Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im August 2005

Die Ithumba-Waisen

Diesen Monat passierte etwas sehr Ungewöhnliches, das uns alle in Erstaunen versetzte.

Sunyei, Ol Malo und Wendi durften die anderen Waisen morgens zu ihrem Futterplatz führen. Yatta, die Matriarchin, die ganz hinten war, stürmte plötzlich nach vorne und versperrte den drei jungen Elefanten den Weg, trompetete laut und schubste sie zurück. So hatte Yatta sich noch nie benommen, sie ist immer sehr freundlich und fürsorglich zu den jungen Waisen. Als die erstaunten Keeper nachsahen, trauten sie ihren Augen kaum, als sie eine große Puffotter mitten auf dem Weg liegen sahen, aufgerollt, aggressiv und bereit zuzuschlagen. Es ist uns ein totales Rätsel, wie Yatta von dieser tödlichen Gefahr wissen konnte, wo sie weder etwas hören noch sehen konnte. Roch sie die Gefahr? Wir werden es nie genau wissen, aber dies zeigt uns einmal wieder die erstaunlichen Fähigkeiten der Elefanten und ihr vermutlich genetisches Gedächtnis.

Folgendes Ereignis zeigt auch, wie Elefanten füreinander sorgen. Taitas linkes Bein war zwischen zwei Zweigen eingeklemmt, deren Stacheln in seine Haut stachen. Seine Schreie alarmierten die Keeper und alle Elefanten. Diese beobachteten interessiert, wie die Keeper Taitas Bein befreiten. Während die Keeper die Wunden versorgten, umringten die vier älteren, weiblichen Elefanten Yatta, Mulika, Nasalot und Kinna das zitternde Kalb, grummelten freundlich und berührten es mit den Rüsseln, um es zu beruhigen und in Sicherheit zu wiegen. Nachdem Taita sich von dem Schreck erholt hatte, durfte er ausnahmsweise die Gruppe zu den Nachtgehegen leiten. Das dürfen sonst nämlich nur die jüngeren Weibchen wie Wendi oder Sunyei.

Der „Winter“ in Tsavo war sehr kühl, so dass am Schlammbad nicht viel los war.

Plötzlich wurde es aber wieder sehr heiß. Madiba fand das sehr unangenehm und pumpte Wasser aus ihrem Magen herauf, um sich damit abzukühlen. Elefanten haben keine Schweißdrüsen und können nicht schwitzen. Sie führen ihren Rüssel die Kehle hinunter, um das Wasser aufzusaugen und sich dann zu bespritzen. Zum ersten Mal wurde das von David Sheldrick beobachtet. Wir haben zum ersten Mal gesehen, dass einer unserer Elefanten das gemacht hat.

Mitte des Monats besuchte ein wilder Elefant in der Dämmerung unsere Waisen. Er stand nur ein paar Schritte vom Elektrozaun entfernt. Die Waisen hoben ihre Rüssel und grummelten eine Begrüßung, die er beantwortete.

Aber als er die Stimmen der Keeper hörte, ging er weg, nahm allerdings noch einen kräftigen Schluck Wasser aus der Tränke. Am nächsten Morgen wollte Yatta die Waisen auf seine Spur führen, aber sie hatte keinen Erfolg und gab auf.

Sunyei und Wendi zeigen nach wie vor matriarchalisches Verhalten gegenüber den jüngeren Elefanten. Die Nursery-Freundschaft der Neuankömmlinge hält immer noch an und die mit ihren Vorgängern wurde wieder erneuert.

Aber Yatta, Mulika und Nasalot, die die Neuen gar nicht kannten, betreuten sie sofort mütterlich wie die anderen auch. Yatta ist die Hauptmatriarchin, Wendi und Sunyei sind `Junior-Matriarchinnen` und übernehmen oft die Führung zum Schlammbad oder zum Futterplatz.

Tomboi und Taita sind beste Freunde, kabbeln sich aber auch gerne, vor allem um leckere Zweige.

Wann immer die kleinen, neuen Elefanten sich vor anderen wilden Tieren fürchten oder erschrecken, kommen sofort die älteren zu Hilfe. Die kleinen Sunyei, Ndomot, Galana und Madiba haben sehr viel gelernt diesen Monat und fühlen sich pudelwohl.

