Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im November

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe

Die Nursery musste in diesem Monat drei Todesfälle verkraften, am 4. November starb die kleine Mara, am 13. Klein Pesi und am 30. November Baby Sala. Alle drei waren sie liebenswerte Elefanten und uns schon sehr ans Herz gewachsen. Pesi war immer besonders beliebt in der Baby-Gruppe, also bei Tano, Shukuru, Mutara und Chaffa, während Mara und Sala schon von Anfang an zerbrechlich waren, sich nie richtig erholt haben und immer ein wenig extra Aufmerksamkeit brauchten.

Nchan enjoying a dust bath

Die Erkrankung von Pesi und Sala verlief ähnlich, anfangs hatten sie ein wenig Blut im Stuhl, der ansonsten jedoch von guter Konsistenz war. Einer der Hinterläufe war verformt und deutete auf einen Mineralstoffmangel hin. Über Nacht wurden sie auf einmal schwach, so schwach, dass sie nur wenig später verstarben. Der Tod von beiden traf uns völlig unerwartet, denn bis zum Tag als sie plötzlich nicht mehr aufstehen wollten, hatten sie gut gefressen und machten einen stabilen Eindruck. Beide wurden behandelt, nachdem wir Blut im Stuhl gefunden hatten und so bestand kein Grund zur Annahme, dass sie sich ihr Zustand so schnell verschlechtern würde. Kurz vor ihrem Tod haben sie noch eine Infusion erhalten, die allerdings nur kurzfristig für Besserung sorgte. Die winzige Mara starb an der gefürchteten Lungenentzündung. Von einem Tag auf dem anderen atmete sie schwer, und als ihr schließlich zähflüssiges Sekret aus dem Rüssel lief, war uns klar, dass sie verloren war. Sie starb innerhalb nur einer Stunde und wurde im Wald begraben. Die Körper von Pesi und Sala wurden zur Obduktion in die Pathologie gebracht.

Diese kleinen Elefantenbabys haben uns viel bedeutet, aber noch mehr ihren gleichaltrigen Artgenossen. Die vermissen ihre Freunde schmerzlich und warteten noch tagelang vor dem Stall darauf, dass sie morgens wieder herauskamen. Die Autopsie von Pesi ergab keine eindeutige Todesursache, alle lebenswichtigen Organe inklusive dem Darmtrakt waren intakt. Salas Körper wurde ins veterinärmedizinische Labor nach Kabete gebracht, und bisher liegen uns noch keine Ergebnisse vor. Allerdings würde es uns nicht überraschen, wenn das Ergebnis ebenso nichtssagend ausfiele. Wir können nur Vermutungen anstellen, zum Beispiel, dass es den Babys in dieser schweren Jahreszeit an lebenswichtigen Nährstoffen mangelte. Zum ersten mal in der Geschichte der Nursery sind in diesem Jahr mehr Waisen gestorben als wir retten konnten. Die Symptome, die Pesi und Sala zeigten, sind uns in den letzten 50 Jahren noch nie begegnet, und vor allem das merkwürdige Fußproblem wirft große Rätsel auf.

In der Zwischenzeit macht uns auch Shaba Sorgen, der schon den ganzen Monat schwächelte, obwohl er gut fraß und normalen Kot absetzte.

Turkwel hatte kurzzeitig  Blut im Stuhl, allerdings besserte sich ihr Zustand schnell wieder. Dennoch ist auch sie ein wenig schwach. (Es war interessant, von den Voi-Keepern zu hören, dass auch Emilys Baby, die kleine Eve, die aufgrund der Dürre im letzten Monat von ihrer Mutter in die Stallungen gebracht wurde, auch schwarzen Stuhl absetzte. Da wir so etwas noch nie vorher erlebt haben, besteht also durchaus der Verdacht, dass es sich um eine Krankheit handelt, die durch die Dürre begünstigt oder sogar hervorgerufen wird.)

