und unter den Mini-Leitkühen, die schon seit der Nursery zusammen sind.

Am frühen Morgen des 26., als die Keeper gerade damit beschäftigt waren, den Jüngsten ihre Milch zu geben, bestanden Yatta und Mulika darauf zuerst aus den Stallungen gelassen zu werden und rüttelten an den Pfosten, die das Dach stützen um auf sich aufmerksam zu machen. Die Keeper mussten die Beine in die Hand nehmen um das Dach vor dem Einstürzen zu retten! Dann und wann sind die Älteren darauf erpicht, die Stallungen im Morgen zu verlassen – so wie dieses Mal.

Monatsbericht für die Voi-Gruppe

Der April begann fast täglich mit ein paar leichten Regenfällen und ermöglichte den Wildtieren somit das Grasen in viel größeren Gebieten innerhalb des Parks. Zuvor sammelten sie sich meistens an den Stellen, wo vorher schon Niederschläge gefallen waren. Wasser gab es reichlich im Süden des Parks, und natürliche Senken hatte der Regen ebenfalls aufgefüllt, so dass dieser Teil Tsavos für die Elefanten ein Paradies war – inklusive unserer Ex-Waisen, die mittlerweile als Mitglieder der wilden Elefantengemeinschaft umherziehen.

Sowohl Emilys als auch Natumis Gruppe sind in der ersten Monatshälfte weiter landeinwärts verschwunden. Beide Gruppen kehrten jedoch am 16., 17., 18. und 19. gemeinsam zu den Stallungen zurück; am 24. sogar in Begleitung von Uaso. Natumi hatte zu dieser Zeit seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit genossen, und er versuchte sein Bestes um sie zu besteigen. Sie wehrte sich vehement und verwickelte später auch Lolokwe und Mukwaju in freundliche Kräftemessen.

Aitong-´s Gruppe

Obwohl sich Natumis Gruppe oft mit der von Emily trifft, und beide Gruppen am 21. und am 30. gemeinsam grasend im Park gesichtet wurden, so gehen sie oft getrennte Wege. Am 30. wurde Emilys Gruppe in Begleitung von Natumis Trupp am Fuße des Hügels zwischen Lion Hill und der Voi Safari Lodge gesichtet; doch beide Gruppen trennten sich abends wieder.

Zebra-Waise “Serena“ begleitete Natumis Gruppe an einem Tag, als sie auf der Nordseite von Mazinga Hill grasten und schien sich sichtlich zu amüsieren als sie sich inmitten der Herde verstecken konnte, nachdem sie von einem Büffel verfolgt wurde. Später graste sie allein am Mazinga-Berg direkt vor den Verwaltungsgebäuden. Am 19. war schließlich ihr großer Tag, und sie schloss sich erstmals einer Gruppe von 6 Zebras an, die am weit entfernten Nordhang des Mazinga-Berges grasten. Ein wilder Hengst zeigte großes Interesse an ihr und jagte sie um die Keeper herum, die sich im Gebüsch versteckten, in dem Wissen, dass er vor ihnen scheuen würde. Serena blieb für etwa 10 Minuten bei der wilden Herde, doch als sie dachte, dass ihre Keeper sie allein gelassen hätten, rannte sie zurück zu den Stallungen. Der Weg wurde ihr von vier Geparden abgeschnitten, die sogleich die Verfolgung aufnahmen; doch es gelang ihr gerade noch rechtzeitig die Stallungen zu erreichen. Das war ziemlich knapp für Klein Serena!