Die Nursery-Elefanten

Für die fünf Nursery-Waisen war es ein schöner Monat. Naserian festigte ihre Führungsrolle und bemuttert Lualeni und Kora. Sie ist für ihr Alter eine sehr verantwortungsbewusste Matriarchin geworden. Sie war damals selbst traumatisiert und „halb ertrunken“ zu uns gekommen.

Der `Bad Boy` unserer Nursery-Gruppe ist nach wie vor Buchuma, ein sehr kämpferischer kleiner Elefant, der seine Sparringspartner Ndomot und Madiba vermisst. Er will unbedingt Dominanz zeigen und hat es jetzt auf den armen Rapsu abgesehen. Rapsu ist zwar älter und hat auch schon kleine Zähne, aber er ist sehr friedliebend und anhänglich. Er liebt es, an den Händen der Keeper zu nuckeln. Das macht Buchuma eifersüchtig. Naserian weiß, dass Rapsu sich selbst helfen kann. Wenn Buchuma allerdings Lualeni oder Kora ärgert, greift sie sofort ein. Zu den Besuchern hingegen ist Buchuma ausgesprochen nett und freundlich.

Koras Kiefer ist so gut wie verheilt. Er ist pflegeleicht, verspielt und hat zugenommen. Die großen Schmerzen, die er so lange aushalten musste, sind schon fast vergessen.

Es ist schön zu sehen, wie verspielt und glücklich Lualeni geworden ist, ebenso der kleine Rapsu.

Alle Waisen haben einen Leidensweg hinter sich und sind zu fröhlichen Elefanten geworden. Es ist eine große Freude für uns, ihre psychischen und physischen Wunden zu heilen.

Die Waisen in Voi

Emily, Aitong und Sweet Sally sind sehr oft zum Gatter gekommen, haben morgens die Waisen eskortiert oder sind später zu ihnen gestoßen. Aitongs Brüste runden sich, d.h. ihre Schwangerschaft ist weit fortgeschritten. Die Drei haben auch wieder zugenommen.

Eines Tages begleiteten Aitong und Sally Mweya und Sosian auf dem Weg nach Hause, sie wachen nach wie vor über Mweiga.

Bei einem weiteren Treffen im Busch war Sosian so vertieft in einen schmackhaften Busch, dass er den Aufbruch verpasste und zurückblieb. Auf sein Schreien hin kamen Aitong und Sally sofort, um ihn zu holen. Sie trafen fröhlich mit den Rüsseln schwenkend bei den Stockades ein.

Eines Abends ließen alle wie in stiller Übereinkunft Mweiga die Waisen nach Hause führen. Alle trotteten hinter der langsamen Mweiga her, obwohl sie es doch sonst immer so eilig haben, zu ihren Milchflaschen zu kommen und Mweiga zurücklassen, natürlich immer beschützt von Mweya und Sosian.

Es ist immer wieder wunderschön für uns zu sehen, wie herzlich Emily, Aitong und Sally von den Waisen begrüßt werden, mit Rüsselberühren und Trompeten und die Kleinen wuseln um Emily herum.

An einem sehr kalten Tag am Schlammloch prüften alle nur ganz vorsichtig die Wassertemperatur, nur Loisaba nahm einen ordentlichen Rüssel voll und bespritzte alle anderen, die sich tüchtig erschraken.

Zur Zeit ist es sehr, sehr trocken, und die Futtersuche ist schwierig. Mweiga, Emily, Aitong und Sally bekommen eine Zusatznahrung aus Kokosnuss, Copra, Molasse und anderem, damit sie in guter Verfassung bleiben.

Mweiga geht meistens erst ins Schlammbad, wenn die Anderen fertig sind, damit sie ihre Ruhe hat und nicht geschubst wird. Mweya und Sosian sind nie weit weg von ihr und beobachten sie ständig. Mweiga stieg diesen Monat sogar mit auf den Mazinga-Hill, hatte auch Spaß am Kriegen-Spielen, ein Beweis, dass es ihr besser geht.

In Emilys Abwesenheit ist Natumi die Matriarchin der Waisen, aber sobald Emily da ist, gibt sie freudig diesen Job wieder an Emily ab.

Auch wenn Emily, Aitong und Sally nicht mehr unter der Obhut der Keeper leben, sind sie doch Teil der Familie.