Der Tod von Olkeju

In den vergangenen Jahren ist es immer wieder vorgekommen, dass einer unserer Schützlinge gestorben ist, und jeder Einzelne war ein großer Verlust. Wir erinnern uns an jedes Baby, und da die Elefanten uns Menschen in so vielen Dingen ähnlich sind, vor allem im Verhalten und in der Altersstruktur, haben wir besonders mitgefühlt, wenn wieder ein Elefantenbaby seine geliebte Mutter und seine Familie verloren hat. Viele sind an gebrochenem Herzen gestorben, sie haben einfach ihren Lebenswillen verloren. Andere wiederum wurden Opfer einer Lungenentzündung, einer Infektion mit Rotaviren oder Parasiten, die von illegal weidenden Rinderherden in den Park eingeschleppt wurden. In Jahren der Dürre fielen einige Elefantenbabys in Wasserlöcher, die von Menschen in ausgetrockneten Flussbetten gegraben wurden, um ihre Rinder zu tränken. Manche verstarben, ohne dass wir die Ursache jemals herausfinden konnten. Der Tod des kleinen Olkeju jedoch kam völlig überraschend. Am Abend des 18. Juli war er so hungrig, dass er zu seinem Stall rannte und die Milch gierig hinunterschlang – weil er so hastig trank, lief die Milch in seine Luftröhre und direkt in seine Lunge. Er starb nur eine halbe Stunde später in den Armen seines Lieblingskeepers und gleichzeitig einem unserer besten und erfahrensten Mitarbeiter.

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Olkeju ist das Baby, dessen Mutter einen furchtbaren Tod auf der Mugie Ranch in Laikipia in Nordkenia starb. Sie hatte einen großen, chronischen Abszess an ihrer Flanke, der am Ende wohl eine tödliche Blutvergiftung verursachte. Der Rest der Elefantenfamilie versuchte den kleinen Olkeju so gut wie möglich durchzubringen, aber es gab eines, das sie ihm nicht geben konnten: genug Milch. Zwei Wochen blieb er noch in seiner Herde, doch er wurde zusehends schwächer bis er schließlich zusammenbrach und von Soldaten der Britischen Armee (besser bekannt als „Johnnies“) gerettet wurden, die zur gleichen Zeit ein Trainingslager auf der Ranch durchführten.

Er kam halbtot vor Hunger in Nursery an und hatte schon vor dem Flug nach Nairobi eine Infusion in seine Ohrvene gelegt bekommen. Wir wagten kaum zu hoffen, dass er die Nacht überleben würde, doch er schaffte es. Umso glücklicher waren wir, als er schließlich langsam an Gewicht und Größe zulegte und mit jedem Tag an Kraft gewann.

Daphne und Angela hatten die Nursery-Babys nur wenige Stunden vorher glücklich und gut erholt zurückgelassen. So erwischte es alle eiskalt, als sie hörten, dass der kleine Olkeju sich beim Trinken seiner Milch verschluckt hatte. Nachdem er so hastig getrunken hatte, lief ihm die Milch aus dem Rüssel, dem Mund und den Augen und er starb, noch bevor Chef-Keeper Edwin ihm helfen konnte. Es war uns ein Rätsel, was ein gesundes Kälbchen so schnell umbringen konnte. Der Tierarzt kam und führte eine Autopsie durch. Er vermutete eine Infektion mit Klebsiellen, Bakterien, die schlimme Lungenentzündungen verursachen können. Doch Olkejus Lungen waren in perfektem Zustand – AUSGENOMMEN der Milch. Unser kleiner Olkeju war an seiner Milch erstickt. Dass es so simpel war, machte die Sache nur noch tragischer.

Elefantenbabies sind sehr zerbrechlich, das haben wir schon immer gewusst. Aber der kleine Olkeju hat uns gezeigt, wie zerbrechlich und anfällig sie wirklich sind, wenn sie ihre Elefantenmutter verloren haben. Von jetzt an, wenn die Babies an ihre Flaschen stürmen, werden sie zuerst beruhigt, bevor sie ihre Milch trinken dürfen. Die Öffnung am Sauger wird für die jüngeren Elefanten kleiner gemacht, so dass sie langsamer trinken müssen. Wir lernen nie aus, und mit jedem neuen Baby erhalten wir eine neue Lektion. Olkejus Lektion war außergewöhnlich schmerzhaft, weil dieser Unfall hätte vermieden werden können. Olkeju sollte das kritische Alter von drei Jahren erreichen, und dann sollte er zehn werden – es sah ganz so aus, als ob er es schaffen könnte. Die Kraft war in seine Beine zurückgekehrt, seine Augen waren hell und klar, und er war ein verspielter und liebenswürdiger kleiner Elefant inmitten der Junior-Gruppe in der Nursery – noch 30 Minuten vor seinem letzten Atemzug. Für diejenigen, die ihm nahestanden kann es nichts Schlimmeres geben.

Während wir um diesen kleinen, tapferen Elefanten trauern, der nicht auf so tragische Weise sterben hätte sollen, hoffen wir, dass er jetzt wieder bei seiner Mutter sein kann – irgendwo, wo es keinen irdischen Schmerz mehr gibt. Und den gibt es für die Elefanten auf unserer Erde momentan genug: zunehmende Wilderei, Verhungern und Verdursten aufgrund der Dürre und Menschen, die sich sorgen sollten – es aber meistens nicht tun.