Ganz früh am Morgen des 4. November begann für Kenia und Shira die lange Reise ins Voi-Auswilderungszentrum. Naimina, Enasoit und Meibai sollten nach Ithumba gebracht werden, da sie Lesanjus Gruppe ohnehin nicht kannten, so wie Kenia und Shira. Das Verladen der fünf halbwüchsigen Elefanten verlief außergewöhnlich reibungslos. Aber schließlich hatten sie sich schon zwei Monate an die Trucks mit der Laderampe gewöhnen können. Die Abfahrt sollte mit den ersten Regenfällen in Tsavo stattfinden. Elefanten haben bekanntlich mysteriöse Fähigkeiten der Wahrnehmung, die wir uns nur als telepathische Kräfte erklären können. Auch dieses Mal schien den Abreisenden klar zu sein, was ansteht und sie schenkten ihren jüngeren Freunden in der Nursery an diesem letzten Tag alle Aufmerksamkeit. Kenia klopfte bei jedem Einzelnen mit ihrem Kopf an die Stalltür bis der jeweilige Keeper dahinter sie öffnete. Sie und Shira traten ein, kollerten und liebkosten jeden einzelnen Elefantenwaisen, und auch im Busch waren sie an diesem letzten Tag extrem aufmerksam gegenüber allen, die zurückbleiben würden.

Es ist interessant, dass alle Elefanten genau zu wissen scheinen, in welchem Stall die anderen schlafen. Noch beeindruckender, dass sie verstanden haben, dass ihnen die Tür geöffnet wird, wenn sie anklopfen!

So kann man auch verstehen, dass eine Umordnung der Schlafplätze jedes Mal Chaos verursacht. Die Übliche Verwirrung steht allerdings in keinem Verhältnis zu dem Riesenaufstand, den Sabachi veranstaltete, als er in Shiras Nachtlager umziehen sollte. Er bellte die ganze Nacht und stellte alles auf den Kopf, versuchte, über die Tür hinaus zu steigen und trat mit seinem Hinterbein sogar nach den Keepern. So tat in dieser Nacht keiner auch nur ein Auge zu! Letzten Endes mussten wir kapitulieren und verlegten ihn und Olare zurück dorthin, wo sie vorher waren und glücklicherweise kehrte dann endlich Ruhe ein!

Wir freuen uns über die Fortschritte unseres heißgeliebten Kilaguni, dessen Anus nach einer Bißwunde von einer Hyäne durch Narbengewebe so sehr eingeengt war, dass er kaum Kot absetzen konnte. Nachdem seiner Milch in diesem Monat Molasse zugesetzt wurde, brauchte er nicht einmal mehr die Hilfe der Keeper. Er und Kibo sind beste Freunde und spielen fast jeden Tagen zusammen. Kibo, der noch vor einigen Monaten dem Tod näher war als dem Leben, ist inzwischen ein gesundes und starkes kleines Elefantenbaby. Kilaguni ist sehr freundlich und liebevoll, ein großer Liebling aller in der Nairobi-Nursery. Wenn es um Kibo geht, erwacht sein Beschützerinstinkt, und wann immer Sabachi versucht, ihn zu ärgern, ist Kilaguni sofort zur Stelle um ihm zu helfen.

Wir hatten erwartet, dass Dida nach Kenias Abreise die Rolle der Mini-Leitkuh übernehmen würde. Stattdessen wetteifern Ndii und Olare um diese Rolle. Dida hingegen scheint uninteressiert und bleibt entspannt! Die Gruppe der Älteren besteht aus Melia, Mawenzi, Olare, Kilaguni, Chaimu, Kalama, Kimana und Ndii. Aber auch Kibo und Sibachi, die eigentlich zu Sugutas Gruppe gehören, sind oft mit von der Partie. Die Gruppe der Jüngeren unter Suguta besteht aus Kibo, Sabachi, Nchan, Turkwel, Tumaren, Kudup und Bhaawa. Melia und Mawenzi sind die besten Freunde und Melia ist glücklich, dass sie Mawenzi -« bemuttern -» darf. Diese saugt mit der größten Freude stundenlang an Melias Ohren. Die Baby-Gruppe, angeführt von Tano, besteht aus Mutara, Shukuru, Shaba und Chaffa, manchmal auch Bhaawa und Turkwel. Wenn das Wetter zu kalt oder zu nass ist, bleiben die beiden Älteren, die noch sehr schwach sind, besser bei den Kleinsten.

