Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Oktober 2006

Die Nursery-Waisen

Die Ankunft zweier winziger Babies war das größte Ereignis des Monats in der Nairobi-Nursery: der sechs Wochen alter Eli-Junge namens Shimba eingeflogen, dessen Mutter einen Tag nach ihrer Überführung aus dem Shimba Hills Nationalreservat nach Tsavo starb. Sie besaß nur noch einen kleinen Stumpf ihres Rüssels, nachdem der größte Teil früherdurch eine Drahtfalle abgetrennt wurde, und war nach diesem Trauma zu sehr geschwächt. Baby „Shimba“ hingegen war bei seiner Ankunft in der Aufzuchtgruppe in einer guten Verfassung und wächst und gedeiht seitdem. Er ist der Liebling aller jungen Eli-Mädchen in der Gruppe, ganz besonders von Loijuk – zumindest bis zur Ankunft von Lesanju, einem dreiwöchigen weiblichen Babys, das man in der trockenen Milgis Lugga an der nördlichen Grenze Kenias in einer Grube fand. Es wurde vom Bruder des kürzlich verstorbenen Warden gefunden und auf dessen Bitte hin nach ihm benannt. Traurigerweise haben die Samburu-Retter eine große Kerbe in das eine Ohr geschnitten und das andere fast zweigeteilt – man praktiziert dies normalerweise mit dem Vieh, um die Eigentümerschaft zu demonstrieren…

Laikipia & Salama

Zu jung um das Gefühl von Angst zu verstehen, folgte Lesanju bei ihrer Ankunft in der Aufzuchtgruppe vertrauensvoll den Keepern in die Stockades, wo man ihr Milch und Flüssigkeiten zur Rehydrierung gab. Trotz dem ernsthaften Schaden, der ihren Ohren zugefügt wurde, und den anfänglichen Bauchschmerzen, die meistens auftreten, wenn die Milch umgestellt wird, war sie in einer guten Verfassung, und seit sich ihre Verdauung stabilisiert hat, wächst und gedeiht sie. Sofort wurde sie zum Mittelpunkt aller Eli-Mädchen in der Nursery-Gruppe, sogar von Klein-Chyulu – bemerkenswert, dass bei Elefanten bereits in der frühen Kindheit ein solch starker Mutterinstinkt ausgeprägt ist und alle für das jüngste Mitglied der Familie sorgen möchten. Folglich waren alle zu „kleinen Müttern“ geworden – namentlich die neue Leitkuh, Sian, Loijuk (die vorher Shimba mit Aufmerksamkeit überhäufte), Makena (allem Anschein nach am kompetentesten für die Nachfolge von Sian, wenn diese einmal in eine andere Gruppe wechselt) und Baby Chyulu. Nur Lenana hielt sich noch zurück, denn sie leidet nach wie vor unter dem Verlust ihrer Elefantenfamilie und ist immer noch sehr vorsichtig gegenüber allen Menschen. Offensichtlich war sie Zeuge all der Gräueltaten, die ihrer Laikipia Population angetan wurden. Diese streift durch Gebiete, die mittlerweile von einer wachsenden menschlichen Bevölkerung stark eingegrenzt werden.

Lelanas Ankunft in der Aufzuchtgruppe fiel mit der Abreise von Kora und Lualeni nach Ithumba zusammen, und Kamboyo, der Kora anhimmelte, wurde an Koras Schlafplatz verlegt. Kamboyo scheint Lelana für Koras Verschwinden verantwortlich zu machen, und ist Lelana gegenüber ziemlich gehässig. Doch trotz dieser Schüchternheit gegenüber den Menschen und der Zurückweisung durch Kamboyo, beginnt Lenana seit ihrer Wurmkur zu wachsen. Die meisten der Waisen, die ihre Futterweiden mit dem domestizierten Vieh der Bauern teilen, erkranken an einer Übermenge von Magenparasiten und müssen entwurmt werden, bevor sie ihre ursprüngliche körperliche Verfassung wiedererlangen. Sie wird außerdem mehr und mehr in die Gruppe integriert. Besonders deutlich wurde dies am Monatsende, als sie bei der abendlichen Rückkehr außer Sichtweite war und alle anderen zu „Grummeln“ begannen. Sie antwortete und alle anderen der Gruppe eilten umgehend zu ihr.

Ein aufregendes und sehr erschreckendes Ereignis für die Nursery-Waisen und ihre Keeper war die Begegnung mit zwei Löwinnen. Eine Gruppe Paviane alarmierten sie lauthals, indem sie von Baum zu Baum sprangen und „bellten“.

