Trauer um Selengai

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Jeder Elefant, der durch die Hand eines Wilderers wegen seiner Stoßzähne sterben muss, um die unersättliche Nachfrage im Fernen Osten und die Gier beteiligter Händler zu befriedigen, lässt alle mitfühlenden Wesen schier verzweifeln. Es schmerzt uns so sehr, Elefantenleben zu zählen, die Wilderer ausgelöscht haben, und sie zum Teil einer traurigen Statistik zu machen. Noch viel schlimmer ist es jedoch, wenn es einen unserer Schützlinge trifft, wie jetzt unsere Ex-Waise Selengai. Im Alter von nur einer Woche wurde sie in die Nursery gebracht und dort mit der Flasche aufgezogen. Später kam sie nach Tsavo, wo sie heranwuchs und dank ihrer ebenfalls verwaisten Artgenossen den Weg zurück in die Wildnis fand. Tsavo soll ein Rückzugsort für Elefanten sein, und diejenigen, die Selengai aufgezogen, Tag und Nacht betreut und bei ihrer Auswilderung begleitet haben, können einfach nicht begreifen, was passiert ist. Selengai ist einen qualvollen Tod gestorben, nachdem sie von Wilderern mit einem vergifteten Speer tief in den Rücken getroffen wurde. Der Hochsitz, von dem aus der Wilderer attackierte wurde kurze Zeit später von unsererm Wildhüterteam entdeckt und zerstört. Selengai war zuletzt am 2. Oktober mit anderen Ex-Waisen im Stallgelände in Ithumba gesehen worden. Ihren leblosen Körper fand man am 4. Oktober unweit der Stallungen, und wir vermuten, dass sie (wie viele andere Ex-Waisen vor ihr) noch versucht hat, bei ihrer Menschenfamilie Hilfe zu bekommen.

Selengai war ein wichtiges Mitglied in Yattas Herde Ex-Waisen; eine der Kindermädchen für Yattas Baby Yetu und Mulikas Kälbchen Muwende. Sie war eine liebevolle und fürsorgliche 9-jährige Elefantenkuh, die ihre eigene Mutter und Familie auf der Sosian Ranch in Laikipia verloren hatte. Nachdem sie die ersten beiden Lebensjahre in der Nairobi-Nursery überstanden hatte, wurde sie nach Ithumba im nördlichen Teil des Nationalparks Tsavo-Ost verlegt, wo sie aufwuchst und sich in Yattas Herde einlebte.

Die Wilderei von Elefanten in Tsavo – eigentlich überall in Afrika – ist ein Skandal unvorhergesehenen Ausmasses. Es ist eine große Tragödie, deren Ursache ausschließlich im Elfenbeinhandel liegt. Scharen von Elefanten sterben täglich in Afrika, einige durch bis an die Zähne bewaffnete Somalis, die Kenia infiltriert haben; wieder andere verenden qualvoll durch Giftpfeile, in Fallgruben und Schlingfallen, ausgebracht von ortsansässigen Stammesangehörigen. Wieder andere feuern Pfeile von einem Hochsitz oder tauchen Speerspitzen in Gift und lassen den Speer anschließend vom Hochsitz auf einen vorbeilaufenden Elefanten fallen, so wie es jetzt auch Selengai erging. Wenn es ganz frisch ist, kann das Gift so gefährlich wie eine Gewehrkugel sein und den Herzrhythmus außer Kraft setzen. Die Wilderer in Ithumba sind Wakambas, die die Gegend nördlich des Parks bevölkern.

Selengais Körper wurde am 4. Oktober gefunden, in einem Zustand der inneren Verwesung. Das ist ebenfalls dem Gift zuzuschreiben und wird noch beschleunigt, wenn die Speerspitze zusätzlich in Schwefelsäure getaucht wurde. Sie starb vermutlich noch am 2. Oktober, dem Tag, an dem sie zuletzt mit Yattas Herde zum Luzerne-Naschen ins Stallgelände gekommen war. Als die Herde das nächste Mal gesehen wurde, waren sowohl Selengai als auch Buchuma nicht dabei. Buchuma tauchte glücklicherweise zwei Tage später wieder auf, während wir Selengai nie mehr lebend wieder sehen sollten. Sie hat sich in endlose Liste der Opfer der Wilderei-Pandemie eingereiht, die die Vernichtung der Afrikanischen Elefanten und Nashörner nach sich ziehen wird – alles nur für die bevölkerungsreichen Länder im Fernen Osten, besonders China, Thailand und Vietnam.