Chaffa und Mutara streiten sich oft um die Milch und die von Decken behängten Trinkplätze. Chaffa ist sehr gierig und will von ihrer Milch um Himmels willen nichts abgeben, es scheint als will sie mit aller Macht verhindern, jemals wieder zu hungern. Mutara, Shaba und Tano vertragen sich sehr gut, und Mutara bemüht sich besonders um Klein Shukuru.

Chaimu having her ear tugged at by kilaguni

 

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe

Am 4. November fiel der erste Regen in Ithumba, genau dann als Enasoit, Meibai und Naimina aus der Nairobi-Nursery umgesiedelt wurden. Meibai, der alleine in einem Truck verladen war, flüchtete sofort nach dem Ausladen und es dauerte eine ganze Weile, bis die Keeper ihn zum Bleiben überreden konnten. Kurze Zeit später kam auch die Junior-Gruppe (unter Naserian) und bot den Neuankömmlingen ein überschwengliches Wilkommen. Überall wurde gekollert, trompetet und aufgeregt in alle Richtungen uriniert, und jeder wollte den drei Kleinsten aus Nairobi am Nächsten sein. Nachdem sich die ganze Aufregung ein wenig gelegt hatte, führte Loijuk, eine der Leitkühe, alle in den Busch, wo sie auf die Gruppe mit den Ex-Waisen unter Yatta und Wendi trafen, und der Freudentaumel begann von vorn. Die Ithumba-Elefanten waren den ganzen Tag furchtbar aufgeregt und brachten die Neuzugänge abends sogar zurück zu den Stockades. Dort blieben sie auch die ganze Nacht, für den Fall, dass sie gebraucht würden und um sie gleich am Morgen nach ihrer ersten Nacht begrüßen zu können.

In diesem Monat gab es lediglich drei oder vier Tage, die die Ex-Waisen nicht mit den Jüngsten verbracht haben. Sie erwarteten sie entweder schon morgens oder trafen sich später auf dem Weg in den Busch oder am Schlammbad. Manchmal kam nur eine kleine Delegation, um sich um die Kleinen zu kümmern und die anderen kamen später zum Fressen hinzu. Die Ankunft von Meibai, Enasoit und Naimina war definitiv der Höhepunkt des Monats für die alteingesessenen Ithumba-Waisen. Diese organisieren sich in normalerweise in drei Gruppen: die inzwischen völlig unabhängige Senior-Gruppe unter Hauptleitkuh Yatta; eine kleine Splittergruppe daraus, die von Wendi angeführt wird und manchmal allein unterwegs, aber immer in Verbindung mit Yatta ist; und die Junior-Gruppe, in der die Jüngsten leben, die immer noch Milch brauchen. Diese Gruppe wird von mehreren Junior-Leitkühen beisammen gehalten: Naserian und Loijuk, mit Unterstützung von Makena und Chyulu.

mud bath time at ithmuba

Meibai, Enasoit und Loijuk hätten keinen besseren Start in Ithumba haben können. Als jüngster Neuzugang genießt Enasoit die ganze Aufmerksamkeit von Loijuk, die ihn vergöttert, so wie auch Nasalot aus Yattas Gruppe. Aber Meibai und Naimina werden genauso verhätschelt, und weil sich in ihrer neuen Elefantenfamilie so rührend um sie gekümmert wurde, haben sich alle drei unglaublich schnell eingelebt. Alle drei sind alt genug für die Auswilderung, sobald sie ihre Kräfte wieder erlangt haben. Es ist herzerweichend, ihre Entwicklung mitzuverfolgen und sie in ihrer Familie in Ithumba so glücklich zu sehen.

Ol Malo wurde in der ersten Hälfte des Monats wie üblich nicht gesehen. Sie tauchte erst am 21. November auf, müde und abgeschlagen und mit einer Schwellung am Bauch. Der Tierarzt des Kenya Wildlife Service vermutete eine Hernie [einem Bruch], gegen die man nicht behandeln sondern nur abwarten konnte. Ol Malo bekam ein neues Nachtlager in den Stockades und wurde somit wieder zum dauerhaften Mitglied der Gruppe. Um sie ein wenig aufzupäppeln, bekommt auch sie seither eine Extra-Portion Kraftfutter und es scheint ihr gut zu tun. Ol Malo ist und bleibt jedoch ein Sorgenkind.