Die Ithumba-Waisen

Ein Höhepunkt die Ankunft von Kora und Lualeni aus der Nairobi-Nursery Sie wurden sofort von Naserian, Sunyei, Wendi, Challa, Sidai und Buchuma erkannt, mit denen sie bereits in der Nursery zusammen waren. Lualeni war damals Naserians Liebling und Kora war einst Buchumas bester Freund. Kora hat sich sofort eingelebt, aber Lualeni fühlte sich für ein bis zwei Tage etwas verloren, vermutlich weil sie Makena vermisste und sich außerdem unterordnen musste. Die älteren Eli-Mädchen, vor allem Leitkuh Yatta sowie Nasalot, Mulika und Kinna haben sich sehr gefreut, zwei weitere Elefanten in ihrer Herde zu begrüßen. Kinna kümmerte sich besonders um Kora.

In diesem Monat gab es gelegentlich Regenfälle, und sie waren immer willkommen im heißen und trockenen Norden von Tsavo. Jeder Schauer brachte eine Abkühlung und bedeutete ein großes Vergnügen und viel Spaß, denn die Elefanten tollen und toben dann in jeder Pfütze und rollen sich im Schlamm. Anfänglich machte die Hitze besonders Kora und Lualeni zu schaffen, die daher mehr Zeit im Schlammbad verbrachten als die anderen. Außerdem hielten sie sich besonders oft in der Nähe der Keeper auf. Doch schon nach zwei Tagen wirkten sie jedoch wie „Alteingesessene“, immer begleitet von den gleichaltrigen Freunden aus der Nursery.

Sunyei trieb ihre üblichen Streiche, indem sie die anderen unnötig erschreckte. Dann hatten sie jedoch allen Grund zur Angst, denn sie trafen auf eine Gruppe Afrikanischer Wildhunde, die in der Gegend lebten. Sie erschienen bei den Stockades, um zu trinken, und als sie wieder gingen, verursachten Angst und Verwirrung. Lualeni, Kora, Challa, Naserian, Wendi, Rapsu und Madiba flohen in die sicheren Stockades, während Mulika und der Rest in die entgegengesetzte Richtung rannten. Nur Leitkuh Yatta und die Keeper blieben stehen, um sich den Eindringlingen zu stellen, und sie dann erfolgreich zu verjagen. Yatta wie auch einige der Keeper rannten sofort zurück in die Stockades, um die Kleinsten zusammen zu treiben. Die anderen Keeper machten sich auf die Suche nach Mulika und ihrer Gruppe. Bald waren alle wieder glücklich vereint, wenn sie auch noch für eine ganze Weile nervös blieben.

Die Wildhunde tauchten noch einmal auf, um zu trinken, allerdings waren die Waisen zu dieser Zeit bereits in ihren Nachtlagern. Dennoch wurde die Anwesenheit der Hunde sofort bemerkt von Nasalot, Orok, Ndomot und Wendi. Nasalot stieß ein schrilles Trompeten aus und jagte die Hunde davon. Die Gruppe leidet wahrscheinlich immer noch an Spätfolgen des traumatischen Erlebnisses mit enem tollwütigen Hund vor einigen Jahren.

Burra

An einem anderen Tag war es ein Leopard, der Yatta und Nasalot alarmierte, als er zum Trinken an die Stockades kam. Auch er wurde mit einem gellenden Trompeten davon gejagt. Der Regen im Norden brachte einen grünen Guss, und so konnten sich die Ithumba-Waisen genüsslich satt fressen. Zwischenzeitlich vergnügten sie sich an Schlammbädern in den natürlichen Suhlen des Busches und hatten einfach Spaß.

Napasha hat seine Kraft mit Yatta, Nasalot und Kinna messen wollen – jedoch ohne Erfolg. Wie immer haben die kleinen Bullen viel Zeit damit verbracht sich gegenseitig herauszufordern und miteinander zu ringen. Tomboi hat sich selbst bei Kinna und den Keepern unbeliebt gemacht, weil er Kora angriff.

Orok hängt nach wie vor an Naserian, während Ol Malo immer noch Yattas Liebling ist, und Selengai bleibt Mulikas Favoritin. Die Keeper fragen sich, ob Kinna sich auch Kora annehmen wird, weil sie ihm den ganzen Monat über viel Aufmerksamkeit schenkte.

