Lenanas Baby Lapa

(übersetzt aus dem englischen Original; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)

Vor 14 Jahren wurden die Helfer des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) zur Rettung eines kleinen Elefantenkalbs am Fuße des Mount Kenya, des höchsten Berg Kenias gerufen. Die Mutter von Lenana, wie das kleine Kalb später genannt wurde, war seit Wochen schon krank gewesen und schließlich gestorben. Obwohl Lenana damals noch ein Baby war, blieb sie bis ans Ende tapfer an der Seite ihrer Mutter.

Trotz dieses schweren Schicksalsschlags wurde aus der kleinen Lenana ein bemerkenswerter und liebevoller Elefant. Sie kümmerte sich rührend um die anderen Waisen, erst im Waisenhaus in Nairobi, dann in der Auswilderungsstation in Ithumba. Nach ihrer Auswilderung wurde sie zu einem der Kindermädchen für die wildgeborenen Babys ihrer Ex-Waisen-Kolleginnen. So lernte sie alles nötige, um selbst einmal Mutter zu werden. Im August war es dann soweit, und die Keeper in Ithumba konnten freudig verkünden, dass Lenana nun einen neuen Abschnitt in ihrem Leben begonnen hat – und nun selbst ein kleines Kalb hat!

 

Am 24. August, gerade als in Ithumba die Sonne hinter dem Horizont zu versinken begann und die Waisen für die Nacht zurück in ihre Gehege gingen, kam eine Gruppe von Ex-Waisen die Anhöhe zur Auswilderungsstation herauf. Lenana ging ganz vorne und hatte einige treue Begleiterinnen im Schlepptau. Als sie näherkamen, konnte man ein kleines Bündel zwischen Lenanas Beinen herumwuseln sehen – und den Keepern wurde klar, dass Lenana offenbar kurz zuvor ihr erstes Baby zur Welt gebracht hatte! Nun kam sie mit dem Mini-Bullen zu den Stallungen, um ihn vorzuzeigen.

 

Die Keeper nannten den aufgeweckten kleinen Burschen Lapa, was in der Sprache der Samburu „Mond“ bedeutet, denn er tauchte mit seiner Mutter und ihrer Herde gerade zum Mondaufgang an der Auswilderungsstation auf. Jetzt zahlt es sich aus, dass Lenana in den letzten Jahren fleißig Kindermädchen gespielt hat. Viele der anderen Babys der Ex-Waisen – allen voran Sunyeis Tochter Siku und Kinnas Tochter Kama – können es kaum erwarten, ältere Spielkameraden des neuen Babys zu werden!

In Lapas erster Woche erlebte er schon einiges, und da nun wieder Trockenzeit ist und die Ex-Waisen daher in der Nähe der Auswilderungsstation bleiben, bekommen die Keeper alles aus erster Hand mit! Obwohl er noch ein Winzling ist, lässt er sich schon von den inzwischen dreijährigen Siku und Kama nichts sagen! Die beiden lassen ihm aber einiges durchgehen, wie es sich für gute Kindermädchen gehört. Kinna dagegen ist nicht ganz so nachsichtig; als Lapa einmal etwas zu forsch mit ihrer Tochter Kama umging, verpasste sie ihm prompt einen warnenden Tritt! Makena, die zusammen mit Lenana im Waisenhaus aufgewachsen und im Jahr 2008 nach Ithumba umgezogen ist, kümmert sich ebenfalls gut um Lapa. Auch bei ihr wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis sie selbst ein kleines Kalb bekommt, und so kann sie jetzt schon einmal prima üben.

 

Auf den kleinen Lapa aufzupassen ist allerdings nichts für schwache Nerven. Obwohl er sehr an seiner Mama hängt, hat er doch seinen eigenen Kopf! Eines Abends an den Stallungen ließ er sich nicht davon abbringen, in eine der Tränken zu krabbeln, und als er es schließlich geschafft hatte, purzelte er komplett hinein! Die Kindermädchen, die um ihn herum standen, verfielen sofort in Panik. Chef-Keeper Benjamin stand bereit, um einzugreifen, falls das notwendig werden sollte; er ist inzwischen ein echter Experte, wenn es darum geht, wasserliebende Kälber von Ex-Waisen aus der Tränke zu befreien! Auch wenn das Wasser darin nicht so tief ist, dass die Kleinen wirklich in Gefahr wären, ist es doch eine echte Stress-Situation für alle Beteiligten. Als Galanas Baby Gawa einmal hineinfiel, kam ihr eine erfahrene wilde Kuh zu Hilfe; und Nasalots kleiner Rabauke Nusu, der mit Vorliebe kopfüber hinein springt, musste schon etliche Male von Benjamin wieder heraus gehievt werden. Lenana allerdings blieb ganz ruhig und zog ihren Lapa einfach mit dem Rüssel wieder heraus.

 

Für eine Elefantenkuh ist es ein großer Schritt, Mutter zu werden – erst recht für diese ehemaligen Waisen, die selbst Glück hatten, überhaupt noch am Leben zu sein, nachdem sie ihre Familien verloren hatten. Es ist den jahrelangen Bemühungen der Keeper zu verdanken, dass sie nun wieder ihren Platz in der Wildnis gefunden haben. Der Höhepunkt ihres Lebens ist es nun, eigene Kälber zu haben, und es zeigt, dass sie endgültig in der freien Wildnis angekommen sind. Es ist erstaunlich, wie mühelos Lenana nun in ihre Mutterrolle geschlüpft ist, obwohl sie selbst nie die Erfahrung gemacht hat, inmitten einer richtigen wilden Elefantenherde aufzuwachsen.

Ihr Kalb Lapa wird diese Erfahrung nun machen können, und er hat das Glück, eine wunderbare, liebevolle Mutter und treusorgende Herdenmitglieder zu haben, die sich um ihn kümmern. Und auch die ehemalige menschliche Familie Lenanas wird weiterhin alles dafür geben, dass es ihnen gut geht und sie unter bestem Schutz in der Wildnis leben können. Lapa ist das insgesamt 37. Kalb der Ex-Waisen, die von den Keepern des SWT aufgezogen wurden, und jedes von ihnen ist ein kleines Wunder und ein Beweis dafür, wie wichtig und erfolgreich dieses Projekt ist, das nun schon Generationen von Elefanten in Kenia umfasst.