Dank einiger heftiger Regenstürme wurde es ein fröhlicher Monat für alle alten und neuen Ithumba-Waisen. Wohin man auch blickte, gab es frisches Grünfutter, Schlammbäder und mit Regenwasser gefüllte Senken aus denen man jederzeit frisches Wasser trinken konnte. Der Regen befreite auch die wilden Elefanten von ihrer Abhängigkeit, zum Saufen in die Stallungen zu kommen. Daher hatten wir im November nur drei Mal Besuch aus der Wildnis: am 12. November, als ein wilder Bulle alleine zum Saufen kam und sich danach Yattas Gruppe anschloss; am 16. November kamen drei Bullen zum Saufen und noch einmal am 21. November.

 

Es ist bemerkenswert, dass Loijuk inzwischen herausgefunden hat, wie sie ohne fremde Hilfe das Tor zum Stallgelände öffenen kann – so wie am 22. November. Außerdem ist erstaunlich, dass Naimina die Gruppe schon mehrfach zum Schlammbad oder zum Milchtrinken geführt hat – offensichtlich ist sie schon sehr vertraut mit der neuen Umgebung. Meibai und Enasoit haben sich ebenfalls gut eingelebt und werden von Loijuk, Makena und Chyulu umsorgt. Die Kleinsten verbringen viel Zeit mit Wendis oder Yattas Gruppe oder zumindest einem Teil davon. Häufig waren auch alle Gruppen gemeinsam unterwegs, das heißt wir sprechen von einer Herde mit 33 Elefanten! Der November war definitiv ein wunderbarer Monat für Enasoit, Meibai und Naimina und für alle anderen aus der großen Elefantenfamilie in Ithumba.

 

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe

Ein paar Regenfälle in Tsavo (plus Kraftfutter aus Nairobi) kamen gerade rechtzeitig für die beiden Babys von Emily und Edie. Die jungen Mütter hatten ihre Sprößlinge zu den Stockades gebracht, als sie nicht mehr ausreichend Milch geben konnten und die Babys immer schwächer wurden. In Nairobi wurde Energiefutter organisiert, um die Milchbildung beider Mütter anzukurbeln, und seitdem kann man den Kleinsten täglich beim Zunehmen zusehen. Inzwischen kommen Emily und Edie regelmäßig und völlig selbständig zu den Stockades, um sich eine Extra-Portion Energie abzuholen.

So auch am 2. November, und leider verpassten sie nur knapp die Waisen, die an diesem Tag schon unterwegs zu Mazinga Hill waren. Einige erste Regenfälle im November sorgte für saftiges Grün, besonders in dem ehemals eingezäunten Gelände, auf dem früher die Ställe standen, in denen die jetzt ausgewilderten Waisen untergebracht waren. Dort ist über die Jahre so viel Elefantenkot angefallen, der den Boden gedüngt hat, und während die Keeper frühstücken, schlagen sich die Elefantenwaisen hier jetzt täglich den Bauch voll. Selbst die Kudu-Waisen Mkuki, Njia und Aruba, die sonst immer von den Elefanten verjagt werden, dürfen sich hier satt fressen.

Die Ankunft der Nursery-Waisen Kenia und Shira am 4. November war (wie immer) ein aufregendes Erlebnis für alle Beteiligten, besonders die Waisen, die schon vor Ort waren: Lesanju, Lempaute, Sinya, Wasessa, Shimba, Mzima, Siria, Tassia und Taveta. Gemeinsam mit den beiden Neuzugängen hatten sie alle in der Nairobi-Nursery gelebt und so war der übliche Freudentaumel zur Begrüßung sicher! Alle erkannten sich sofort wieder, und Kenia und Shira wurden sofort zur Stalltränke geführt um erst einmal ihren Durst zu löschen. Shira zögerte nicht lange und stieg komplett ins Wasser, offensichtlich war es ihr in Tsavo ein wenig zu heiß! Und schon am nächsten Tag, als alle im alten Stallgelände fraßen, war Kenia schon selbstbewusst genug und verjagte die Kudus vom Buffet!

Die beiden hatten sich ebenfalls unglaublich schnell eingelebt, fühlten sich offenbar gut aufgehoben und „an der Hand genommen“ von denen, die schon länger da waren. Alle ehemaligen Nursery-Waisen, die jetzt in Voi leben, könnten im Moment wohl gar nicht zufriedener sein.