Die Voi-Waisen

Es gab nur leichte und sehr unregelmäßige Regenschauer in diesem Monat, so dass die Dürre immer noch nicht vorüber ist. Zumindest hat der wenige Regen gereicht, um einen grünen Teppich auszurollen, an dem sich alle vergnügten. Emily hat die Waisen in diesem Monat drei Mal besucht, einmal brachte sie auch Ilingwezi und Uaso mit. Emily und Ilingwezi machten sich dann bald wieder auf den Weg, doch Uaso blieb, um die Jüngsten zu unterhalten, was er großherzig tat. Uaso wurde zum heiß geliebten Favoriten, alle jungen Bullen wollten ihm so nah wie möglich sein und himmelten ihn an. Nur Edie, die er sich für seine „Paarungsübungen“ ausgesucht hatte, hielt von diesen sexuellen Annäherungsversuchen überhaupt nichts.

Emily und Ilingwezi kamen noch einmal zu den Stockades, um zu trinken, und begaben sich dann in Richtung Voi River. Für den Rest des Monats hielten sie sich offensichtlich an anderen Orten auf.

Es war sehr erfreulich, Mpenzi wieder zu sehen – zum ersten Mal, seit ihr Baby von Löwen ganz in der Nähe der Lodge getötet wurde. Sie kehrte zurück mit Lissa und deren zwei in der Wildnis geborenen Kälbern und machte einen glücklichen und entspannten Eindruck. Lissas kleine Familie hat ihr über den Verlust offenbar gut hinweg geholfen. Wir beten, dass sie bei der nächsten Geburt in Lissas Nähe bleibt, so dass das Neugeborene den Schutz von anderen Elefanten hat. Lissa, ihre Familie, Mpenzi und zwei große wilde Bullen besuchten die Waisen noch einmal und begleiteten sie am Abend zurück zu den Stockades. Die beiden Bullen zogen sich dann zurück. Während Uaso mit den Jüngsten im Schlammbad tollte, spielten die anderen mit Lissas beiden Babies, die sie bereits sehr gut kannten. Uaso blieb bei den Waisen, als sich Lissa mit ihrer Familie verabschiedete. Als schließlich auch er sich davon machte, nahm er Sosian mit hinauf auf den Mazinga-Hügel, wo auch Lissa und ihre Familie fraßen. Sosian kam an diesem Tag sehr spät – um 8 Uhr abends – zurück, lange nachdem sich alle anderen bereits zur Nachtruhe begeben hatten.

Mweiga, der es viel besser geht, schafft es mittlerweile aus eigener Kraft mit den anderen bis auf den Mazinga-Hügel. Sie hält jetzt mit den anderen Schritt, wobei sie wilde Spielereien noch vermeidet. Sie rollt sich sogar im Schlamm umher, was sie sich vorher nie traute.

Unsere Elefanten trafen auf zwei große Kühe mit einem Kalb und drei Teenagern, und keine Geringere als Mweiga, begleitet von Laikipia, nahm Kontakt zu den Fremden auf, während sich die anderen im Hintergrund hielten. Als das Eis gebrochen war, stimmten die anderen mit ein, und die wilde Kuh tat ihnen einen großen Gefallen, indem sie sich in das Schlammloch legte, mit Mweiga und Laikipia in der Mitte. Solango unterhielt in der Zwischenzeit ihr Kalb. Laikipia forderte wenig später einer der Teenager heraus, doch Burra ging dazwischen und unterbrach das Spiel.

Einmal machten die Voi-Waisen Bekanntschaft mit einer großen Kuh, die sehr besitzergreifend ihrem kleinen Kalb gegenüber war und den Waisen nicht erlaubte, sich ihm zu nähern. Jedoch hatte sie auch einen halbwüchsigen Bullen bei sich, der aufgeschlossener war und sich hinlegte, so dass Morani und Thoma sich daneben platzieren konnten und ihre Köpfe auf seinem Bauch ausruhten.

Einmal brach ein wilder Bulle durch den elektrischen Zaun und gelangte in das Camp mit den Unterkünften der Angestellten. Der Zaun wurde herabgelassen, und man holte die Waisen hinzu, die ihn hinausgeleiteten, ohne dass er in Panik versetzt wurde. Jedoch war er zurück, noch bevor der Zaun repariert und der Strom wieder fließen konnte. Dieselbe Taktik wurde noch einmal angewendet und schien wirksam zu sein.

Da die kleinen Regenschauer dennoch für ein bisschen Grünfutter sorgten und auch einige kleine Wasserlöcher füllten, war es für die Voi-Gruppe ein glücklicher, geruhsamer und verspielter Monat, denn sie mussten nicht allzu weit laufen um ihre Bäuche zu füllen. Der Mazinga-Hügel scheint ihr Lieblingsplätzchen zu sein; Mukwaju ist der beste Bergsteiger, immer eifrig bemüht, den Aufstieg anzuführen. Laikipia und Burra führen die Gruppe meistens nach Hause, wobei sich Solango im Kampf um diese begehrte Aufgabe inzwischen als Herausforderer stellt.