Es ist furchtbar frustrierend, dass das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) den Verkauf so genannter legaler Elfenbeinbestände Südafrikas gestattet. Darunter befinden sich die Stoßzähne unzähliger gewilderter Elefanten und obendrein ist dieses ganze Prozedere hochgradig korrupt. Indem CITES den Verkauf erlaubt, wird illegales Elfenbein in dieses „legale“ System geschleust, bereichert sowohl Wilderer als auch Zwischenhändler (unter ihnen viele Chinesen), die den Kilopreis von vormals 300 Kenianischen Schillingen (ca. 2,50 Euro) auf kolossale 25.000 Kenianische Schillinge (ca. 220,00 Euro) trieben. Diese gierigen Zwischenhändler und die Händler am anderen Ende im Fernen Osten haben alle Blut an ihren Händen – und nicht minder die Behörden, die ihre Augen verschließen.

Die afrikanischen Regierungen sind der Situation längst nicht mehr Herr und nicht in der Lage, noch irgendetwas zu bewirken. Daher liegt das Schicksal der Elefanten in den Händen der internationalen Gemeinschaft, die nicht nur egoistisch an Profit denken sollte, sondern daran, dass der Planet auch von anderen Lebewesen bewohnt wird, die genauso ein Anrecht auf Leben auf der Erde haben wie wir Menschen. Viele dieser Lebewesen, so auch die Elefanten, sind lebensnotwendig für wilde Ökosysteme und seine Bewohner, weil sie in trockenen Gebieten Wasser bereitstellen, indem sie durch ihr Trampeln natürliche Senken versiegeln, die dann wiederum länger Wasser halten. Indem sie hochwachsendes Geäst herunterreißen, versorgen sie kleinere Tiere mit Futter; sie schließen Wachstumskreisläufe zwischen Grasland und Buschland, ohne das viele andere Wildtiere ebenfalls nicht überleben könnten.

Der Trust kann den Verlust von Selengai nicht einfach so hinnehmen. Wir werden unser Bestes geben, um Tsavo noch besser zu schützen: mehr Überwachung aus der Luft durch ein zweites Observationsflugzeug, das auch dem Kenya Wildlife Service (KWS) zugänglich gemacht werden soll; mehr Wildhüter auf dem Boden; die Erlaubnis, diese zu bewaffnen, damit sie nicht auf die KWS-Ranger angewiesen sind, um auf Streife zu gehen, so wie es jetzt der Fall ist. Die Ranger des KWS sind über das ganze Land verteilt und oft in den Grenzgebieten der Nationalparks eingesetzt. Wir werden alles Menschenmögliche versuchen, um unsere Waisen und ihre wilden Freunde zu beschützen.

Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen, der Leben retten und Lebensräume schützen wird:

http://www.reaev.de/templates/standard/de/rettet-die-elefanten-afrikas-ev-waisen-spenden-online-lastschrift.asp#

Sie können sich auch an der iWorry-Kampagne des David Sheldrick Wildlife Trusts beteiligen (in Englisch), die vor zwei Wochen gestartet wurde. Diese Kampagne ruft zum Stopp des internationalen Handels mit Elfenbein auf – besuchen Sie http://www.iworry.org und unterzeichnen Sie die Petition, die anschließend im Namen der Elefanten der CITES vorgelegt wird (über die jeweiligen Länderrepräsentanten).

Im März 2013 wird CITES in Thailand tagen und unter anderem auch den Elfenbeinhandel diskutieren. Just in dieser Woche hat Tansania einen Antrag gestellt auf den einmaligen Verkauf von 101 Tonnen Elfenbein und den Schutz der tansanischen Elefanten zu reduzieren. Dieser Antrag ist unerhört, v.a. zu einer Zeit, in so viele Elefanten wie nie zuvor geschlachtet werden – BITTE HELFEN SIE, SO LANGE WIR NOCH KÖNNEN!