Emily kam am Abend des 7. November wieder für ihre Ration und verpasste erneut die jüngeren Waisen, die bereits in ihren Ställen waren. Mweya und Icholta (aus Emilys Gruppe) tauchten am nächsten Tag auf, und da sie älter als die Leitkuh der Junior-Gruppe waren (Lesanju), gelang es ihnen, Shira zu „kidnappen“ und sie mit zu Edies Gruppe zu nehmen, die ganz in der Nähe fraßen. Lesanju war nicht gerade begeistert, aber Shira verlor ihre eigene Familie erst relativ spät, so dass sie sich an ihre Zeit mit der wilden Herde im Busch erinnerte und diesen kleinen Ausflug sehr genoss. Salama, der 10-jährige Bulle aus Emilys Gruppe, brachte sie später (und mit Sicherheit auf Anweisung von der Leitkuh) sicher zum Stall zurück.

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Zwischen Edies und Emilys Gruppen gibt es schon immer regen (Mitglieder-) Austausch, so dass sie eigentlich alle Teil einer großen Familie sind. Splittergruppen sind häufig ohne ihre großen Leitkühe unterwegs, weil alle Kühe ab und an gerne eine Gruppe anführen. So nehmen sie einfach ein paar Herdenmitglieder mit auf die Reise, und trotzdem bleiben sie ständig per Infraschall mit dem Rest der Gruppe in Verbindung. Das Wissen um die Wichtigkeit der Milchmahlzeit für die Jüngsten ist erstaunlich und eine Beobachtung, die seit Jahren immer wieder in den Aufzeichnungen der Keeper auftaucht. Auch, dass Salama (auf Geheiß seiner Leitkuh) die kleine Shira zurück zu ihren Keepern brachte, ist beachtlich!

Emily kam schon am 9. November zum Fressen zurück – und wieder waren die Waisen bereits in ihren Nachtquartieren (Solango und Irima stritten noch um Milchwürfel). Es ist merkwürdig, dass Emily den Kontakt zu den neuen Voi-Waisen noch meidet. Edie ist da aufgeschlossener. Am 10. November kam sie mit ihrem Baby Ella, Mweya, Thoma, Ndara, Solango, Salama, Icholta, Morani, Lolokwe und einem wilden Bullen, der noch größer als Salama (also um die 11 oder 12 Jahre alt) war und dabei beobachtet wurde, wie er Mweya besteigen wollte.

Mweya war schon immer sehr interessiert an kleinen Babys. Sie war das „Chef-Kindermädchen“ für Edies Baby Ella und sie kam schon am 11. November zurück um die Jüngsten zu Edies Gruppe zu holen und den ganzen Tag mit Siria zu spielen. Die wilden Bullen hielten sich an diesem Tag fern von der Gruppe.

Am 14. stieß Lesanjus Gruppe auf Ex-Waise Lissa (inzwischen 24 Jahre alt und wieder hochtragend) inklusive ihrer drei in der Wildnis geborenen Kälber Lara (geb. im Januar 1999), Lali (geb. im November 2002) und Lugard (geb. im Januar 2007). Die vier waren gerade auf dem Weg zu den Stallungen, entschieden sich aber kurzerhand um und verbrachten den Vormittag mit den Waisen. Sogar im Schlammbad suhlten sie sich noch gemeinsam. Kenia war sehr angetan von Lissa, sie wollte sogar an ihr säugen, aber Lissa versperrte ihr den Zugang zur Milch mit ihrem Vorderbein!

Am 15. November kam Seraa, die eigentlich in Emilys Gruppe lebt, mit einer tiefen Wunde auf ihrem Rücken in die Stockades. Unser Tierarzt Dr. Ndeereh gab ihr ein Beruhigungsmittel um sie gründlich zu untersuchen. Er vermutete eine Pfeilspitze als Grund des Übels, doch meinte anschließend, dass die Wunde eher von einer Speerfalle herrührte. Bei dieser Form der Wilderei wird hoch oben im Baum ein Speer aufgehangen, der mit einem Seil am Boden befestigt ist und auf das Tier herabfällt, sobald es beim Fressen auf den Strick tritt. Der Speer war so tief eingedrungen, dass er sogar eine Rippe absplitterte. Dr. Ndeereh vesorgte die Wunde, die mittlerweile gut verheilt.

Emilys Gruppe kam am Abend des 17. November zurück und auch dieses Mal waren die Jüngsten bereits in ihren Nachtquartieren. Laikipia und Salama waren mit Emily gekommen, ebenso wie Mweya, die wieder von zwei wilden Halbwüchsigen umgarnt wurde. Zwei Tage später kam Solango (aus Emilys Gruppe) und fraß in aller Ruhe und ohne Futterkonkurrenz eine Portion Kopra [Kokosnusskuchen]. Danach kehrte sie zum Rest der Gruppe in den Busch zurück, so dass sich auch Emily und Edie ihre Ration Milchwürfel abholen konnten.

Am 23. November holte sich Emily die nächste Portion ab, aber dieses Mal mit 17 anderen Ex-Waisen im Gefolge. Am 25., als sich die Waisen im Schlamm abkühlten, konnte man sich aus einiger Entfernung eine wilde Herde nähern sehen. Darunter erkannten die Keeper auch Lissas Familie und Edies Gruppe. An diesem besagten Tag hatten die Waisen Besuch von einigen wichtigen Amtsinhabern, und sobald die Elefanten sie bemerkten, kehrten sie um und nahmen die Flucht auf. Die Keeper riefen sie bei ihren Namen und siehe da! Die Herde stoppte und kehrte um zu den badenden Waisen. Lissas älteste Tochter Lara war besonders interessiert an den beiden kleinen Bullen aus Lesanjus Gruppe (Tassia und Kenia) und Siria hat einen der wilden Bullen gleich zum Ringkampf herausgefordert! Es war auf jeden Fall ein Spektakel für die Besucher, die beobachten konnten, welches Urvertrauen die Elefantenwaisen in ihre Keeper entwickelt hatten und dass sie dennoch die angeborene Angst eines wilden Elefanten vor fremden Menschen bewahrt haben!

Edies Gruppe traf die Jüngsten am 26. November auf ihrem Weg zurück in die Stockades und begleitete sie noch bis nach Hause. Begleitet wurden Edie und Ella an diesem Tag von Thoma, Ndara, Solango, Salama, Icholta, Morani und Lolokwe. Lesanjus Gruppe verbrachte noch ein bisschen Zeit mit den Ex-Waisen auf dem Stallgelände und als sie sich auf in den Busch machen wollten, war Siria sehr versucht, mit ihnen mitzugehen. Er weigerte sich sogar, mit den anderen ins Nachtquartier zu gehen und die Keeper mussten all ihre Überzeugungskraft aufwenden.

Der Monat November war sehr abwechslungsreich für Lesanjus Gruppe und die Keeper in Voi. Die haben sich vor allem gefreut, so viele ihrer ehemaligen Schützlinge wiederzusehen. Nur Natumi, Illingwezi, Nyiro, Tsavo, Mukwaju, Sweet Sally, Burra, Sosian, Mpala und Irima sind nicht aufgetaucht, sie halten sich allem Anschein noch auf dem Gelände der Rukinga Ranch auf. Wir sorgen uns nach wie vor sehr um Aitong (geb. 1994), die zur gleichen Zeit wie Emily tragend war und inzwischen ebenfalls Mutter eines wilden Kälbchens sein müsste. Ihre beste Freundin war immer Sweet Sally, die seit einiger Zeit mit Emilys Gruppe unterwegs ist. Da sich die beiden immer so nah standen, sind wir davon ausgegangen, dass Sweet Sally Aitong mit ihrem Nachwuchs helfen würde. Jetzt, da Sweet Sally ohne Aitong zurückgekehrt ist, müssen wir vermuten, dass Aitong etwas zugestossen ist. Sie war schon von Anbeginn sehr zerbrechlich, als Baby war sie in der Masai Mara in eine trampelnde Elefantenherde geraten und nach einer schweren Kopfverletzung monatelang im Kreis gelaufen. Vielleicht ist sie bei der Geburt ihres Babys gestorben, so wie einst Elefantenwaise Malaika – oder die vielen Frauen, die nicht den Luxus moderner Geburtshilfe oder Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben.